18R171/14x – LG Wr. Neustadt Entscheidung
Kopf
Das Landesgericht Wiener Neustadt als Berufungsgericht hat durch die Präsidentin des Landesgerichtes Mag. Jutta Burianek als Vorsitzende sowie die Richter des Landesgerichtes MMag. Dr. Andreas Sengstschmid und Dr. Andreas Pscheidl in der Rechtssache der klagenden Partei I***** F***** , Pensionistin, *****, *****, vertreten durch Ing. Mag. Dr. R***** H*****, Rechtsanwalt in *****, gegen die beklagten Parteien 1. X***** und 2. S***** , beide *****, beide vertreten durch Dr. F***** G*****, Dr. S***** S*****, Dr. M***** P*****, Ing. MMag. M***** A. G*****, Rechtsanwälte in *****, sowie die Nebenintervenientin auf Seiten beider beklagten Parteien L***** M***** B***** GmbH Co KG , *****, vertreten durch Mag. J***** P*****, Rechtsanwalt in *****, wegen € 4.006,10 s.A. und Feststellung, über die Berufungen der beklagten Parteien und der Nebenintervenientin gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 18.07.2014, 14 C 882/12s-39, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Den Berufungen wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das in seinem klagsabweisenden Teil unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist, dahin abgeändert , dass es insgesamt zu lauten hat wie folgt:
„1. Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei € 1.928,05 samt 4 % Zinsen seit 01.05.2012 binnen 14 Tagen zu zahlen.
2. Es wird zwischen den Parteien festgestellt, dass die erstbeklagte Partei der klagenden Partei für sämtliche zukünftigen, derzeit nicht bekannten Schäden aus dem Vorfall vom 18.02.2012 im Ausmaß der Hälfte haftet.
3. Das auf Zahlung von weiteren € 2.078,05 s.A. durch die erstbeklagte Partei und auf Feststellung der Haftung der erstbeklagten Partei auch für die zweite Hälfte der zukünftigen, derzeit nicht bekannten Schäden aus dem Vorfall vom 18.02.2012 gerichtete Mehrbegehren wird abgewiesen.
4. Das Klagebegehren,
a) die zweitbeklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei € 4.006,10 samt 4 % Zinsen seit 01.05.2012 binnen 14 Tagen zu zahlen; und
b) es werde zwischen den Parteien festgestellt, dass die zweitbeklagte Partei der klagenden Partei für sämtliche zukünftigen, derzeit nicht bekannten Schäden aus dem Vorfall vom 18.02.2012 hafte,
wird abgewiesen.
5. a) Die Kosten der klagenden Partei und der erstbeklagten Partei werden gegeneinander aufgehoben. Die erstbeklagte Partei ist jedoch schuldig, der klagenden Partei anteilige Barauslagen in Höhe von € 239,51 an Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
b) Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei deren mit € 2.797,27 (darin € 1.047,25 Barauslagen und € 291,67 USt) und der Nebenintervernientin deren mit € 1.141,70 (darin € 190,28 USt) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Mit ihrer Berufung im Kostenpunkt wird die erstbeklagte Partei auf diese Entscheidung verwiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zwischen der klagenden Partei und der erstbeklagten Partei gegeneinander aufgehoben. Die klagende Partei ist jedoch schuldig, der erstbeklagten Partei € 149,60 an anteiligen Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei € 657,87 (darin € 59,78 USt und € 299,20 Barauslagen) und der Nebenintervenientin € 680,07 (darin € 45,35 USt und € 408,-- Barauslagen) an Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt insgesamt nicht € 5.000,--.
Die Revision ist jedenfalls unzulässig.
Text
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Erstbeklagte betreibt auf der Liegenschaft *****, deren Eigentümerin die Zweitbeklagte ist, eine Filiale eines M*****, in der sich auch ein von ihr betriebenes Restaurant befindet. Im Sommer und Herbst 2011 hat die Zweitbeklagte durch die Nebenintervenientin umfangreiche Umbauarbeiten im Zugangsbereich zum Geschäftslokal vornehmen lassen. Dabei handelt es sich um eine Fläche, die prinzipiell nur begangen wird (und nur gelegentlich befahren, um dort zu Werbezwecken ein Auto abzustellen), unter anderem betreten Kundinnen und Kunden diesen Bereich, um zu dem beim Verlassen der Filiale links gelegenen Bereich der Parkgarage zu gelangen. Der Bereich ist eben, mit Betonplatten verlegt und mit mehreren Einlaufgullys versehen, die der Straßenentwässerung dienen. Der Einlaufgully nächst dem Eingangsbereich der Filiale ist 25 x 25 cm groß. Zum Parkplatz bzw. zur Zufahrtsstraße hin liegt seine Oberkante 15 mm unterhalb der Oberkante der verlegten Betonplatten, linker Hand 12 mm, senkrecht in Fahrbahnrichtung bzw. Parkplatz gesehen 15 bis 17 mm. Ein weiterer, mittig im Vorplatzbereich der Filiale verlegter Einlaufgully ist ziemlich bündig mit dem Pflaster ausgebildet, der rechter Hand Richtung Norden versetzte Gully hat eine Abweichung von der Oberkante zum Pflasterbelag von 8 mm. Der Bauleiter der Nebenintervenientin für die Neugestaltung der Außenanlage der Filiale der Erstbeklagten nahm gemeinsam mit dem externen Bauaufseher Ing. K***** W***** die Baustelle im Mai 2011 ab, wobei beiden beim Gehen über die Fläche der abgesenkte Einlaufgully nicht auffiel. Ebenso wenig fiel dies bei einer zweiten Abnahme mit der Bauherrin (Zweitbeklagte) dem Ing. W***** auf, wobei sowohl der Bauleiter der Nebenintervientin als auch Ing. W***** einen derartig abgesenkten Gullydeckel nicht als Problem qualifizieren und Ing. W***** die Toleranzgrenze, die sich aus den RVS ergibt, nicht kennt und damals auch nicht kannte.
Am 18.02.2012 herrschten winterliche Bedingungen, Schnee- oder Eislage war jedoch nicht gegeben. An diesem Tag nahm die Klägerin mit ihrem Lebensgefährten J***** F***** im Restaurant der Filiale das Mittagsessen ein, ihr Fahrzeug hatten sie in der zuvor beschriebenen Parkgarage abgestellt und wollten nach beendeter Mahlzeit dorthin zurückkehren. Die Klägerin kam jedoch zwischen Eingangsbereich und Parkgarage zu Sturz und zog sich dabei einen Bänderriss im rechen Außenknöchel zu. Die daraus resultierenden Ansprüche der Klägerin sind im Berufungsverfahren der Höhe nach mit € 3.856,10 nicht mehr strittig.
Die Klägerin begehrte zuletzt € 4.006,10 s.A. und die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche zukünftige, derzeit nicht bekannte Schäden aus dem Vorfall vom 18.02.2012, dies jeweils zur ungeteilten Hand. Sie sei wegen des nächst dem Eingangsbereich der Filiale unsachgemäß verlegten Kanaldeckels durch Umkippen im rechten Knöchel zu Sturz gekommen. Die Beklagten hafteten aus Vertrag, es treffe sie jedenfalls grobes Verschulden. Die Zweitbeklagte stelle sowohl der Erstbeklagten als auch den Kunden der Erstbeklagten die Grundstücke als Verkehrsfläche gegen Entgelt des im Konzernrahmen betriebenen M***** zur Verfügung und hafte genauso für die Erstbeklagte. Beide hätten für den Herstellungsfehler durch die Nebenintervientin einzustehen. Kunden sei es nicht zumutbar, über die konzerninterne Verwaltung und Verrechnung des Kundenparkplatzes Bescheid zu wissen oder diesbezügliche Erhebungen bis zur Ermittlung der Erteilung der Bauaufträge anzustrengen. Der Geschäftsbetrieb des M***** komme beiden Beklagten zugute.
Die Beklagten beantragten Klagsabweisung. Der Gully stelle keine Gefahrenstelle dar. Derartige Niveaudifferenzen kämen auf Straßen, Gehsteigen und auch Parkplätzen regelmäßig vor. Es würde eine Überspannung der Sorgfaltspflichten darstellen, die Beklagten zur Beseitigung derselben zu verpflichten. Die Klägerin treffe ein Mitverschulden, weil sie nicht vor die eigenen Füße geblickt habe. Die Passivlegitimation der Zweitbeklagten werde bestritten, das E***** werde allein von der Erstbeklagten betrieben, die Zweitbeklagte habe damit nichts zu tun. Mit der bautechnischen Überwachung habe die Zweitbeklagte das bautechnische Büro Ing. W*****, ein von ihr unabhängiges selbständiges Unternehmen beauftragt. Beiden Beklagten bzw. deren Organe, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sei eine allenfalls nicht sachgerechte Ausführung des gegenständlichen Kanaldeckels nicht bekannt gewesen. Da sie keine Baufachleute seien, habe ihnen Derartiges auch nicht bekannt sein müssen. Im gegenständlichen Bereich sei bisher niemand zu Sturz gekommen, obwohl er von einer Vielzahl von Personen täglich begangen werde.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Zahlungsbegehren im Umfang von € 3.856,10 s.A. und dem Feststellungsbegehren statt. Einen Teilbetrag von € 150,-- s.A. wies es ab. Es verpflichtete die Beklagten zur ungeteilten Hand, der Klägerin die mit € 5.287,06 bestimmten Prozesskosten zu ersetzen. Es stellte den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt fest und traf Feststellungen zur - im Berufungsverfahren nicht mehr strittigen - Höhe des Zahlungsbegehrens (S 5 bis S 8 der Urteilsausfertigung). Weiters traf es folgende, in der Berufung der Nebenintervenientin bekämpfte Feststellungen:
„Die Klägerin, die flache Schuhe mit Profilsohle trug, geriet bei diesem Weg, der über die an sich ebene Fläche zwischen Eingangsbereich und Parkgarage führt, mit dem rechten Fuß teilweise auf den Einlaufgully, dessen Oberfläche 12 bis 17 mm unter der Pflasteroberfläche situiert ist. Die Klägerin kippte mit dem rechten Fuß um und kam zu Sturz, wobei sie auf die rechte Körperseite fiel und sofort starke Schmerzen im rechten Außenknöchel verspürte.“
„Nach den Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen (RVS), die auf die ÖNorm B5024 verweisen, haben die Oberflächen der Einlaufgitter, die für Entwässerungsanlagen mit der Verkehrsfläche in einer Ebene zu liegen, wobei Abweichungen nur nach unten und im Umfang von höchstens 5 mm zulässig sind.“
Rechtlich folgerte es, dass es sich um eine Verkehrsfläche handelt, für die die in der genannten ÖNorm festgeschriebene Toleranzgrenze von 5 mm nach unten gelte. Es bestehe keinerlei Grund, sie anders zu behandeln als eine öffentliche Verkehrsfläche. Da die Toleranzgrenze von 5 mm deutlich überschritten worden sei, stelle der Einlaufgully eine Gefahrenquelle dar. Die Gefährdung durch die Situierung des Einlaufgullys ergebe sich im Übrigen unabhängig von diesbezüglichen Vorschriften bereits durch dessen Betrachtung mit freiem Auge selbst auf Fotos. Da einerseits die Zweitbeklagte als Eigentümerin durch Beauftragung der Nebenintervientin mit Bauarbeiten, bei denen dieser Gully hergestellt worden sei, und andererseits die Erstbeklagte als Mieterin, die diese Fläche der Allgemeinheit zwecks Geschäftsanbahnung zur Verfügung gestellt habe, die Gefahrenquelle geschaffen hätten, liege dies in der Ingerenz beider Beklagten. Die Erstbeklagte hafte der Klägerin auch aus dem vertraglichen Verhältnis, das sie mit ihr eingegangen sei, indem die Klägerin das Restaurant der Erstbeklagten zu Konsumationszwecken betreten und danach verlassen habe. Dass weder dem Bauleiter der Nebenintervientin noch der externen Bauaufsicht, noch Zuständigen der Zweitbeklagten als Bauherrin selbst die schon auf Fotos sehr deutlich wahrnehmbare Absenkung des Gullys aufgefallen sei, könne zudem nur als grobe Fahrlässigkeit qualifiziert werden. Da diese Gefahrenquelle so nahe beim Eingangsbereich bei einer einigermaßen sorgfältigen Begehung auf jeden Fall hätte bemerkt werden müsse, treffe die Zweitbeklagte auch die Haftung nach § 1319a ABGB. Die Handlungen der von ihr Beauftragten seien ihr zuzurechnen. Ein Mitverschulden der Klägerin habe nicht festgestellt werden können. Die Klägerin habe keine Stöckelschuhe getragen, mit denen nach der Judikatur besonders sorgfältig vor die eigenen Füße geschaut werden müsse und das Begehen von Gitterflächen zu vermeiden sei. Sie habe mit ihrem Schuhwerk keinen Anlass gehabt, besonders genau darauf zu achten, ob der von ihr betretene Gully plan verlegt sei, umso weniger als sie beim Verlassen der Filiale in Kenntnis dessen, dass es auf der Verkehrsfläche mehrere erwartungsgemäß plan verlegte Gullys gebe, keinen Anlass gehabt habe, anzunehmen, dass es bei diesem nicht der Fall sein würde. Gerade deshalb schlage ein Vergleich mit Kopfsteinpflaster oder Gehsteigbegrenzungen fehl, denn auf einer eben hergestellten Verkehrsfläche wie hier gebe es üblicherweise gerade keine derartigen Hindernisse, mit denen gerechnet werden müsse. Der konkrete Inhalt der Verkehrssicherungspflicht hänge von den Umständen des Einzelfalles ab. Entscheidend sei vor allem, welche Maßnahmen zur Vermeidung einer Gefahr möglich und zumutbar seien. Hiezu habe bereits der Sachverständige ausgeführt, dass der Gully zur Absicherung gegen weitere Unfälle gut erkennbar abgesichert werden sollte, für die Sanierung wäre er auszubauen und bodengleich an den vorhandenen Betonpflasterbelag anzuarbeiten. Beide Maßnahmen wären bei gehöriger Aufmerksamkeit bei der Begehung ohne weiteres möglich gewesen, bevor sich der Unfall der Klägerin ereignet habe. Von Unzumutbarkeit könne hier keineswegs gesprochen werden, umso bedenklicher sei es, dass derartige Maßnahmen bei Schluss der Verhandlung noch immer nicht gesetzt worden seien, denn dass außer der Klägerin dort noch niemand einen Unfall erlitten habe, könne nur als glücklicher Zufall bezeichnet werden. In diesem Licht sei auch das Vorbringen der Nebenintervenientin zu sehen, da die Klägerin am Hinweg die Stelle unfallfrei passiert habe, könne sie wohl nicht oder nur aus eigenem Verschulden gestürzt sein. Dass jemand den Rückweg über genau die selbe Strecke nimmt wie den Hinweg, könne nicht ernsthaft behauptet werden.
Dagegen richten sich die rechtzeitigen Berufungen der Nebenintervenientin und der Beklagten . Sie beantragen jeweils, das erstinstanzliche Urteil im klagsabweisenden Sinn abzuändern und stellen hilfsweise einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag. Die Beklagten beantragen weiters eventualiter die Abänderung der Kostenentscheidung dahin, dass der Klägerin lediglich € 4.649,74 an Kosten zugesprochen würden.
Die Klägerin beantragt, den Berufungen nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufungen sind teilweise berechtigt .
Vorweg ist auf die Rüge in der Berufungsbeantwortung einzugehen, wonach die Berufung der Beklagten das angerufene Berufungsgericht nicht nenne. Es sei daher ein Verbesserungsverfahren durchzuführen.
Richtig ist, dass dieser Formmangel vorliegt (§ 467 Z 1 ZPO). Er verhindert jedoch eine ordnungsgemäße geschäftliche Behandlung der Berufung nicht, sodass eine Verbesserung gemäß § 84 ZPO entbehrlich ist ( Kodek in Rechberger , ZPO 4 § 467 Rz 2 mwN).
Zunächst ist auf die Beweisrüge der Nebenintervenientin einzugehen. Damit bekämpft sie die oben wörtlich wiedergegebenen Feststellungen, als Ersatzfeststellungen begehrt sie wie folgt:
„Die Klägerin kam im Bereich zwischen Eingangsbereich und Parkgarage zu Sturz; die Ursache des Sturzes kann nicht festgestellt werden.“
„Bezüglich eines Gehsteigbereiches wie dem hier vorliegenden existieren keine einschlägigen Normen und Richtlinien, welche Niveaudifferenzen bei Einlaufgittern bzw. Gullys regeln.“
Hinsichtlich der erstgenannten Feststellungen meint sie, die Ursache des Sturzes der Klägerin sei im Verfahren nicht objektiviert worden. Auch die Klägerin selbst habe darüber nur mutmaßen können und erst nach dem Sturz darauf geschlossen, dass die Gullyeinfassung der Grund hiefür habe gewesen sein müssen. Gehe man jedoch davon aus, dass die Klägerin flaches Schuhwerk mit Profilsohle getragen habe, so erscheine ein seitliches Umknicken aufgrund einer nur 1,2 bis 1,7 cm hohen Niveaudifferenz gänzlich unwahrscheinlich, zumal derartige Niveaudifferenzen erfahrungsgemäß nicht nur durch die Elastizität der Schuhsohle, sondern auch die Beweglichkeit der Fußsohle entsprechend ausgeglichen würden, ohne dass es zu einer Instabilität oder zu einem Sturz komme. Demgegenüber könne ein Stolpern, verbunden mit einem Umknicken bei einem älteren Menschen auch ohne äußere Ursache niemals ausgeschlossen werden.
Diesen Ausführungen ist nicht zu folgen. Die Klägerin hat sehr wohl konkret dargelegt, dass sie aufgrund des Einlaufgullys zu Sturz gekommen ist. Nach ihrer Aussage, deren Glaubwürdigkeit auch die Berufung nicht in Zweifel zieht, handelt es sich auch keineswegs um bloße Mutmaßungen. Auf die Argumentation hinsichtlich der Elastizität der Schuhsohle und der Beweglichkeit der Fußsohle ist nicht weiter einzugehen, ist es doch offenkundig, dass Niveaudifferenzen bei entsprechender Aufmerksamkeit bewältigt werden können. Auch dass ein Stolpern auf ebener Fläche grundsätzlich abstrakt ebenso denkbar wäre, bedarf keiner Erörterung. Es kann aber wohl auch nicht ernsthaft bestritten werden, dass Niveaudifferenzen das Risiko eines Stolperns und Umknickens gegenüber ebenen Flächen wesentlich erhöhen. In Anbetracht dessen können auch die genannten allgemeinen Überlegungen der Berufung zu möglichen anderen Sturzursachen nichts an der Glaubwürdigkeit der eindeutigen Aussage der Klägerin, sie sei aufgrund des Gullydeckels gestürzt, ändern.
Zur zweitgenannten Feststellung verweist die Berufungswerberin auf ihre Rechtsausführungen, wonach die RVS auf die gegenständliche Fläche nicht anwendbar seien. Dies decke sich mit der Ansicht des Sachverständigen, der sich offenbar gezwungen gesehen habe, im Rahmen seines ursprünglichen Gutachtens auf deutsche Literatur statt auf in Österreich verbindliche Normen zurückzugreifen.
Dazu ist festzuhalten, dass die unmittelbare Anwendbarkeit der RVS als verbindlichen Rechtsnorm für das gegenständliche Bauvorhaben weder von der Klägerin behauptet noch vom Erstgericht angenommen wurde. Eine derartige Sichtweise geht auch aus der bekämpften Feststellung nicht hervor. Ob für die Frage, ob es sich beim gegenständlichen Einlaufgully um eine Gefahrenstelle handelte oder nicht, auf diese technischen Normen zurückgegriffen werden kann, ist eine Rechtsfrage und somit nicht auf Sachverhaltsebene zu lösen. Gegen die bekämpfte Feststellung, die bloß den Inhalt der RVS wiedergibt, über deren Anwendbarkeit auf den gegenständlichen Sachverhalt jedoch noch keine Aussage trifft, bestehen sohin keine Bedenken.
Insgesamt übernimmt das Berufungsgericht den erstgerichtlich festgestellten Sachverhalt als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und legt ihn seiner Entscheidung zugrunde (§ 498 Abs 1 ZPO).
Die Rechtsrügen der beiden Berufungen sind in wesentlichen Punkten inhaltsgleich, weshalb sie zu den einzelnen Themen jeweils gemeinsam behandelt werden sollen.
Die Nebenintervenientin führt aus, die Niveaudifferenz von 1,2 bis 1,7 cm sei nicht als Gefahrenquelle zu qualifizieren, welche einer konkreten Absicherung bedurft hätte. Nach der Rechtsprechung sei nur vor ungewöhnlichen und an dieser Stelle nicht zu vermutenden Niveaudifferenzen gesondert zu warnen, wobei sämtliche Stufen und Niveaudifferenzen, die durch Verkehrsteilnehmer normalerweise routinemäßig wahrgenommen werden könnten, nicht besonders zu kennzeichnen seien. Es sei mit Händen zu greifen, dass eine Niveaudifferenz von 1,7 cm von einem durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer mühelos überwunden werden könne. Erfahrungsgemäß bestünden etwa in Fußgängerzonen besonders im Bereich von Kanaldeckeln und Einlaufgittern oftmals nicht unerhebliche Niveaudifferenzen, welche üblicherweise von sämtlichen Verkehrsteilnehmern routinemäßig wahrgenommen und überwunden werden könnten, sodass die seitens des Erstgerichtes artikulierte Rechtsansicht in der Praxis zu einem nahezu unüberwindlichen Schilderwald führen würde. Die RVS gelangten im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung, sie nähmen auf die gegenständliche Unfallstelle nicht Bezug und seien für sie nicht anwendbar, zumal sie sich insbesondere auf die Gestaltung des Straßenwesens bezögen und im Rahmen der technischen Vorgaben somit die Ausführungen von Einlaufgittern für Entwässerungsanlagen auf Straßen zum Gegenstand hätten, wobei die Vermeidung von Stolperstellen oder dergleichen nicht Gegenstand der genannten Normen sei. Bezüglich der technischen Ausführungen eines Einlaufgitters sei zu bemerken, dass ein solches selbstverständlich nur auf Bodenniveau oder darunter verlegt werden könne und dürfe, da dieses ansonsten seinem Zweck der Wasseraufnahme nicht entsprechen könne. Die Limitierung der Oberflächenhöhenlage sei in diesem Zusammenhang vor dem Hintergrund der Flüssigkeit des Verkehrs zu betrachten, somit mit dem gegenständlichen Sachverhalt und der im gegenständlichen Verfahren aufgeworfenen Problematik in keiner Weise vergleichbar. Die RVS und die zitierte ÖNorm enthielten keine Schutzvorschriften zugunsten des Fußgängerverkehrs.
Ähnlich argumentieren auch die Beklagten in ihrer Rechtsrüge. Sie verweisen weiters darauf, dass es ihnen gegenüber, seitdem der Vorplatz in dieser Form bestehe, niemals zu einer Beanstandung gekommen sei, dies auch nicht seit dem gegenständlichen Vorfall. Dabei betrage die tägliche Kundenfrequenz zwischen rund 150 und 400 Personen, die üblicherweise und regelmäßig diesen Vorplatzbereich begingen. Das diesbezügliche Vorbringen sei zwar ohnehin mangels substanziierter Bestreitung als zugestanden anzusehen, das Fehlen einer entsprechenden Feststellung werde jedoch auch als sekundärer Feststellungsmangel geltend gemacht.
Dazu ist Folgendes zu sagen:
Die Verkehrssicherungspflicht darf nicht überspannt werden, soll sie in Wahrheit keine vom Verschulden unabhängige Haftung des Sicherungspflichtigen zur Folge haben. Umfang und Intensität von Verkehrssicherungspflichten richten sich vor allem danach, in welchem Maß der Verkehrsteilnehmer selbst vorhandene Gefahren erkennen und ihnen begegnen kann. Der konkrete Inhalt der Verkehrssicherungspflicht kann immer nur von Fall zu Fall bestimmt werden. Ob eine Situation geschaffen wurde, die eine Schädigung wahrscheinlich macht, hängt von den Umständen des Einzelfalles – in örtlicher wie persönlicher Beziehung - ab. Eine generelle Einordnung des Ausmaßes von zu duldenden oder zu beanstandenen Niveauunterschieden auf Gehflächen ist daher von vornherein nicht möglich (4 Ob 249/07g mwN).
Der OGH hat bereits Niveauunterschiede von etwa 1,8 cm (10 Ob 22/06t) oder 2 bis 3 cm (7 Ob 49/73) als geringfügig und unter Berücksichtigung der von Fußgängern zu fordernden Achtsamkeit nicht haftungsbegründend beurteilt. Selbst eine 5 bis 6 cm hohe Asphaltbeule mit einem Durchmesser von etwa 15 cm wurde als nicht haftungsbegründend erachtet, zumal eine ballsaalähnliche Oberflächenstruktur der Gehsteige auch im städtischen Bereich nicht angestrebt werden muss (10 Ob 50/04g).
Die Situation im vorliegenden Fall ist jedoch nicht gänzlich jener bei einem Gehsteig zu vergleichen, müssen doch die Kunden der Erstbeklagten aufgrund der an sich völlig ebenen Gestaltung des Vorplatzbereiches nicht wie sonst bei Gehsteigen mit Niveauunterschieden rechnen. Vom der Entscheidung 4 Ob 249/07g zugrundeliegenden Sachverhalt unterscheidet sich der gegenständliche Fall insofern, als dort dem Kläger der Niveauunterschied betreffend die Fensterabdeckgitter bekannt war. Insofern besteht im Hinblick auf die persönliche Beziehung ein wesentlicher Unterschied bei den konkreten Umständen des Einzelfalles.
Auch wenn die RVS nicht als Rechtsnorm auf den gegenständlichen Sachverhalt anwendbar sind, beziehen sie sich doch deutlich auch auf den Fußgängerverkehr, wie etwa aus Punkt 08.18.01 über typischerweise für Fußgängerflächen in Betracht kommende Pflasterstein- und Pflasterplattendecken ersichtlich ist. Sie sind daher als technische Norm auch für die gegenständliche Fläche maßgeblich, was letztlich auch eine entsprechende Verkehrserwartung indiziert. Bei der rechtlichen Beurteilung der gegenständlichen Stelle als Stolperstelle kann auch das ursprüngliche Gutachten des Sachverständigen Ing. H***** nicht außer Betracht bleiben, insbesondere die darin genannten deutschen Quellen, die Aufkantungen ohne Abschrägungen bereits ab 4 mm als Stolperstellen bezeichnen.
Gerade bei neu errichteten, grundsätzlich ebenen Flächen im Zugangsbereich zu einem Geschäftslokal müssen die Kunden nicht mit über dem dreifachen der technischen Norm liegenden Niveauunterschieden rechnen. Vor ungewöhnlichen und an dieser Stelle nicht zu vermutenden Niveaudifferenzen ist jedoch gesondert zu warnen (RIS-Justiz RS0023607).
An dieser Einschätzung würde sich auch nichts ändern, wenn man annimmt, dass den Beklagten bisher noch keine Vorfälle gemeldet wurden. Abgesehen davon, dass dies noch nicht zwingend bedeutet, dass es keine Vorfälle gegeben hat, erscheint dies nur für die subjektive Erkennbarkeit der Gefahrenstelle für die Beklagte, nicht aber für deren Vorliegen selbst von Bedeutung.
Richtig ist, dass eine Gefahrenstelle noch nicht zwingend bedeutet, dass auch eine entsprechende Verkehrssicherungspflicht besteht. Eine solche entfällt nämlich, wenn sich jeder selbst schützen kann, weil die Gefahr leicht, daher ohne genauere Betrachtung, erkennbar ist (RIS-Justiz RS0114360).
Dies ist im gegenständlichen Fall aber nicht anzunehmen. Nur bei Gefahren, die geradezu offensichtlich, auch für eine unaufmerksame Person ohne weiteres erkennbar sind, entfällt die Verkehrssicherungspflicht, muss doch immer damit gerechnet werden, dass ein anderer nicht die im Einzelfall ihm obliegende Vorsicht und Aufmerksamkeit obwalten lässt (vgl. etwa 6 Ob 253/99w).
Im Ergebnis ist daher eine Gefahrenstelle anzunehmen, die eine entsprechende Verkehrssicherungspflicht gegeben erscheinen lässt.
Was die Haftung der Erstbeklagten betrifft, meint die Nebenintervenientin, sie sei nicht von dieser, sondern nur von der Zweitbeklagten beauftragt worden. Sie sei daher nicht als Erfüllungsgehilfin der Erstbeklagten anzusehen. Ausformung und Gestaltung des gegenständlichen Gullydeckels, wie seitens der Nebenintervenientin errichtet, hätten der Erstbeklagten nicht auffallen müssen. Es sei eine Abnahme der Arbeiten durch die eigens hiezu beauftragte Bauaufsicht erfolgt und es habe im Verfahren letztlich eines Sachverständigengutachtens bedurft, um die technische Richtigkeit der durchgeführten Arbeiten zu überprüfen. Der Erstbeklagten und deren Mitarbeiter könne kein Vorwurf im Sinne eines Verschuldens daraus gemacht werden, dass sie keine Maßnahmen zur Absicherung oder Beseitigung des gegebenen Zustandes vorgenommen habe. Es sei äußerst fraglich, ob eine Kante in Höhe von 1,7 cm im Bereich der Randeinfassung eines Einlaufgullys ex ante betrachtet tatsächlich als Gefahrenquelle erkennbar hätte sein können. Hier eine Verpflichtung der Erstbeklagten anzunehmen, käme einer massiven Überspannung der Sogfaltspflichten gleich.
Ähnlich argumentiert auch die Berufung der Beklagten. Es handle sich um einen nicht auffälligen, äußerst kleinen Bereich einer insgesamt großen Anlage. Ein Einlaufgully in einer Größe von nur 25 x 25 cm und die festgestellte Höhendifferenz zwischen Deckeloberkante und angrenzenden Betonplatten von nur wenigen Millimetern sei beim großen Areal generell und beim großen gegenständlichen Vorplatz im Besonderen in keiner Weise für gegebenenfalls zuständige Leute der Beklagten (Organe oder Repräsentanten) auffällig gewesen. Dazu gebe es auch keine Feststellungen, es fehle auch am Vorbringen der Klägerin dazu.
Diesen Ausführungen ist nicht zu folgen. Die Erstbeklagte kann sich angesichts ihrer vertraglichen Verpflichtung zunächst nicht darauf berufen, lediglich ihre Organe oder Repräsentanten könnten für sie haftungsbegründend handeln. Für sie kommt nämlich die Gehilfenhaftung nach § 1313a ABGB zum Tragen. Ob die Nebenintervenientin nun direkt von der Erstbeklagten als Gehilfin beauftragt war oder ob dies über ihre Vermieterin, die Zweitbeklagte, erfolgt ist, ist dabei unerheblich.
Bei ordnungsgemäßer Beobachtung des eigenen Betriebsgeländes, insbesondere der Kunden zugänglichen Bereiche und speziell im von vielen Personen zu beschreitenden Eingangsbereich, hätte den Mitarbeitern der Erstbeklagten der Niveauunterschied sehr wohl auffallen müssen. Dazu kann auch auf die Berufungsausführungen verwiesen werden, wonach es sich deshalb nicht um eine Gefahrenstelle handle, weil „der Niveauunterschied für jedermann leicht erkennbar“ sei. Ein derartiges Vorbringen wurde auch bereits in erster Instanz erstattet, weiters hat die Klägerin im Schriftsatz ON 7 sehr wohl auf die Auffälligkeit des Niveauunterschiedes auch für bautechnische Laien hingewiesen. Insoweit konnte das Erstgericht diesen Umstand daher zu Recht als unstrittig behandeln. Ein sekundärer Feststellungsmangel liegt nicht vor.
Die Erstbeklagte kann sich auch nicht mit Hinweis auf die Größe ihres Geschäftslokales exkulpieren. Sie wäre vielmehr verpflichtet, sämtliche für Kunden zugänglichen Bereiche verkehrssicher zu gestalten und erforderlichenfalls das dafür nötige Personal einzusetzen. Auch auf die Abnahme durch Bautechniker kann sie sich nicht berufen, sind doch auch diese als ihre Gehilfen bei der gefahrlosen Herstellung der Eingangsflächen und der Wahrung der Verkehrssicherungspflichten anzusehen: Bedient sie sich nämlich eines Dritten zur Prüfung, ob die Anlage verkehrssicher ist, also zur Erfüllung ihrer Verkehrssicherungspflichten, so trifft sie bei Fehlverhalten dieses Dritten eben die Erfüllungsgehilfenhaftung nach § 1313a ABGB. Auch in subjektiver Hinsicht ist der Erstbeklagten die Missachtung der Verkehrssicherungspflicht sohin vorzuwerfen.
Was die Zweitbeklagte betrifft, sind die Berufungen im Ergebnis berechtigt. Sie führen aus, die Zweitbeklagte habe bloß die Liegenschaft zur Verfügung gestellt, sie stehe in keiner Vertragsbeziehung mit der Klägerin. Sie stelle die Flächen auch nicht zur Nutzung des von der Erstbeklagten betriebenen Einrichtungshauses durch deren Kunden zur Verfügung. Eine Haftung gemäß § 1319a ABGB scheide mangels grober Fahrlässigkeit aus. Eine solche habe die Klägerin in erster Instanz nicht einmal behauptet. Die Niveaudifferenz von 1,7 cm im Nahebereich eines Einlaufgullys und eine allfällige Nichtbeseitigung dieses Zustandes bzw. Nichtabsicherung dieser Gefahrenquelle vermöge eine grobe Fahrlässigkeit nicht annähernd zu begründen, dies auch vor dem Hintergrund, dass sich in der Vergangenheit keine ähnlichen Vorfälle zugetragen hätten. Soweit nicht § 1319a ABGB anzuwenden sei, hafte die Zweitbeklagte mangels Verschulden ihrer Repräsentanten nicht.
Diesen Ausführungen ist im Ergebnis zuzustimmen. Auszugehen ist davon, dass die Zweitbeklagte Vermieterin des Geschäftslokales der Erstbeklagten sowie der gegenständlichen Liegenschaft ist. Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung entfaltet ein Mietvertrag jedoch keine Schutzwirkung zugunsten von Kunden des Mieters. Von den Schutzwirkungen eines Bestandvertrages sind nur solche Dritte erfasst, die das Bestandobjekt in ähnlicher Intensität und Häufigkeit nutzen wie der Mieter selbst. Ein kurzfristiger Aufenthalt im Bestandobjekt reicht nicht aus, um die geforderte Nähe zur vertraglich geschuldeten Hauptleistung des Vermieters herzustellen. Es entspricht dem Wesen des Bestandvertrages als Dauerschuldverhältnis, dass das Kriterium der Vertragsnähe nicht nur ein räumliches, sondern auch ein zeitliches Element enthält (ausführlich 2 Ob 70/12a mwN). Eine vertragliche Haftung der Zweitbeklagten scheidet daher aus.
Was die deliktische Haftung betrifft, kommt es auch nicht darauf an, ob § 1319a ABGB auf die gegenständliche Fläche Anwendung findet und die Zweitbeklagte als Wegehalterin anzusehen ist oder nicht.
Ist dies nämlich der Fall, so haftet sie zwar für ihre Leute, jedoch nur bei grober Fahrlässigkeit. Auf diese hat sich die Klägerin zwar ausdrücklich berufen, sie liegt aber ausgehend vom festgestellten Sachverhalt nicht vor: Unter grober Fahrlässigkeit im Sinne des § 1319a ABGB ist eine auffallende Sorglosigkeit zu verstehen, bei der die gebotene Sorgfalt nach den Umständen des Falles in ungewöhnlicher Weise verletzt wird und der Eintritt des Schadens nicht nur als möglich, sondern geradezu als wahrscheinlich vorauszusehen ist. Grobe Fahrlässigkeit erfordert neben dem objektiv schweren Verstoß auch noch, dass dieser Verstoß subjektiv schwer anzulasten ist (RIS-Justiz RS0030644).
Zutreffend verweist die Beklagte darauf, dass die Klägerin nicht einmal behauptet hat, es hätte vor dem Unfall bereits ähnliche Vorfälle gegeben, die den Beklagten bekannt geworden wären. Nicht jeder Baumangel oder jede Abweichung von einer technischen Norm begründet für sich allein genommen eine grobe Fahrlässigkeit. Es ist vielmehr erforderlich, dass der Eintritt eines Schadens nicht nur als möglich, sondern geradezu als wahrscheinlich vorauszusehen ist. Wie oben dargelegt, war zwar aufgrund der Niveaudifferenzen mit der Verletzung von unaufmerksamen Fußgängern zu rechnen, als geradezu wahrscheinlich musste sie jedoch nicht angesehen werden (vgl 2 Ob 19/06t). Das Unterlassen der Beseitigung des Niveauunterschiedes ist daher als leicht fahrlässig anzusehen, die Wegehalterhaftung nach § 1319a ABGB scheidet sohin aus.
Eine Haftung nach allgemeinen Verkehrssicherungspflichten käme nur außerhalb des Anwendungsbereiches der Wegehalterhaftung in Betracht (RIS-Justiz RS0111360). Geht man jedoch davon aus, dass der gegenständliche Vorplatz nicht von der Wegehalterhaftung erfasst ist (vgl. zu Hofflächen etwa RIS-Justiz RS0109222; sh. weiters RIS-Justiz RS0115172), scheitert eine Haftung der Zweitbeklagten daran, dass die Klägerin ein Verschulden von Organen oder Repräsentanten der Zweitbeklagten ebenso wenig behauptet hat wie die Voraussetzungen für eine Besorgungsgehilfenhaftung nach § 1315 ABGB.
Die Haftung der Zweitbeklagten ist daher insgesamt zu verneinen.
Schließlich meinen sowohl die Beklagten als auch die Nebenintervientin, das Erstgericht habe zu Unrecht ein Mitverschulden der Klägerin verneint. Es sei von jedem Fußgänger zu verlangen, dass er beim Gehen vor die Füße schaue und der einzuschlagenden Wegstrecke Aufmerksamkeit zuwende. Als sekundäre Feststellungsmängel werde gerügt, dass das Erstgericht keine Feststellung zur Erkennbarkeit des gegenständlichen Gullys und auch des Niveauunterschiedes sowie dazu getroffen habe, dass die Klägerin den Bereich vor dem Eingang schon auf dem Weg zur Filiale begangen habe. Es sei von zumindest gleichteiligem (so die Beklagten) bzw. 75 %igen (so die Nebenintervenientin) Mitverschulden der Klägerin auszugehen.
Auch diese Ausführungen sind insofern berechtigt, als das Mitverschulden der Klägerin nicht unberücksichtigt bleiben kann. Nach ständiger Judikatur ist von jedem Fußgänger zu verlangen, vor die Füße zu schauen und der eingeschlagenen Wegstrecke Aufmerksamkeit zuzuwenden (RIS-Justiz RS0023787; RS0027447). Wie bereits festgehalten, war die Erkennbarkeit des Niveauunterschiedes beim gegenständlichen Einlaufgully unstrittig, weshalb insofern auch kein sekundärer Feststellungsmangel vorliegt. Auch der Umstand, dass die Klägerin auf dem Weg vom Parkhaus zur Filiale der Erstbeklagten bereits an der gegenständlichen Gefahrenstelle vorbeigekommen war, war bereits in erster Instanz nicht weiter strittig. Sekundäre Feststellungsmängel liegen daher nicht vor.
Auf Basis des damit anzunehmenden Sachverhaltes ist selbst unter der Berücksichtigung, dass beim Zugehen zur Filiale vielleicht eine nicht genau gleichartige Gehlinie gewählt wurde, das Mitverschulden der Klägerin nicht gänzlich außer Acht zu lassen. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes liegen keine Gründe vor, die das Verschulden der Erstbeklagten bzw. ihrer Gehilfen oder jenes der Klägerin als deutlich gravierender erscheinen ließen. Sowohl für die Erstbeklagte wäre bei gehöriger Überprüfung des Zugangsweges der Niveauunterschied erkennbar gewesen, als auch für die Klägerin wäre bei gehöriger Aufmerksamkeit der Unfall vermeidbar gewesen. Es erscheint daher eine gleichteilige Verschuldensteilung als angemessen.
Im Ergebnis war den Berufungen daher teilweise Folge zu geben und das angefochtene Urteil hinsichtlich der Erstbeklagten dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren lediglich im Umfang der Hälfte der nicht mehr strittigen Schadenshöhe von € 3.856,10, sohin im Umfang von € 1.928,05 und auch hinsichtlich des Feststellungsbegehrens nur zur Hälfte stattgegeben wird. Das gegen die Zweitbeklagte gerichtete Klagebegehren war dagegen zur Gänze abzuweisen.
Dies macht auch eine neuerliche Entscheidung über die erstinstanzlichen Kosten erforderlich. Zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten war angesichts einer Obsiegensquote der Klägerin von etwa 48 % mit Kostenaufhebung vorzugehen. Der Klägerin waren jedoch 48 % ihrer Barauslagen, der Erstbeklagten 52 % ihrer Barauslagen zuzusprechen. Dabei waren im Sinne der ständigen Judikatur die Kosten der Beklagtenseite, nicht aber jene der Klagsseite (RIS-Justiz RS0090822; vgl Obermaier , Kostenhandbuch 2 Rz 334), nach Kopfteilen auf die beiden Beklagten aufzuteilen. Dabei waren der Klägerin neben dem doppelten Einheitssatz keine Fahrtkosten zuzuerkennen. Saldiert ergibt dies den zugesprochenen Betrag. In Anbetracht der Kostenaufhebung erübrigt sich auch ein Eingehen auf die lediglich das Anwaltshonorar betreffenden Ausführungen der Beklagten in ihrer hilfsweise erhobenen Berufung im Kostenpunkt.
Der zur Gänze obsiegenden Zweitbeklagten waren gemäß § 41 ZPO volle Kosten zuzusprechen, wobei auch hier davon auszugehen war, dass die Kosten der Beklagtenseite von den beiden Beklagten jeweils nach Kopfteilen getragen wurden. Der Zweitbeklagten waren daher die Hälfte der verzeichneten Kosten zuzusprechen.
Was die Kosten der Nebenintervientin betrifft, war von folgenden Erwägungen auszugehen: Nach § 41 ZPO richtet sich der Kostenersatz der Nebenintervientin nach dem Obsiegen der Hauptpartei, der sie beigetreten ist. Ein Nebenintervenient hat gegen die Gegenseite einen Kostenersatzanspruch nur im selben Verhältnis wie die Hauptpartei, der er beigetreten ist (RIS-Justiz RS0035807).
Im gegenständlichen Fall ist die Nebenintervientin beiden Beklagten beigetreten, die in unterschiedlichem Ausmaß obsiegt haben, wobei die Klägerin die solidarische Haftung beider Beklagten geltend gemacht hat. Außer der Ansicht Obermaiers (Kostenhandbuch 2 Rz 344), die aber mit der herrschenden, in ständiger Judikatur vertretenen Ansicht zum Kostenersatz bei unterschiedlichem Prozesserfolg solidarisch in Anspruch genommener Personenmehrheiten (RIS-Justiz RS0090822; vgl Obermaier , Kostenhandbuch 2 Rz 334) abweicht, ist zu einer derartigen Konstellation weder Judikatur noch Literatur ersichtlich.
Wie dargestellt, sind die Kosten der durch einen Rechtsanwalt vertretenen Beklagten grundsätzlich nach Kopfteilen auf die beiden Beklagten aufzuteilen. Die diesbezügliche Annahme, wonach sich die Leistungen des Anwalts sowie allfällige Barauslagen zu gleichen Teilen auf die vertretenen Personen beziehen, ist auf den Beitritt einer Nebenintervenientin zu mehreren Personen übertragbar. Daher sind die Kosten der Nebenintervenientin im Allgemeinen nach Kopfteilen auf die Hauptparteien, denen sie beigetreten ist, zu beziehen. Hinsichtlich der Kopfteile gebührt der Nebenintervenientin jeweils im selben Verhältnis wie der Hauptpartei Kostenersatz.
Demnach sind die Kosten der Nebenintervenientin im gegenständlichen Fall zu 50 % der Streithilfe für die Erstbeklagte und zu 50 % jener für die Zweitbeklagte zuzuordnen, zumal keine Verfahrensschritte erkennbar sind, die sich lediglich auf eine der Hauptparteien bezogen hätten. Hinsichtlich des die Erstbeklagte betreffenden Anteils hat die Nebenintervenientin keinen Kostenersatzanspruch, weil die Hauptpartei im wesentlichen gleichteilig unterlegen ist, sodass gemäß § 43 Abs 1 ZPO Kostenaufhebung eintritt (RIS-Justiz RS0035807 T 7). Hinsichtlich des die Zweitbeklagte betreffenden Hälfteanteils hat die Nebenintervientin jedoch vollständig obsiegt, weshalb ihr insofern gemäß § 41 ZPO voller Kostenersatz zusteht. Im Ergebnis sind der Nebenintervenientin daher 50 % ihrer Kosten zu ersetzen.
Bei der Kostenentscheidung des Berufungsverfahrens war betreffend die Erstbeklagte bei einer Obsiegensquote von 50 % mit Kostenaufhebung vorzugehen (§§ 43 Abs 1, 50 ZPO). Der Erstbeklagten waren 50 % der von ihr getragenen Pauschalgebühren (jedoch nur nach Kopfteilen) zuzusprechen. Der Zweitbeklagten gebührt dagegen gemäß §§ 41, 50 ZPO der volle Ersatz des von ihr getragenen Hälfteanteils der Berufungskosten. Die Kosten der Nebenintervenientin sind entsprechend den oben dargestellten Grundsätzen auf die beiden Beklagten aufzuteilen, weshalb betreffend 50 % des verzeichneten Honorars mit Kostenaufhebung vorzugehen und der Nebenintervenientin lediglich die Hälfte der Barauslagen (sohin bezogen auf die gesamten verzeichneten Barauslagen ein Viertel), betreffend die anderen 50 % der verzeichneten Kosten jedoch voller Kostenersatz zuzusprechen war. Im Ergebnis erhält die Nebenintervenientin daher 50 % des Honorars und 75 % der Barauslagen.
Der Bewertungsausspruch gemäß § 500 ZPO orientiert sich an der Bewertung durch die Klägerin, von der abzugehen kein Anlass bestand.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision ist in § 502 Abs 2 ZPO und dem unter € 5.000,-- liegenden Streitwert begründet.