JudikaturOLG Innsbruck

4R67/19p – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
13. Juni 2019

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoffmann als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Huber und die Richterin Dr. Prantl als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , vertreten durch Mag. Martin Ulmer, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei B* AG , vertreten durch Dr. Wolfgang Hirsch, Dr. Ursula Leissing, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen EUR 22.000,-- s.A., über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 14.2.2019, **-20, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird k e i n e Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.194,72 (darin enthalten EUR 199,12 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die Revision ist n i c h t zulässig.

Entscheidungsgründe:

Text

Die am ** geborene Klägerin war seit August 2012 Kundin der beklagten Partei in der Filiale in F*, wo sie von G* betreut wurde.

Im Dezember 2017 wurde in Vorarlberger lokalen Medien unter dem Titel „Falsche Polizisten - Warnung an die Bevölkerung“ Folgendes berichtet:

Am vergangenen Wochenende traten in Vorarlberg Betrüger auf, die sich als Polizisten ausgaben. Dabei gelang es den Tätern in einem Fall, einer Pensionistin aus dem Bezirk ** einen hohen Geldbetrag herauszulocken. Im zweiten Fall blieb es beim Versuch. Im konkreten Fall nahmen der bzw die Täter im Vorfeld telefonischen Kontakt mit dem Opfer auf und gaben vor, dass ihr Name auf einer Liste für potentielle Einbruchsopfer stehen würde. Dabei erkundigten sie sich nach Wertgegenständen und Bargeld und boten gleichzeitig an, für eine sichere Verwahrung sorgen zu können. Dabei gelang es den Tätern, dass ihnen die Pensionisten zu einem später vereinbarten Zeitpunkt ihre Ersparnisse aushändigten.“

Am 26.2.2018 nahmen Betrüger telefonisch mit der Klägerin am Festnetz Kontakt auf. Die Klägerin erhielt nach 21.00 Uhr einen Anruf vermeintlich der Polizei C*, wobei die männliche Person am Telefon der Klägerin erläuterte, dass sie gemeinsam mit anderen Personen auf einer Liste einer rumänischen Verbrecherbande stehe, welche für Einbrüche vorgesehen sei. Sie solle alle Fenster und Türen schließen. In der Folge wurde die Klägerin mit zwei weiteren männlichen Personen, die sich als Polizisten I* und J* ausgaben, verbunden. Sie fragten die Klägerin über ihre Bankguthaben aus und behaupteten, dass zumindest zwei Angestellte (der beklagten Partei) an den Verbrechen beteiligt seien und das Guthaben auf dem Konto deshalb nicht mehr sicher sei. Es sei ihnen (den vorgeblichen Polizisten) gelungen, das Konto über Nacht zu sperren. Außerdem würde die Polizei in Zivil ihre Wohnung in der Nacht überwachen. Dieser Sachverhalt wurde der Klägerin auch von einer Person, die sich mit K*, Staatsanwalt, vorstellte, bestätigt. Zur psychologischen Betreuung wurde ihr die Nacht über am Telefon ein vermeintlicher L* zur Seite gestellt, der sich immer wieder nach ihrem Befinden erkundigte. Am Morgen des 27.2.2018 riet der „Poizist I*“ der Klägerin, ihr gesamtes Geld bei der Bank (beklagten Partei) abzuheben. Diesem Anraten kam die Klägerin nach und begab sich am Morgen dieses Tages zur Filiale der beklagten Partei in C* in F*. Während des Geldbehebungsvorgangs war sie per eingeschaltenem Handy, das sie in der Jackentasche mitführte, in Verbindung mit den Betrügern. Am Schalter in der Filiale wurde sie von O* bedient. Sie erklärte, dass sie ihr Geld beheben möchte und legte ihre Kontokarte vor. O* überprüfte das Konto auf dem Bildschirm und fragte die Klägerin, welchen Betrag sie beheben möchte. Die Klägerin gab an, dass sie alles abheben möchte. O* fragte sie darauf nach der gewünschten Stückelung der Banknoten. Die Klägerin unterschrieb einen Beleg. Vor der Auszahlung des Geldes überprüfte eine zweite Mitarbeiterin der Beklagten, P*, den Behebungsvorgang, weil O* erst kurze Zeit in der Filiale der beklagten Partei beschäftigt war. Für die Bankangestellten bestand keine Auffälligkeit in Bezug auf die Person der Klägerin, diese wirkte insbesondere weder verunsichert noch nervös oder ängstlich.

Die Klägerin hätte an sich erwartet, dass im Hinblick auf ihr Ansinnen, das gesamte Geld abzuheben, von Seiten des Schaltermitarbeiters dahingehend gefragt wird, ob sie das Konto auflösen möchte. Die Klägerin rechnete nicht damit, dass sie so viel Geld auf einmal erhält.

Es stellt eine individuelle Entscheidung der Schaltermitarbeiter dar, wann und in welcher Situation einem Kunden angeboten wird, sich zum Zweck einer Geldauszahlung in eine abgesonderte Räumlichkeit zurückzuziehen. Die Gründe hiefür liegen ausschließlich im Bereich der Diskretion. Im Falle der Klägerin gab es für die Schaltermitarbeiter keinen Anlass, der Klägerin anzubieten, sich zum Zweck der Geldauszahlung in eine abgesonderte Räumlichkeit zurückzuziehen, zumal sich damals keine weiteren Kunden im Nahebereich des Schalters aufhielten.

Vor dem 27.2.2018 hob die Klägerin nie einen Geldbetrag in einer Größenordnung von EUR 20.000,-- bar in der Bank ab.

Dieser grundsätzliche Sachverhalt ist im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht mehr strittig.

Mit ihrer (Mahn-)Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von EUR 22.000,-- samt 4 % Zinsen seit 20.4.2018 mit der wesentlichen Begründung, im Rahmen ihrer Behebung eines derart großen Bargeldbetrags sei von den Mitarbeitern der Beklagten keinerlei Nachfrage und auch keinerlei Information über sichere Alternativen oder die möglichen Gefahren im Zusammenhang mit dem Besitz großer Mengen an Bargeld erfolgt. Ebenso wenig sei der Klägerin eine diskretere Übergabe in einem geschlossenen Raum angeboten worden. Infolge der dauernden Einwirkung der Betrüger auf ihre Psyche die ganze vorangegangene Nacht durch habe sie sich dauerbeobachtet gefühlt, sodass sie ein Ansprechen der Angelegenheit gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten im offenen Schalterraum nicht gewagt habe. In einem geschlossenen Raum hätte sich die Klägerin jedoch zweifelsfrei anders entschieden und die Sache mit den Mitarbeitern der Beklagten zumindest kurz besprochen, wodurch die Übergabe des Gelds an die Betrüger wohl zur Gänze vermieden worden wäre. Die Beklagte habe sohin ihre Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber der Klägerin im Rahmen der seit Jahren bestehenden Geschäftsbeziehung verletzt und hiedurch den gegenständlichen Schaden verursacht.

Die beklagte Partei erhob gegen den vom Erstgericht antragsgemäß erlassenen Zahlungsbefehl fristgerecht Einspruch und wendet ein, für eine Bank bestehe keine Verpflichtung, Kunden nach dem beabsichtigten Verwendungszweck des behobenen Gelds zu fragen. Im Übrigen seien größere Bargeldbehebungen bei der beklagten Partei nichts Ungewöhnliches. Auch die Klägerin habe schon einmal, nämlich am 27.9.2012, EUR 20.000,-- von ihrem Konto bar behoben. Es hätten im konkreten Fall auch keine Anzeichen für ihre Mitarbeiter bestanden, dass die Klägerin in ihrer Dispositionsfähigkeit eingeschränkt sei. Diese habe weder einen verwirrten noch einen nervösen oder beunruhigten Eindruck gemacht. Nach der Behebung habe sie beim Automaten noch einen Kontoauszug ausgedruckt. Eine generelle Verpflichtung der Bank, Kunden Bargeld nur in geschlossenen, nicht einsehbaren Räumen zu übergeben, bestehe nicht. In concreto hätte sich auch bei einer derartigen Vorgangsweise nichts daran geändert, dass die Klägerin ihr Bargeld den Betrügern aushändigte. Eine derartige Betrugsmasche, wie gegenständlich, sei der beklagten Partei bis dahin auch fremd gewesen. Die Klägerin sei allein daran Schuld, da sie anscheinend völlig arglos die Anweisungen der Trickbetrüger befolgt habe.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Dabei ging es über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus von folgenden weiteren, im Berufungsverfahren noch bekämpften Feststellungen aus:

1. Den Mitarbeitern der beklagten Partei waren die Warnhinweise bezüglich Trickbetrügereien von angeblichen Polizisten (Meldungen in Vorarlberger lokalen Medien im Dezember 2017) bis zum 27.2.2018 nicht bekannt.

2. Die Geldbehebung durch die Klägerin (in dieser Größenordnung) war für die Schaltermitarbeiter nicht ungewöhnlich.

3. Es kann nicht festgestellt werden, wie die Klägerin auf eine Nachfrage, ob sie ihr Konto auflösen möchte, reagiert hätte.

4. Ebenso wenig, ob die Klägerin von der Geldbehebung Abstand genommen hätte, wenn sie der Schaltermitarbeiter nach dem Grund für die Behebung bzw einer allfälligen Kontoauflösung befragt hätte.

5. Schließlich auch nicht, ob die Klägerin von der Geldbehebung Abstand genommen hätte, wenn ihr angeboten worden wäre, sich zu diesem Zweck mit dem Bankmitarbeiter in eine abgesonderte Räumlichkeit zurückzuziehen.

In rechtlicher Hinsicht legte das Erstgericht dar, zu den Schutz- und Sorgfaltspflichten der Bank gehöre auch eine Aufklärung der Kunden über erhöhte Risiken. Allein in dem Umstand, dass ein Kunde einen Betrag in einer Größenordnung von EUR 20.000,-- in bar beheben möchte, sei ein solches erhöhtes Risiko aber nicht begründet, wenn nicht besondere Umstände hinzuträten. Solche seien in concreto aber nicht vorgelegen. Die Diskretion sei offenbar gewahrt, Auffälligkeiten im Verhalten der Klägerin seien nicht gegeben, Betrügereien dieser Art den Mitarbeitern bis zum 27.2.2018 nicht bekannt gewesen. Eine Verpflichtung der beklagten Partei, der Klägerin zwecks Auszahlung den Rückzug in eine abgesonderte Räumlichkeit anzubieten, habe daher nicht bestanden. Abgesehen davon habe die Klägerin auch den Kausalitätsnachweis nicht erbringen können, nämlich dass es bei entsprechender Nachfrage der Schaltermitarbeiter über den Zweck der Bargeldbehebung bzw dem Anbot einer Auszahlung in einer abgesonderten Räumlichkeit nicht zur Auszahlung des Betrags von EUR 22.000,-- und die Übergabe desselben an die Trickbetrüger gekommen wäre.

Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitige Berufung der Klägerin wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinn einer Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

In ihrer Beweisrüge bekämpft die Berufungswerberin die oben als im Berufungsverfahren noch strittig angeführten Feststellungen des Erstgerichts und begehrt folgende Ersatzfeststellungen:

Zu 1.: Zumindest der Mitarbeiter der beklagten Partei O* habe die Warnhinweise auf Trickbetrügereien mit falschen Polizisten (laut Beilage A) am 27.2.2018 gekannt, ebenso die Mitarbeiter insgesamt den sogenannten Enkel- bzw Neffentrick.

Zu 2.: Die gegenständliche Geldbehebung durch die Klägerin sei im Vergleich zu ihrem sonstigen Verhalten ungewöhnlich gewesen.

Zu 3.: Hätte der Schaltermitarbeiter im Zuge der Behebung die Klägerin gefragt, ob gleichzeitig das Konto aufgelöst werden solle, hätte die Klägerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit den wahren Grund der Behebung bekanntgegeben und von dieser Abstand genommen.

Zu 4.: Hätte der Schaltermitarbeiter die Klägerin nach dem wahren Grund der Behebung gefragt, hätte diese mit überwiegender Wahrscheinlichkeit diesen offen gelegt und von der Behebung Abstand genommen.

Zu 5.: Wäre der Klägerin für die Durchführung des Geschäftsfalls der Rückzug in eine gesonderte Räumlichkeit angeboten worden, hätte die Klägerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dieses Angebot in Anspruch genommen und den Grund der Behebung offengelegt sowie in weiterer Folge von der Behebung Abstand genommen.

Dazu ist im Einzelnen festzuhalten:

ad 1.: Richtig ist, dass der Zeuge O* eingeräumt hat, dass er schon vor dem 27.2.2018 Pressmeldungen, wie beispielsweise in Beilage A, überflogen hat. Der Zeuge verwies aber darauf, dass es bei diesen Warnhinweisen um die Übergabe von Bargeld oder Wertgegenständen an vermeintliche Polizisten wegen eines angeblich bevorstehenden Einbruchs ging, nicht aber - wie hier - darum, dass jemand zum Abheben seines Sparguthabens bei einer Bank und Aushändigung desselben mit der Behauptung verleitet wird, das Sparguthaben sei bei der Bank nicht mehr sicher (weil auch dort Verbrecher tätig seien). Eine Betrugsmasche mit einer derart abstrusen Behauptung war dem Zeugen O* - nachvollziehbar - bis zum 27.2.2018 nicht geläufig und musste dies auch nicht sein. Selbst wenn man daher von der gewünschten Feststellung, dass der Zeuge O* am 27.2.2018 Kenntnis von Warnhinweisen bezüglich von Trickbetrügereien wie laut Beilage A gehabt habe, ausginge, wäre für die Klägerin damit nichts gewonnen, weil der Zeuge nicht damit rechnen konnte und musste, dass die Klägerin von angeblichen Polizisten mit der Behauptung, auch auf der Bank sei ihr Geld nicht mehr sicher, weil auch dort Verbrecher tätig seien, zur Abhebung des gesamten Sparguthabens und Aushändigung an die vermeintlichen Polizisten bewogen werde. Bei den Warnhinweisen laut Beilage A ging es um den Schutz vor angeblich bevorstehenden Einbrüchen.

Dass den Mitarbeitern der Beklagten der sogenannte Enkel- bzw Neffentrick bekannt war, mag zutreffen, auch diesbezüglich besteht aber kein Konnex zur hier angewandten Betrugsmasche.

ad 2.: Die Zeugen P* und O*, die beim gegenständlichen Behebungsvorgang tätig wurden, gaben an, dass Beträge in einer derartigen Größenordnung immer wieder abgehoben werden, es sich mithin für die Mitarbeiter um keine ungewöhnliche Geldbehebung gehandelt habe. Dem stehen keine anders gearteten Beweisergebnisse gegenüber, weshalb die hier bekämpfte Feststellung unbedenklich ist. In rechtlicher Hinsicht geht es ohnehin nicht darum, ob die beteiligten Bankmitarbeiter die gegenständliche Bargeldbehebung durch die Klägerin als gewöhnlich oder außergewöhnlich einstuften, sondern ob eine derartige Einschätzung ihrer pflichtgemäßen Sorgfalt entsprach.

ad 3. bis 5.: Von dem Grundsatz, dass die Beweislastumkehr das Verschulden betrifft, der Beweis der Kausalität jedoch weiterhin dem Gläubiger obliegt, ist der OGH - nur - bei ärztlichen Behandlungsfehlern abgegangen, weil hier wegen der in diesen Fällen besonders vorhandenen Beweisschwierigkeiten des Patienten, die Kausalität nachzuweisen, nur dem zur Haftung herangezogenen Arzt die Mittel und Sachkunde zum Nachweis zur Verfügung stehen, daher von einer „prima-facie-Kausalität“ auszugehen ist (RS0106890). Davon kann jedoch in anderen Bereichen, insbesondere auch bei Verletzung von Warn- und Aufklärungspflichten durch eine Bank (RS0106890 [T9]) nicht gesprochen werden. Hier ist dem Geschädigten der Nachweis der Kausalität des Verhaltens des Schädigers für den eingetretenen Schaden durchaus zuzumuten (RS0106890 [T8, T23]). Für den Kausalitätsnachweis bei Unterlassungen genügt allerdings der Nachweis der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dass der Schaden auf das Unterlassen des pflichtgemäßen Handelns zurückzuführen ist (4 Ob 145/11v; 5 Ob 208/13v). Wenn daher die Berufungswerberin zu diesen Punkten die Ersatzfeststellungen begehrt, dass sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von der Behebung ihres Sparguthabens abgesehen hätte, wenn sie nach dem Grund der Behebung bzw gefragt worden wäre, ob sie ihr Konto auflösen wolle, oder ihr der Rückzug in eine separate Räumlichkeit angeboten worden wäre, hätte sie den ihr obliegenden Kausalitätsnachweis im Sinn einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit erbracht.

Die Beweisrüge ist aber diesbezüglich inhaltlich nicht berechtigt. Auszugehen ist davon, dass der Klägerin von den vermeintlichen Polizisten (und dem Staatsanwalt) suggeriert wurde, dass auch in der Bank (beklagte Partei) Verbrecher säßen, auch dort ihr Geld daher nicht mehr sicher sei, weshalb sie dieses beheben müsse. Die Bank bzw zumindest zwei Mitarbeiter davon wurden der Klägerin von den vermeintlichen Polizisten (und dem Staatsanwalt) daher als Feinde dargestellt. Wie aus dem Anlassbericht Beilage B hervorgeht, wurden der Klägerin von den Betrügern auch Anweisungen erteilt, wie sie sich bei einer eventuellen Nachfrage durch die Bankangestellten verhalten solle. Während der Geldbehebung blieb die Telefonverbindung (per Handy) mit den Betrügern aufrecht, quasi als Schutz vor den vermeintlichen Verbrechern bei der Bank. Die Klägerin selbst gab an, dass sie an sich gar nicht damit rechnete, dass ihr von der Bank der gesamte Betrag von EUR 22.000,-- ausgehändigt werde. Vor diesem Hintergrund ist auch das von den Bankmitarbeitern beschriebene bestimmende Auftreten der Klägerin erklärbar. Es erscheint bei dieser Situation geradezu ausgeschlossen, dass diese bei einer entsprechenden Nachfrage nach dem Grund der Behebung (oder ob sie das Konto auflösen wolle) den Bankmitarbeitern, also ihren potentiellen Feinden und Verbrechern, den Hintergrund für ihre Behebung geoffenbart hätte, ging es doch darum, ihr Geld von den vermeintlichen Verbrechern in der Bank in Sicherheit zu bringen. Daran hätte sich auch nichts geändert, wenn der Klägerin angeboten worden wäre, sich zwecks Auszahlung in eine separate Räumlichkeit zu begeben. Nach den Angaben der Klägerin vor der Polizei, die sie im Rahmen ihrer Einvernahme als Partei im gegenständlichen Verfahren vollinhaltlich bestätigte, hatte die Klägerin aufgrund der psychologischen Bearbeitung durch die Betrüger sogar Bedenken, ohne Begleitung auf die Bank zu gehen (S 14 von Beilage B unten).

Bei dieser Grundsituation kann mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass sich die Klägerin den Bankmitarbeitern - auch bei entsprechender Nachfrage - anvertraut hätte. Selbst im gegenständlichen Verfahren bestätigte die Klägerin, dass sie sehr verängstigt war, und nicht sagen könne, wie sie auf eine entsprechende Nachfrage der Bankmitarbeiter (Grund für die Behebung) reagiert hätte.

Die hier bekämpften Negativfeststellungen des Erstgerichts sind daher unbedenklich.

Die Beweisrüge erweist sich daher entweder als nicht berechtigt oder betrifft nicht relevante Sachverhalte.

Zu den Ausführungen der Berufungswerberin in ihrer Rechtsrüge war zu erwägen:

In der Entscheidung 6 Ob 77/05z führte das Höchstgericht - unter Berufung auf Vorjudikatur - zur Warnpflicht einer Bank über das Risiko des Ausspähens bei einer Barauszahlung sowie zur Aufklärungspflicht über eine Alternative durch Auszahlung in einem für andere uneinsehbaren Raum aus, dass Banken gegenüber ihren Kunden bei der Abwicklung von Bankgeschäften nicht nur eine Verkehrssicherungspflicht nach Deliktsrecht, die auch den Personenschutz umfasst, trifft, sondern der Kunde sich auch auf die Vertragshaftung wegen Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten stützen kann, deren schuldhafte Verletzung Schadenersatzansprüche auslöst. Der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt bestand im Wesentlichen darin, dass einer Bankkundin in einem gut einsehbaren Geschäftsraum ohne Sichtschutz EUR 28.000,-- am Schalter ausgezahlt wurden, wobei die Geldauszahlung und das folgende sehr umständliche Verhalten der Kundin im Kassaraum bis zum Verstecken des Gelds im Hosenbund von einem Dritten beobachtet wurde, der in der Folge, 500 m von der Bank entfernt, die Kundin überfiel und beraubte. Der Vorwurf gegen die Bank bestand darin, dass es im Nahebereich des Bankgebäudes schon zuvor mehrfach zu Überfällen ähnlicher Art gekommen war. Der OGH führte in dieser Entscheidung aus, wenn es nicht schon zur allgemeinen Aufklärungspflicht der Bank gehören sollte, bei Bargeldauszahlungen ab einer gewissen Höhe und gleichzeitig feststehender Beobachtungsmöglichkeit beim Auszahlungsvorgang, den Kunden auf die allgemeinen Risiken aufmerksam zu machen, so ist eine Warnpflicht hinsichtlich eines konkret erhöhten Risikos jedenfalls zu bejahen (Tatsache von vorausgegangenen Überfällen). Das Höchstgericht kam daher zu dem Schluss, dass der Bank die Verletzung einer Warnpflicht vorzuwerfen ist, weil sie nicht über das erhöhte Risiko aufgrund der der Auszahlung vorangegangenen Überfälle aufgeklärt und eine diskrete Auszahlung angeboten hatte.

Der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt steht daher in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit dem hier vorliegenden. Die Frage, ob eine Bank allgemein bei höheren Auszahlungsbeträgen auf ein damit verbundenes Risiko hinzuweisen hat, wurde in dieser Entscheidung offen gelassen.

In der Folgeentscheidung 3 Ob 252/07s ging es wiederum um eine Auszahlung im Schalterraum, wobei zu diesem Zeitpunkt in der Filiale der Bank dichtes Gedränge herrschte und der betreffende Kunde in der Folge, als er versuchte, das abgehobene Geld zu verstauen, noch in der Bankfiliale bestohlen wurde. Das Höchstgericht bejahte auch in diesem Fall ein erhöhtes Risiko, weil es in der Bank sehr eng war und mehrere Kunden eine Warteschlange hinter dem geschädigten Bankkunden gebildet hatten, und kam zu dem Schluss, dass dem Kunden eine weniger risikoträchtige Auszahlungsmöglichkeit anzubieten, also entweder auf die Möglichkeit einer Überweisung oder der Barauszahlung in einem nicht einsehbaren Raum hinzuweisen gewesen wäre.

Auch der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt ist daher mit dem hier vorliegenden nicht vergleichbar. Die Klägerin wurde nicht - in der Bank - ausgespäht und in der Folge bestohlen, sondern von Betrügern dahingehend instrumentalisiert, dass sie ihr Geld von der Bank, wo Kriminelle arbeiteten, quasi retten müsse.

Selbst wenn man davon ausginge, dass die Mitarbeiter der beklagten Partei im Hinblick auf die finanziellen Verhältnisse der Klägerin und deren Begehren, die gesamten Ersparnisse abzuheben, nach dem Grund für diese Vorgangsweise befragen hätten müssen, wäre für die Klägerin nichts gewonnen, weil ihr nach den (zwar bekämpften, vom Berufungsgericht aber bestätigten) diesbezüglichen Negativfeststellungen, nämlich ob es diesfalls ebenfalls zu einer Auszahlung gekommen wäre, der ihr obliegende (wenn auch gemilderte) Kausalitätsnachweis nicht gelungen ist.

Soweit die Berufungswerberin unter dem Titel eines sekundären Feststellungsmangels die ergänzende Feststellung begehrt, dass den Mitarbeitern der beklagten Partei der Enkel- bzw Neffentrick am 27.2.2018 bekannt war, gilt dasselbe. Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass bei entsprechender Nachfrage seitens des Bankmitarbeiters nach dem Zweck der Abhebung die Geldauszahlung mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit unterblieben wäre. Selbst wenn man daher einen Sorgfaltsverstoß im Hinblick auf den in der Vergangenheit bekanntgewordenen Neffen- bzw Enkeltrick bejahen und davon ausgehen würde, dass die Bankmitarbeiter nach dem Zweck der Abhebung nachfragen hätten müssen, wäre der Kausalitätsnachweis (im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit) nicht erbracht.

Der Berufung kommt daher insgesamt eine Berechtigung nicht zu.

Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Die Kosten wurden von der beklagten Partei tarifmäßig verzeichnet.

Die Revision ist nicht zulässig, weil sich das Berufungsgericht auf die angeführte Rechtsprechung des Höchstgerichts stützen konnte und die Entscheidung der Rechtssache im Tatsachenbereich (fehlender Kausalitätsnachweis) angesiedelt ist.