JudikaturLG Wr. Neustadt

17R80/19i – LG Wr. Neustadt Entscheidung

Entscheidung
11. Oktober 2019

Kopf

Das Landesgericht Wiener Neustadt als Rekursgericht hat durch den Richter Mag. Edelmann als Vorsitzenden sowie die weiteren Richter Mag. Schirnhofer und MMag. Hornberg in der Schuldenregulierungssache der Schuldnerin T… F…, … , vertreten durch die Schuldnerberatung NÖ gGmbH Regionalstelle 2700 Wiener Neustadt, Mittere Gasse 23/Top 4, über Rekurs der Schuldnerin gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 7.6.2019, 19 S 13/19w-30 und 10.7.2019, 19 S 13/19w-37, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Dem Rekurs gegen den Beschluss vom 7.6.2019 (ON 30) wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

2. Dem Rekurs gegen den Beschluss vom 10.7.2019 (ON 37) wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Antrag auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens unter Abstandnahme vom herangezogenen Abweisungsgrund aufgetragen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist zulässig.

Text

Begründung:

Am 18.3.2019 beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens, die Annahme eines Zahlungsplans mit einer Quote von 1,07 %, zahlbar in 60 monatlichen Teilquoten sowie eventualiter die Durchführung des Abschöpfungsverfahrens mit Restschuldbefreiung. Sie habe Verbindlichkeiten von EUR 168.083,29, die aus einer früheren Selbständigkeit resultierten. Sie sei für einen Sohn, geboren … , sorgepflichtig, beziehe Notstandsunterstützung vom Arbeitsmarktservice von monatlich durchschnittlich EUR 595,97. Sie sei in U… Kinderkrankenschwester gewesen, finde aber wegen ihrer Sprachprobleme in Österreich keine derartige Stelle und bewerbe sich deshalb laufend aber erfolglos als Reinigungskraft. Ihre durchschnittlichen monatlichen Ausgaben bezifferte sie mit EUR 565,97, ihr verbliebe daher ein monatlicher Betrag von EUR 30,--.

Mit Beschluss vom 22.3.2019 eröffnete das Erstgericht das Schuldenregulierungsverfahren und überließ der Schuldnerin die Eigenverwaltung.

Am 5.4.2019 (ON 19), 7.5.2019 (ON 20), 5.6.2019 (ON 31) und 4.7.2019 (ON 36) überwies die Schuldnerin jeweils EUR 30,-- auf das Massekonto. Auf diesem ging am 16.5.2019 zusätzlich das aufgetragene Realisat eines Sparbuches in Höhe von EUR 120,-- ein (ON 23).

In der Tagsatzung vom 7.6.2019 (ON 28) gab die Schuldnerin an, seit 2.4.2019 für fünf Stunden pro Woche bei der Firma S… GmbH als Reinigungskraft mit einem Nettoeinkommen von EUR 245,-- monatlich angestellt zu sein und vom AMS nach wie vor Notstandshilfe von EUR 19,54 täglich zu beziehen. Sie bewerbe sich regelmäßig als Küchenhilfe, Reinigungskraft oder Zimmermädchen für eine Vollzeitstelle. Bewerbungsunterlagen legte sie zur Einsicht vor. In dieser Tagsatzung modifizierte die Schuldnerin den Zahlungsplan durch Erhöhung der angebotenen Quote auf 3,07 %, zahlbar in 84 Monatsraten; auch dieser verbesserte Zahlungsplan erreichte keine Kopf- und Summenmehrheit.

Im Tagsatzungsprotokoll ist festgehalten, dass „bei der Schuldnerin keine pfändbaren Bezugsteile bestehen und eine voraussichtliche Deckung der Kosten des Abschöpfungsverfahrens nicht angenommen werden kann. Die Schuldnerin ist bereit, freiwillig den Betrag von EUR 30,-- monatlich an den Treuhänder weiterzuzahlen, um die Kosten des Treuhänders decken zu können“.

In dieser Tagsatzung wurde der Schuldnerin aufgetragen, innerhalb von vier Wochen geeignete urkundliche Bescheinigungen über die voraussichtliche Deckung der Kosten des Abschöpfungsverfahrens beizubringen, in eventu einen Kostenvorschuss in Höhe von EUR 900,-- innerhalb der selben Frist zu erlegen (restliche Kosten der Gläubigerschutzverbände EUR 180,-- plus Mindestentlohnung des Treuhänders für die Dauer von fünf Jahren EUR 720,--).

Unter einem wurden mit dem zu 1. angefochtenen Beschluss vom 7.6.2019 (ON 30) die Kosten des KSV und des AKV für die Teilnahme am (Schuldenregulierungs-)Verfahren mit jeweils EUR 180,-- inklusive USt bestimmt.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der rechtzeitige Rekurs der Schuldnerin vom 19.6.2019 (ON 33) mit dem Antrag, diesen Beschluss ersatzlos zu beheben.

In ihren rechtzeitigen Rekursbeantwortungen beantragen Kreditschutzverband von 1870 und Alpenländischer Kreditorenverband, dem Rekurs jeweils nicht Folge zu geben.

Mit Schriftsatz vom 12.6.2019 (ON 32) gab die Schuldnerin bekannt, die Voraussetzungen der Kostendeckung bereits jetzt zu erfüllen und den aufgetragenen Kostenvorschuss mangels gesetzlicher Deckung des zugrunde liegenden Auftrages nicht zu erfüllen.

Mit mit dem zu 2. angefochtenen Beschluss vom 10.7.2019 (ON 37) wies das Erstgericht den Antrag auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens ab. Dabei ging es von folgendem Sachverhalt aus:

Die Schuldnerin bezieht Notstandshilfe vom AMS Wiener Neustadt in der Höhe von EUR 19,54 netto pro Tag, 12-mal jährlich und ein geringfügiges Einkommen von der Firma S… GmbH in Höhe von EUR 245,-- netto pro Monat, 14-mal jährlich. Die Schuldnerin hat eine Unterhaltspflicht.

Rechtlich beurteilte es diesen Sachverhalt dahingehend, aufgrund des weit unter dem Existenzminimum liegenden und daher unpfändbaren Einkommens könne die Kostendeckung nicht als bescheinigt angesehen werden, da aufgrund der Beschäftigungsgeschichte und Familienkonstellation Einkommenssteigerungen nicht zu erwarten und von der Schuldnerin in ihrem Zahlungsplan auch nicht angeboten worden seien. Zudem bestünden Unstimmigkeiten hinsichtlich der innerfamiliären Kostentragung. Aus der Aktenlage ergebe sich kein pfändbares Einkommen und sei aus den zahlreichen Bewerbungen ersichtlich, dass derzeit auch keine zu erwartende Verbesserung der Einkommenssituation angenommen werden könne. Urkundliche Bescheinigungen für die Kostendeckung habe die Schuldnerin nicht vorgelegt. Weder eine eidesstattliche Erklärung durch Dritte (Zahlungszusicherung durch Dritte) noch der von der Schuldnerin behauptete Dauerauftrag liege vor. Es sei daher nicht damit zu rechnen, dass weitere Erträge für das Insolvenzverfahren erzielt würden. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerin die freiwillige Zahlung von EUR 30,-- auch tatsächlich für die gesamte Laufzeit des Abschöpfungsverfahrens bezahlen werde. Die Zahlung könnte bereits nach Einleitung des Abschöpfungsverfahrens von ihrer Seite aus eingestellt werden und wäre dem Insolvenzgericht oder dem Treuhänder keinerlei gesetzliche Sanktionen zur Hereinbringung der Kosten von der Schuldnerin während der gesamten Laufzeit des Abschöpfungsverfahrens möglich. Bei einem Durchschnittseinkommen von ca EUR 881,-- monatlich und einer Unterhaltspflicht sei die Einhaltung der freiwilligen Zahlung von EUR 30,-- pro Monat nicht realistisch leistbar. Dass die Kosten des täglichen Lebens von dritter Seite bezahlt würden, habe die Schuldnerin weder behauptet noch bescheinigt. Laut Vermögensverzeichnis würden die monatlichen Kosten insgesamt EUR 1.191,-- und der Anteil der Schuldnerin daran EUR 565,97 betragen. Die Höhe dieses Anteils sei dem Erstgericht ebenso wenig bekannt wie das Einkommen des Ehegatten der Schuldnerin. Es könne daher auch nicht beurteilt werden, ob dieser dazu in der Lage sei, die monatlichen Kosten zum größten Teil selbst abzudecken.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der rechtzeitige Rekurs der Schuldnerin mit einem auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens gerichteten Abänderungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs gegen die Kostenbestimmung ist nicht, jener gegen die Abweisung der Eröffnung des Abschöpfungsverfahrens ist im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt.

Zum Rekurs gegen die Kostenbestimmung:

Die Rekurswerberin argumentiert, die Kostenbestimmung sei ohne gesetzliche Grundlage erfolgt, dazu werde auf die ständige Judikatur des Landesgericht für ZRS Wien verwiesen. Ein Zahlungsplan sei nicht zustande gekommen, die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens stehe aus. Weder könnten in dieser Verfahrenslage Kosten für die Gläubigervertreter bestimmt werden (schon mangels erfolgreicher Mitwirkung am Zustandekommen eines Zahlungsplans), noch könnten diese als Kostenvorschuss vor Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens bei sonstiger Nichteröffnung auferlegt werden.

Hiezu war zu erwägen:

Gemäß § 191 Abs 2 IO gilt für die Belohnung der Gläubigerschutzverbände im Insolvenzverfahren natürlicher Personen nur § 87a Abs 1 Satz 1 IO. Demnach haben die bevorrechten Gläubigerschutzverbände für ihre Tätigkeit zur Unterstützung des Gerichtes sowie für die Vorbereitung eines Sanierungsplans bzw für die Ermittlung und Sicherung des Vermögens zum Vorteil aller Gläubiger einen Anspruch auf Belohnung zuzüglich Umsatzsteuer. Das Gesetz sieht sohin nur einen allgemein gehaltenen Entlohnungsanspruch vor; die detaillierten Regelungen des Gerichtshofsverfahrens sind im Schuldenregulierungsverfahren nicht anzuwenden. Der Grund für die Sonderregelung ist, dass im Schuldenregulierungsverfahren in der Regel kein Insolvenzverwalter zu bestellen ist (§ 186 IO), sodass schon aus diesem Grund eine Anwendung des § 87a Abs 1 Satz 2 IO nicht in Frage kommt. Außerdem wird wegen des typischerweise geringeren Tätigkeitsumfanges eines allenfalls bestellten Insolvenzverwalters die § 87a Abs 1 Satz 2 IO zugrunde liegende Relation in der Regel nicht passen.

Die Bestimmung der Belohnung der Gläubigerschutzverbände erfolgt nach richterlichem Ermessen mit einem Pauschalbetrag zuzüglich Umsatzsteuer. Dabei sind Ausmaß, Schwierigkeit und Erfolg der Tätigkeit des einstweiligen Gläubigerschutzverbandes als maßgebliche Kriterien heranzuziehen. Wegen Verweis nur auf § 87a Abs 1 Satz 1 IO ist der Entlohnungsanspruch entgegen verbreiteter Ansicht (so zB noch LG Feldkirch 2 R 90/10s unter Verweis auf entsprechende Rechtsprechung des LG ZRS Wien) nicht erfolgsabhängig in dem Sinne, dass eine Belohnung der Gläubigerschutzverbände nur dann zu erfolgen hätte, wenn es zu einer Verteilung oder zum Abschluss eines Sanierungsplans oder Zahlungsplans kommt. Den gesetzlichen Bestimmungen ist nämlich nicht zu entnehmen, dass den bevorrechteten Gläubigerschutzverbänden nur dann eine Belohnung gebühren würde, wenn der vom Schuldner angebotene Zahlungsplan angenommen wird.

Eine Abstellen auf einen „Erfolg“ kommt nach Ansicht des erkennenden Senates schon deshalb nicht in Betracht, weil die im Abschöpfungsverfahren zu erzielende Quote stets ungewiss und eine Erfolgsbeurteilung daher schlicht unmöglich ist. Weder ist bei der Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens beurteilbar, ob die Ablehnung eines Zahlungsplans als Erfolg für alle Gläubiger zu werten ist, noch ist abschätzbar, ob die Annahme eines angebotenen Zahlungsplans – dessen Einhaltung unterstellt - für die Gläubiger tatsächlich günstiger war als die Durchführung des Abschöpfungsverfahrens. Die Annahme des vom Schuldner vorgeschlagenen Zahlungsplans ist daher keine Voraussetzung für eine Belohnung der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände (in diesem Sinne auch die neuere Rechtsprechung des LG Feldkirch 2 R 309/12z).

Stets ist allerdings Voraussetzung, dass der Gläubigerschutzverband auch Handlungen im Interesse der Gesamtgläubigerschaft vorgenommen hat oder eine Unterstützung des Gerichtes erfolgt ist. Hiezu gehört etwa, dass der Gläubigerschutzverband im Gläubigerausschuss bei der Veräußerung des Unternehmens mitgewirkt hat, weiters die Vermögensüberprüfung, die Kontaktaufnahme mit Gläubigern und die Prüfung des Zahlungsplans, auch wenn dieser nicht angenommen wird. Dabei handelt es sich um Aktivitäten, die in der Regel der Gesamtgläubigerschaft zum Vorteil gereichen. Anderes gilt, wenn die Ablehnung des Zahlungsplans aus unsachlichen Motiven erfolgt, etwa weil die Gläubiger im Abschöpfungsverfahren eindeutig schlechter gestellt sind als bei Annahme des Zahlungsplans. Eine reine Gläubigervertretung zB bei der Forderungsanmeldung reicht jedenfalls nicht aus. Dies gilt auch für den Besuch einer Tagsatzung, selbst wenn andernfalls der Zahlungsplan nicht zustande gekommen wäre. Insbesondere stellt die den bevorrechteten Gläubigerschutzverbänden zuzusprechende Belohnung kein Entgelt für Vertretungsmaßnahmen für einzelne Gläubiger dar, sondern dient ausschließlich der Abdeckung jener Kosten, die die Gläubigerschutzverbände im gemeinsamen Interesse aller Gläubiger und in der Unterstützung der Gerichte erbringen ( Kodek Privatkonkurs² Rz 775ff mit Verweis auf den diesbezüglichen Bericht des Justizausschusses; vgl. hiezu auch den „anschaulichen“ [Schneider in Jahrbuch Insolvenzrecht und Sanierungsrecht 2013, 143] Kriterienkatalog des LG Feldkirch in 2 R 309/12z).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Verfahren schon deshalb erfüllt, als die beiden bevorrechteten Gläubigerschutzverbände an der Tagsatzung vom 7.6.2019 teilnahmen und darin die Schuldnerin auch eine Verbesserung des ursprünglich angebotenen Zahlungsplanes vornahm; dass die Abstimmung über den Zahlungsplan negativ verlief, schadet – wie oben dargestellt – nicht. Die Höhe der Entlohnung stellt der Rekurs nicht in Frage.

Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 und 3 ZPO iVm § 252 IO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.

Zum Rekurs gegen die Abweisung der Einleitung des Abschöpfungsverfahrens:

Die Rekurswerberin führt zusammengefasst aus, die voraussichtliche Kostendeckung sei bereits durch den regelmäßigen Erlag von € 30,- ausreichend bescheinigt. Auch könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Treuhänder - ohne Beträge an die Gläubiger ausschütten zu müssen - die volle Belohnung von € 740,- verlangen werde.

Diese Argumentation ist im wesentlichen berechtigt.

§ 202 Abs 1 IO normiert neben dem Fehlen von Einleitungshindernissen als weitere Voraussetzung für die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens, dass die Kosten des Abschöpfungsverfahrens durch die dem Treuhänder zukommenden Beträge voraussichtlich gedeckt sind. Schon vor dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2017 (IRÄG 2017) wurde die Auffassung vertreten, dass bei der Prognose zur Kostendeckung eine künftige während der Laufzeit des Abschöpfungsverfahrens zu erwartende Verbesserung der Einkommenssituation zu berücksichtigen sei. Dabei könnten auch bloße Bemühungen um eine Beschäftigung ausreichen. Überhaupt dürften die Anforderungen an die Bescheinigung nicht überspannt werden (Kodek Privatkonkurs² Rz 552). Anders als zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens sieht das Gesetz bei der Einleitung des Abschöpfungsverfahrens nicht den Erlag eines Kostenvorschusses als Alternative zum Vorliegen kostendeckenden Einkommens vor (Kodek aaO Rz 553). Auch im Hinblick auf die vom Gesetzgeber mit dem IRÄG 2017 beabsichtigten Erleichterungen kann § 202 Abs 1 IO nicht dahin ausgelegt werden, dass ein Schuldner die gesamte Treuhänderentlohnung für das fünfjährige Abschöpfungsverfahren im Vorhinein erlegen müsste.

Auch das Fehlen eines pfändbaren Einkommens ist kein Hindernis, zumal schon das – vom Erstgericht zutreffend als zulässig beurteilte – Zahlungsplanangebot Leistungen aus dem Existenzminimum vorsah. Die Schuldnerin hat die Erfüllbarkeit dieser Beträge während des Insolvenzverfahrens durch regelmäßige Überweisung von monatlich € 30,- bescheinigt, sodass auch von der Kostendeckung des Abschöpfungsverfahrens auszugehen ist.

Zudem stellte das Erstgericht zahlreiche Bewerbungen der Schuldnerin fest, die seit dem Antrag auf Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens auch zu einer konkreten Verbesserung der Einkommenssituation um monatlich € 245,- führten, als die Schuldnerin mittlerweile eine – wenn auch nur geringfügige – Beschäftigung fand. Insofern ist dem Erstgericht nicht beizupflichten, dass aus aktueller Sicht keine weitere Verbesserung der Einkommenssituation zu erwarten wäre. Nach § 210 Abs 1 Z 1 IO obliegt es der Schuldnerin zudem, während der Rechtswirksamkeit der Abtretungserklärung eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben oder, wenn sie ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen, widrigenfalls das Abschöpfungsverfahren auf Antrag eines Insolvenzgläubigers vorzeitig einzustellen wäre (§ 211 Abs 1 Z 2 IO).

Da der vom Erstgericht herangezogene Abweisungsgrund nicht vorliegt, ist über die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens neuerlich vom Erstgericht zu entscheiden; eine Abänderung kommt schon wegen der mit der Eröffnung des Abschöpfungsverfahrens zu treffenden weiteren Verfahrensschritte (Bestellung eines Treuhänders, Kundmachung in der Insolvenzdatei) nicht in Betracht.

Der Ausspruch zum Wert des Entscheidungsgegenstandes orientiert sich an den festgestellten Insolvenzforderungen.

Der ordentliche Revisionsrekurs war gemäß § 528 Abs 1 ZPO iVm § 252 IO zuzulassen. Soweit ersichtlich existiert zur Frage der voraussichtlichen Kostendeckung im Abschöpfungsverfahren gemäß § 202 Abs 1 IO nach Inkrafttreten des IRÄG 2017 keine höchstgerichtliche Rechtsprechung; ebenso zur Frage, ob die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens überhaupt vom Erlag eines Kostenvorschusses abhängig gemacht werden kann.

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