JudikaturOGH

7Ob43/21f – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Juni 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, MMag. Matzka und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** S*****, vertreten durch Mag. Stefan Oberlojer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E***** AG, *****, vertreten durch Dr. Hartmut Ramsauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 28.000 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 22. Dezember 2020, GZ 1 R 163/20a 30, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 25. September 2020, GZ 7 Cg 25/19s 25, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.804,50 EUR (darin enthalten 300,75 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil Mängel des Berufungsverfahrens, wie die Verletzung einer das Berufungsgericht treffenden Anleitungs- bzw Erörterungspflicht (§§ 182, 182a ZPO), eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 ZPO begründen könnten. Damit zeigt das Berufungsgericht jedoch keine erhebliche Rechtsfrage auf. Da auch die Klägerin in ihrer Revision das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu begründen vermag, ist die Revision entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):

[2] 1.1. Nach § 182a ZPO hat das (Berufungs )Gericht das Sach- und Rechtsvorbringen der Parteien mit diesen zu erörtern und darf seine Entscheidung auf rechtliche Gesichtspunkte, die eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, nur stützen, wenn es diese mit den Parteien erörtert und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat (RS0037300 [T46]). Es darf daher die Parteien in seiner Entscheidung nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die sie nicht beachtet haben und auf die sie nicht aufmerksam gemacht wurden (RS0037300). Nach der herrschenden Rechtsprechung bedarf es aber keiner richterlichen Anleitung zu einem Vorbringen, gegen das der Prozessgegner bereits Einwendungen erhoben hat. Angesichts solcher Einwendungen hat die andere Partei ihren Prozessstandpunkt selbst zu überprüfen und die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Auch die Verpflichtung nach § 182a ZPO kann nicht bezwecken, das Gericht zur Erörterung eines Vorbringens zu zwingen, dessen Schwächen der Prozessgegner aufzeigte (RS0122365; zuletzt 8 Ob 91/20w).

[3] 1.2. Die einzelfallbezogene Auslegung von Prozessvorbringen stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar, soweit die Auslegung nicht mit dem Wortlaut unvereinbar ist oder gegen die Denkgesetze verstößt (vgl RS0042828 [insb T11]).

[4] 1.3. Die Klägerin macht einen vertraglichen Schadenersatzanspruch geltend und behauptet die Verletzung von Beratungspflichten aus einem mit der Beklagten geschlossenen Maklervertrag, den ihr Lebensgefährte als deren Erfüllungsgehilfe vermittelt habe.

[5] Die Beklagte brachte unter anderem vor, dass eine „Vermittlung durch unseren Vertriebspartner M***** R***** [Lebensgefährte der Klägerin], die uns im Fall der Fehlberatung schadenersatzpflichtig macht“ nicht vorliege. Wenn keine Vermittlung vorliege, hafte die Beklagte für eine Fehlberatung durch M***** R***** nicht.

[6] Wenn das Berufungsgericht dieses Vorbringen dahingehend auslegt hat, dass die Beklagte im Kern eine Vermittlungstätigkeit des Lebensgefährten der Klägerin und damit das Vorliegen eines Vertriebsvertrags zwischen ihr und der Klägerin bestritten hat, ist dies keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Die in der Revision allein behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wegen Verletzung der Anleitungspflicht liegt somit nicht vor.

[7] 2. Die Klägerin macht insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Die Revision ist daher nicht zulässig und folglich zurückzuweisen.

[8] 3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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