19R39/14t – LG Wr. Neustadt Entscheidung
Kopf
Das Landesgericht Wiener Neustadt als Rekursgericht hat durch die Richterin des Landesgerichtes Mag. Schirnhofer als Vorsitzende sowie die weiteren Richter des Landesgerichtes MMag. Dr. Sengstschmid und Mag. Kargl in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Arch. Ing. H *****, vertreten durch Dr. Johannes Hock jun., Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei E***** A***** , *****, vertreten durch Dr. Renate Sandner, Rechtsanwältin in Wien, wegen EUR 195.000,-- s.A. (hier: Verfahrenshilfe) , über Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 25. April 2014, 14 C 107/14y-21, in nicht öffentlicher Sitzung
den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die darin enthaltene Kostenentscheidung zu lauten hat:
„Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit EUR 285,41 (darin EUR 47,57 USt) bestimmten Kosten für die Äußerung vom 17. März 2014 zu ersetzen.“
Ein Kostenersatz im Rekursverfahren findet nicht statt.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Mit Klage vom 14. Mai 2013, gerichtet an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien, begehrte der Kläger EUR 195.000,-- s.A. gerichtet auf den Ersatz von Investitionen, die er auf die im Eigentum der Beklagten stehenden und von ihm gemeinsam mit seiner Gattin M***** im November 1972 gemieteten Wohnung/Dachboden des Hauses ***** aufgewendet habe. Unter einem beantragte er die Gewährung von Verfahrenshilfe im Ausmaß des § 64 Abs 1 Z 1 lit a und c sowie Z 3 ZPO.
Nach zweimaligen Aufträgen zur Ergänzung (ON 14) bzw Urkundenvorlage (ON 19) wies das Erstgericht mit dem nun angefochtenen Beschluss den Antrag des Klägers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ab und verpflichtete ihn, der Beklagten deren mit EUR 1.594,26 (darin EUR 265,71 USt) bestimmten Kosten für ihre Äußerung zum Verfahrenshilfeantrag des Klägers vom 17. März 2014 zu ersetzen. Rechtlich führte es – soweit für das Rekursverfahren noch von Bedeutung – aus, beim Verfahren über die Gewährung der Verfahrenshilfe handle es sich um ein Zwischenverfahren besonderer Art mit amtswegigem Charakter, der dem Außerstreitverfahren angenähert sei. Da der Beklagten der Antrag zugegangen sei und sie eine Äußerung erstattet habe, wonach Verfahrenshilfe nicht zu gewähren sei, sei ein Zwischenstreit entstanden. Ihre Äußerung habe – auch im Hinblick auf die vorgelegten Urkunden – der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gedient, weshalb der Kläger diese Kosten zu ersetzen habe. Im Hinblick auf den Umfang der Äußerung sei eine Verzeichnung der Kosten nach TP 3 gerechtfertigt.
Dagegen richtet sich der rechtzeitige Rekurs des Klägers mit dem Antrag, den Kostenzuspruch von EUR 1.594,26 unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage von EUR 3.969,-- auf EUR 285,41 (darin EUR 47,57 USt) herabzusetzen.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist – im Ergebnis – berechtigt.
Darin führt der Rekurswerber aus, der Beklagten seien Kosten auf Grundlage des vollen Streitwerts von EUR 195.000,-- zugesprochen worden. Der honorierte Schriftsatz vom 17. März 2014 habe sich aber nicht auf die Bewertung der Klagsforderung, sondern nur auf die Bewertung des Verfahrenshilfeantrages bezogen. Angesichts der für die Klage maßgeblichen Eingabengebühr von EUR 3.969,-- sei dieser Betrag der richtige Ansatzpunkt für die Kostenbemessungsgrundlage. Die Bereitschaft von Dr. Johannes Hock sen. jedenfalls als Verfahrenshelfer einzuschreiten, sei nicht weiter zu bewerten, da dieser an einer allfälligen Kostenforderung der Beklagten nichts ändere, gleichgültig ob die Verfahrenshilfe bewilligt werde oder nicht. Aus dem Umstand, dass in den späteren Eingaben des Rekurswerbers zur Verfahrenshilfe von der Kanzlei irrig der Gesamtstreitwert eingesetzt worden sei, lasse sich kein gleichartiger Anspruch der Beklagten ableiten. Schließlich erklärte der Rekurswerber, aus prozessökonomischen Gründen in der Sache selbst kein Rechtsmittel gegen die Abweisung der Verfahrenshilfe einzulegen, äußerte sich aber dennoch inhaltlich zu vom Erstgericht nicht berücksichtigten Umständen.
Diese Argumentation führt - im Ergebnis - zum Erfolg. § 72 Abs 3 ZPO lautet: „Einer Vertretung durch Rechtsanwälte bedürfen die Parteien bei den nach diesem Titel bei Gericht vorzunehmenden Handlungen auch im Anwaltsprozess nicht. Rekurse gegen Beschlüsse über die Verfahrenshilfe sowie Rekursbeantwortungen können auch bei Gerichtshöfen mündlich zu Protokoll erklärt werden.E in Kostenersatz findet nicht statt.“
Der mit Bundesgesetzblatt I 2004/128 in Kraft getretene letzte Satz dieser Bestimmung sollte nach Bydlinski, der auf die erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage (ErläutRV 613 BlGNr 22.GP13) Bezug nimmt, nicht eine generelle Regel für das gesamte Verfahrenshilfeverfahren bilde, sondern auf das Rechtsmittelverfahren beschränkt sein ( Bydlinski in Fasching/Konecny² § 72 ZPO [Rz 5]) . Angesichts der uneinheitlichen Rechtsprechung zur Frage des Kostenersatzes „ im Rekursverfahren“ sollte nunmehr ein Kostenersatz ausdrücklich ausgeschlossen werden, wobei sich die Bestimmung an § 41 Abs 3 GebAG orientiere. Die letztgenannte Bestimmung bezöge sich eindeutig allein auf das Rechtsmittelverfahren (so Bydlinski aaO).
Das OLG Innsbruck sprach mit Entscheidung vom 2. Dezember 2003, 1 R 216/03d, aber aus, dass ein derartiger Wertungswiderspruch, wonach der Ausschluss des Kostenersatzes nur das Rekursverfahren betreffen solle, nicht jedoch eine Äußerung zur Gebührennote, nicht begründbar sei. In Anlehnung daran hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass im Gebührenbestimmungsverfahren weder der Sachverständige noch die Parteien des Verfahrens einen Anspruch auf Kostenersatz haben (16 Ok 1/11; Krammer/Schmidt, GebAG 3 , § 41 [Anm. 16 u E 93]) .
In diesem Sinne erachtete Fucik die bisherige Rechtsprechung zum Zwischenstreit und zur Bemessungsgrundlage in Verfahrenshilfesachen als überholt (Fucik in Rechberger, ZPO 3 , § 72 [Rz 4] ), was nur den Schluss zulässt, dass auch in erster Instanz kein Kostenersatz zusteht; andernfalls hätte die Frage der Bemessungsgrundlage nichts von ihrer Bedeutung eingebüßt. Schließlich bezog auch der OGH (8 Ob 40/10f) den Ausschluss des Kostenersatzes im Verfahren über die Verfahrenshilfe auf den Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe. Der Ausschluss gilt daher auch für das gesamte Verfahren erster Instanz, er umfasst auch all jene Verfahrenshandlungen, die im Zusammenhang mit dem Verfahrenshilfeantrag stehen (vgl Obermaier in ÖJZ 2012/10) .
Dem Rekurs war daher Folge zu geben. Da der Rekurswerber den Kostenzuspruch allerdings nur hinsichtlich eines EUR 285,41 übersteigenden Betrags bekämpft, war der unzulässige Kostenzuspruch im nicht bekämpften Ausmaß einer Abänderung entzogen.
Aus den genannten Gründen haben die Parteien auch keinen Anspruch auf Ersatz ihrer Kosten im Rekursverfahren.
Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gründet auf § 528 Abs 2 Z 3 u 4 ZPO.