21Bl172/18w – LG Linz Entscheidung
Kopf
BESCHLUSS
Das Landesgericht Linz als Vollzugsgericht hat durch den Vorsitzenden HR Dr. Benedikt Weixlbaumer und die weiteren Senatsmitglieder Mag. Alfred Pfeisinger und Oberst Josef Zeilberger über die rechtzeitige Beschwerde des Strafgefangenen W***** K***** N***** vom 17.12.2018 (ON 1), gegen die Entscheidung des Anstaltsleiters der Justizanstalt ***** bzw. der diesem zuzurechnenden Person vom *****, verkündet an diesem Tag, betreffend eine Angelegenheit nach dem Strafvollzugsgesetz gemäß § 17 AVG; §§ 120, 121 und 121a ff StVG in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird Folge gegeben , die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Text
BEGRÜNDUNG:
Der Beschwerdeführer moniert, dass er am ***** bezugnehmend auf die Amtshandlung vom ***** ein Schreiben an das Ordnungsstrafreferat der Justizanstalt ***** mit dem Antrag auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG, auf Anfertigung einer kompletten Kopie des Aktes und auf Kopien des gesamten Schriftverkehrs in dieser Angelegenheit, gesandt habe. Dem sei zuvor gegangen, dass gegen ihn ein Ordnungsstrafverfahren wegen des Vorwurfes der gefährlichen Drohung eröffnet worden sei. Am ***** seien ihm Teile des Aktes ausgefolgt worden, jedoch nicht der E-Mail-Verkehr. Auf der Kopie seines Antrags sei der Vermerk angebracht „E-Mailverkehr wird noch übermittelt!“. Am ***** sei er verständigt worden, dass ihm der E-Mail-Verkehr nicht übermittelt werde. Noch am gleichen Tag sei ihm eine Kopie seines Antrages mit dem oben angeführten Vermerk übermittelt worden, wobei auf dieser Kopie zusätzlich der Vermerk „E- M a il v e r k eh r w i rd N I CHT ü b e r m i tt e l t ! “ a ng e b r a c h t ge w e s e n s ei . D i e R e c h t s an s i c h t d e r B ehö r d e s e i v e rf e h l t. D a s R e c h t au f A k t e n ein s i c h t be zi eh e s i c h a u f a l l e A k t en b e s t a n d t e il e , w el ch e d i e S a c h e de r P a r t e i b e tr e f f e n w ü r d e n . § 1 7 A b s 1 A V G g e w ä h re de n P a rt e i e n d e s V e r f ah r en s au c h e i n s ubje k t i v e s R e c h t da r au f s i c h v o n d e n A k t en t ei l e n A b sc h r i f t e n a n z u f e r t i g e n o d e r a u f ih re K o s t e n K op i e n o d e r A u s d r uc k e e r s t e l le n z u la ss e n ( O N 1 , 7 ).
D e r A n s t al t sl ei t e r de r J A ***** äu ß e rt s i c h d a z u i n s ei n e m B e r i c h t v o m ***** f o l g e n d (ON 5 ):
„ ln der Anlage wird der Schrift- und E-Mailverkehr sowie die beschwerdegegenständliche Entscheidung vom ***** über den Antrag vom ***** betreffend Ausfolgung von Kopien E-Mailverkehr zum Ordnungsstrafverfahren ***** vorgelegt.
Der Strafgefangene N***** verbüßt eine über ihn mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen ***** vom ***** zu ***** wegen des Verbrechens des ***** nach § ***** StGB verhängte ***** Freiheitsstrafe. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 6 StGB werden am ***** vorliegen. Am ***** wurde der Strafgefangene N***** zum weiteren Vollzug seiner Freiheitsstrafe von der Justizanstalt ***** in die Justizanstalt ***** überstellt.
Zur gegenständlichen Entscheidung über Nichtausfolgung E-Mailverkehr zum Ordnungsstrafverfahren ***** darf wie folgt ausgeführt werden:
Mit Schreiben einer Frau R***** H***** vom ***** an den Anstaltsleiter und Vollzugsleiter der JA ***** werden Vorwürfe von Drohungen gegen den Insassen N*****erhoben.
Aufgrund dieses Schreibens wurde ein Ordnungsstrafverfahren gegen den Insassen eingeleitet und am ***** eine Strafanzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft übermittelt.
Mit Mailnachricht vom ***** wurde der Frau R***** im Wege des Direktionsbüros der JA ***** mitgeteilt, dass aufgrund ihres Schreibens vom ***** eine Anzeige gegen den StG N***** bei der StA ***** eingebracht wurde und wurde auch festgehalten, dass die Insassen in der Justizanstalt ***** über kein Internet verfügen.
Mit Schreiben vom ***** teilte die Staatsanwaltschaft ***** zu ***** hinsichtlich der Anzeige zu ***** mit, dass mangels hinreichenden Anfangsverdachtes kein Anlass zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gefunden wurde und die Anzeige gem § 35c StAG zurückgelegt wurde.
Am ***** wird der StG N***** vom Ordnungsstrafreferenten niederschriftlich über die Einstellung des Ordnungsstrafverfahrens zu ***** in Kenntnis gesetzt.
Mit Antrag vom ***** ersucht der Beschwerdeführer um Akteneinsicht im Verfahren zu *****, Anfertigung einer kompletten Kopie des Aktes und Kopien des gesamten Schriftverkehrs in dieser Angelegenheit „egal in welcher Form er getätigt wurde (E-Mail usw)".
Mit Entscheidung im Auftrag des Anstaltsleiters vom ***** wurde dieser Antrag im Hinblick auf die Übermittlung des E-Mailverkehrs abgelehnt.
Diese Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer am ***** verkündet.
Zu dieser Entscheidung wird folgendes ausgeführt:
Die gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich Akteneinsicht in einem Verwaltungsverfahren sind in § 17 AVG wie folgt geregelt:
(1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann der Partei auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden.
(2) Allen an einem Verfahren beteiligten Parteien muß auf Verlangen die Akteneinsicht in gleichem Umfang gewährt werden.
(3) Von der Akteneinsicht sind Aktenbestandteile ausgenommen, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.
(4) Die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber der Partei eines anhängigen Verfahrens erfolgt durch Verfahrensanordnung.
Der vom Beschwerdeführer beantragte E-Mailverkehr zwischen Anstaltsleiter/Direktionsbüro der JA ***** und Frau R***** war nicht Teil des Ordnungsstrafverfahrens zu *****.
Wegen der Schädigung berechtigter Interessen (Interesse an der Geheimhaltung ihres E- Mailverkehrs mit dem Anstaltsleiter/Direktionsbüro) der Frau R***** als dritte Person i.S.d. § 17 Abs 3 AVG hätte dem Antragsteil der Übermittlung dieses Mailverkehrs jedenfalls nicht entsprochen werden können.
Der gegenständliche Antrag war in diesem Umfang daher abzulehnen. “
Mi t E n t s c h e i d un g de s La n de s ge r i c h t e s ***** a l s V o ll z ug sg e r i c h t v o m ***** w u r d e di e ob e n a n ge f üh r t e B es ch w e r d e z u r ü ck ge w ie se n , d i e s e E n t sc he i du n g j e do c h z u f o lg e B e sc h w e r d e de s S t r a f g e f a n g e n e n N ***** m i t E n t sc h e id u n g de s O be r l a nde sg e r i c h t e s W ien , *****, v o m ***** au f g e ho b en . D a s O be r l a n de s ge r i c h t Wien tr u g i n d i e s e r a u f h e b e n d e n E n t s ch ei d u n g N a c h s t e he n de s a u f:
Abklärung, " in welche Teile der ON 5 bereits Akteneinsicht gewährt bzw Aktenkopien hergestellt wurden und in welche Aktenseiten keine Einsicht gewährt wurde. Sodann wird zu beachten sein, dass nach dem StVG ein subjektiv-öffentliches Recht auf Akteneinsicht besteht, und sich dieses auf alle die Sache der Partei betreffenden Akten und Aktenbestandteile erstreckt (Hengstschläger/Leeb AVG2 § 17 Rz 5, Drexler/Weger, StVG, 4.Auflage, § 19 Rz 3). Als Aktenbestandteil kommt dabei in Betracht, was die Behörde zum Zweck der Beweissicherung anlegt (Oberlandesgericht Wien, 132 Bs 292/17m, Hengstschläger/Leeb aaO). Im Weiteren wäre eine allfällige (teilweise) Verweigerung der Akteneinsicht anhand der Bestimmung
des § 17 Abs 3 AVG zu prüfen, wobei auf die dort vorgesehene Interessensabwägung im Besonderen zu verweisen ist. Wird die Akteneinsicht verweigert, so ist nachvollziehbar darzulegen, welche Aktenteile davon betroffen sind und welche öffentlichen oder privaten Interessen dies im konkreten Fall rechtfertigen (Hengstschläger/Leeb AVG 2 § 17 Rz 10 f mwN). “
In B ean t w o rt u n g de r A u f f o r d e r u n g d u r c h d a s L a nde sg e r i c h t ***** al s V o ll z ug sg e r i c h t v o m ***** d i e s e m mi t zu t e i le n , i n w el ch e T ei l e de r O N 5 be r ei ts A k t e n e i n s i c h t g e w ä h rt b z w . A k t e n k op i e n he r ge s t e ll t w o r d e n u n d i n w e l c h e A k t en s ei t e n k ein e E in s i c h t g e w ä h rt w o r d e n s e i ( vg l . AS 1 i n ON 1 5 u n t en ) , t e il t e d i e A n s t al t sl ei t u n g de r J u s t i za n s t al t ***** mi t, da s s de r S t r a f g e f a n g e n e W***** K***** N***** i m ***** 2 01 9 v o n de r Ju s t i z an s t a l t ***** i n d i e J u s t i za n s t al t ***** ü be r s t e l l t w o r d e n s ei . V o n S ei t e n de r J u s t i za n s t al t ***** s e i z u ON 5 w e d e r ei n e A k t e ne i n s i c h t g e w äh r t n o c h A k t en ko pi e n he r g e s t el l t w o r d en . In d e n E- M ai l V e r k eh r z w i sc h e n Fr a u H***** R***** u n d d e r A n s t al t sl ei t un g de r J u s t i z an s t al t ***** w u r d e de m B es ch w e r de f üh r e r e b en s o k ei n e E in s i c h t g e w ä h rt. D e r ge s am t e P e r s o n ala k t b e f i nd e si c h i n d e r J u s t i za n s t al t ***** ( v gl . O N 16 ).
A us zu ge h e n i s t v o n f ol g e n d e m e n t s ch ei d u n g s w e se n t li ch e n S a c h v e r h a l t:
D e r S t r a f ge f a n g e n e W ***** K***** N***** v e r b ü ßt i n de r J u s t i z an s t a l t ***** e in e ***** F r ei h ei t ss tr a fe w e g e n *****; d e r g em . § 4 6 A b s . 6 S t GB fr ühe s t mö g li c h e Z e i t p un k t de r b e di n g t e n E n t la ss un g i s t de r ***** ( s . IV V -A u sz u g O N 2 ) . G e g e n de n S t r a f ge f a n ge n e n w u r d e ei n Or d n u n gs s tr a f v e r f ah r e n z u ***** e in g e l ei t e t, d a ge g e n i h n de r V o rw u rf de r Ä u ß e r u n g v o n Dr oh u n g e n ge g e n H***** R***** e r h ob e n w u r de . Am ***** w u r d e da s Or d n u n gs s tr a f v e r f ah r e n ge g e n W***** K***** N***** e i nge s t ell t (AS 2 3 f i n ON 5 ). Am *****, s o h i n n a c h A bs c h l us s j e ne s V e rf a h r e n s , i n A n s e h u n g de ss e n N***** A k t e n e in s i c h t b e g e h rt, e r s u c h te e r u m A k t e n e in s i c h t i m V e rf a h r e n z u *****, A n f e r t i g un g e i ne r k om p le t t e n K op i e de s A k t e s u n d K o pi e n de s ge sa m t e n S c h r i f t v e r ke h rs i n d i e s e r A n g el e g e nh e i t „ eg a l i n w el ch e r F o r m e r g e t ä t ig t w u r d e (E- M a i l u s w ) " . Es k an n ni c h t f e s t ge s t e ll t w e r d e n i n w el ch e k on k r e t e n S tüc k e de r ON 5 ( d e s G e r i c h t s a k t e s ) d e m B es ch w e r d e f üh r e r E in s i c h t g e w ä h rt w o r d e n i s t, i n de n E- M a i l V e r k eh r z w is ch e n de r A n s t a l t s lei t u n g d e r J u s t i z an s t a l t ***** u n d H***** R***** w u r d e d e m B es ch w e r de f üh r e r o f f e nba r k ei n e E i n s i c h t g e w ä h rt ( vg l . O N 16 ).
D i e d i e s be z ü g li c h e n F e s t s t el l u n g e n g r ü n d e n au f de n b e i d e n e i n z e l ne n F e s t s t e ll u n g e n a n ge f üh r t e n Z i t a t s t e l l en , w e l c h e j e do c h au s na c h s t e h e nd e n G r ü nd e n d i e A u f h e b u n g d e r a n ge f o c h t e n e n E n t sc he i du n g e rf o r d e r l i c h m a c hen :
Rechtliche Beurteilung
Da e s n a c h de n ob e n w i e d e r g e g eb e n e n A u s f üh r u n ge n de s O L G Wien z unä c h s t nö t i g s e i f e s t z u s t el l en , i n w e l c h e T e i l e de r O N 5 be r ei ts E in s i c h t g e w ä h rt w o r de n s e i ( u m s od a n n d i e i n die s e r E n t s c h e i d un g eb e n f a ll s an g e f ü h rt e n w ei t e r e n Ü be r l eg u n g e n a n z u s t el l en ), d ie s na c h d e m
S c h r ei b e n O N 1 6 z w a r g a r n i c h t d e r F al l g e w e se n w ä r e , d ie s a be r i n W ide r s p r u c h z u d e n A u s f üh r un g e n i m B e r i c h t d e r J u s t i za n s t al t ***** v o m ***** s t e h t, w o n a c h v o n de r A k t e n e in s i c h t ( l e di g li c h ) d e r e - m ai l V e r ke h r au sg en o m m e n w o r de n s ei , e s s i c h be i de n ON 5 a n ges ch lo ss en e n U n t e r la g e n j e d o c h k eine s w eg s nu r u m e - ma i l - V e r ke h r ha n d e l t b z w . ge h a n de l t ha t ( vg l . AS 4 f f i n O N 5 [ i m F a ll e de r v öll i g e n N i c h t ge w ä h r u n g vo n A k t e n ein s i c h t i n d i e ON 5 a n ges ch lo ss en e n U n t e r l ag e n w ä r e a u c h d e r v o m O L G Wien au sg e s p r o c h e n e A u ft r a g z u r n ä he r e n A b k lä r u n g sc hli c h t ni ch t e r k lä r l i c h ]), w i rd d ahe r i m n u n m eh r f o r t z u se t z en d e n V e r f ah r e n d i e v o m O L G Wien, *****, S ei t e 4 o b e n ( u n d d em e n t s p r e ch e n d au c h v o m L G Linz a l s V o l l z ug s ge r i c h t a m ***** be r ei t s ) a u f g e tr a ge n e n ä h e re A u f k lä r un g z u e r f ol g e n h a b e n u n d d a na c h e r n eu t z u e n t s c h e i d e n s ei n , w o b e i – e b en f all s i m S i n n e de r A u s f ü h r u ng e n de s O L G Wien, *****, S ei t e 4 do r t – ei n e en t s p r e ch e n d e I n t e r es se n s ab w ä g u n g ( I n t e r es s e de s B es ch w e r de f üh r e rs a u f A k t e n ein s i c h t vs . ö f f e n t li ch e s / p r i v a t e s V e r w e i g e r u n g s in t eres s e ) v o r zu ne h m e n s e i n w i rd (w o b e i z u bea c h t e n s ei n w i r d , in w i e w e i t de r B es ch w e r d e f üh r e r d u r c h d e n i h m p f li c h t g e m ä ß z u r K en n t ni s un d a l l f ä l l i ge n G eg e n ä u ß e r u n g ü be r m i t t el t e n B e r i c h t de r J u s t i za n s t al t ***** vo m *****, ON 5 - a u c h oh n e d i e do rt a n g es c h l os se ne n B ei l a g en /U n t e r l a g e n - ni c h t o h ne d ie s b e r e i ts i n en t s p r e c he n de r , w e n n a u c h n i c h t d e t a il l ie r t e r K e n n t ni s i s t). Es w a r d a h e r s p r u c h g e m ä ß z u en t sc he i d e n .