10Bs323/23k – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Dr. Sutter (Vorsitz), Mag a . Schadenbauer-Pichler und Mag a . Haas in der Maßnahmenvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme nach § 47 StGB über die Beschwerde des Untergebrachten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 2. Oktober 2023, GZ 23 BE 161/23f-16, in nichtöffentlicher Sitzung den
BESCHLUSS
gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird im Umfang der Anfechtung der Abweisung des Antrags auf Enthebung der Sachverständigen Mag a . B* zurückgewiesen . Im Übrigen wird der Beschwerde nicht Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.
Text
BEGRÜNDUNG:
Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* wurde im Verfahren AZ 37 Hv 7/18a des Landesgerichts Leoben wegen der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und der Vergehen der sittlichen Gefährdung von Personen unter sechzehn Jahren nach § 208 Abs 1 StGB zur Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt und gemäß § 21 Abs 2 StGB (aF) in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.
Danach hat er im Zeitraum von August 2016 bis 11. August 2017 in **
1./ außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an der am ** geborenen und somit unmündigen C* vorgenommen, indem er sie an ihrer nackten Scheide betastete und auch über der Bekleidung im Scheidenbereich streichelte;
2./ Handlungen, die geeignet sind, die sittliche, seelische oder gesundheitliche Entwicklung von Personen unter 16 Jahren zu gefährden, vor der unmündigen C* vorgenommen, um sich dadurch geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, indem er sich vor der Genannten bis zur Ejakulation mit der Hand selbst befriedigte, ihr Bilder aus pornografischen Magazinen vorzeigte, auf denen unter anderem ersichtlich ist, wie ein Mann einer Frau ins Gesicht ejakuliert und wie eine Frau einen Mann oral befriedigt, und sie zu Analverkehr mit ihm aufforderte, indem er sie fragte, ob er seinen „Pimmel in ihren Popo reinstecken dürfe“.
Der Einweisungsanordnung nach § 21 Abs 2 StGB (aF) lagen die auf dem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. D* basierenden Feststellungen zu Grunde, dass bei A* eine Störung der Sexualpräferenz iS einer Pädophilie vorliege, die eine seelische bzw. geistige Abartigkeit von höherem Grad darstelle. Die Taten wurden unter dem Einfluss dieser geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades begangen. Wegen dieser Abartigkeit bestand ohne Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher die große (vgl. OLG Graz, AZ 9 Bs 250/18k) Gefahr, dass A* weitere Tathandlungen mit schweren Folgen, insbesondere sexuelle Missbrauchshandlungen an Unmündigen, begehen werde (US 8 ff, 18).
Die Strafzeit ist am 11. Februar 2020 abgelaufen. Seitdem stellt die Maßnahme, die seit 19. Mai 2022 in der Justizanstalt Graz-Karlau vollzogen wird, den alleinigen Grund der Freiheitsentziehung dar.
Am 17. Juli 2023 bestellte die Vorsitzende des vollzugsgerichtlichen Senats Mag a . B* zur Sachverständigen aus dem Fachgebiet der forensischen Psychologie und beauftragte sie (zusammengefasst), Befund und Gutachten über das aktuelle psychiatrische/psychologische Zustandsbild des Untergebrachten sowie darüber zu erstatten, ob die schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung und die daraus resultierende Gefährlichkeit, gegen die sich die strafrechtliche Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum richtet, beim Untergebrachten noch besteht sowie weiters ob nach der Person und dem Zustand des Untergebrachten sowie nach der Art der Tat konkret und mit hoher Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zukunft zu befürchten ist, dass A* unter dem Einfluss dieser schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde und bejahendenfalls mit welchen strafbaren Handlungen, die der Betroffenen unter dem Einfluss seiner Krankheit begehen könnte, gerechnet werden muss und welche Folgen diese strafbaren Handlungen haben. Für den Fall, dass die Gefährlichkeit nach wie vor besteht, sollte darauf eingegangen werden, inwiefern die aus den Akten resultierenden günstigen und ungünstigen Prognosetatsachen auf die Wahrscheinlichkeit einer abermaligen Tatbegehung Einfluss nehmen; welche therapeutischen und/oder medikamentösen Behandlungen und/oder Maßnahmen zum Abbau der Gefährlichkeit zielführend sind; ob und unter welchen Voraussetzungen der Gefährlichkeit, gegen die sich die Maßnahme richtet, auch ohne Fortsetzung der Anhaltung wirksam begegnet werden kann und wenn ja, unter welchen konkreten Auflagen (Weisungen) (ON 5).
Dieser Beschluss wurde dem Untergebrachten am 19. Juli 2023 zugestellt.
Am 21. August 2023 teilte die Sachverständige der Vorsitzenden per E-Mail mit, dass sie den Untergebrachten während dessen Vor-Haft im Jahr 2012 in ihrer damaligen Funktion als klinische Psychologin in der Justizanstalt Graz-Karlau kurz betreut habe. Weder der Untergebrachte (über entsprechende Nachfrage) noch sie selbst sähen darin Gründe für ihre Befangenheit (ON 8).
Am 29. August 2023 langte das Sachverständigengutachten (ON 7) ein, welches dem Untergebrachten am 31. August 2023 zugestellt wurde.
Mit Beschluss vom 31. August 2023 wurde dem Untergebrachten über seinen Antrag vom 29. August 2023 (ON 9) ein Verfahrenshilfeverteidiger gemäß „§ 61 Abs 1 Z 2 (§ 21 StGB, gesamtes Verfahren), Abs 2 Z 2 (Behinderung, Beeinträchtigung oder Gerichtssprache nicht mächtig)“ (zu ergänzen:) StPO beigegeben (ON 1.4) und mit Bescheid des Ausschusses der E* vom 4. September 2023 F*, Rechtsanwältin in **, zur Verteidigerin des Untergebrachten bestellt (ON 10).
Mit am 13. September 2023 in der Justizanstalt zur Weiterleitung abgegebener (s. Aktenvermerk vom 6. Dezember 2023) Eingabe beantragte der Untergebrachte (so weit hier relevant) die Enthebung der Sachverständigen wegen Befangenheit iS des § 47 Abs 1 Z 3 StPO mit der wesentlichen Begründung, sie habe die Befundaufnahme bei offen stehender Tür durchgeführt, sodass die Möglichkeit des Mithörens durch andere Personen bestanden habe; weiters sei das Gutachten „im Ergebnis … nicht wahrheitsgemäß und nicht sachgemäß“, es habe keine Belehrung iS des § 164 Abs 1 StPO stattgefunden und bereits (gemeint:) das Verfassen dieses Antrags bringe „Aversionen“ mit sich (ON 11).
In Ergänzung dazu beantragte die Verteidigerin am 26. September 2023 (ON 12) die Enthebung der Sachverständigen und die Beiziehung eines anderen Sachverständigen „aufgrund der vorliegenden Befangenheitsgründe und der inhaltlichen Mangelhaftigkeit des … forensisch-psychologischen Gutachtens vom 28. August 2023“, wobei inhaltlich neuerlich auf die während der Befundaufnahme offen stehende Tür sowie (im Einzelnen detaillierte [angebliche]) inhaltliche Mängel des Befundes und (daraus resultierende) falsche Schlussfolgerungen im Gutachten Bezug genommen wurde.
Zu diesen Vorwürfen nahm die Sachverständige dahin schriftlich Stellung (ON 13), dass – im Wesentlichen – die Tür jenes Raumes, in dem die Befundaufnahme stattgefunden habe, stets verschlossen gewesen sei und die behaupteten inhaltlichen Mängel bei der Befunderhebung nicht nachvollzogen werden könnten.
In seiner Äußerung vom 2. Oktober 2023 bezeichnete der Untergebrachten die Angaben der Sachverständigen als unrichtig und hielt seine bisherigen Ausführungen und Anträge aufrecht (ON 15).
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 16) wies das Landesgericht für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht als Senat von drei Richtern (§ 162 Abs 3 StVG) den Antrag des Untergebrachten auf Enthebung der Sachverständigen Mag a . B* ab (Pkt. 1). Weiters sprach es aus Anlass der amtswegigen Überprüfung nach § 25 Abs 3 StGB – gestützt auf die Anlass-Verurteilung, eine aktuelle Strafregisterauskunft (ON 4), die Äußerungen des Untergebrachten (ON 2.6) und des Leiters der Justizanstalt Graz-Karlau (ON 2.2), der Forensischen Stellungnahme des Departments Maßnahmenvollzug vom 30. Juni 2023 (ON 2.5), der Stellungnahme der BEST vom 1. August 2023 (ON 6) und das Gutachten der Sachverständigen Mag a . B* (ON 7) konform der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Graz aus, dass die Unterbringung des A* in einem (nun:) forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB weiterhin notwendig ist (Pkt 2).
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen gerichtete Beschwerde des Untergebrachten (ON 18) hat keinen Erfolg.
Zu Pkt. 1:
Soweit sich die Beschwerde (isoliert) gegen die Abweisung des Antrags auf Enthebung der Sachverständigen Mag a . B* wendet, ist sie nicht zulässig.
§ 163 StVG verweist für den Maßnahmenvollzug auf die sinngemäße Geltung der §§ 11 bis 15 und 17 bis 19 StVG. Demnach gelten für das Verfahren des Vollzugsgerichts, soweit im Einzelnen nichts anderes angeordnet wird, die Bestimmungen der StPO sinngemäß (§ 17 Abs 1 Z 3 erster Satz StVG). Zur hier in Rede stehenden Bestellung von Sachverständigen und deren Enthebung infolge von Einwänden gegen deren Person trifft das StVG keine eigenen Regelungen, sodass insoweit auf die Bestimmungen der StPO zurückzugreifen ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 126 Abs 5 StPO stehen die dort normierten Rechtsschutzinstrumente dem Beschuldigten nur im Ermittlungsverfahren zur Verfügung. Nur in diesem Verfahrensstadium kann daher ein Beschuldigter, dessen Antrag auf Enthebung eines Sachverständigen (wegen behaupteter Befangenheitsgründe oder begründeter Zweifel an dessen Sachkunde) mit Beschluss abgelehnt wurde, gegen diesen gemäß § 87 Abs 1 StPO (gesondert) Beschwerde erheben (OLG Graz AZ 1 Bs 31/16t; OLG Innsbruck AZ 11 Bs 182/17b; vgl. Hinterhofer in WK StPO § 126 Rz 93, 166 und 170). Demgegenüber ist die Bestellung eines Sachverständigen im Vollzugsverfahren eine im Rahmen der diskretionären Gewalt des/der Vorsitzenden bzw. des Einzelrichters/der Einzelrichterin getroffene Maßnahme (§ 254 Abs 2 StPO), gegen die – in sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen über das Hauptverfahren – ein selbstständiges, die weitere Verhandlung hemmendes Rechtsmittel analog § 238 Abs 3 zweiter Satz StPO nicht zusteht. Entgegen der vom OLG Wien (erstmals in AZ 18 Bs 218/18t = RIS-Justiz RW0000919 betreffend das Verfahren nach § 39 SMG) und ihm folgend Pieber in WK 2 StVG § 17 Rz 7 StVG vertretenen anderslautenden Ansicht ist dieses Regelungsregime (gerade) auf das Verfahren in Maßnahmenvollzugssachen sehr wohl sinnvoll anzuwenden. Denn auch hier ist (gleich wie im Hauptverfahren) die zügige Durchführung des Verfahrens schon wegen der Pflicht zur Entscheidung binnen der Jahresfrist des § 25 Abs 3 StGB (Erläut RV 1789 BlgNR 27. GP 12 f) geboten. Ebenso wenig besteht ein Rechtsschutzdefizit, weil ein Untergebrachter, der sich durch die mangelnde Enthebung eines Sachverständigen beschwert erachtet, dies ohnehin im Wege der Beschwerde gegen den die Sache abschließend erledigenden Beschluss (hier: über die Notwendigkeit der weiteren Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum) geltend machen kann.
Fallbezogen stand demnach dem Untergebrachten gegen die Entscheidung, mit dem sein Antrag auf Enthebung der Sachverständigen abgewiesen wurde, die Beschwerde nicht offen. Folge ist – in diesem Umfang – deren Zurückweisung.
Zu Pkt. 2:
Am 1. März 2023 ist Art 1 des Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2022 (kurz: MVAG 2022), mit dem wesentliche Änderungen des Strafgesetzbuchs, BGBl Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr. 242/2021, im Zusammenhang mit dem Maßnahmenvollzug vorgenommen wurden, in Kraft getreten.
Die Übergangsregelung des Art 6 Abs 2 erster Satz MVAG 2022 sieht vor, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Bestimmungen Untergebrachte, bei denen die erstmalige Überprüfung der Notwendigkeit der weiteren Unterbringung nach Inkrafttreten ergibt, dass sie nach den Bestimmungen des MVAG 2022 überhaupt nicht untergebracht werden dürften, unverzüglich ohne Bestimmung einer Probezeit zu entlassen sind. Demnach sind auch auf den – nach altem Recht untergebrachten – A* die neuen Voraussetzungen des § 21 StGB idF BGBl I Nr. 223/2022 anwendbar. Als Anlasstaten kommen damit gemäß § 21 Abs 3 StGB nur Taten in Frage, die mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht sind. Wenn die angedrohte Freiheitsstrafe dieser Tat drei Jahre nicht übersteigt, muss sich die Befürchtung nach § 21 Abs 1 StGB (idgF) auf eine gegen Leib und Leben gerichtete mit mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe bedrohte Handlung oder auf eine gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung gerichtete mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedrohte Handlung beziehen. Es bedarf eines direkten Zusammenhangs zwischen der psychischen Störung und der Anlass- bzw Prognosetat, wobei die Störung nicht die einzige Ursache der Tatverübung gewesen sein, aber doch einen bedeutenden Einfluss gehabt haben muss (Erläut RV 1789 BlgNR 27. GP 8 f), sowie die mit hoher Wahrscheinlichkeit bestehende Befürchtung der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung mit schweren Folgen unter dem maßgeblichen Einfluss der psychischen Störung in absehbarer Zukunft, wobei die geforderte zeitliche Aktualität der Prognosetat bei der strafrechtlichen Unterbringung umso großzügiger gesehen werden kann, je schwerwiegender die befürchteten Folgen wären (vgl. hiezu auch den Einführungserlasses des Bundesministeriums für Justiz vom 28. Februar 2023, GZ 2023-0.073.577). Weiters muss es unmöglich sein, die bestehende Gefährlichkeit außerhalb des forensisch-therapeutischen Zentrums hintanzuhalten (vgl. Ratz in WK² StGB § 47 Rz 7, 10, 14; Tipold in Leukauf/Steininger, StGB 4 § 47 Rz 2).
Der Beschwerdeführer wurde unter anderem wegen mit Höchststrafdrohung von fünf Jahren bedrohter Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB, mithin wegen Taten, die mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht und gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung gerichtet sind, in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB (aF) eingewiesen.
Aus den bereits oben dargestellten, auf dem Sachverständigengutachten des Univ.-Prof. Dr. D* beruhenden Feststellungen ergibt sich zudem, dass die bei A* bestehende psychische Störung maßgeblichen Einfluss auf diese Anlasstaten hatte und eine große Wahrscheinlichkeit der Begehung einer Prognosetat wie diese Anlasstaten, mithin – fallaktuell – des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und damit einer mit Strafe bedrohten Handlung mit schweren Folgen, bestand, sodass auch nach den Bestimmungen des MVAG 2022 untergebracht werden hätte dürfen.
Der bisherige Gang des Verfahrens zur amtswegigen Prüfung der (weiteren) Unterbringung nach § 25 Abs 3 StGB, die Eingaben und Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten, der BEST und des Department Maßnahmenvollzug der Justizanstalt Graz-Karlau sowie das Gutachten der Sachverständigen Mag a . B* wurden vom Erstgericht (BS 2 ff) zutreffend dargestellt, weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen darauf identifizierend verwiesen wird.
Die Aufrechterhaltung der freiheitsentziehenden Maßnahme nach § 21 Abs 2 StGB (idgF) setzt voraus, dass die einen maßgeblichen Einfluss auf die Anlasstat(en) habende schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung sowie die hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Betreffende nach seiner Aufführung und Entwicklung in der Anstalt, nach seiner Person, seinem Gesundheitszustand, seinem Vorleben und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen weiterhin in absehbarer Zukunft unter dem maßgeblichen Einfluss seiner schwerwiegenden und psychischen Störung Prognosetaten mit schweren Folgen begehen wird, weiter bestehen sowie dass es keine Möglichkeit gibt, diese unterbringungsrelevante Gefährlichkeit extra muros hintanzuhalten (§ 47 Abs 2 StGB; Ratz in WK 2 StGB § 47 Rz 12 bis 14).
Der Sachbeurteilung voranzustellen ist, dass sich fallbezogen weder aus den Akten noch aus der Beschwerdeausführung Gründe iS des § 47 Abs 1 Z 3 StPO ergeben, die geeignet wären, die volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit (RIS-Justiz RS0106258, RS0098211) der Sachverständigen Mag a . B* schlüssig in Zweifel zu ziehen.
Fehl geht zunächst der Verweis des Beschwerdeführers auf eine (angebliche) Verletzung des § 96 Abs 2 StVG, weil diese Bestimmung auf Vertreter öffentlicher Stellen und Betreuungsstellen sowie Rechtsbeistände (§ 90b Abs 4 bis 6 StPO), nicht aber auf Sachverständige Bezug nimmt und der Sache nach darauf abzielt, dass Besuche – dieser Personengruppen – inhaltlich nicht überwacht werden dürfen. Derartiges behauptet der Beschwerdeführer freilich gar nicht. Selbst wenn – der Darstellung des Untergebrachten folgend – Dritte bei der Befundaufnahme möglicherweise mithören hätten können (was die Sachverständige im Übrigen verneinte; s. ON 13, 2), lässt sich daraus nicht die Befürchtung ableiten, die unparteiliche Begutachtung würde durch sachfremde psychologische Motive negativ beeinträchtigt. Vielmehr obliegt die Art und Weise der Befundaufnahme der pflichtgemäßen Einschätzung des/der Sachverständigen, dem/der es (auch) überlassen ist zu beurteilen, in welcher Form sie durchgeführt wird (RIS-Justiz RS0097355 [insbesondere T2, T3]). Insoweit die Einwendungen dem Inhalt nach auf (angeblich) mangelnder Sachkunde der Sachverständigen gründen, sind diese nach (wie hier) Erstattung von Befund und Gutachten infolge der Spezialregelung des § 127 Abs 3 erster Satz StPO nicht mehr zulässig (RIS-Justiz RS0126626). Mit der Behauptung, die Sachverständige habe dem Gutachten „sehr viele Angaben des Untergebrachten … zugrunde gelegt …, welche der Untergebrachte … im Rahmen der Befunderhebung nicht oder anders schilderte“, werden freilich Mängel in Befund und Gutachten iS der letztgenannten Norm nicht substantiiert dargetan; solche liegen auch sonst nach den Akten nicht vor. Zu den in der Eingabe ON 12 angeführten, im Befund angeblich unrichtig wiedergegebenen Angaben des Untergebrachten hat die Sachverständige detailliert, ausführlich und (insbesondere soweit konform mit dem Akteninhalt) schlüssig Stellung genommen (ON 13). Insoweit die Angaben der Sachverständigen und des Untergebrachten zum Inhalt dessen mündlicher Deponate bei der Exploration divergieren (Punkte 2., 3., 5., 7., 8., 9., 10., 12., 13. in der Stellungnahme ON 13), betreffen diese Umstände keine für die von der Sachverständigen zu beantwortenden Fragen entscheidenden Tatsachen. Insoweit sich der angefochtene Beschluss somit begründend (auch) auf die – iS des § 127 Abs 3 StPO mängelfreie – Expertise der Sachverständigen Mag a . B* stützt, haftet dem kein Defizit an.
Nach den aktenkundigen Beurteilungsgrundlagen liegen vielmehr die Voraussetzungen für die weitere Unterbringung des Beschwerdeführers vor.
Nach dem aktuellen (nach dem zuvor Ausgeführten unbedenklichen) Gutachten der Mag a . B* vom 28. August 2023 iVm der Forensischen Stellungnahme des Department Maßnahmenvollzug der Justizanstalt Graz-Karlau vom 30. Juni 2023 besteht bei A* weiterhin eine schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung, nämlich eine Störung der Sexualpräferenz im Sinne einer Pädophilie mit narzisstischen Persönlichkeitsakzentuierungen. Unverändert steht nach der Aufführung und Entwicklung des Angehaltenen in der Anstalt, nach seiner Person, seinem Gesundheitszustand, seinem Vorleben und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen mit hoher Wahrscheinlichkeit (RIS-Justiz RS0090401) die jederzeitige Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung mit schweren Folgen (nämlich des neuerlichen sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 StGB) unter dem maßgeblichen Einfluss seiner fortbestehenden schwerwiegenden und nachhaltigen Störung zu befürchten (§ 21 Abs 2 StGB; Ratz in WK 2 StGB § 21 Rz 27). Maßgebend ist insoweit vor allem, dass der Beschwerdeführer bereits zum zweiten Mal wegen Verbrechen nach § 207 Abs 1 StGB nach § 21 Abs 2 StGB angehalten wird (solcherart als Hochrisikotäter anzusehen ist), er die Anlasstaten teils während offener Probezeit nach bedingter Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug beging, die Prognoseinstrumente (VRAG-G, Static-99, PCL-R, Dittmann-Kriterien) in einer Gesamtbetrachtung auf ein erhöhtes Rückfallrisiko hindeuten und beim (teilweise zu Bagatellisierungen/Verharmlosung der Delikte und zur Projektion eigener Fehler auf andere neigenden) Untergebrachten eine lediglich oberflächliche Störungs- und Problemeinsicht besteht. Die Befürchtung jederzeitiger Rückfälligkeit im oben dargestellten Sinne ergibt sich insbesondere daraus, dass der Untergebrachte in der Vergangenheit jeweils aktiv Kontakte zu Kindern und/oder deren Erziehungsberechtigten anbahnte, um sich so (z.B. in einer Funktion als „Ersatzopa“) Gelegenheiten zu verschaffen, sich sexuell an Kindern zu erregen und zu befriedigen, er bisher aber deliktspräventive Strategien noch nicht (nachhaltig) erlernen konnte, woraus ableitbar ist, dass er extra muros umgehend wieder versuchen würde, entsprechend seiner tatbestimmenden psychischen Störung Opfer zu finden und sie sexuell zu schädigen. Aufgrund der geschilderten Umstände kann die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, trotz guter Compliance und ruhiger Führung durch Maßnahmen im Sinne der §§ 50 bis 52 StGB außerhalb der Unterbringung derzeit auch nicht hintangehalten werden (vgl. Ratz in WK 2 StGB § 47 Rz 6, 8 und 10 aE).
Ergänzend wird zur Begründung dieser Annahmen vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss (BS 6 ff) verwiesen.
Das Beschwerdevorbringen erschöpft sich in der (unzutreffenden) Behauptung, das Sachverständigengutachten sei „aufgrund der Art der Durchführung der Befunderhebung … in einem nicht geschlossenen Raum und aufgrund der falschen Befunderhebung … inhaltlich stark anzuzweifeln“ und in der Bekundung, Therapien auch außerhalb der Anstalt durchführen und gerichtlichen Auflagen Folge leisten zu wollen, und vermag solcherart an der Beurteilung nichts zu ändern.
Der Ausschluss eines weiteren Rechtszugs ergibt sich aus §§ 163, 17 Abs 1 Z 3 erster Satz StVG iVm § 89 Abs 6 StPO.