JudikaturOGH

5Ob87/25t – OGH Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
25. Juni 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Painsi, Dr. Weixelbraun Mohr, Dr. Steger und Dr. Pfurtscheller als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin W* GmbH, *, vertreten durch Mag. Florian Plöckinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Löschung von Pfandrechten der A*, vertreten durch Schima Mayer Starlinger, Rechtsanwälte GmbH in Wien, ob der EZ * KG *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 9. Dezember 2024, AZ 17 R 189/24a, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 7. Oktober 2024, TZ 6034/2024, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Grundbuchsache wird dem Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach rechtskräftiger Erledigung des von der Antragstellerin zu TZ 3681/2024 des Bezirksgerichts Mödling eingebrachten Antrags auf Einverleibung ihres Eigentumsrechts im Rang der Anmerkung der Rangordnung TZ 4177/2023 aufgetragen.

Text

Begründung:

[1] Die W* GmbH, * (in der Folge: W*) war – und ist nach dem Ergebnis des Rekursverfahrens nun wieder – bücherliche Alleineigentümerin der im Kopf genannten Liegenschaft. Über die W* wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 3. 9. 2024 zu 4 S 128/24m das Konkursverfahren eröffnet und ein Rechtsanwalt zum Masseverwalter bestellt. Mit Beschluss des Erstgerichts vom 3. 7. 2023 zu TZ 4177/2023 war der W* die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung mit Wirkung bis zum 3. 7. 2024 bewilligt worden.

[2] Die Antragstellerin begehrte zu TZ 3681/2024 die Einverleibung ihres Eigentumsrechts ob der Liegenschaft im Rang dieser Rangordnungsanmerkung aufgrund eines Kaufvertrags samt Nebenvereinbarung zum Optionsvertrag vom 21. 12. 2023, abgeschlossen zwischen der Antragstellerin und der W* ebenfalls am 21. 12. 2023.

[3] Mit Beschluss vom 21. 8. 2024 bewilligte das Erstgericht die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Antragstellerin.

[4] Am 9. 9. 2024 begehrte die Antragstellerin die – hier gegenständliche – Löschung des zugunsten der Pfandgläubigerin aufgrund eines Urteils zu TZ 7534/2023 ob C LNr 28 einverleibten vollstreckbaren Pfandrechts über 152.047,20 EUR gemäß § 57 GBG.

[5] Das Erstgericht gab dem Löschungsgesuch statt.

[6] Sowohl gegen die Einverleibung des Eigentumsrechts im Rang der Rangordnungsanmerkung als auch die Löschung der Zwischeneintragung nach § 57 GBG richteten sich (getrennt eingebrachte) Rekurse der Pfandgläubigerin.

[7] Das Rekursgericht entschied in gesonderten Rekursentscheidungen darüber am gleichen Tag. Das Einverleibungsbegehren wies es wegen Bedenken gegen die vorgelegten Urkunden iSd § 94 Abs 1 Z 3 GBG ab. Den Antrag auf Löschung des Pfandrechts wies es unter Hinweis auf die Abweisung des Einverleibungsbegehrens mit der Begründung ab, damit sei das zu löschende Pfandrecht keine Zwischeneintragung iSd § 57 GBG.

[8] Beide Entscheidungen hat die Antragstellerin mit getrennt eingebrachten außerordentlichen Revisionsrekursen bekämpft.

[9] Gegenstand dieser Entscheidung ist nur der außerordentliche Revisionsrekurs betreffend die Abweisung des Antrags auf Löschung der Zwischeneintragung.

Rechtliche Beurteilung

[10] Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht dieses Gesuch abgewiesen hat, ohne die Rechtskraft der abweisenden Vorentscheidung abzuwarten. Er ist auch im Sinn einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen berechtigt.

[11] 1. Gemäß § 93 GBG ist für die Beurteilung des Grundbuchgesuchs der Zeitpunkt maßgeblich, in dem dieses beim Grundbuchgericht einlangte. Dies gilt auch für das Rekursgericht und folgerichtig auch für den Obersten Gerichtshof (RS0061117).

[12] 2. Zum maßgeblichen Grundbuchstand zählen nicht nur bereits vollzogene Eintragungen, sondern auch die bewilligten, aber noch nicht vollzogenen, ebenso schon vor dem zu prüfenden Gesuch eingelangte, aber noch nicht erledigte Grundbuchgesuche. Eintragungen müssen daher grundsätzlich nicht rechtskräftig sein, bevor auf ihrer Basis weitere Eintragungen bewirkt werden können (5 Ob 291/06i mwN).

[13] 3. Dieser Grundsatz gilt aber nicht für den Fall der Abweisung eines Vorgesuchs, dessen Bewilligung Voraussetzung für ein Folgegesuch ist, das nicht auch aus anderen Gründen abgewiesen werden muss. In einem solchen Fall ist nach der Rechtsprechung des Fachsenats (RS0121902; vgl auch Rassi Grundbuchsrecht 3 Rz 5.21) die Rechtskraft der abweislichen Vorentscheidung abzuwarten, bevor – gestützt auf die Abweisung des Vorgesuchs – auch über das Folgegesuch abweislich entschieden wird. Maßgeblich für diese Überlegung ist das nicht zu entkräftende Argument des im Grundbuchsverfahren vorrangigen Rangprinzips (5 Ob 291/06i mwN).

[14] 4. Diese Überlegungen gelten auch hier: Zwar hat das Erstgericht das Einverleibungsgesuch der Antragstellerin bewilligt und konnte daher im Sinn der zitierten Rechtsprechung – ungeachtet der noch nicht eingetretenen Rechtskraft dieser Bewilligung – bereits über das von dieser Bewilligung abhängige Gesuch auf Löschung der Zwischeneintragung stattgebend entscheiden. Durch die Abweisung des Einverleibungsgesuchs über Rekurs der Pfandgläubigerin, die das Erstgericht im Grundbuch auch angemerkt hat, kam es nun aber zu einer den Entscheidungen 5 Ob 291/06i und 5 Ob 292/06m vergleichbaren Verfahrenssituation. Die – nur auf die Abweisung des Vorgesuchs auf Einverleibung des Eigentumsrechts der Antragstellerin gestützte – sofortige Entscheidung über das Löschungsgesuch kommt wegen der damit verbundenen Gefahr der Rangverschiebung nicht in Betracht. Andere Gründe, weshalb dieses Gesuch abzuweisen wäre, sind nicht ersichtlich. Inhaltlich hängt die Berechtigung des Begehrens auf Löschung der Zwischeneintragung daher nur davon ab, ob die – mit außerordentlichem Revisionsrekurs bekämpfte – Abweisung des Einverleibungsbegehrens rechtskräftig wird oder nicht.

[15] 5. Aus diesen Erwägungen waren die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben; dies verbunden mit der Anordnung, die rechtskräftige Erledigung des – präjudiziellen – Vorgesuchs abzuwarten.