JudikaturOGH

3Ob121/21x – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Dezember 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei D*, vertreten durch Dr. Ferdinand Scholl, Rechtsanwalt in Schorndorf, Deutschland, dieser vertreten durch Dr. Johann Eder, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die verpflichtete Partei H*, vertreten durch Mag. Hartmut Gräf, Rechtsanwalt in Kirchdorf an der Krems, wegen Forderungsexekution nach § 294a EO, über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr als Rekursgericht vom 10. Mai 2021, GZ 1 R 36/21v, 1 R 37/21s 50, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Kirchdorf an der Krems vom 15. März 2021, GZ 1 E 910/20m 39, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

[1] Das Erstgericht erklärte mit Beschluss vom 24. September 2020 die Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 13. Dezember 2007, AZ 23 U 3947/07, für Österreich für vollstreckbar und bewilligte mit gesondertem Beschluss (vom selben Tag) die beantragte Forderungsexekution gemäß § 294a EO. Dem Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung gab das Rekursgericht im ersten Rechtsgang Folge und hob den Beschluss zur neuerlichen Entscheidung auf.

[2] Das Erstgericht bewilligte im zweiten Rechtsgang mit Beschluss vom 15. März 2021 die beantragte Forderungsexekution (ON 39).

[3] Die im ausländischen Exekutionstitel enthaltene Verpflichtung „Zug um Zug gegen Abtretung von Ansprüchen der V* KG, die diese aus der Hingabe von EUR 715.808,63 gegen die V* GmbH erworben hat“, nahm es in die Exekutionsbewilligung auf. Die Bewilligung der Überweisung zur Einziehung behielt es ausdrücklich bis zur Erbringung oder Sicherstellung der genannten Gegenleistung vor.

[4] Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs des Verpflichteten Folge, wies den Exekutionsantrag ab, hob sämtliche Vollzugsakte auf und verwies die Betreibende mit ihrem Rekurs auf diese Entscheidung.

[5] Aus dem (ergänzenden) Vorbringen der Betreibenden ergebe sich, dass die Erbringung der im Urteil des Oberlandesgerichts München ausgesprochenen Zug-um-Zug-Verpflichtung (Abtretung von Ansprüchen der V* KG gegen die V* GmbH an den Verpflichteten) nicht mehr möglich sei, weil die V* KG bereits liquidiert worden sei. Der Grund der Unmöglichkeit dieser – nach dem Titel Zug um Zug zu erbringenden – Gegenleistung sei im Exekutionsverfahren nicht zu überprüfen. Die Eignung des Exekutionstitels stelle eine Vorfrage für die Entscheidung über den Exekutionsantrag dar; diese entfalte keine über den konkreten Rechtsstreit hinausgehende Bindungswirkung. Entscheidungen des Landgerichts München stünden dem nicht entgegen.

[6] Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob auch ein erst in einer dem Exekutionsantrag nachfolgenden Eingabe erstattetes Vorbringen eines Betreibenden, wonach der Erbringung der Gegenleistung ein Hindernis entgegen stehe, zur Abweisung des Exekutionsantrags führen müsse.

[7] In ihrem Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung beantragt die Betreibende, in Abänderung des Beschlusses die beantragte Exekution zu bewilligen; hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

[8] Der Verpflichtete erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise diesem nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[9] Der Revisionsrekurs ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO aufgeworfen wird.

[10] 1. Die Bewilligung der Exekution wegen eines Anspruchs, den der Verpflichtete nur gegen eine ihm Zug um Zug zu gewährende Gegenleistung zu erfüllen hat, ist gemäß § 8 Abs 1 EO grundsätzlich nicht vom Nachweis abhängig, dass die Gegenleistung bereits erbracht oder sichergestellt wäre. Für die Exekutionsbewilligung genügt im Allgemeinen die Behauptung im Antrag, zur Gegenleistung bereit zu sein; zur Klarstellung der beiderseitigen Verpflichtungen ist – auch ohne entsprechenden Antrag (RS0002032 [T8]) – in die Exekutionsbewilligung ein Hinweis auf die Zug-um-Zug-Verpflichtung aufzunehmen (RS0000268 [T1, T2]; RS0002032; vgl auch RS0000280).

[11] 2. § 42 Abs 1 Z 4 EO räumt dem Verpflichteten die Möglichkeit ein, die Aufschiebung der Exekution zu erwirken, wenn in einem Fall des § 8 Abs 1 EO der Betreibende weder die ihm obliegende Gegenleistung bewirkt hat, noch dieselbe zu bewirken oder sicherzustellen bereit ist. Daraus kann abgeleitet werden, dass das Gesetz zwar den Anspruch des Verpflichteten, nur gegen Erbringung der Gegenleistung leisten zu müssen, auch im Rahmen der Exekution gewahrt sehen möchte, dass es aber grundsätzlich Sache des Verpflichteten ist, für die Durchsetzung dieses Rechts zu sorgen (3 Ob 7/05h mwN = RS0002040 [T4]). Der Umstand, dass die Erbringung der Gegenleistung nachträglich unmöglich geworden ist, damit feststeht, dass diese Voraussetzung der Hauptleistung nicht mehr eintreten kann und der Hauptanspruch damit endgültig erloschen ist, kann mit Klage nach § 35 EO aufgegriffen werden (vgl 3 Ob 202/12w; ferner 3 Ob 124/91). Bestreitet dagegen der Verpflichtete, dass die angebotene, sichergestellte oder bereits erbrachte Gegenleistung angemessen sei, so soll ihm nach bereits vorliegender Rechtsprechung die Impugnationsklage zur Verfügung stehen (3 Ob 7/05h).

[12] 3. Das Bewilligungsgericht hat grundsätzlich nicht zu überprüfen, ob bei Vorliegen einer Zug-um-Zug Verpflichtung der Erbringung der Gegenleistung ein Hindernis entgegen steht. Allerdings ist ein Exekutionsantrag abzuweisen, wenn zur Zeit der Entscheidung hierüber bereits feststeht, dass die Exekution nicht zum Erfolg führen kann. Dies bedeutet für die Bewilligung der Exekution wegen eines Anspruchs, den der Verpflichtete nur gegen eine ihm Zug um Zug zu erbringende Gegenleistung zu erfüllen hat, dass die Exekution – nach bereits vorliegender Rechtsprechung des Fachsenats – nicht bewilligt werden darf, wenn feststeht, dass der betreibende Gläubiger die Gegenleistung nicht erbringen wird oder kann (3 Ob 111/99s).

[13] 4.1 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Exekutionsvoraussetzungen ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung erster Instanz; alle Umstände, die sich bis zur Entscheidung aktenkundig ergeben, sind zu berücksichtigen (vgl RS0000019 [T4], RS0000020 [T6]). Dies gilt namentlich auch für vom betreibenden Gläubiger vorgebrachte rechtsaufhebende oder rechtseinschränkende Tatsachen (vgl RS0000031).

[14] 4.2 Hier brachte die Betreibende im ersten Rechtsgang und damit vor der neuerlichen erstgerichtlichen Beschlussfassung über den Antrag auf Exekutionsbewilligung selbst und ausdrücklich vor, zur Erbringung der Gegenleistung infolge Liquidierung der betreffenden Gesellschaft nicht mehr in der Lage zu sein. Dieser damit vor Beschlussfassung aktenkundige Umstand war zu berücksichtigen und musste zur Antragsabweisung führen. Die dementsprechende Entscheidung des Rekursgerichts weicht demnach nicht von der dargestellten höchstgerichtlichen Rechtsprechung ab.

[15] 5. Überlegungen der Betreibenden zur Vollstreckbarkeit nach deutschem Recht und einer „Bindungswirkung“ von darüber ergangenen Entscheidungen deutscher Gerichte ist nicht nachzugehen, weil die Prüfung der Voraussetzungen der Erteilung der Exekutionsbewilligung dem Verfahrensrecht zugehört, wofür allein der Inhalt des für vollstreckbar erklärten Titels und die österreichischen Verfahrensvorschriften maßgeblich sind (lex fori; vgl RS0076618; RS0009195).

[16] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO iVm §§ 40, 50 ZPO. Das gesonderte Verfahren allein über die Exekutionsbewilligung ist einseitig (vgl RS0110241). Die vom Verpflichteten erstattete Revisionsrekursbeantwortung ist zwar mangels gesetzlicher Anordnung nicht zurückzuweisen (RS0118686 [T11]), sie war allerdings zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig und ist daher nicht zu honorieren (RS0118686 [T12]).

Rückverweise