JudikaturOGH

14Os126/24x – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
13. Mai 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Mai 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Madari LL.M. (WU), BSc (WU) in der Strafsache gegen DI * S* MSc wegen des Verbrechens desschweren Betrugs nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9. Februar 2024, GZ 509 Hv 1/22i 989, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant wurde mit dem angefochtenen Urteil DI * S* MSc des Verbrechens desschweren Betrugs nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er – zusammengefasst wiedergegeben – in W* und an anderen Orten des Bundesgebiets mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, dadurch, dass er für die Anleger der „s*“-Gruppe (US 130) irreführende und unrichtige Informationen über die Fertigstellung der Software B* und nicht zutreffende Hinweise auf Kunden und Umsätze und demnach Vertriebs- und Ertragsmöglichkeiten (US 130 f) lieferte und dabei in Kenntnis des Umstands war, dass die B* AG keine werthaltige Entwicklung mehr leisten konnte, zur Ausführung der strafbaren Handlungen des * Sc* zu A./1./ bis 452./ im Ausmaß von 350.000 Euro und zu B./1./ bis 12./ im Ausmaß des gesamten Schadens von 833.040 Euro beigetragen, der in W* und an anderen Orten des Bundesgebiets mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz teils vorsatzlos handelnde Vermögensberater dazu bestimmt hat, Anleger durch Täuschung über die Werthaltigkeit und die Ertragsmöglichkeiten abzuschließender Beteiligungen zum Erwerb von diesen und zu daran anknüpfenden Überweisungen oder Ausfolgungen von Geldbeträgen zu verleiten, und teils selbst Anleger durch gleichartige Täuschungen zu solchen Handlungen verleitet hat, wodurch diese insgesamt in einem Betrag von mehr als 22 Mio Euro (US 128) am Vermögen geschädigt wurden, und zwar

A./ von Jänner 2006 bis Ende September 2009 als Verantwortlicher und wirtschaftlich Berechtigter der Unternehmen „s*“ T* GmbH, „s*“ W* GmbH, „s*“ U* GmbH, „s*“ U* GmbH Co KEG („S* 1“), „s*“ U* GmbH Co Z* KEG („S* 2“) und „s*“ U* GmbH Co D* KEG („S* 3“) die im Urteilstenor zu 1./ bis 452./ namentlich angeführten Personen dadurch, dass er die Werthaltigkeit und die Ertragsmöglichkeiten von Beteiligungen an den in der „s*“ U* GmbH Co D* KEG enthaltenen, nicht erfolgversprechenden und auch nicht gewinnbringenden Zielgesellschaften (US 128 f) unrichtig darstellte, unrichtige Prospekte und Folder über die „Portfolio-Unternehmen“ erstellte sowie unrichtige Anlegerinformationen anfertigte und diese Informationen den einschreitenden Vermögensberatern zur Anwerbung von Anlegern zur Verfügung stellte oder mit diesen Informationen Anleger selbst anwarb und damit im Rahmen der als Kapitalbeteiligungsgesellschaft konzipierten „s*“ U* GmbH Co D* KEG in sieben Beteiligungstranchen Anlegergelder einwarb, wodurch die im Urteil namentlich Genannten in einem Gesamtbetrag von 21.566.375 Euro (US 128) am Vermögen geschädigt wurden;

B./ von März bis August 2010 als Verantwortlicher und wirtschaftlich Berechtigter der Unternehmen „s*“ T* GmbH und „s*“ W* GmbH sowie als Aufsichtsrat der B* AG die im Urteilstenor zu 1./ bis 12./ namentlich Genannten dadurch, dass er in Kenntnis des Umstands, dass die B* AG keine werthaltige Entwicklung mehr leisten konnte, Aktien der genannten Gesellschaft als werthaltige Anlagemöglichkeit vertrieb und damit Anlegergelder in einer Beteiligungstranche einwarb, wodurch die im Urteil Angeführten in einem Gesamtbetrag von 833.040 Euro am Vermögen geschädigt wurden.

Rechtliche Beurteilung

[3]Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[4]Gegenstand einer Rechtsrüge (Z 9) sowie einer Subsumtionsrüge (Z 10) ist der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts (einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen) mit dem in den Entscheidungsgründen festgestellten Sachverhalt und die Behauptung, dass dieser keine ausreichende Grundlage für den Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) bildet. Die Rüge hat dabei die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) in den Blick zu nehmen und klarzustellen, aus welchen ausdrücklich zu bezeichnenden Tatsachen (einschließlich der Nichtfeststellung von Tatsachen) welche rechtliche Konsequenz (§§ 259, 260 Abs 1 Z 2 StPO) hätte abgeleitet werden sollen (RIS-Justiz RS0099810 [T31]).

[5] Indem die Beschwerde unter selektiver Wiedergabe von Passagen der Feststellungen solche darüber vermisst, „welche tatsächlichen reellen Kenntnisse der Angeklagte S* von den Entwicklungsmöglichkeiten der Software hatte, respektive welche falschen Informationen er diesbezüglich konkret weitergegeben hat“, nimmt sie nicht die Entscheidungsgründe in ihrer Gesamtheit (vgl insb US 127, 130 f; siehe auch US 160 ff, 166, 168 f) in den Blick. Denn diesen zufolge hielt es der Angeklagte zu den Zeitpunkten, als er nicht den Tatsachen entsprechende Informationen (vor allem betreffend den Entwicklungsstand der Software und deren Vertriebs- und Ertragsmöglichkeiten) an Sc* lieferte, ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass die Software B* und die B* AG nicht in der Lage sein werden, den Anlegern Gewinnmöglichkeiten zu bieten, und dass die Software B* keine Aussichten auf eine Fertigstellung oder einen erfolgreichen Vertrieb und zahlende Kunden hatte, jedoch durch die von ihm bereitgestellten falschen Informationen den Anlegern werthaltige Beteiligungen mit Ertragsmöglichkeiten vorgegeben und diese zur Zahlung veranlasst wurden.

[6]Der in diesem Zusammenhang getätigte Verweis auf eine Passage der Beweiswürdigung, wonach die Verantwortung des Angeklagten „im Hinblick auf die übrigen Beweisergebnisse, darunter das nachvollziehbare Gutachten des Sachverständigen Dr. K*, als reine Schutzbehauptung zu werten“ sei (US 133), und der sinngemäße Einwand, die Ausführungen im Gutachten würden diese Schlussfolgerung nicht zulassen, bestreitet die tatrichterlichen Annahmen einer vorsätzlichen Weitergabe von falschen Informationen durch den Angeklagten außerhalb des Anfechtungsrahmens des § 281 Abs 1 StPO.

[7]Die auf eine Betrachtung lediglich einzelner Urteilserwägungen sowie Passagen der Verantwortung des Angeklagten gestützte Argumentation, dieser habe den Entwicklungsstand der Software und die Vertriebs- und Ertragsmöglichkeiten lediglich unrealistisch eingeschätzt, wobei eine „zu positive 'Bewerbung' seines Produkts“ per se noch nicht als Täuschungshandlung zu qualifizieren sei, vernachlässigt abermals die den Schuldspruch tragenden – und aus Z 5 unbeanstandet gebliebenen – Tatsachenannahmen zur subjektiven Tatseite (neuerlich RIS-Justiz RS0099810).

[8] Durch die Forderung nach Konstatierungen, welche Informationen der Angeklagte „in bewusster Kenntnis deren Unrichtigkeit wann und in welcher Form“ an Sc* erteilt hat, „respektive in welcher Form diese Informationen dann in den jeweiligen Prospekten und Foldern auch tatsächlich von diesem inhaltsgleich übernommen wurden“, macht die Rüge nicht klar, warum die Feststellungen zur Weitergabe der (oben wiedergegebenen) unrichtigen Informationen „zur Täuschung der Anleger“ an Sc* welche „dieser plangemäß einsetzte“ (US 170 iVm US 130 f, 160), keinen vorsätzlichen und kausalen Beitrag zu den strafbaren Handlungen des Sc* zum Ausdruck bringen sollte.

[9] Inwiefern ein in Geschäftsunterlagen der „s*“-Gruppe enthaltener Hinweis auf die Möglichkeit eines Totalverlusts des eingesetzten Kapitals (US 128, 166, 168) unter (gebotener) Berücksichtigung der (oben dargelegten) Feststellungen, wonach die Anleger über die Fertigstellung der Software B* sowie deren Kunden-, Vertriebs- und Ertragsmöglichkeiten und solcherart über eine wesentliche Geschäfts- und Entwicklungstätigkeit der B* AG falsch informiert und in die Irre geführt wurden, gegen einen täuschungsbedingten Irrtum oder gegen dessen Kausalität für eine selbstschädigende Vermögensverfügung von Anlegern sprechen sollte, legt die Beschwerde nicht dar (vgl in diesem Zusammenhang auch die Klarstellung des Erstgerichts, wonach es einen Unterschied mache, ob sich ein Totalverlust aus nicht absehbaren wirtschaftlichen Gegebenheiten ergeben kann oder bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses einer Beteiligung vorliegt [US 133, 168]).

[10] Durch die These, „nicht unerheblich“ sei in diesem Zusammenhang auch die steuerliche Behandlung von Verlusten und die diesbezügliche „Finanzjudikatur“, wird Nichtigkeit nicht aufgezeigt.

[11]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[12]Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.