JudikaturOGH

7Ob836/76 – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. Februar 1977

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neperscheni als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick, Dr. Petrasch, Dr. Kuderna und Dr. Wurz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*, Maschinen-Werkzeuge, *, vertreten durch Dr. Theodor Veiter und Dr. Clement Achamer, Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die beklagte Partei A*, Kaufmann in *, vertreten durch Dr. Hermann Tscharre, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 51.917,- S samt Anhang, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 14. Oktober 1976, GZ 2 R 252/76 10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 20. Juli 1976, GZ 16 Cg 338/76 6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.699,52 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Barauslagen 600,-- S, Umsatzsteuer 155,52 S), binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Firma S* OHG in * ist auf Grund des zur GZ 26 Cg 21/7 3 des Erstgerichtes abgeschlossenen vollstreckbaren Vergleiches vom 17. September 1975 schuldig, dem Kläger 42.148,-- S samt 12 % Zinsen seit 1. Juli 1972 und an Prozeßkosten 9.769,54 S in zwei Monatsraten zu je 14.000,- S, fällig am 1. Oktober und am 1. November 1975 und den Rest samt Zinsen und Kosten am 1. Dezember 1975 mit einem Respiro von fünf Tagen bei Terminsverlust zu bezahlen. Persönlich haftende Gesellschafter der am 3 0. August 196 3 prot. Firma S* OHG waren A* (sen.) und der Beklagte. Am 5. Dezember 197 3 wurde im Handelsregister eingetragen, daß A* sen. aus der OHG ausgeschieden und der Beklagte Alleininhaber der in „F* geänderten Firma ist. Auch heute ist der Beklagte noch All ein inhaber dieser Firma. Auf Grund des vorgenannten Vergleiches führte die Klägerin zur GZ 7 a E 12482/75 des Bezirksgerichtes Innsbruck Exekution, die durch Anmerkung auf dem zu 7 a E 5557/75 des Bezirksgerichtes Innsbruck bereits bestehenden Pfändungsprotokoll vollzogen wurde.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger der als Alleininhaber seiner Firma als Prozeßpartei zu betrachten ist, vom Beklagten die Zahlung von 51.917,-- S samt Anhang. Ihm sei es nicht gelungen, die vorerwähnte vollstreckbare Forderung bei der Firma S* OHG einzutreiben. Als persönlich haftender Gesellschafter der OHG sei daher der Beklagte verpflichtet, deren Forderung zu befriedigen. Der Beklagte beantragt Klagsabweisung und behauptet, dem Kläger fehle deshalb ein Rechtsschutzinteresse, weil er auf Grund des vorgenannten Exekutionstitels Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Beklagten führen könne.

Das Erstgericht entschied im Sinne des Klagebegehrens. Im Hinblick auf den gegen die OHG gerichteten Exekutionstitel sei eine Zwangsvollstreckung gegen den Beklagten als deren persönlich haftenden Gesellschafter nach § 129 Abs. 4 HGB nicht möglich. Das Rechtsschutzinteresse des Klägers sei daher zu bejahen.

Das Berufungsgericht wies über Berufung des Beklagten das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen ist der Geschäftsanteil des am * 1972 verstorbenen A* sen. an der Firma S* (OHG) auf Grund der Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 28. März 197 3 , GZ 3 A 3 8/72, auf den Beklagten übergegangen. Nach Punkt XIII des Gesellschaftsvertrages vom 20. April 196 3 konnte im Falle des Ablebens des A* sen. die Firma nur vom Beklagten, also vom einzigen Mitgesellschafter fortgesetzt werden. Das Berufungsgericht war der Ansicht, im Zeitpunkte des Vergleichsabschlusses habe die Gesellschaft (OHG) nicht mehr bestanden, sondern es sei das seinerzeit in Form einer Gesellschaft betriebene Unternehmen vom Beklagten unter zulässiger Beibehaltung der ursprünglichen Gesellschaftsfirma (§ 24 HGB) weitergeführt worden. In einem Rechtsstreit sei aber Prozeßpartei nicht die Firma, sondern der jeweilige Firmenträger im Zeitpunkte des Eintrittes der Streitanhängigkeit. Da bei Vergleichsabschluß der Beklagte bereits Alleininhaber der Firma „F* gewesen sei, könne der Vergleich auch gegen ihn als Firmeninhaber vollstreckt werden. Eine neuerliche Geltendmachung des Klagsanspruches sei im Hinblick auf den am 17. September 1975 erfolgten Vergleichsabschluß ausgeschlossen.

Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes m it Revision aus dem Revisionsgrund des § 50 3Z. 4 ZPO und beantragt, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Revisionswerber ist der Ansicht, für die Beurteilung der Vollstreckbarkeit des Vergleiches vom 17. September 1975 sei die am 1. September 1972 bewirkte Rechtshängigkeit in der von ihm erhobenen Klage im Titelverfahren von Bedeutung. Zu diesem Zeitpunkt sei der allerdings bereits verstorbene A* sen. noch im Handelsregister als Gesellschafter der S* OHG in * eingetragen gewesen. Der vorgenannte Vergleich begründe somit Rechtswirkungen nur zwischen der OHG und dem Revisionswerber. Er sei daher gegen den Beklagten nicht vollstreckbar.

Diese Ausführungen des Revisionswerbers vermögen im Ergebnis nicht zu überzeugen. Seinen Darlegungen ist nur insofern beizupflichten, als der vorgenannte Vergleich nicht schon deshalb in das Vermögen des Beklagten vollstreckbar ist, weil dieser bereits im Zeitpunkte des Vergleichsabschlusses Alleininhaber der seit 5. Dezember 197 3 im Handelsregister eingetragenen Firma „F* war. Verpflichtete (beklagte) Partei dieses Vergleiches ist nämlich die S* OHG in *. Unzutreffend sind auch die Ausführungen des Berufungsgerichtes, daß das Unternehmen (der OHG) vom Beklagten unter Beibehaltung der ursprünglichen Gesellschaftsfirma fortgeführt wurde. Wie das Gericht zweiter Instanz selbst feststellt, erfolgte nämlich eine Änderung des Firmenwortlautes in „F* . Trotzdem ist hiemit für den Revisionswerber nichts gewonnen. Das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer nur aus zwei Gesellschaftern bestehenden OHG (zweigliedrige Gesellschaft) hat deren Auflösung und die damit normalerweise verbundene Liquidation der Gesellschaft zur Folge. Zur Vermeidung der mit einer Liquidation in der Regel verbundenen Vernichtung des Unternehmens und der in ihm enthaltenen einzeln nicht übertragbaren Werte (wie Kundschaft, Organisation usw.) ermöglicht § 142 HGB bei Ausscheiden eines Gesellschafters die Übernahme des Unternehmens (Geschäftsübernahme) durch den anderen Gesellschafter bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ( Hueck , Das Recht der Offenen Handelsgesellschaft 4 S. 464 f, Hämmerle , Handelsrecht 2 II S. 4 3 f). Dieses Übernahmsrecht kann über die im § 142 HGB normierten Fälle (Ausschluß eines Gesellschafters, Kündigung durch einen Privatgläubiger eines Gesellschafters, Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Gesellschafters) hinaus auch auf sonstige Fälle der Auflösung einer zweigliedrigen OHG im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden. Sehr häufig wird ein solches Übernahmsrecht für den Fall des Todes eines Gesellschafters vereinbart, sofern nicht dessen Erben in die Gesellschaft eintreten ( Hueck S. 467, Brüggemann-Würdinger , Großkommentar zum HGB 3 II /1 S. 607 f, Schlegelberger , Handelsgesetzbuch 4 II S. 1254, vgl. auch RGZ 9 3 /55, 95/ 3 2, 1 3 6/97). Macht der verbleibende Gesellschafter von dem ihm eingeräumten Übernahmsrecht (Geschäftsübernahme) Gebrauch, so verwandelt sich das bisherige Gesamthandeigentum der Gesellschaft in Alleineigentum des Geschäftsübernehmers, ohne daß es hiezu eines Übertragungsaktes bedarf. Mit den Aktiven gehen aber auch alle Schulden der OHG auf den Geschäftsübernehmer über. Ob dieser die bisherige Firmenbezeichnung fortführt, ist für die Sonderregelung des § 142 HGB ohne Bedeutung ( Hueck , S. 468 f, Brüggemann-Würdinger S. 602, SZ 3 7/171). Die Geschäftsübernahme kann daher einer Gesamtrechtsnachfolge gleichgestellt werden ( Brüggemann-Würdinger S. 602). Damit haftet aber der Geschäftsübernehmer nicht nur nach § 128 HGB für die Erfüllung der Verbindlichkeiten der OHG, sondern er wird zum eigentlichen Schuldner, der selbst zu erfüllen hat ( Hueck S. 469, SZ 3 7/17l).

Hier hat eine Geschäftsübernahme des Beklagten im Sinne der vorangehenden Ausführungen insofern stattgefunden, als dieser nach den Eintragungen im Handelsregister Alleininhaber der in „F* geänderten seinerzeitigen Firma der S* OHG in * ist. Der Kläger kann daher unter Nachweis der eingetretenen Rechtsnachfolge durch Vorlage des eine öffentliche Urkunde darstellenden Handelsregisterauszuges im Sinne des § 9 EO mit dem von ihm erwirkten Exekutionstitel (Vergleich vom 17. September 1975) gegen den Beklagten unmittelbar Exekution führen. Solange nämlich der Exekutionstitel zu Recht besteht, ist es ohne Bedeutung, ob die Rechtsnachfolge bereits vor oder nach dessen Entstehen eintrat, wenn diese - wie hier - erst nach Streitanhängigkeit im Titelverfahren erfolgt ist (§ 2 34 ZPO, Heller-Berger-Stix, Komm. zur EO 4 I S 226 f und 2 3 8). Die Bestimmung des § 129 Abs. 4 HGB ist im Hinblick auf die Sonderregelung des § 142 HGB auf den Geschäftsübernehmer nicht anwendbar (SZ 3 7/171). Die vom Beklagten erhobene Einrede der verglichenen Sache erweist sich daher im Ergebnis als berechtigt. Dies führt aber, wie das Berufungsgericht richtig hervorhebt, nicht zur Zurückweisung, sondern zur Abweisung der Klage.

Der Revision des Klägers war somit nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Verweise

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