K121.673/0008-DSK/2011 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. GUNDACKER, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Mag. ZIMMER, Mag. HUTTERER und Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ sowie der Schriftführerin Mag. HAJICEK in ihrer Sitzung vom 15. April 2011 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde der Alphonsine N*** (Beschwerdeführerin) aus K***bach, vertreten durch den Verein P*** Datenschutz in **** H***, vom 17. November 2010 gegen das Bundesministerium für Inneres (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Auskunft in Folge behauptet inhaltlich mangelhafter Auskunftserteilung mit Schreiben vom 29. Oktober 2008 wird entschieden:
- Die B e s c h w e r d e wird z u r ü c k g e w i e s e n.
Rechtsgrundlagen: § 34 Abs 1 des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl I Nr. 165/1999 idgF.
B e g r ü n d u n g:
A. Vorbringen der Parteien
Die Beschwerdeführerin behauptet in ihrer am 17. November 2010 per Telefax bei der Datenschutzkommission eingegangenen Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Auskunft über eigene Daten dadurch, dass der Beschwerdegegner mit Schreiben vom 29. Oktober 2008 eine unvollständige, daher inhaltlich mangelhafte Auskunft erteilt habe.
Der Beschwerdegegner wendete dagegen in der Stellungnahme vom 5. Jänner 2011 Präklusion des Beschwerderechts in Folge Ablaufs der einjährigen Frist gemäß § 34 Abs 1 DSG 2000 ein und legte zum Beweis eine Kopie des Zustellnachweises (Rückschein) über eine am 31. Oktober 2008 erfolgte eigenhändige Zustellung des Auskunftsschreibens an die Beschwerdeführerin vor.
Die Beschwerdeführerin erwiderte diesem Vorbringen, sie sei erst in Folge einer späteren Auskunftserteilung in die Lage versetzt worden, die Mangelhaftigkeit der damaligen Auskunft zu erkennen und geltend zu machen. Daher sei nicht die einjährige, sondern die dreijährige Präklusionsfrist des § 34 Abs 1 DSG 2000 anzuwenden. Letztere sei noch offen, die Beschwerde daher zulässig. Im Übrigen seien die Fristen des § 34 Abs 1 DSG 2000 „EU-rechtswidrig“.
Auf Vorhalt der Datenschutzkommission und Aufforderung der Datenschutzkommission, die Gründe für die frühere Unmöglichkeit des Erkennens der in der Beschwerde vom 17. November 2010 gerügten Inhaltsmängel näher darzulegen, brachte die Beschwerdeführerin (unter Vorlage weiterer Urkundenkopien) vor, sie habe am 2. November 2008 nach Erhalt der beschwerdegegenständlichen Auskunft die Richtigstellung bzw. Löschung bestimmter Daten („Sachverhalte“) verlangt, auf die erst im September 2009 reagiert worden sei. Am 24. September 2009 habe sie daher erneut Auskunft bzw. „Klarstellung“ der Auskunft aus 2008 verlangt. Diesem Verlangen sei der Beschwerdegegner wiederum nur unzureichend nachgekommen. Daher habe sich die Beschwerdeführerin nach dem 17. April 2010 an den sie vertretenden Verein gewandt, nachdem sie vom Beschwerdegegner selbst auf das Beschwerderecht wegen Verletzung des Rechts auf Auskunft aufmerksam gemacht worden sei.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand zunächst die Frage ist, ob das von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Beschwerderecht noch besteht oder durch Zeitablauf bereits erloschen ist.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Mit Schreiben vom 30. September 2008 verlangte die Beschwerdeführerin vom Beschwerdegegner eine datenschutzrechtliche Auskunft über eigene Daten. Mit Schreiben des Beschwerdegegners vom 29. Oktober 2008, GZ: BMI-LR14**/034**-III/3/b/2008, wurde der Beschwerdeführerin inhaltlich Auskunft erteilt. Dieses Auskunftsschreiben wurde der Beschwerdeführerin am 31. Oktober 2008 (eigenhändig, Übernahme durch Unterschrift der Beschwerdeführerin beurkundet) zugestellt.
Betreffend den Auskunftspunkt der Datenanwendung „Protokollierung von Akten des Bundesministeriums für Inneres“ folgte, beginnend mit der E-Mail der Beschwerdeführerin vom 2. November 2008, eine Korrespondenz über Fragen der Löschung oder Richtigstellung von verarbeiteten Daten der Beschwerdeführerin.
Am 13. Juli 2009 verlangte die Beschwerdeführerin (neben der Löschung) überdies Auskunft über die Zugriffsdaten („Zugriffsprotokoll“) der betreffenden Datenanwendung. Am 22. September 2009 führte die Beschwerdeführerin in einem E-Mail an Ministerialrat U*** (Bundeskriminalamt – Interpol, Büro ***) aus, dass ihr „Datenauskunftsbegehren“ „vom 30. 9 2008.... ordnungsgemäß vom BMI unter der GZ: BMI-LR14**/034**-III/3/b/2008 mit Schreiben vom 29. 10 2008 beantwortet“ wurde (Unterstreichung im Original).
In einer E-Mail von Ing. Mag. V*** vom Referat III/3/b des Beschwerdegegners vom 17. Mai 2010 wurde die Beschwerdeführerin in der Frage der Löschung und Richtigstellung auf ihr Recht auf Beschwerde an die Datenschutzkommission sowie auf die Bestimmung des § 34 DSG 2000 aufmerksam gemacht.
Am 9. August 2010 erteilte die Beschwerdeführerin dem Verein „P*** Datenschutz (kurz: P*** Datenschutz) Vollmacht, sie in „Datenschutzangelegenheiten“ zu vertreten.
Am 17. November 2010 (am gleichen Tag per Telefax übermittelt und bei der Datenschutzkommission eingegangen) erhob die P*** Datenschutz namens der Beschwerdeführerin die gegenständliche Beschwerde gemäß § 31 Abs 1 DSG 2000 „aufgrund mangelhafter Auskunft“.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Akteninhalt, insbesondere den zitierten Urkunden, die von den Parteien als Beilagen zur Beschwerde (Vollmacht, Auskunftsschreiben des Beschwerdegegners) vom 17. November 2010, zur Stellungnahme des Beschwerdegegners vom 5. Jänner 2011, GZ: BMI-LR15**/00*2-III/7/a/2011 (Zustellnachweis) sowie zur Äußerung der Beschwerdeführerin vom 2. Februar 2011 (Korrespondenz der Parteien von Vollmachtserteilung und Beschwerdeerhebung) vorgelegt worden sind. Nicht den Tatsachen entspricht das Vorbringen der Beschwerdeführerin (Äußerung vom 2. Februar 2011), sie sei vom Beschwerdegegner durch den Hinweis auf das – laut späterem Einwand des Beschwerdegegners bereits verfristete - Beschwerderecht sinngemäß irregeleitet worden. Diese Äußerung bezog sich, wie oben festgestellt, auf die damals im Korrespondenzwege erörterte Frage, ob der Beschwerdeführerin ein Richtigstellungs- bzw. Löschungsrecht zukommt und war von einem ausdrücklichen Hinweis auf die Fristenbestimmung des § 34 DSG 2000 begleitet.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
§ 34 Abs 1 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Gemeinsame Bestimmungen
§ 34 . (1) Der Anspruch auf Behandlung einer Eingabe nach § 30, einer Beschwerde nach § 31 oder einer Klage nach § 32 erlischt, wenn der Einschreiter sie nicht binnen eines Jahres, nachdem er Kenntnis von dem beschwerenden Ereignis erlangt hat, längstens aber binnen drei Jahren, nachdem das Ereignis behauptetermaßen stattgefunden hat, einbringt. Dies ist dem Einschreiter im Falle einer verspäteten Eingabe gemäß § 30 mitzuteilen; verspätete Beschwerden nach § 31 und Klagen nach § 32 sind zurückzuweisen.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen
Die Beschwerde ist verspätet, das Beschwerderecht in Folge Ablaufs der Präklusionsfrist gemäß § 34 Abs 1 1. Fall DSG 2000 erloschen.
§ 34 Abs 1 DSG 2000 spricht von der Kenntnis eines „beschwerenden Ereignis“ als Auslöser der Präklusionsfrist. Damit kann im Fall der Nichtreaktion auf das Auskunftsbegehren (Unterlassung) nur das Versäumen der achtwöchigen Frist des § 26 Abs 4 DSG 2000 gemeint sein, im Fall der Reaktion (Ablehnung, Negativauskunft, inhaltliche Auskunft) in der Regel der Zugang der behauptet rechtswidrigen Äußerung des datenschutzrechtlichen Auftraggebers.
Seitens der Beschwerdeführerin wurde nicht aufgezeigt, weshalb Sie vom beschwerenden Ereignis (unvollständige bzw. unrichtige Auskunft oder fehlende allgemeine Verständlichkeit) nicht schon im Auskunftszeitpunkt Kenntnis erlangt hat. Der Verweis auf die fortgesetzte Korrespondenz mit dem Beschwerdegegner nach der Auskunftserteilung überzeugt allein nicht, bezieht sich der Schriftwechsel doch auf die Richtigstellung bzw. Löschungsanliegen der Beschwerdeführerin. Auf eine etwaige Mangelhaftigkeit der Auskunft selbst wird nicht Bezug genommen. In ihrer Mailnachricht vom 22. September 2009 verweist die Beschwerdeführerin ausdrücklich darauf, dass ihr Auskunftsbegehren „ordnungsgemäß vom BMI mit Schreiben vom 29. Oktober 2008 beantwortet wurde“.
Klar ohne Bedeutung für den Fristenlauf ist die Frage, wann die Beschwerdeführerin den Rat Dritter eingeholt oder eine Vollmacht erteilt hat.
Die Frage der behaupteten „EU-Rechtswidrigkeit“ wurde von der Beschwerdeführerin in ihrer Äußerung vom 2. Februar 2011 nicht näher ausgeführt. Da die Richtlinie 95/46/EG keine Regelung einer Befristung des Beschwerderechts enthält, geht die Datenschutzkommission davon aus, dass diese Frage von den Staaten im Rahmen grundrechtlicher Schranken (insbesondere des Art 13 EMRK) in billiger Weise geregelt werden darf. Eine einjährige Frist zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer erteilten datenschutzrechtlichen Auskunft erscheint hier schon aus Beweisgründen sachlich begründet und angemessen. Für das Bestehen einer europarechtlich relevanten Auslegungsfrage gibt es somit keinen Anhaltspunkt.
Daraus folgt, dass der vom Beschwerdegegner erhobene Einwand der Präklusion des Beschwerderechts berechtigt ist. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs 1 DSG 2000 als verspätet zurückzuweisen.