JudikaturOGH

8Ob58/12f – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Mai 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch die Rechtsanwälte Weixelbaum, Humer Partner OG in Linz, gegen die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1) J***** S*****, und 2) E***** S*****, ebendort, beide vertreten durch Dr. Agnes Maria Kienast, Rechtsanwältin in Korneuburg, wegen Unterlassung und Feststellung (Streitwert im Provisorialverfahren 70.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der erstbeklagten Partei und des Erstgegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 29. März 2012, GZ 15 R 55/12m 19, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Frage, ob die zur Gewinnung der als bescheinigt angenommenen Sachverhaltsgrundlage herangezogenen Bescheinigungsmittel ausreichend und geeignet waren, betrifft die Beweiswürdigung, die vor dem Obersten Gerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl RIS Justiz RS0043414; RS0002192).

2. Das Rekursgericht hat seine Entscheidung nicht nur damit begründet, dass der Erstbeklagte den vom Erstgericht bejahten (gesellschaftsvertraglichen) Unterlassungsanspruch nicht widerlegt habe. Vielmehr hat es gemäß § 500a ZPO auf die Begründung der vom Erstgericht erlassenen Einstweiligen Verfügung verwiesen und ist auch auf weitere Argumente des Erstbeklagten eingegangen.

3.1 Die im Revisionsrekurs angesprochene „andere Rechtsfolge“ der dem Erstbeklagten vorgeworfenen Vertragsverletzung laut rechtskräftigem Urteil des Oberlandesgerichts Wien im Vorverfahren war im unterschiedlichen Klagebegehren (Rechnungslegung über die abgebaute Sand- und Schottermenge und Zahlung des Gewinns aus der 50 % des Gesamtvorkommens übersteigenden abgebauten Menge) begründet. Nachvollziehbare rechtliche Gründe, warum aufgrund des Inhalts des Gesellschaftsvertrags und des darin festgelegten Gesellschaftszwecks der geltend gemachte vertragliche Unterlassungsanspruch nicht zustehen soll, werden auch im Revisionsrekurs nicht dargelegt.

Die Zulässigkeit eines (vorbeugenden) Unterlassungsanspruchs ist nach den Vorschriften des materiellen Rechts zu beurteilen. Ein solcher besteht grundsätzlich im Fall eines rechtswidrigen Eingriffs in eine fremde Rechtssphäre bzw einer rechtswidrigen Gefährdung einer solchen. Unterlassungsklagen können etwa zum Schutz vor Eingriffen in absolut geschützte Rechte oder im Rahmen bestehender vertraglicher Schuldverhältnisse erhoben werden (RIS Justiz RS0010540; RS0022458). Die Frage, ob aus einem Vertrag auch ein Unterlassungsanspruch abgeleitet werden kann, bestimmt sich nach dem Vertragszweck. Die Beurteilung hängt von der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen und dementsprechend von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl 6 Ob 304/05g).

3.2 Die Schlussfolgerungen der Vorinstanzen, dass mangels Einvernehmens zwischen Kläger und Erstbeklagtem (als Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft) über einen gemeinsamen Abbau von der „Trennungsvariante“ auszugehen sei, die gesellschaftsvertragliche Regelung für den getrennten Abbau so zu verstehen sei, dass keiner der beiden Gesellschafter mehr als 50 % des Gesamtaufkommens abbauen dürfe, und daraus (zufolge Überschreitens der 50% Quote durch den Erstbeklagten) ein Unterlassungsanspruch des Klägers in Bezug auf den weiteren Sand- und Schotterabbau resultiere, erweist sich als gut vertretbar.

4.1 Sowohl die Beendigung der Gesellschaft (durch angebliche Unmöglichkeit der Zweckerreichung nach § 1205 ABGB) als auch das Erlöschen der behördlichen Abbaubewilligung des Klägers (durch angebliches Erlöschen des vom Grundeigentümer eingeräumten Abbaurechts nach § 84 Abs 3 Satz 1 MinroG) bezieht der Erstbeklagte auf den Ablauf der zwölfjährigen Befristungen der Abbauverträge mit den Grundeigentümern (im Oktober 2010).

4.2 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass bei einer befristeten Einräumung des Abbaurechts (Gewinnungs- und Aneignungsrechts) durch die Grundeigentümer gemäß § 83 Abs 3 MinroG auch die behördliche Genehmigung (der Gewinnungsbetriebsplan) nur auf die entsprechende Zeitdauer zu erteilen ist. Nach dem eigenem Vorbringen der Beklagten ist die Genehmigung des Klägers bis 31. 12. 2012 befristet und daher noch aufrecht.

4.3 Davon abgesehen hat der Erstbeklagte gemeinsam mit seiner Gattin die fraglichen Grundstücke erworben. Dazu ergibt sich aus dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt, dass die Beklagten trotz aufrechter Abbaubewilligung des Klägers diesem mangels Zahlung eines „Grubenzinses“ den Zutritt zu den Abbaugrundstücken verweigern, obwohl der Abbau (durch eine GmbH) weiterhin stattfindet. In dieser Konstellation stellt die Beurteilung der Vorinstanzen, die Verweigerung des vom Kläger beabsichtigten Abbaus durch die Beklagten stelle eine Vereitelung des Gesellschaftszwecks dar und begründe einen Verstoß gegen Treu und Glauben, weshalb - im Verhältnis zum Erstbeklagten - nicht von der Unmöglichkeit der Zweckerreichung auszugehen sei, keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung dar. Nach der Rechtsprechung darf sich niemand durch eigenes unredliches Verhalten Rechtsvorteile verschaffen (RIS Justiz RS0016433). Dem Erstbeklagten ist in dieser Hinsicht ein Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treue und Mitwirkungspflicht iSd §§ 1185 f ABGB vorzuwerfen.

4.4 Aus dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt ergibt sich aber nicht nur eine Behinderung des Klägers durch die Beklagten. Vielmehr lässt sich diesem auch entnehmen, dass die den Abbau durchführende GmbH unter dem Einfluss zumindest der Familie des Erstbeklagten steht. Gleichzeitig ist die an der Behinderung des Klägers mitwirkende Zweitbeklagte dessen Gattin.

Zumindest solange die behördliche Abbaugenehmigung des Klägers noch aufrecht ist, kann sich der Erstbeklagte daher auch nicht mit dem Argument auf die Unmöglichkeit der Zweckerreichung berufen, dass eine Verlängerung des Abbauvertrags zugunsten der Arbeitsgemeinschaft der Zustimmung auch der Zweitbeklagten als Miteigentümerin der Grundstücke bedürfe und diese mangels einer Rechtsbeziehung zum Kläger nicht treuwidrig handeln könne.

5. Zur behaupteten Unschlüssigkeit bzw Unbestimmtheit des Sicherungsantrags, die auf die angeblich in das (gegen die Zweitbeklagte aber abgewiesene) Sicherungsbegehren aufgenommene Solidarverpflichtung der beiden Beklagten bezogen wird, wiederholt der Erstbeklagte im außerordentlichen Revisionsrekurs seinen Rechtsstandpunkt, ohne die diese Ansicht verneinende Begründung des Rekursgerichts schlüssig zu entkräften. Dazu wird darauf hingewiesen, dass die Verurteilung „zur ungeteilten Hand“ zwar im Unterlassungsbegehren im Hauptverfahren, nicht aber auch im Sicherungsbegehren enthalten ist.

6. Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Rückverweise