K121.924/0006-DSK/2013 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. GUNDACKER, Mag. HUTTERER, Mag. MAITZ-STRASSNIG und Mag. HEILEGGER sowie des Schriftführers Dr. SCHMIDL in ihrer Sitzung vom 10. April 2013 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Ulrich S*** (Beschwerdeführer) aus **** T*** vom 23. Oktober 2012 gegen den Magistrat der Stadt Wien (Beschwerdegegner), Magistratsabteilung 67, wegen Verletzung im Recht auf Auskunft in Folge Nichtbeantwortung seines Auskunftsbegehrens vom 10. Februar 2012 wird wie folgt entschieden:
- Der B e s c h w e r d e wird F o l g e g e g e b e n
und f e s t g e s t e l l t, dass der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer dadurch in seinem Recht auf Auskunft über eigene Daten verletzt hat, dass er auf dessen schriftliches Auskunftsbegehren vom 10. Februar 2012 hin weder eine inhaltliche Auskunft erteilt noch schriftlich begründet hat, warum die Auskunft nicht oder nicht vollständig erteilt wird.
Rechtsgrundlagen : § 26 Abs. 1 und 4 und § 31 Abs. 1 und 7 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF.
B e g r ü n d u n g:
A. Vorbringen der Parteien
Der Beschwerdeführer behauptet in seiner vom 23. Oktober 2012 datierenden, am selben Tage per E-Mail bei der Datenschutzkommission eingelangten und mit Schreiben (E-Mail) vom 3. Dezember 2012 verbesserten Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Auskunft über eigene Daten. Der Beschwerdegegner, Magistratsabteilung 67, sei seinem Auskunftsbegehren vom 10. Februar 2012 bisher nicht nachgekommen bzw. habe ihn lediglich telefonisch kontaktiert und um Angabe der näherhin geforderten Daten ersucht, sei dem Auskunftsersuchen jedoch nicht nachgekommen.
Der Beschwerdegegner (Magistratsabteilung 26) hielt dem in der Stellungnahme vom 1. März 2013 entgegen, der Beschwerdeführer habe am 10. Februar 2012 per E-Mail um Übermittlung eines Auszuges seiner Vorstrafen ersucht, habe jedoch auf telefonische Aufforderung hin keinen Identitätsnachweis erbracht. Eine Auskunft könne jederzeit nach Erbringung des entsprechenden Identitätsnachweises erteilt werden.
B. Beschwerdegegenstand
Aufgrund des Beschwerdevorbringens ergibt sich, dass Gegenstand der Beschwerde die Frage ist, ob der Beschwerdegegner auf das Auskunftsbegehren des Beschwerdeführers vom 10. Februar 2012 dem Gesetz entsprechend reagiert hat.
C. Sachverhalt
Aufgrund des Beschwerdegegenstands und des Ermittlungsverfahrens wird folgender Sachverhalt festgestellt:
Der Beschwerdeführer begehrte mit einfacher E-Mail vom 10. Februar 2012, ohne Attachment oder elektronische Signatur, gerichtet an erna.j***@wien.gv.at, vom Beschwerdegegner unter Hinweis auf das Straferkenntnis vom 31. Jänner 2012, Kennzahl MA 67-PA-**0*81/0/9 Auskunft gemäß § 26 DSG 2000, „ergänzend zu dem Einspruch der im Schreiben angeführten Kennzahl.“
Dieses Auskunftsverlangen wurde von der Magistratsabteilung 67, zuständig für Parkraumüberwachung und Strafen wegen Übertretung der entsprechenden Verwaltungsvorschriften, an die Magistratsabteilung 26, zuständig für Datenschutz und E-Government, weitergeleitet. Diese wies die Magistratsabteilung 67 an, mit dem Beschwerdeführer Kontakt aufzunehmen und einen Identitätsnachweis zu verlangen.
Ein Mitarbeiter der Magistratsabteilung 67 nahm daraufhin Kontakt mit dem Beschwerdeführer auf, erkundigte sich nach dem Umfang der gewünschten Auskunft und wies den Beschwerdeführer darauf hin, dass er einen Identitätsnachweis erbringen müsse. Ein solcher Identitätsnachweis ist bis heute nicht erbracht worden, eine schriftliche Antwort auf das Auskunftsbegehren ist nicht ergangen.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen ergeben sich aus der glaubwürdigen Darstellung des Beschwerdegegners in der Stellungnahme vom 1. März 2012, MA 26-0*91*2-2013. Aus der vom Beschwerdeführer als Beilage zur Beschwerde vom 23. Oktober 2012 vorgelegten Kopie des Auskunftsbegehrens vom 10. Februar 2012 geht nur hervor, dass dieses per E-Mail gestellt worden ist, und diese weder eine Signatur (vgl. Signaturgesetz, BGBl. I Nr. 190/1999 idgF ) noch irgendwelche Dateien als Anlage (Attachment) aufwies.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 3 Z 1 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Grundrecht auf Datenschutz
§ 1 . (1) [...] (2) [...]
(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, d.h. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen
1. das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden;“
§ 26 Abs. 1 bis 4 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Auskunftsrecht
§ 26 . (1) Der Auftraggeber hat dem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person verarbeiteten Daten zu geben, wenn der Betroffene dies schriftlich verlangt und seine Identität in geeigneter Form nachweist. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die verfügbaren Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen des Betroffenen sind auch Namen und Adresse von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Mit Zustimmung des Betroffenen kann anstelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.
(2) Die Auskunft ist nicht zu erteilen, soweit dies zum Schutz des Betroffenen aus besonderen Gründen notwendig ist oder soweit überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten, insbesondere auch überwiegende öffentliche Interessen, der Auskunftserteilung entgegenstehen.
Überwiegende öffentliche Interessen können sich hiebei aus der Notwendigkeit
ergeben. Die Zulässigkeit der Auskunftsverweigerung aus den Gründen der Z 1 bis 5 unterliegt der Kontrolle durch die Datenschutzkommission nach § 30 Abs. 3 und dem besonderen Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzkommission gemäß § 31 Abs. 4.
(3) Der Betroffene hat am Auskunftsverfahren über Befragung in dem ihm zumutbaren Ausmaß mitzuwirken, um ungerechtfertigten und unverhältnismäßigen Aufwand beim Auftraggeber zu vermeiden.
(4) Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen des Begehrens ist die Auskunft zu erteilen oder schriftlich zu begründen, warum sie nicht oder nicht vollständig erteilt wird. Von der Erteilung der Auskunft kann auch deshalb abgesehen werden, weil der Betroffene am Verfahren nicht gemäß Abs. 3 mitgewirkt oder weil er den Kostenersatz nicht geleistet hat.“
§ 31 Abs. 1 und 7 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Beschwerde an die Datenschutzkommission
§ 31 . (1) Die Datenschutzkommission erkennt über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Auskunft nach § 26 oder nach § 50 Abs. 1 dritter Satz oder in ihrem Recht auf Darlegung einer automatisierten Einzelentscheidung nach § 49 Abs. 3 verletzt zu sein, soweit sich das Auskunftsverlangen (der Antrag auf Darlegung oder Bekanntgabe) nicht auf die Verwendung von Daten für Akte im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit bezieht.
(2) [...] (6) [...]
(7) Soweit sich eine Beschwerde nach Abs. 1 oder 2 als berechtigt erweist, ist ihr Folge zu geben und die Rechtsverletzung festzustellen. Ist eine festgestellte Verletzung im Recht auf Auskunft (Abs. 1) einem Auftraggeber des privaten Bereichs zuzurechnen, so ist diesem auf Antrag zusätzlich die – allenfalls erneute – Reaktion auf das Auskunftsbegehren nach § 26 Abs. 4, 5 oder 10 in jenem Umfang aufzutragen, der erforderlich ist, um die festgestellte Rechtsverletzung zu beseitigen. Soweit sich die Beschwerde als nicht berechtigt erweist, ist sie abzuweisen.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen
Zunächst ist festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung der Datenschutzkommission ein Auskunftsbegehren zulässigerweise auch per E-Mail gestellt werden kann (siehe dazu die Bescheide der Datenschutzkommission vom 16. November 2004, GZ K120.959/0009-DSK/2004, und vom 2. Februar 2007, GZ K121.225/0001-DSK/2007, sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 2008, Zl. 2004/06/0221, wonach auch ein per Fax gestelltes Auskunftsbegehren zulässig ist).
Voraussetzung ist allerdings, dass der Betroffene dem Auftraggeber – wie in § 26 DSG 2000 gefordert – seine Identität nachweist. Durch den Identitätsnachweis soll jedem möglichen Missbrauch des Auskunftsrechts zur Informationsbeschaffung durch Dritte ein Riegel vorgeschoben werden. Ein Auftraggeber darf ohne Vorliegen eines Identitätsnachweises keine Daten an den Auskunftswerber – von dem er in diesem Moment nur annehmen kann, dass er tatsächlich der Betroffene ist – übermitteln, da er sonst das Datengeheimnis gemäß § 15 Abs. 1 DSG 2000 verletzen könnte (siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 2008, Zl. 2004/06/0221).
Der Identitätsnachweis ist conditio sine qua non für das Entstehen eines inhaltlichen Anspruchs auf Auskunft.
In seinem Erkenntnis vom 9. September 2008, Zl. 2004/06/0221, sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass durch eine eigenhändige Zustellung der begehrten Daten – wie auch vom Beschwerdeführer in seinem Auskunftsschreiben begehrt – die Erfüllung des Erfordernisses des Identitätsnachweises bei der Stellung des Auskunftsersuchens nicht ersetzt werden kann. Vielmehr hat der Betroffene seine Identität in „geeigneter Form“, d.h. durch Vorlage eines Identitätsdokumentes in Form einer öffentlichen Urkunde (im Sinne der §§ 292 ff ZPO) im Rahmen seines Auskunftsbegehrens nachzuweisen.
Es kann dem Beschwerdegegner daher im vorliegenden Fall nicht entgegen gehalten werden, wenn er angesichts des Fehlens eines Identitätsnachweises des Beschwerdeführers Zweifel an dessen Identität hegte und diesen insofern innerhalb der in § 26 Abs. 4 DSG 2000 angeordneten Frist von 8 Wochen telefonisch aufforderte, gemäß § 26 Abs. 1 DSG 2000 seine Identität nachzuweisen, bevor eine inhaltliche Auskunft erteilt werden könne.
Der Beschwerdegegner übersieht dabei aber, dass die Nichterbringung des Identitätsnachweises ihn nicht dazu berechtigt, das Auskunftsverlangen zur Gänze ohne schriftliche Antwort zu lassen. Gemäß dem klaren Wortlaut des § 26 Abs. 4 erster Satz DSG 2000 ist in diesem Fall schriftlich zu begründen , warum die Auskunft nicht oder nicht vollständig erteilt werden kann. Aus dem Gesamtzusammenhang des § 26 DSG 2000 ist abzuleiten, dass das Fehlen eines Identitätsnachweises einer der Hinderungsgründe ist, die in einer solchen schriftlichen Antwort an den Auskunftswerber anzuführen sind. Eine bloße vorherige Aufforderung zur Mitwirkung – nämlich eben zur Erbringung des Identitätsnachweises – durch einen Telefonanruf vermag diese schriftliche Ablehnung des Auskunftsbegehrens nicht zu ersetzen.
Der Beschwerde war daher Folge zu geben, und es waren die spruchgemäßen Feststellungen zu treffen.