JudikaturOGH

8Ob70/25i – OGH Entscheidung

Entscheidung
Wirtschaftsrecht
12. August 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Mag. Malesich als Vorsitzende sowie die Hofräte MMag. Matzka, Dr. Stefula, Dr. Thunhart und Mag. Dr. Sengstschmid als weitere Richter in der Insolvenzsache der Schuldnerin S*, ehemals vertreten durch die Masseverwalterin Dr. Andrea Fruhstorfer, Rechtsanwältin in Wien, über den Revisionsrekurs des DDr. V*, vertreten durch Dr. Lothar Hofmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 6. März 2025, GZ 6 R 328/24k 77, mit welchem sein Rekurs gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 14. November 2024, GZ 28 S 64/18t 74, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Mit Beschluss vom 25. 5. 2018 eröffnete das Erstgericht über das Vermögen der Schuldnerin das Konkursverfahren und bestellte eine Masseverwalterin, die am 9. 7. 2018 die Liegenschaft der Schuldnerin verkaufte, wobei die Käuferin die Haftung für einen bestehenden Darlehens- und Pfandbestellungsvertrag übernahm. Mit Beschluss vom 5. 11. 2019 wurde das Konkursverfahren mangels kostendeckenden Vermögens aufgehoben und am 17. 2. 2023 die Schuldnerin wegen Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht.

[2] Aufgrund eines im Darlehens- und Pfandbestellungsvertrag enthaltenen Optionsrechts wurde gegen die Käuferin der Liegenschaft (in Folge: Beklagte) eine Klage eingebracht, die beim Handelsgericht Wien zu 17 Cg 52/22m anhängig ist. Der Geschäftsführer der Käuferin ist dem Verfahren als Nebenintervenient auf ihrer Seite (in Folge: Nebenintervenient) beigetreten. Die Masseverwalterin wurde in diesem Verfahren von beiden Seiten als Zeugin namhaft gemacht.

[3] Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Konkursgericht den Antrag des Klägers im Verfahren zu 17 Cg 52/22m des Handelsgerichts Wien, die Masseverwalterin von ihrer Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich des Abschlusses des Kaufvertrags zu entbinden, zurück. Für eine Entbindung der Masseverwalterin von einer allfälligen Verschwiegenheitspflicht fehle eine gesetzliche Grundlage. Das Konkursgericht sei dafür auch nicht zuständig.

[4] Das Rekursgericht wies den dagegen vom Nebenintervenienten erhobenen Rekurs zurück. Der Nebenintervenient habe mangels Gläubigerstellung keine Beteiligten- oder Parteistellung im Konkursverfahren. Auch sei der Antrag auf Entbindung der Masseverwalterin von ihrer Verschwiegenheitspflicht nicht vom Nebenintervenienten, sondern von seinem Prozessgegner gestellt worden.

[5] Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und ließ den Revisionsrekurs im Hinblick auf die Frage der Rekurslegitimation im Verfahren über die Entbindung eines Masseverwalters von der Verschwiegenheitspflicht zu.

[6] Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Nebenintervenienten , mit dem er geltend macht, dass der Kläger keinen Rekurs gegen die Abweisung seines Antrags erheben habe wollen, die „Waffengleichheit“ im Zivilprozess aber ein Rekursrecht des Prozessgegners erfordere. Auch wenn er am Konkursverfahren nicht beteiligt gewesen sei, ergebe sich seine Rekurslegitimation schon aus dem Umstand, dass der Käuferin der Liegenschaft (Beklagten) aufgrund des mit der Masseverwalterin abgeschlossenen Vertrags eine Haftung drohe.

Rechtliche Beurteilung

[7] Der Revisionrekurs ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

[8]1. Im Konkursverfahren ist grundsätzlich jeder zum Rekurs befugt, der in seinem Recht verletzt sein kann (RS0065135). Der Revisionsrekurswerber nennt aber keine Rechtsgrundlage, aus dem ein ihm zukommendes Recht auf Entbindung der Masseverwalterin von der Verschwiegenheitspflicht abgeleitet werden könnte. Ein bloß wirtschaftliches Interesse genügt demgegenüber nicht (RS0065135) . Dementsprechend hat der Vertragspartner der Konkursmasse nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auch keine Beteiligtenstellung im Konkursverfahren ( RS0065256 ). Entsprechendes gilt für den Prozessgegner der Konkursmasse ( RS0065256 [T2] = RS0065135 [T19]). Umso weniger kann der Nebenintervenient als Geschäftsführer der Vertragspartnerin der Konkursmasse eine Parteistellung im Konkursverfahren beanspruchen.

[9]2. Zwar hat nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs derjenige, der mit seinem Antrag zurückgewiesen wurde, stets das Recht, die Zurückweisung mit Rekurs zu bekämpfen und eine sachliche Erledigung seines Antrags anzustreben, woraufhin die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der ausgesprochenen Zurückweisung des Antrags zu prüfen ist (RS0006793). Dieses Recht kommt aber nur dem Antragsteller zu, dessen Antrag zurückgewiesen wurde. Da es sich hier nicht um den Antrag des Revisionsrekurswerbers handelte, der vom Erstgericht zurückgewiesen wurde, kann der Nebenintervenient auch daraus keine Rechtsmittellegitimation ableiten.

[10] 3. Die Entscheidung des Rekursgerichts ist daher von der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gedeckt, sodass der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen war.

Rückverweise