JudikaturOGH

503Präs3/25f – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Januar 2025

Kopf

Der Präsident des Obersten Gerichtshofs fasst im Verfahren über die Beschwerden vom 8. Jänner 2025, Jv 6/25v 7a des OLG *, sowie vom 10. Jänner 2025 (Jv 10/25g 7a des OLG *) gegen den Personalsenatsbeschluss des Oberlandesgerichts * vom 18. Dezember 2024, Jv 1432/24y 7a des OLG *, den

Beschluss:

Spruch

Der Antrag, die Ausgeschlossenheit von Mag. a S* als Mitglied des Außensenats des Obersten Gerichtshofs von der Entscheidung über die Beschwerde vom 10. Jänner 2025 gegen den angeführten Beschluss des Oberlandesgerichts * vom 18. Dezember 2024, Jv 1432/24y 7a des OLG *, festzustellen, wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Im vorliegenden Fall haben mehrere Richter Beschwerde gegen die Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts * erhoben. In der Beschwerde vom 10. Jänner 2025 beantragen die Beschwerdeführer, die Ausgeschlossenheit von Mag. a S* als Mitglied des Personalsenats (Außensenats) des Obersten Gerichtshofs von der Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde festzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Mag. a S* erklärte, sich eine sachliche Berichterstattung zuzutrauen und sich nicht befangen zu fühlen.

Der Antrag ist nicht berechtigt.

Nach § 49 Abs 4 RStDG ist ein Mitglied des Personalsenats von der Beratung und Abstimmung ausgeschlossen, wenn ein Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Jeder Richter, der von einem Tagesordnungspunkt betroffen ist, kann das Vorliegen eines Ausschlussgrundes schriftlich geltend machen. Über den Ausschluss entscheidet der Vorsitzende des Personalsenats.

Mag. a S* hat selbst nicht Beschwerde erhoben und nach der Aktenlage sich auch nicht an der der Beschlussfassung des Personalsenats des Oberlandesgerichts vorangegangenen Diskussion beteiligt. Dafür, dass sich Mag. a S* bei ihrer Entscheidung von anderen als rein sachlichen Erwägungen leiten lassen könnte, besteht nicht der geringste Hinweis.

Konkrete Anhaltspunkte für eine Befangenheit (Ausgeschlossenheit) von Mag. a S* werden von den Beschwerdeführern nicht geltend gemacht. Im Ausschließungsantrag wird lediglich behauptet, Mag. a S* sei als Mitglied des Senats 18 des Oberlandesgerichts * vom Ausgang der gegenständlichen Beschwerde „direkt betroffen“. Dieser objektive Umstand begründe den äußeren Anschein ihrer Befangenheit als Mitglied des mit der gegenständlichen Beschwerde befassten Außensenats des Obersten Gerichtshofs.

Damit bringen die Beschwerdeführer keinen Ausschlussgrund zur gesetzmäßigen Darstellung. Der „äußere Anschein“ (die „Optik“) kann nicht abstrakt im Sinne von „eigener Betroffenheit“ eines Personalsenatsmitglieds, sondern nur vor dem Hintergrund der konkreten gesetzlichen Ausgestaltung der Personalsenate beurteilt werden. Die „Betroffenheit“ von einem Beschluss des Personalsenats begründet zwar die Legitimation zur Stellung eines Antrags auf Feststellung der Ausgeschlossenheit nach § 49 Abs 4 RStDG, begründet als solche aber noch nicht die Ausgeschlossenheit des betroffenen Mitglieds des Personalsenats. Vielmehr stellt das Gesetz dafür – wie auch in anderen Zusammenhang – darauf ab, ob ein Grund vorliegt, die Unbefangenheit des betreffenden Personalsenatsmitglieds in Zweifel zu ziehen. Derartige Gründe werden im Ausschließungsantrag aber nicht geltend gemacht. Die Formulierung, Mag. a S* sei vom Ausgang der Beschwerde „direkt betroffen“ vermag die Anführung konkreter Gründe nicht zu ersetzen.

Die Gesetzesmaterialien führen hierzu aus: „Die Beratung und Beschlussfassung über die Geschäftsverteilung, von der Personalsenatsmitglieder selbst betroffen sind, stellt grundsätzlich noch keinen Ausschlussgrund dar. Erst wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Befangenheit sprechen, wird der Vorsitzende des Personalsenates eine Beschlussfassung über das Vorliegen eines Ausschlussgrundes zu erwägen haben. In Zweifelsfällen wird eher von der Unbefangenheit des betreffenden Personalsenatsmitglieds auszugehen sein“ (ErläutRV 1597 BlgNR 18. GP).

Entscheidungen über die Geschäftsverteilung ist wesensimmanent, dass davon letztlich alle Mitglieder des Personalsenats auch selbst betroffen sind. Jede Zuweisung von Geschäften an einen Richter bedeutet gleichzeitig, dass diese von anderen Richtern nicht zu bearbeiten sind, mögen diese Mitglied des Personalsenats sein oder nicht. Die mitstimmenden Personalsenatsmitglieder sind daher, wenn sie dem betreffenden Gericht angehören, zwangsläufig stets auch selbst betroffen. Jede derartige Zuweisung von Geschäften an einen einzelnen Richter ebenso wie die gesamte Geschäftsverteilung beruht aber auf einer Bewertung der Arbeitslast und damit von Anzahl, Umfang und Schwierigkeit der zugewiesenen Verfahren. Eine derartige Bewertung lässt sich niemals isoliert für eine bestimmte Gerichtsabteilung oder eine bestimmte Sparte anstellen, sondern nur im Gesamtgefüge der bei dem betreffenden Gericht zu erledigenden Geschäfte. Letztlich läuft der Standpunkt der Beschwerdeführer darauf hinaus, dass die Bewertung von Strafverfahren für die Geschäftsverteilung nur durch Zivilrichter und diejenige von Zivilverfahren nur durch Strafrichter erfolgen könnte. Letztlich müssten dann Bewertungen der Arbeitslast stets durch fachfremde Richter vorgenommen werden; die Erfahrung und Sachkenntnis der Richter der betreffenden Sparte ginge bei Geschäftsverteilungsentscheidungen zwingend verloren. Ein Richter mit Mischverwendung könnte im Personalsenat dann überhaupt nie mitwirken. Dass eine derartige Auffassung nicht dem gesetzlichen Konzept des Personalsenats entspricht, bedarf keiner weiteren Ausführungen.

In Hinblick auf den Charakter der Beschlussfassung über die Geschäftsverteilung als – notwendige – gesamthafte und einheitliche Beurteilung aller Geschäfte bei dem betreffenden Gericht kann auch nicht hinsichtlich einzelner (Streit-)Fragen differenziert werden. Bei der Beschlussfassung über die Jahres-Geschäftsverteilung geht es stets nicht nur um die Aufgabenverteilung zwischen einzelnen Senaten oder Senatsgruppen einer Sparte (mag im konkreten Fall auch nur diese strittig sein), sondern die Höher oder Niedrigerbewertung einzelner Arten von Verfahren kann regelmäßig auch Implikationen für die Verteilung der Geschäfte zwischen allen Senaten des betreffenden Gerichtshofs nach sich ziehen, könnte doch die Höherbewertung von bestimmten Verfahrensarten einen Mehrbedarf in der betreffenden Sparte auslösen. Dann wäre der Personalsenat aber überhaupt beschlussunfähig. Eine derartige Konsequenz kann dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden. Ganz im Gegenteil: Die Gesetzesmaterialien stellen in einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit klar, dass die Beschlussfassung über die Geschäftsverteilung, von der Personalsenatsmitglieder selbst betroffen sind, grundsätzlich noch keinen Ausschlussgrund darstellt.

Anderes würde etwa – im Sinne der seit langem geübten Praxis – dann gelten, wenn es um die eigene Dienstbeschreibung des betreffenden Personalsenatsmitglieds oder dessen Bewerbung auf eine andere Planstelle geht; ebenso bei einem Zuständigkeitskonflikt nur zwischen dem betreffenden Personalsenatsmitglied und einem anderen Richter. In allen diesen Fällen ist das Mitglied des Personalsenats unmittelbar individuell betroffen ; es ist gerade keine alle Richter des Gerichts betreffende einheitliche Gesamtbeurteilung wie bei der Jahresgeschäftsverteilung vorzunehmen. Die – in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich angeführte – Beschlussfassung über die (Jahres-)Geschäftsverteilung kann jedoch derartigen Fällen nicht gleichgehalten werden. Vielmehr sind durch diese denknotwendig stets alle Richter des Gerichts betroffen.

Die angeführten Grundsätze gelten mangels gesetzlicher Differenzierung auch dann, wenn der Personalsenat (Außensenat) – wie im vorliegenden Fall – über eine Beschwerde gegen die Geschäftsverteilung zu entscheiden hat. Dafür, dass die Befangenheit in zweiter Instanz anders zu beurteilen wäre als in erster Instanz, bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt. Die Auffassung der Beschwerdeführer hätte zudem zur Folge, dass der Personalsenat (Außensenat) des Obersten Gerichtshofs die Sachkunde und Erfahrung in Strafsachen von Mag. a S* verlieren würde.

Dem Antrag war daher spruchgemäß nicht Folge zu geben.

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