JudikaturOGH

1Ob152/19p – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Oktober 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr.

Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Land Oberösterreich, Linz, Landhausplatz 1, vertreten durch Dr. Thomas Langer, LL.M., Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei S*****, vertreten durch die Reiffenstuhl Reiffenstuhl Rechtsanwaltspartnerschaft OG, Wien, wegen 16.235,40 EUR, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 10.235,40 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. Mai 2019, GZ 14 R 22/19m-26, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 5. Dezember 2018, GZ 1 Cg 29/18v-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 860,58 EUR (darin 143,43 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte gab am 23. 10. 2015 im Zusammenhang mit der Einreise seines Schwagers (nachfolgend kurz „Fremder“ genannt) von Kenia nach Österreich – damit dieser das für die Einreise erforderliche Visum erlangen konnte – folgende Verpflichtungserklärung iSd § 21 Abs 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) in der seit der Novelle durch BGBl I 2013/68 geltenden Fassung für einen „Einladungszeitraum“ vom 5. 11. 2015 bis 31. 1. 2016 ab:

Mit Abgabe dieser Verpflichtungserklärung verpflichte ich mich, für den Unterhalt und die Unterkunft der eingeladenen Person(en) aufzukommen. Ich verpflichte mich weiters, der Republik Österreich, den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen Rechtsträgern alle Kosten, die ihnen im Zusammenhang mit der Einreise, dem Aufenthalt im Gebiet der Schengener Vertragsstaaten – auch wenn dieser aus welchen Gründen immer, über den Zeitraum der Einladung hinausgeht – und der Ausreise sowie allfälligen fremdenpolizeilichen Maßnahmen entstehen, binnen 14 Tagen ab Zahlungsaufforderung bei sonstiger gerichtlicher Geltendmachung zu bezahlen. […] Durch diese Verpflichtungserklärung sind beispielsweise Kosten für Fürsorgeleistungen und Aufwendungen für medizinische Betreuung erfasst. Ich nehme zur Kenntnis, dass die Abgabe einer Verpflichtungserklärung im Anlassfall zu einer finanziellen Belastung werden könnte und habe mir die Unterschriftsleistung gründlich überlegt. Durch die Abgabe einer Verpflichtungserklärung gehe ich ein vertragliches Verhältnis mit der Republik Österreich zu Gunsten des Visumwerbers ein.

Aufgrund dieser Erklärung erteilte die österreichische Botschaft in Nairobi dem Fremden für den Zeitraum vom 5. 11. 2015 bis zum 15. 2. 2016 ein Schengen-Visum. Am 17. 11. 2015 reiste er nach Österreich ein, wo er sich auch nach dem 31. 1. 2016 (Ende des „Einladungszeitraums“) aufhielt. Am 2. 2. 2016 stellte der Fremde in Salzburg einen Asylantrag. Er bezog in weiterer Folge Leistungen im Rahmen der „Grundversorgung“ von Asylwerbern, deren Kosten vom klagenden Bundesland getragen wurden, das auch die Krankenversicherungsbeiträge bezahlte.

Die klagende Partei begehrt nun die Rückerstattung dieser Kosten vom Beklagten. Sie stützt ihren Anspruch auf die von ihm abgegebene Verpflichtungserklärung.

Der Beklagte wandte – soweit in dritter Instanz relevant – ein, dass der Fremde noch vor Ablauf des „Einladungszeitraums“ aus Österreich ausgereist und in der Folge wieder eingereist sei und erst nach Wiedereinreise einen Asylantrag gestellt habe. Die Kosten, deren Bezahlung das klagende Bundesland begehrt, seien dem zweiten Aufenthalt des Fremden in Österreich zuzurechnen und stünden in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit seinem ersten Aufenthalt, für den der Beklagte die Haftung übernommen habe. Es habe auch ein gesetzlicher Anspruch des Fremden auf die Leistungen, deren Kosten nunmehr vom Beklagten zurückgefordert werden, bestanden. Die Verpflichtungserklärung bezwecke aber keine Entlastung des Rechtsträgers von solchen gesetzlichen Ansprüchen. Davon abgesehen verstoße die Verpflichtungserklärung gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG, weil sie den Haftungsumfang nicht näher konkretisiere. Sie sei für den Beklagten auch gröblich benachteiligend, weil er eine Haftung für Kosten übernehme, für welche die Gebietskörperschaft bereits „aus gesetzlichen Gründen“ aufzukommen habe; außerdem sei der Haftungsumfang bei Abgabe der Erklärung nicht festgestanden.

Das Erstgericht gab der Klage im Umfang von 10.397,40 EUR statt und wies das Mehrbegehren ab. Es ging davon aus, dass der Beklagte aufgrund der von ihm abgegebenen Verpflichtungserklärung für den dem klagenden Bundesland anlässlich der Einreise des Fremden entstanden Aufwand hafte, wobei nur Kosten für die Grundversorgung des Fremden (als Asylwerber) sowie für dessen Krankenversicherung in Höhe von insgesamt 10.397,40 EUR festgestellt werden konnten.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es ging davon aus, dass die mit der Verpflichtungserklärung eingegangene Haftung des Beklagten nicht auf Kosten für Leistungen beschränkt sei, auf die kein gesetzlicher Anspruch des Fremden bestand. Ob dieser Österreich (während des „Einladungszeitraums“ oder kurz danach) verlassen habe, um in ein anderes Schengen-Land einzureisen und bis 2. 2. 2016 (als er in Salzburg um Asyl ansuchte) wieder nach Österreich zurückzukehren, spiele rechtlich keine Rolle, weil der Asylantrag – als kostenverursachende Handlung – jedenfalls innerhalb des „räumlich und zeitlich gedeckten Bereichs“ der Verpflichtungserklärung (die auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG verstoße) gestellt worden sei. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der Umfang der Verpflichtungserklärung bei einer allfälligen zwischenzeitigen Ausreise aus Österreich innerhalb des bewilligten Einladungszeitraums ebensowenig geklärt sei, wie die „Frage zum Transparenzgebot nach § 6 Abs 3 KSchG“.

Die Revision des Beklagten ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Die behauptete

Aktenwidrigkeit – mit der in Wahrheit eine unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts kritisiert wird – wurde geprüft; sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

2.1. § 21 Abs 1 FPG in der hier anzuwendenden Fassung sieht vor, dass einem Fremden ein Visum erteilt werden kann, wenn dieser ein gültiges Reisedokument besitzt (Z 1), kein Versagungsgrund nach Abs 2 vorliegt (Z 2) und die Wiederausreise des Fremden gesichert erscheint (Z 3). Abs 2 leg cit enthält Gründe, aus denen die Erteilung eines Visums zu versagen ist. Gemäß § 21 Abs 3 FPG kann die Behörde einem Fremden trotz Vorliegens bestimmter in Abs 2 genannter Versagungsgründe (insbesondere wenn der Aufenthalt des Fremden zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, es sei denn, diese Belastung ergäbe sich aus der Erfüllung eines vor der Einreise bestehenden gesetzlichen Anspruchs [Z 5]) ein Visum erteilen, wenn – nur dies ist hier von Bedeutung – aufgrund der Verpflichtungserklärung einer Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten gesichert erscheint, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten.

2.2. Der Oberste Gerichtshof setzte sich bereits mehrfach mit der Rechtsnatur solcher Verpflichtungserklärungen (die bisweilen als „Patronatserklärung“ bezeichnet werden) auseinander und hielt fest, dass es sich dabei um eine privatrechtliche Erklärung handelt (6 Ob 334/99g; 7 Ob 323/99x; jeweils zu vergleichbaren Verpflichtungserklärungen nach § 10 Abs 3 Fremdengesetz 1992), die keiner ausdrücklichen Annahme durch den Bund bedarf (10 ObS 28/11g mwN zu einer Verpflichtungserklärung nach § 10 Abs 3 Fremdengesetz 1997). Sie stellt eine Mischform zwischen Bürgschaft und echtem Vertrag zugunsten Dritter dar. Soweit sich der Dritte verpflichtet, Verbindlichkeiten des Fremden gegenüber dem Bund zu begleichen, ist sie mit einer Bürgschaft im Sinn des § 1346 ABGB vergleichbar, wobei er als Bürge für zukünftige Schuldverhältnisse beitritt. Insoweit erklärt wird, für Forderungen anderer Rechtsträger gegenüber dem Fremden zu haften, liegt ein echter Vertrag zugunsten Dritter zwischen ihm und dem Bund vor (6 Ob 334/99g). Aufgrund des rechtspolitischen Hintergrundes, allfällige durch den Aufenthalt des „eingeladenen“ Fremden verursachte finanzielle Belastungen des Staats durch die Verpflichtungserklärung eines Dritten abzuwenden (vgl 2 Ob 12/14z), besteht deren Sinn und Zweck in der „Sicherung“ all jener Kosten, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten (10 ObS 176/94 zu einer „Patronatserklärung“ nach § 10 Abs 3 Z 2 Fremdengesetz 1992; vgl auch 10 ObS 8/95; 6 Ob 334/99g).

3. Dem in der Revision aufrecht erhaltenen Einwand, die Verpflichtungserklärung sei für den Beklagten iSd § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteiligend, steht entgegen, dass diese Bestimmung nur auf Allgemeine Geschäftsbedingungen und Vertragsformblätter anzuwenden ist, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegen. Diese Ausnahme von der Inhaltskontrolle ist zwar eng auszulegen, die Beschreibung der Leistung selbst – hier des Umfangs der Haftung des Beklagten – fällt aber jedenfalls darunter. Auf eine (allgemeine) Sittenwidrigkeit nach § 879 Abs 1 ABGB stützt sich der Beklagte nicht. Eine aus einer übermäßigen (bei Abgabe der Erklärung nicht abschätzbaren) Belastung abgeleitete Sittenwidrigkeit einer vergleichbaren Verpflichtungserklärung hat der Oberste Gerichtshof schon zu 7 Ob 323/99x verneint.

4.1. Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung ist gemäß § 6 Abs 3 KSchG unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Durch dieses Transparenzgebot wurde Art 5 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen („Klauselrichtlinie“) umgesetzt (RS0115219 [T4]). Vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie sind nach deren Art 1 Abs 2 Vertragsklauseln ausgenommen, die auf „bindenden Rechtsvorschriften“ der Mitgliedstaaten beruhen. Nach Erwägungsgrund 13 wird bei Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, in denen direkt oder indirekt Klauseln für Verbraucherverträge festgelegt werden, davon ausgegangen, dass diese Vorschriften keine missbräuchlichen Klauseln enthalten. Dadurch soll eine richterliche Inhaltskontrolle gesetzlicher Bestimmungen verhindert werden (vgl Kiendl , Unfaire Klauseln in Verbraucherverträgen [1997] 47; Korinek , Das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG, JBl 1999, 149 [151 f]). Die hier zu beurteilende Verpflichtungserklärung ist in § 21 Abs 3 FPG zumindest in Grundzügen dahin vorgezeichnet, dass die „Tragung aller Kosten“ gesichert sein muss, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen. Es könnte daher erwogen werden, die vom Revisionswerber als intransparent angesehene Beschreibung des Haftungsumfangs als auf einer iSd Art 1 Abs 2 der Klauselrichtlinie „bindenden Rechtsvorschrift“ beruhend anzusehen. Da eine inhaltliche Prüfung am Maßstab des § 6 Abs 3 KSchG aber ohnehin nicht zu dem vom Beklagten gewünschten Ergebnis führt, muss darauf nicht weiter eingegangen werden.

4.2. Das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG soll eine durchschaubare möglichst klare und verständliche Formulierung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern sicherstellen, um zu verhindern, dass der für die jeweilige Vertragsart typische Verbraucher von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten oder ihm unberechtigte Pflichten abverlangt werden (RS0115217 [T3, T8]). Neben der formalen Verständlichkeit einer Vertragsbestimung im Sinn ihrer Lesbarkeit verlangt das Transparenzgebot auch, dass deren Inhalt und (wirtschaftliche) Tragweite durchschaubar sind und nicht verschleiert werden (vgl RS0115217 [T23]; RS0122169 [T6]). Es soll dem Verbraucher ermöglicht werden, sich zuverlässig über seine Rechte und Pflichten zu informieren (RS0115217 [T41]). Er muss auch die wirtschaftlichen Folgen einer Regelung bis zu einem gewissen Grad abschätzen können (RS0115219 [T9]). Aus dem Transparenzgebot folgt also eine Pflicht zur Vollständigkeit, wenn die Auswirkungen einer Klausel für den Kunden sonst unklar blieben (RS0115219).

4.3. Für den durchschnittlichen Abgeber einer Verpflichtungserklärung iSd § 21 Abs 3 FPG ergibt sich bereits aus ihrem klaren Zweck, dass der „Staat“ möglichst umfassend von durch den Aufenthalt des Fremden verursachten Kosten entlastet werden soll. Der Umfang der Haftungserklärung orientiert sich am weiten Gesetzeswortlaut („alle Kosten […] die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten“), konkretisiert diesen aber insoweit, als die Kosten der Einreise, des Aufenthalts, der Ausreise und allfälliger fremdenpolizeilicher Maßnahmen sowie (beispielhaft) die Kosten von Fürsorgeleistungen und medizinischer Betreuung ausdrücklich genannt sind. Da die Anforderungen an das Transparenzgebot nicht überspannt werden dürfen (4 Ob 113/18y mwN), eine abschließende Aufzählung jeder denkbaren Form einer Gebietskörperschaft künftig entstehender Kosten, für die eine umfassende Haftung übernommen werden soll, wenig zweckmäßig erscheint und die beabsichtigte umfassende Haftung des Erklärenden nur durch einen entsprechend weiten Wortlaut der Haftungserklärung erreicht werden kann, verstößt die an den Gesetzeswortlaut angelehnte Umschreibung des Haftungsumfangs in der vom Beklagten abgegebenen Verpflichtungserklärung nicht gegen § 6 Abs 3 KSchG. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass d ie mit der Haftungserklärung verbundenen wirtschaftlichen Gefahren keineswegs verschleiert wurden, sondern die Erklärung ausdrücklich auf die damit verbundene mögliche finanzielle Belastung hinweist. Dass der Haftungsumfang in Randbereichen einer Auslegung bedarf, ändert nichts daran, dass die wirtschaftlichen Folgen im Kernbereich (vgl RS0115219 [T9]: „bis zu einem gewissen Grad“) klar erkennbar sind. Die hier zu beurteilenden Kosten der Grundversorgung finden im Übrigen auch nach dem Maßstab eines durchschnittlichen „Erklärenden“ in den beispielhaft genannten „Fürsorgekosten“ Deckung (vgl 7 Ob 323/99x zu den vergleichbaren Kosten der Bundesbetreuung eines Asylwerbers) .

5.1. Der Beklagte steht nach wie vor auf dem Standpunkt, dass sich die Verpflichtungserklärung nicht auf Kosten erstreckt, die durch einen nach Aus- und Wiedereinreise des Fremden (also während seines zweiten Aufenthalts) gestellten Asylantrag angefallen sind, weil diese Kosten mit der „Einladung“ zum ersten Aufenthalt, auf den sich die Verpflichtungserklärung ausschließlich bezog, in keinem unmittelbaren Zusammenhang stünden. Da das Erstgericht nicht festgestellt habe, ob und wann der Fremde aus Österreich aus- und wieder eingereist sei, könne das (behauptete) Fehlen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen dem von der Verpflichtungserklärung umfassten Aufenthalt des Fremden und den von ihm verursachten Kosten aber nicht beurteilt werden.

5.2. Ein rechtlicher Feststellungsmangel würde jedoch nur dann vorliegen, wenn der vom Beklagten behaupteten Aus- und Einreise des Fremden rechtliche Relevanz zukäme und dazu keine (auch negativen) Tatsachenfeststellungen getroffen worden wären (vgl RS0053317). Das Erstgericht ging – in seiner Beweiswürdigung – jedoch davon aus, dass kein Anhaltspunkt dafür bestehe, dass der Fremde nach seiner Einreise in Österreich im November 2015 im Zeitraum Jänner/Februar 2016 tatsächlich österreichisches Staatsgebiet bzw den Schengenraum verlassen habe. Versteht man dies dahin, dass eine Ausreise des Fremden aus Österreich im genannten Zeitraum (Jänner/Februar 2016) nicht festgestellt werden konnte, gehen die Revisionsausführungen bereits aus diesem Grund ins Leere.

5.3. Nimmt man hingegen an, dass das Erstgericht keine solche Negativfeststellung treffen wollte (worauf die Begründung des Zulassungsausspruchs [„allfällige“ zwischenzeitige Ausreise] hindeutet), läge ebenfalls kein sekundärer Feststellungsmangel vor, weil es für die rechtliche Beurteilung keine Rolle spielt, ob der Fremde, bevor er am 2. 2. 2016 in Österreich um Asyl ansuchte, zwischen dem 27. 1. 2016 und dem 2. 2. 2016 (von einem längeren Zeitraum geht auch der Revisionswerber nicht aus) aus Österreich in ein anderes Schengen-Land aus- und wieder eingereist ist. Eine solche (kurzfristige) Aus- und Einreise (während oder kurz nach Ablauf des „Einladungszeitraums“ am 31. 1. 2016) lässt weder den erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen der „Einladung“ des Fremden und dessen kostenverursachender Handlung (Stellung eines Asylantrags) entfallen (die Verpflichtungserklärung bezieht sich auch auf einen über den Einladungszeitraum hinausgehenden Aufenthalt des Fremden), noch den diesbezüglichen „Ursachenzusammenhang“, wäre die behauptete Aus- und Einreise ohne das aufgrund der Verpflichtungserklärung erteilte Schengen-Visum doch gar nicht möglich gewesen. Der in der Entscheidung 7 Ob 124/06w beurteilte Sachverhalt

ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, weil der „Eingeladene“ Österreich dort bereits nach drei Tagen verließ und erst mehr als acht Monate später zurückkehrte und in Österreich um Asyl ansuchte. Ob der Beklagte das kostenverursachende Verhalten des Fremden verhindern hätte können, spielt für seine Haftung entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht keine Rolle (vgl 7 Ob 323/99x, wonach eine vergleichbare Haftungserklärung sogar ein bewusstes Vorgehen bzw Fehlverhalten des „Eingeladenen“ deckt) . Dass die vorliegende Verpflichtungserklärung (gerade) auch durch gesetzliche Ansprüche des Fremden verursachte Kosten umfasst (was in der Revision ohnehin nur im Zusammenhang mit der behaupteten gröblichen Benachteiligung kritisiert wird), sprach der Oberste Gerichtshof bereits zu 2 Ob 12/14z (dort zu § 21 Abs 6 FPG in der Fassung BGBl 2005/100) aus.

6. Der angeregten Normprüfung des § 21 Abs 3 FPG beim

Verfassungsgerichtshof ist schon deshalb nicht näherzutreten, weil diese Bestimmung im vorliegenden Verfahren nicht was der Revisionswerber auch gar nicht behauptet unmittelbar anzuwenden ist und ihre Verfassungsmäßigkeit weder eine Vorfrage für die Beurteilung der Wirksamkeit der vom Beklagten abgegebenen Haftungserklärung, noch für deren Auslegung darstellt (vgl VfGH G 7/2019 mwN).

7. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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