17R61/14p – LG Wr. Neustadt Entscheidung
Kopf
Das Landesgericht Wiener Neustadt als Rekursgericht hat durch den Richter Mag. Edelmann als Vorsitzenden sowie die weiteren Richter Mag. Schirnhofer und MMag. Hornberg in der Exekutionssache der betreibenden Partei K***** S***** , *****, vertreten durch Kerres Rechtsanwalts GmbH in Wien, wider die verpflichtete Partei I***** W***** , *****, vertreten durch Mag. Thomas Nitsch, Dr. Sacha Pajor, Rechtsanwälte in Mödling, wegen € 151,92 samt Anhang (hier: wegen Kosten), über Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Baden vom 12.03.2014, 19 E 7108/13b-11, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass es anstelle von „Das Kostenbegehren der verpflichteten Partei für den Einstellungsantrag vom 05.02.2014 wird abgewiesen“ zu heißen hat:
Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei die mit € 57,26 (darin € 9,54 USt.) bestimmten Kosten des Einstellungsantrages vom 05.02.2014 binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.“
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom 17.01.2014 wurde dem Betreibenden wider die Verpflichtete aufgrund des Teilvergleiches des Bezirksgerichtes Baden vom 23.08.2012, 8 C 1047/12s, zur Hereinbringung anteiliger Kosten des Titelverfahrens von € 151,92 samt Anhang die Fahrnisexekution sowie die Forderungsexekution nach § 294a EO bewilligt (ON 3).
Mit Oppositionsgesuch vom 05.02.2014 beantragte die Verpflichtete die Einstellung der Exekution, da die betriebene Kostenforderung bereits vor Exekutionsbewilligung dem damaligen Rechtsvertreter des Betreibenden überwiesen worden sei. Für dieses Oppositionsgesuch verzeichnete die Verpflichtete Kosten nach TP 3A (€ 57,10) zuzüglich 60 % Einheitssatz (€ 34,26) zuzüglich ERV-Kosten (€ 1,80) zuzüglich 20 % USt. (€ 18,63), gesamt € 111,79 (ON 5).
Daraufhin beantragte der Betreibende am 13.2.2014 die Einstellung des Exekutionsverfahrens nach § 39 EO, da er nur aufgrund einer Fehlinformation Exekution über die bereits erstatteten Kosten geführt habe. Nachdem der Anspruch bereits vollständig getilgt sei, werde das „Exekutionsbegehren zurückgezogen und um eine Einstellung des Verfahrens ersucht“(ON 9).
Mit dem ausschließlich im Kostenpunkt hinsichtlich des Oppoitionsgesuches vom 05.02.2014 angefochtenen Beschluss stellte das Erstgericht die Exekution gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO ein und wies das Kostenbegehren der Verpflichteten (unter anderem) für den Einstellungsantrag vom 05.02.2014 ab. Zur Begründung führte es aus, der Verpflichteten könnten im Exekutionsverfahren nur Kosten zugesprochen werden, wenn sie in einem Zwischenstreit obsiege. Ein Zwischenstreit liege dann vor, wenn eine Partei durch ihr Verhalten eine Maßnahme des Gerichtes begehre, die in die Rechte der anderen Partei eingreifen würde. In diesem Verfahren habe die Verpflichtete einen Einstellungsantrag gestellt, gegen den sich die Betreibende nicht ausgesprochen habe. Da somit kein Zwischenstreit vorliege, könnten der Verpflichteten keine Kosten zugesprochen werden.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der rechtzeitige Kostenrekurs der Verpflichteten mit dem Antrag, den Betreibenden zum Ersatz der Kosten für das Oppositionsgesuch vom 05.02.2014 in Höhe von € 111,79 zu verpflichten.
Eine Rekursbeantwortung wurde nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist teilweise berechtigt.
Die Rekurswerberin macht unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und führt aus, das Oppositionsgesuch habe der Einstellung der vom Betreibenden beantragten Exekution gegolten. Das Exekutionsverfahren sei sohin lediglich aufgrund des Oppositionsgesuches zur Einstellung gebracht worden, da die Betreibende nicht aus eigenem eine Einstellung beantragt habe. Die Verpflichtete habe sohin Anspruch auf Kostenersatz, zumal sie mit dem Oppositionsgesuch dem Exekutionsantrag des Betreibenden entgegengetreten sei und andererseits, da die Einstellung der Exekution nur aufgrund des Betreibens der Verpflichteten erfolgt sei. Im Rahmen dieser Betrachtung habe die Verpflichtete vollinhaltlich obsiegt, weshalb sie unzweifelhaft Anspruch auf Ersatz der entstandenen Kosten aufgrund des Schriftsatzes vom 05.02.2014 habe, wobei die Zahlung der Verfahrenskosten nach der Entscheidung des Erstgerichtes, jedoch vor dem Exekutionsantrag des Betreibenden erfolgt sei. Eine Honorierung des Oppositionsgesuches - wie ursprünglich verzeichnet - nach TP 3A ergebe einen Kostenersatzanspruch von € 111,79.
Zutreffend hat das Erstgericht einen Zwischenstreit verneint. Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Zwischenstreites ist, der Eigenart des sich in mehrere Abschnitte teilenden Exekutionsverfahrens folgend, für die Frage des Erfolgs in diesem Sinn immer nur der jeweilige Verfahrensabschnitt zu betrachten und nicht der Erfolg des bisherigen Exekutionsverfahrens als Ganzes. Das bedeutet etwa bei einem Antrag des Verpflichteten auf Einstellung der Exekution, dass nur dann ein Zwischenstreit und damit im Fall der Stattgebung dieses Antrags eine Kostenersatzpflicht des betreibenden Gläubigers entsteht, wenn sich der betreibende Gläubiger gegen die Einstellung der Exekution ausgesprochen hat. Hingegen begründet der Umstand allein, dass der betreibende Gläubiger die Exekution beantragt und auch bewilligt erhalten hat und der Verpflichtete mit seinem Einstellungsantrag den Abbruch dieses Exekutionsverfahrens anstrebt, keinen Zwischenstreit im obigen Sinn, wenn sich der betreibende Gläubiger nicht gegen die Einstellung ausgesprochen hat (vgl. Jakusch in Angst² § 74 Rz 78).
Im Gegenstande stehen der Verpflichteten jedoch Kosten in Analogie zu § 75 EO zu. Zwar regelt § 75 EO nur die Kostenfolgen bei Einstellung der Exekution: Kommt einer der in § 75 EO ziffernmäßig genannten Einstellungsgründe (ausgenommen, weil begrifflich nicht denkbar, § 54e) erst nach Beendigung der Exekution zu Tage, so kommt somit zwar eine Aberkennung der Kosten in unmittelbarer Anwendung des § 75 EO nicht mehr in Betracht. Im Rahmen der dann gebotenen bereicherungsrechtlichen Abwicklung ist aber dem Verpflichteten auch der Ersatz der Kosten des Exekutionsverfahrens, die von ihm getragen wurden, zu gewähren. Ähnliches hat zu gelten, wenn nach Einstellung der Exekution aus einem Grund, der nicht die Rechtsfolgen des § 75 EO auslöst, ein Einstellungsgrund bekannt wird, bei dessen zeitgerechter Wahrnehmung dem betreibenden Gläubiger die Kosten des Exekutionsverfahrens nach § 75 EO abzuerkennen gewesen wären, wenn also etwa der betreibende Gläubiger der Einstellung aus einem Grund, der die Aberkennung der Kosten nach § 75 EO rechtfertigen würde, mit einem Antrag auf Einstellung der Exekution nach § 39 Abs 1 Z 6 EO zuvorkommt.
In einem solchen Fall wären dem betreibenden Gläubiger in analoger Anwendung des § 75 EO nicht nur nachträglich die Kosten des eingestellten Exekutionsverfahrens abzuerkennen (vgl. Jakusch aaO § 75 Rz 3), vielmehr anerkennt die Rechtsprechung bei Zutreffen der Voraussetzungen des § 75 EO neben der Aberkennung der Kosten des betreibenden Gläubigers gleichzeitig einen Anspruch des Verpflichteten gegenüber dem betreibenden Gläubiger auf Ersatz der Kosten seines Einstellungsantrags nach § 75 EO (vgl. Jakusch aaO § 75 Rz 16).
Im Gegenstande führt der Betreibende in seinem – erst nach dem Oppositionsgesuch eingebrachten - Einstellungsantrag nach § 39 EO selbst aus, dass der Anspruch bereits vollständig (vor Einbringung des Exekutionsantrages - Anmerkung des Rekursgerichtes) getilgt und das aufgrund einer Fehlinformation geführte Exekutionsverfahren daher eingestellt werden möge. Damit lägen die Voraussetzungen einer Aberkennung der Kosten gemäß § 75 EO vor. Im Sinne der dargestellten Rechtsprechung stehen in einem derartigen Fall dem Verpflichteten für den Einstellungsantrag nach § 40 EO daher Kosten auch ohne Vorliegen eines Zwischenstreites zu.
Schriftsätze im Exekutionsverfahren sind nach TP 1 bis TP 3 RATG zu entlohnen, wobei die nach TP 1 RATG oder TP 3 RATG zu honorierenden Schriftsätze in diesen Tarifposten taxativ aufgezählt sind, während alle dort nicht genannten Schriftsätze nach TP 2 RATG zu honorieren sind. Diese System lässt eine analoge Anwendung der TP 1 oder 3 RATG auf solche Schriftsätze, die dort nicht genannt sind, deren Verfassung aber keinen oder keinen höheren Aufwand an Zeit und Mühe erfordert, als dies bei den dort genannten Schriftsätzen der Fall ist, nur in Ausnahmefällen zu. Da Einstellungsanträge der verpflichteten Partei nach § 40 EO in TP 1 oder TP 3 nicht genannt sind, sind sie entsprechend der Generalklausel nach TP 2 RATG zu honorieren (Angst/Jakusch/Mohr EO 15 § 74 E 416, RPflE 2005/63).
Der Verpflichteten stehen daher für das Oppositionsgesuch vom 05.02.2014 Kosten nach TP 2 (€ 28,70) zuzüglich 60 % Einheitssatz (€ 17,22) zuzüglich ERV-Zuschlag (€ 1,80) und zuzüglich USt. (€ 9,54), gesamt daher € 57,26 zu.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Rekurskosten ist in § 78 EO iVm § 43 Abs 1, 50 ZPO begründet. Die Verpflichtete obsiegt zu rund 50 %. Da die Quotenkompensation nach § 43 Abs 1 ZPO unabhängig davon erfolgt, ob sich der Gegner tatsächlich am zweiseitigen Rechtsmittelverfahren beteiligt, hat die Rekurswerberin die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen (vgl Obermaier Kostenhandbuch² 2010 Rz 407 mwN).
Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses folgt aus § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 1 ZPO.