14Os102/22i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Oktober 2022 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Kornauth in der Strafsache gegen * B* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 22. Juni 2022, GZ 11 Hv 4/22k 62, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * B* des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 8. August 2021 in M* * D* mit Gewalt, indem er sie wiederholt packte, auf eine Couch und ein Bett drückte, ihr die Hose auszog, sie wiederholt würgte und ihre Füße auseinander drückte, zur Duldung des Beischlafs oder diesem gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen genötigt oder zu nötigen versucht, indem er zunächst erfolglos seinen Penis in ihren Mund zu stecken trachtete und in weiterer Folge mehrere Finger und dann seinen Penis in ihre Vagina einführte und den Geschlechtsverkehr ohne Verwendung eines Kondoms bis zum Samenerguss vollzog.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen aus den Gründen der Z 5a und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
[4] Die Tatsachenrüge (Z 5a) kritisiert die vom Erstgericht unterlassene Beischaffung der Akten zu einem von der Staatsanwaltschaft eingestellten Verfahren betreffend einen vom Opfer gegen dessen Stiefvater (früher) erhobenen Vorwurf des „sexuellen Übergriffs“. Sie unterlässt dabei jedoch den erforderlichen Hinweis, wodurch der Beschwerdeführer an darauf abzielender Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert gewesen sei (RIS Justiz RS0115823). Vorgebrachte fehlende Kenntnis des Aktenzeichens oder der für jenes Ermittlungsverfahren zuständigen Staatsanwaltschaft erfüllt diese Anfechtungsvoraussetzung nicht, weil dies (im Fall einer Antragstellung) ohne Schwierigkeiten (über die Verfahrensautomation Justiz [VJ]) hätte ermittelt werden können.
[5] Entgegen der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) bedeutet es keine offenbar unrichtige Beurteilung einer für die Strafbemessung maßgebenden entscheidenden Tatsache (Z 11 zweiter Fall), dass das Erstgericht das Unterbleiben der Verwendung eines Kondoms (vgl 14 Os 6/14k) ebenso wie das Ejakulieren in der Vagina des Opfers im Rahmen allgemeiner Strafbemessungserwägungen (§ 32 Abs 3 StGB) zum Nachteil des Beschwerdeführers berücksichtigte, weil durch dieses rücksichtslose Verhalten – wie die Tatrichter zutreffend ausführten – die Gefahr einer Schwangerschaft und der Ansteckung mit einer sexuell übertragbaren Krankheit für das Opfer vergrößert wurde (US 13).
[6] Die Anregung einer Anwendung außerordentlicher Strafmilderung nach § 41 StGB stellt bloß ein Berufungsvorbringen dar (RIS Justiz RS0091303).
[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[8] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
[9] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.