JudikaturLG Wr. Neustadt

18R69/14x – LG Wr. Neustadt Entscheidung

Entscheidung
25. Juni 2014

Kopf

Das Landesgericht Wiener Neustadt als Rekursgericht hat durch die Vizepräsidentin des Landesgerichtes Mag. Burianek als Vorsitzende sowie die Richter des Landesgerichts MMag. Dr. Sengstschmid und Dr. Pscheidl in der Rechtssache der klagenden Partei P***** GmbH , *****, vertreten durch Dr. Manfred C. Müllauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Susanne B*****, Angestellte, ***** wegen EUR 3.250,14 s.A., über den Kostenrekurs der klagenden Partei gegen die im Zahlungsbefehl des Bezirksgerichtes Mödling vom 10.2.2014, 14 C 65/14g-2 enthaltene Kostenentscheidung in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird n i c h t Folge gegeben.

Die klagenden Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit ihrer am 5.2.2014 beim Erstgericht eingelangten Mahnklage begehrte die Klägerin EUR 3.250,14,samt Mahnspesen und Zinsen aus „Darlehen/Kredit/Bürgschaft“. Neben Behauptungen zu vorprozessualen Kosten und Mahnspesen erstattete sie lediglich folgendes Vorbringen:

„Die Klage ist unseres Erachtens nach TP3 zu honorieren, zumal es sich bei Kreditkartenvertragsverhältnissen um ein Vertragsverhältnis sui generis und nicht um einen Darlehensvertrag handelt. Generell kauft der Karteninhaber in Geschäften ein und erteilt dergestalt uns eine Zahlungsanweisung, für ihn die Forderung der Vertragspartner zu bezahlen, die von uns damit eingelöst wird und auf uns übergeht (die Forderung des Unternehmens geht damit (analog § 1422 ABGB) auf uns über). Ansprüche, die aufgrund Forderungsübergang übergehen sowie Kredite (nicht Darlehen) sind nach TP3 zu honorieren.“

An Kosten verzeichnete sie solche nach TP 3 RAT in Höhe von EUR 588,41 inklusive vorprozessuale Mahnspesen, Einheitssatz und 20% Ust.

Mit dem angefochtenen Beschluss erließ das Erstgericht den Zahlungsbefehl in der Hauptsache antragsgemäß; an Kosten sprach es der Klägerin lediglich EUR 418,13 an Normalkosten nach TP 2 RAT zuzüglich EUR 80,-- an vorprozessualen Kosten zu.

Allein gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der rechtzeitige Rekurs der Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne des Zuspruches der Mehrkosten in der Höhe von EUR 170,28.

Die Beklagte erstattete keine Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die Rekurswerberin führt zusammengefasst aus, bei einem Kreditkartevertrag handle es sich um einen gemischten Vertrag, bei dem das Zessionselement im Vordergrund stehe. Des Weiteren enthalte der Vertrag weitere Elemente komplexer Natur, nämlich die Belastung eines Girokontos des Karteninhabers, wobei mangels Deckung das Risiko der Nichtbezahlung, sohin der mangelnden Deckung der Ausgaben des Karteninhabers vom Kreditkarteninstitut getragen werde. Es handle sich weder um einen Darlehens- noch um einen Kreditvertrag. Die Klage aus dem Kreditkartenvertrag sei nicht im Katalog des TP 2 genannt und daher nach TP 3A zu honorieren. Durch die Forderungseinlösung, die lediglich deshalb stattgefunden habe bzw. aufrecht geblieben sei, weil das Bankkonto gesperrt gewesen sei, liege der Klage auch ein komplexer Sachverhalt zugrunde.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass zur Frage, ob eine Klage eines Kreditkartenunternehmens gegenüber dem Karteninhaber nach TP 2 oder TP3A RAT zu honorieren ist, keine ausdrückliche Judikatur ersichtlich ist. Die von der Rekurswerberin genannte Entscheidung 10 Ob 23/13z beschäftigt sich nicht mit dieser Frage; in der weiteren von ihr genannten Entscheidung (LG Salzburg, 53 R 48/14m) wird die Frage wegen Verstoßes gegen das Neuerungsverbot ausdrücklich offen gelassen. Zu 14 R 191/06s des LG Linz findet sich bei Obermaier (Kostenhandbuch² Rz 657 E 11) der Rechtssatz, dass die Klage eines Geldinstituts, der Beklagte schulde den eingeklagten Betrag aus der Verwendung einer Kreditkarte, die Klägerin habe den Saldo vom Kreditkartenunternehmer eingelöst, in einem einzigen Satz, somit kurz verfasst werden könne und nur nach TP 2 zu honorieren sei; auch wenn dies nicht die gegenständliche Frage betrifft, legt dies doch nahe, das LG Linz befürworte auch für Klagen gegen den Kreditkarteninhaber die Honorierung bloß nach TP 2 RAT.

Klagen sind nach TP3A RAT zu entlohnen, soweit sie nicht unter TP2 RAT fallen (TP 3A I Z 1 lit a RAT). Nach TP 2 I Z 1 lit b RAT sind Saldoklagen, Darlehensklagen, Klagen auf Zahlung des Kaufpreises beweglicher Sachen oder des Entgeltes für Arbeiten und Dienste, Klagen auf Zahlung von Versicherungsprämien oder Beiträge zu Körperschaften, Klagen auf Bezahlung des Bestandzinses, Mandatsklagen, Wechselmandatsklagen und scheckrechtliche Rückgriffsklagen, sofern eine kurze Darstellung des Sachverhaltes möglich ist, nach TP 2 RAT zu entlohnen. Nach neuerer Judikatur schließt der Umstand, dass es sich bei TP 2 RAT um eine taxative Aufzählung handelt, eine vorsichtige Analogie nicht aus ( Obermaier , Kostenhandbuch² Rz 654 mwN; vgl RIS-Justiz RS0008839). So werden in ständiger Rechtsprechung in Analogie zu Darlehensklagen auch Kreditklagen und Klagen gegen Darlehens- und Kreditbürgen nur nach TP 2 honoriert; gleiches gilt für die Regressklage des Darlehensbürgen (vgl Obermaier , Kostenhandbuch² Rz 656 f mwN; vgl auch die von der Rekurswerberin zitierte E des LG Salzburg zu 53 R 48/14m).

Beim Kreditkartengeschäft tritt an die Stelle der Barzahlung ein abstrakter Zahlungsanspruch des Vertragsunternehmens gegen die Kreditkartengesellschaft. Dieser abstrakte Anspruch findet seine Grundlage im Anweisungsrecht. In der Vereinbarung zwischen Kreditkartengesellschaft und Vertragsunternehmen wird festgelegt, dass die Kreditkartengesellschaft schon im Voraus künftige Anweisungen des berechtigten Karteninhabers gegenüber dem Vertragsunternehmen annimmt. Unterschreibt der Karteninhaber beim Vertragsunternehmen unter Vorlage seiner Kreditkarte seinen Rechnungsbeleg, so erteilt er damit eine konkrete Anweisung, die aufgrund der antizipierten Annahme der Kreditkartengesellschaft zugleich eine abstrakte Zahlungspflicht der Kreditkartengesellschaft gegenüber dem Vertragsunternehmen entstehen lässt (RIS-Justiz RS0121043). Im Verhältnis zwischen Kreditkartenunternehmen und Karteninhaber steht aber die durch die antizipierte Annahme der Anweisung samt gleichzeitiger Einlösung der Forderung nach bzw. analog § 1422 ABGB gelegene Kreditierung bis zum nächsten vereinbarten Abrechnungs- und Einziehungszeitpunkt im Vordergrund. Mit anderen Worten ist das Verhältnis zwischen Kreditkartenunternehmen und Karteninhaber ganz wesentlich durch diese Kreditierung bis zur nächsten Abrechnung geprägt. Damit sind Klagen von Kreditkartenunternehmen gegen die Karteninhaber jedenfalls dann stark den Klagen aus Darlehen oder Kreditverträgen angenähert, wenn der Klagsgrund – wie im gegenständlichen Fall - gerade in der genannten Kreditierungsfunktion des Kreditkartengeschäftes, also in der Nichteinlösung der Abrechnung liegt.

Dass dies vorliegend der Fall ist, ergibt sich nach den Klagsangaben bereits durch die Bezeichnung als „Darlehen/Kredit/Bürgschaft“ und die Ausführungen zur Honorierung der Klage, was durch das – eigentlich eine unzulässige Neuerung darstellende – Rekursvorbringen, wonach die Einziehung des von der Klägerin dem Vertragsunternehmen Geleisteten infolge Sperre des Kontos der Beklagten nicht erfolgreich war, weiter bestätigt wird.

Aufgrund der dargestellten starken Annäherung an Darlehens- und Kreditklagen erscheint zur Vermeidung unsachlicher Ungleichbehandlung eine analoge Anwendung des in TP 2 I Z 1 lit b RAT für Darlehensklagen genannten Honoraransatzes auf derartige Klagen von Kreditkartenunternehmen geboten.

Die Klage ist daher nach TP 2 RAT zu entlohnen, sofern eine kurze Darstellung des Sachverhaltes möglich ist. Dies ist gegenständlich zweifellos der Fall, könnte der Sachverhalt doch einfach als „nicht bezahlte Kreditkartenabrechnungen, fällig am...“ beschrieben werden. Dass die Klägerin ein Rechtsvorbringen zur vermeintlichen Honorierung der Klage nach TP 3A erstattet hat, kann daran jedenfalls nichts ändern, kommt es doch darauf an, ob eine einfache Darstellung des Sachverhalts – und nicht etwaiger Rechtsfolgen – möglich war oder nicht.

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Der Kostenausspruch beruht auf der Erfolgslosigkeit des Rechtsmittels (§§ 40,50 ZPO).

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ist in § 528 Abs 2 Z 3 ZPO begründet.

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