12Os93/25f – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 17. September 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. SetzHummel LL.M., Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi PMM in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Hinteregger in der Strafsache gegen * P* und eine Angeklagte wegen des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26. März 2025, GZ 42 Hv 8/25i 38, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Leitner, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Steiner zu Recht erkannt:
Spruch
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.
Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten P* fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1]Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier relevant – * P* des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall, 2 StGB schuldig erkannt und „hierfür unter Bedachtnahme gemäß § 31 Abs 1, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien zu 83 Hv 46/21y vom 17. Dezember 2021“ zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.
[2]Danach hat er in W* mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB) Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über Umstände, die das Ruhen des Anspruchs (zu A) und dessen Erlöschen (zu B) zur Rechtsfolge haben, zu Handlungen verleitet, die (richtig:) nachfolgende Körperschaften öffentlichen Rechts in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar
(A) von (richtig:) Juli 2020 bis September 2022 Verantwortliche des AMS zur Auszahlung von Notstands und Überbrückungshilfe von 4.000 Euro, indem er in 15 ( hierselbständigen) im Urteil dargestellten Fällen (US 3) Auslandsaufenthalte pflichtwidrig (§ 50 Abs 1 zweiter Satz AlVG) nicht meldete,
(B) im Zeitraum vom 19. Oktober 2020 bis zum 25. Oktober 2021 Verantwortliche der PVA zur weiteren Auszahlung der Pension für seinen Vater in einer Gesamthöhe von 13.828,78 Euro, indem er in neun im Urteil angeführten Fällen bei Übernahme der von der PVA beauftragten Baranweisungen (US 5 und US 7 iVm ON 20.2 und 20.3) und weiters in einer Erklärung vom 19. Oktober 2020 (US 5 iVm US 7 iVm ON 37.1, 2 [„Eltern haben nach wie vor keinen Reisepass“]) dieser gegenüber wahrheitswidrig vorgab, dass sein Vater noch lebe, obwohl er am 7. Oktober 2020 in Serbien verstorben war (US 5).
Rechtliche Beurteilung
[3]Gegen den Strafausspruch richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 11 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der Berechtigung zukommt.
[4]Die Verhängung einer Zusatzstrafe setzt nach § 31 Abs 1 erster Satz StGB voraus, dass jemand, der bereits zu einer Strafe verurteilt worden ist, wegen einer anderen Tat verurteilt wird, die nach der Zeit ihrer Begehung schon in dem früheren Verfahren hätte abgeurteilt werden können. Diese Voraussetzung ist hier – wie auch das Erstgericht in der Urteilsausfertigung festhielt (US 9) – nicht erfüllt, weil der Angeklagte zu A des Schuldspruchs die Taten teilweise nach dem zu AZ 83 Hv 46/21y des Landesgerichts für Strafsachen Wien am 17. Dezember 2021 gefällten Urteil beging (US 3). Das Schöffengericht hat daher durch die Verhängung einer Zusatzstrafe seine Strafbefugnis überschritten (12 Os 7/20a, 14 Os 56/18v, 15 Os 89/06m; vgl Ratz , WKStPO § 281 Rz 671; RISJustiz RS0090868, RS0090807 [T12]).
[5]Dieser Rechtsfehler führte – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – zur Aufhebung des angefochtenen Urteils wie aus dem Spruch ersichtlich (§ 288 Abs 2 StPO). Mangels Teilnahme des Angeklagten am Gerichtstag, von dessen Stattfinden er in Kenntnis war, sah sich der Oberste Gerichtshof dazu veranlasst, die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (§ 288 Abs 2 Z 3 zweiter Satz StPO).
[6] Mit ihere Berufung war die Staatsanwaltschaft auf die Kassation zu verweisen.
[7]Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.