JudikaturDSB

K121.541/0012-DSK/2009 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
16. Dezember 2009

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. KOTSCHY, Mag. HUTTERER, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Mag. ZIMMER und Dr. HEISSENBERGER sowie der Schriftführerin Mag. KIMM in ihrer Sitzung vom 16. Dezember 2009 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Dipl.Ing. (FH) Ernst B*** (Beschwerdeführer) aus Wien vom 30. Juni 2009 gegen die Ä*** Aktiengesellschaft Österreich (Beschwerdegegnerin) in 1210 Wien wegen Verletzung im Recht auf Auskunft in Folge Weigerung, das Auskunftsbegehren des Beschwerdeführers vom 3. Februar 2009 inhaltlich zu beantworten, wird entschieden:

- Die B e s c h w e r d e wird a b g e w i e s e n.

Rechtsgrundlagen: §§ 1 Abs. 3 Z 1, 26 Abs. 1, 3 und 4 und 31 Abs. 1 des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 idgF.

B e g r ü n d u n g :

A. Vorbringen der Parteien

Der Beschwerdeführer behauptet in seiner Beschwerde vom 17. Juni 2009 (Posteingang Datenschutzkommission: 1. Juli 2009) eine Verletzung im Recht auf Auskunft dadurch, dass die Beschwerdegegnerin, auch nach Urgenz mit Schreiben vom 13. April 2009, auf sein Auskunftsbegehren vom 3. Februar 2009 hin keine inhaltliche Auskunft über gespeicherte Daten erteilt habe. Ihm sei lediglich eine „Gegenforderung der Präzisierung“ entgegengehalten worden. Der Beschwerde waren mehrere Urkundenkopien angeschlossen, unter anderem auch ein Schreiben des Beschwerdegegners vom 5. Juni 2009, mit dem der Beschwerdeführer zur Mitwirkung gemäß § 26 Abs. 3 DSG 2000 aufgefordert wurde. Am 6. Juli 2009 legte der Beschwerdeführer auf Ersuchen der Datenschutzkommission auch eine Kopie des ursprünglichen Auskunftsbegehrens vom 3. Februar 2009 vor, für das er allerdings keinen Zustell- oder Versandnachweis vorlegen könne.

Die Beschwerdegegnerin brachte in ihrer Stellungnahme vom 10. Juli 2009, ebenfalls unter Anschluss einer Urkundenkopie, vor, der Beschwerdeführer habe nicht klar zum Ausdruck gebracht, auf welche personenbezogenen Daten sich sein Auskunftsbegehren bezöge. Er sei daher mit Schreiben vom 5. Juni 2009 (siehe oben: bereits vom Beschwerdeführer vorgelegt) um Mitwirkung durch Präzisierung ersucht worden (dieses nahm insbesondere darauf Bezug, dass der Beschwerdeführer anscheinend bei einem anderen Konzernunternehmen aber nicht bei der Beschwerdegegnerin selbst beschäftigt war). Da eine Präzisierung aber nicht erfolgt sei, habe man die inhaltliche Auskunftserteilung nunmehr mit Schreiben vom 10. Juli 2009 endgültig abgelehnt.

Nach beidseitigem Parteiengehör zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens bestätigte der Beschwerdeführer mit Stellungnahme vom 31. Juli 2009 die Richtigkeit dieser Ergebnisse. Er verwies weiters auf eine Rechtsauskunft der Geschäftsstelle der Datenschutzkommission vom 27. Jänner 2009, in der ihm in der Antwort auf seine Anfrage geraten wurde „Stellen Sie. Ihr Auskunftsbegehren schriftlich… unter Beilage einer Ausweiskopie an den Arbeitgeber“.

Die Beschwerdegegnerin bestritt ergänzend den Erhalt des Auskunftsbegehrens vom 3. Februar 2009.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin auf das – zu einem nicht unstrittigen Zeitpunkt gestellte – Auskunftsbegehren des Beschwerdeführers gesetzmäßig geantwortet hat.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer richtete am 3. Februar 2009 mit einem nicht eingeschrieben versendeten Brief unter Anschluss einer Ausweiskopie ein Auskunftsbegehren an die Beschwerdegegnerin, in dem er eine „Datenauskunft gemäß § 26 DSG 2000“ begehrte.

Der Eingang dieses Auskunftsbegehrens bei der Beschwerdegegnerin ist nicht nachgewiesen.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf dem glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers und der von ihm vorgelegten Kopie des Schreibens, was den Versand anbelangt. Die Zustellung dieses Schreibens ist jedoch bestritten, ein Zustellnachweis (Rückschein) oder Versandnachweis (Aufgabeschein) existiert nicht, sodass nicht beweiskräftig festgestellt werden kann, dass die Beschwerdegegnerin dieses Schreiben auch erhalten hat.

Am 13. April 2009 urgierte der Beschwerdeführer, wiederum unter Anschluss einer Ausweiskopie, unter Ankündigung einer möglichen Beschwerde vor der Datenschutzkommission den Erhalt der „Datenauskunft gemäß § 26 DSG 2000“. Für dieses Schreiben an die Beschwerdegegnerin existiert ein Aufgabeschein (eingeschriebene Briefsendung Nr. 0****000/* des Postamts **** Wien), seine Zustellung ist auch unbestritten.

Am 5. Juni 2009 forderte die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer gemäß § 26 Abs. 3 DSG 2000 zur Mitwirkung durch Präzisierung seines Begehrens auf. Sie verwies dazu darauf, dass der Beschwerdeführer bei der H*** Ä*** Gesellschaft m.b.H. beschäftigt sei, die ein eigenständiges Unternehmen mit eigener Personalabteilung und Personalverwaltung sei. Es sei daher klarzustellen, in welchem Zusammenhang Daten des Beschwerdeführers in Datenanwendungen der Beschwerdegegnerin verarbeitet sein könnten.

Der Beschwerdeführer reagierte auf dieses Auskunftsbegehren nicht, machte daher keine näheren Angaben zur Präzisierung seines Auskunftsbegehrens. Am 30. Juni 2009 erhob er Beschwerde an die Datenschutzkommission.

Mit Schreiben vom 10. Juli 2009 lehnte die Beschwerdegegnerin die Beantwortung des Auskunftsbegehrens wegen Nicht-Mitwirkung des Beschwerdeführers ab.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen stützen sich auf die zitierten Urkunden, das Urgenzschreiben vom 13. April 2009 wurde bereits in Kopie mit der Beschwerde vorgelegt, ebenso die Aufforderung zur Präzisierung vom 5. Juni 2009. Das Ablehnungsschreiben vom 10. Juli 2009 haben beide Parteien in Kopie vorgelegt, sein Inhalt und seine Zustellung sind daher unbestritten.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die Verfassungsbestimmung des § 1 DSG 2000 lautet:

„Grundrecht auf Datenschutz

§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.

(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, dh. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen

(4) Beschränkungen der Rechte nach Abs. 3 sind nur unter den in Abs. 2 genannten Voraussetzungen zulässig.

…“

§ 26 DSG 2000 ist als einfachgesetzliche Ausführungsbestimmung zu § 1 Abs. 3 Z 1 DSG 2000 („nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen“) Anspruchsgrundlage für das individuelle Recht auf Auskunft über eigene Daten. Er lautet hier wesentlich wie folgt:

„Auskunftsrecht

§ 26. (1) Der Auftraggeber hat dem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person verarbeiteten Daten zu geben, wenn der Betroffene dies schriftlich verlangt und seine Identität in geeigneter Form nachweist. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die verfügbaren Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen des Betroffenen sind auch Namen und Adresse von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Mit Zustimmung des Betroffenen kann anstelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.

(2) Die Auskunft ist nicht zu erteilen, soweit dies zum Schutz des Betroffenen aus besonderen Gründen notwendig ist oder soweit überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten, insbesondere auch überwiegende öffentliche Interessen, der Auskunftserteilung entgegenstehen.

Überwiegende öffentliche Interessen können sich hiebei aus der Notwendigkeit

ergeben. Die Zulässigkeit der Auskunftsverweigerung aus den Gründen der Z 1 bis 5 unterliegt der Kontrolle durch die Datenschutzkommission nach § 30 Abs. 3 und dem besonderen Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzkommission gemäß § 31 Abs. 4.

(3) Der Betroffene hat am Auskunftsverfahren über Befragung in dem ihm zumutbaren Ausmaß mitzuwirken, um ungerechtfertigten und unverhältnismäßigen Aufwand beim Auftraggeber zu vermeiden.

(4) Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen des Begehrens ist die Auskunft zu erteilen oder schriftlich zu begründen, warum sie nicht oder nicht vollständig erteilt wird. Von der Erteilung der Auskunft kann auch deshalb abgesehen werden, weil der Betroffene am Verfahren nicht gemäß Abs. 3 mitgewirkt oder weil er den Kostenersatz nicht geleistet hat.

(5) […]

(6) Die Auskunft ist unentgeltlich zu erteilen, wenn sie den aktuellen Datenbestand einer Datenanwendung betrifft und wenn der Betroffene im laufenden Jahr noch kein Auskunftsersuchen an den Auftraggeber zum selben Aufgabengebiet gestellt hat. In allen anderen Fällen kann ein pauschalierter Kostenersatz von 18,89 Euro verlangt werden, von dem wegen tatsächlich erwachsender höherer Kosten abgewichen werden darf. Ein etwa geleisteter Kostenersatz ist ungeachtet allfälliger Schadenersatzansprüche zurückzuerstatten, wenn Daten rechtswidrig verwendet wurden oder wenn die Auskunft sonst zu einer Richtigstellung geführt hat.

(7) Ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von einem Auskunftsverlangen darf der Auftraggeber Daten über den Betroffenen innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten und im Falle der Erhebung einer Beschwerde gemäß § 31 an die Datenschutzkommission bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens nicht vernichten.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

Der Beschwerdeführer hat ein sehr weit gefasstes, unspezifisches Auskunftsbegehren auf Erhalt einer „Datenauskunft gemäß § 26 DSG 2000“ an die Beschwerdegegnerin gerichtet, das überdies erst nach dem 13. April 2009 in Form der Urgenz bzw. Wiederholung des Auskunftsbegehrens nachweislich – und damit fristenauslösend – bei der Beschwerdegegnerin eingelangt ist.

Bei diesem Stand der Dinge war die Beschwerdegegnerin berechtigt, die Mitwirkungsobliegenheit des Auskunftswerbers gemäß § 26 Abs. 3 DSG 2000 geltend zu machen, die bei Nichterfüllung sogar zur Ablehnung der Beantwortung des Auskunftsbegehrens berechtigt (§ 26 Abs. 4 letzter Satz DSG 2000). Nun dürfen diese Bestimmungen zweifellos nicht so gelesen werden, dass der Auskunftswerber bereits vor Erteilung der Auskunft wissen müsste, welche Arten von Daten über ihn verarbeitet werden, doch verlangt eine faire Lastenverteilung, dass der Auskunftswerber sein Wissen um die Art seiner Beziehung zum Befragten offenlegen muss, wenn der Befragte ihn darum ersucht – dadurch soll der zur tatsächlichen Auffindung verarbeiteter Daten notwendige Suchaufwand möglichst begrenzt werden.

Der Obliegenheit zur Mitwirkung in diesem Sinne ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Die Beschwerdegegnerin hat daraufhin die Beantwortung des Auskunftsbegehrens gemäß § 26 Abs. 4 zweiter Satz DSG 2000 abgelehnt. In dieser Vorgangsweise kann im konkret vorliegenden Fall auch kein Rechtsmissbrauch in Form eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Datenverwendung nach Treu und Glauben (§ 6 Abs. 1 Z 1 DSG 2000) erblickt werden: Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer darauf ausdrücklich aufmerksam gemacht, dass sie nicht sein Arbeitgeber sei, sondern voraussichtlich eine andere Konzernfirma als Auftraggeber der Verwendung seiner Daten anzusprechen sei. Der Beschwerdeführer hat darauf keinerlei Reaktion gezeigt und nicht das mindeste Argument dafür vorgebracht, warum er dennoch davon ausgehe, dass die Beschwerdegegnerin Daten über ihn verarbeite. Die Beschwerdegegnerin, die sich einer wie immer gearteten Beziehung zum Auskunftswerber, die die Verarbeitung seiner Daten bei ihr zur Folge gehabt hätte, nicht bewusst war, durfte daher davon ausgehen, dass eine Suche nach Daten des Auskunftswerbers verlorener Aufwand sei, und daher ihr berechtigtes Interesse an der Vermeidung sinnlosen Aufwands im vorliegenden Fall als überwiegend anzusehen sei, weshalb die Erteilung der Auskunft zu Recht abgelehnt werden dürfte.

Was den sinngemäßen Vorwurf des Beschwerdeführers an die entscheidende Behörde betrifft, er habe sich bei seiner Vorgehensweise nur an eine Rechtsauskunft des Geschäftsapparats der Datenschutzkommission gehalten, so enthielt diese mit E-Mail vom 27. Jänner 2009 erteilte Auskunft nicht die Empfehlung, sich an die Beschwerdegegnerin (DVR: 000****), sondern „an den Arbeitgeber“ zu wenden. Zur Frage der Identität des Arbeitgebers hat sich der Geschäftsapparat der DSK nicht geäußert – dies ist auch eine Frage, die ein Arbeitnehmer üblicherweise selbst bestens beantworten kann. Im Übrigen entsteht dem Beschwerdeführer durch seinen Irrtum auch kein wesentlicher Nachteil, da er jederzeit ein neues Auskunftsbegehren an seinen tatsächlichen Arbeitgeber stellen kann.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß insgesamt als unbegründet abzuweisen.

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