JudikaturDSB

K121.476/0008-DSK/2009 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
05. Juni 2009

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. MAITZ-STRASSNIG, Mag. HEILEGGER, Dr. STAUDIGL, Dr. KOTSCHY und Dr. BLAHA sowie der Schriftführerin Mag. FRITZ in ihrer Sitzung vom 5. Juni 2009 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde der Erika W*** (Beschwerdeführerin) aus G***, vertreten durch die R*** V*** Rechtsanwaltspartnerschaft in **** M***, vom 5. Dezember 2008 gegen die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten in Folge Fotografierens der Beschwerdeführerin während einer polizeilichen Amtshandlung in T*** am 31. März 2008 wird entschieden:

- Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen : §§ 2 Abs. 2, 3, 65 Abs. 1 und 90 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idgF iVm §§ 2 Abs. 1, 48 Abs. 1 Z 1, 91, 117 Z 1 und 118 Abs. 1 und 2 der Strafprozessordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 631/1975 idgF.

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Parteien

Die Beschwerdeführerin behauptet in ihrer am 9. Dezember 2008 bei der Datenschutzkommission eingelangten Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass ein Beamter der Bundespolizei, dessen Handlungen der Beschwerdegegnerin zuzurechnen seien, am 31. März 2008 während einer Amtshandlung (ohne Androhung oder Anwendung von Befehls- oder Zwangsgewalt) von ihr nachdrücklich verlangt habe, die Anfertigung von zwei Lichtbildern mit Hilfe einer Digitalkamera zu dulden, worauf die Beschwerdeführerin in das Fotografieren eingewilligt habe. Da aber die Voraussetzungen für die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen gemäß § 65 SPG nicht vorgelegen seien, sei diese Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten rechtswidrig erfolgt. Die Beschwerdeführerin beantragte die bescheidmäßige Feststellung dieser Rechtsverletzung.

Die Beschwerdegegnerin wies in ihrer Stellungnahme vom 7. Jänner 2009 zunächst darauf hin, dass die Beschwerdeführerin parallel auch eine auf die §§ 88 Abs. 2 und 89 SPG gestützte Maßnahmenbeschwerde gegen andere Teile der fraglichen Amtshandlung beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg (im Folgenden kurz: UVS) eingebracht habe. Die Beschwerdegegnerin legte Kopien aus den Akten des UVS-Beschwerdeverfahrens als Beweismittel vor. In der Sache bestritt sie das Beschwerdevorbringen sachverhaltsmäßig nicht und brachte vor, das Fotografieren der Beschwerdeführerin habe als Maßnahme der Kriminalpolizei der Überprüfung gedient, ob die Beschwerdeführerin, die sich am Tatort aufgehalten habe, als Verdächtige wegen eines Suchtgiftdeliktes (Verkauf von Heroin) in Frage komme. Die Lichtbilder seien einem potenziellen Tatzeugen (einem Informanten des ermittelnden Polizeibeamten) gezeigt worden, der die Beschwerdeführerin jedoch nicht identifizieren habe können.

Nach Parteiengehör zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens hat die Beschwerdeführerin fristgerecht kein neues Vorbringen erstattet. Die Beschwerdegegnerin hat lediglich nachträglich eine Kopie des Erkenntnisses des UVS in jener Beschwerdesache (Zl. UVS-**3-007/E1-2008; UVS-**5-008/E1-2008) vorgelegt.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführerin ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob a) eine Datenverwendung „in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung“ vorliegt, die in die Zuständigkeit der Datenschutzkommission gemäß § 90 SPG fällt, sowie in eventu b) ob die Ermittlung personenbezogener Daten durch Fotografieren der Beschwerdeführerin zulässig war.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Am Nachmittag des 31. März 2008 erhielt der Polizeibeamte Abteilungsinspektor (AI) Andreas U*** von der Polizeiinspektion T*** von einem dem Beamten bekannten, aber nicht namentlich genannten Informanten aus der T***er Suchtgiftszene telefonisch den Tipp, eine Frau, die als „eine kleine Dicke“ beschrieben wurde, verkaufe im Bahnhofsviertel in einem Stadel bei der Drogenberatungsstelle „Z***“, der als Schauplatz der so genannten „offenen Drogenszene“ bekannt ist, Heroin. AI U*** begab sich zum angeblichen Tatort und begegnete dort der Beschwerdeführerin, die den „Stadel“ gerade verlassen wollte. Er stellte sie und forderte sie auf, anzugeben, ob sich Drogen in ihrem Besitz befänden. Da sie dies verneinte, aber den Inhalt ihrer Taschen nicht vorzeigen wollte, ihren Namen nannte aber keinen Lichtbildausweis dabei hatte, forderte er sie auf, zur gegenüber liegenden Polizeiinspektion (PI) mitzukommen. Nachdem die Beschwerdeführerin AI U*** wiedererkannt und darauf angesprochen hatte, erinnerte sich dieser auf dem Weg zur PI ebenfalls daran, dass gegen die Beschwerdeführerin vor Jahren wegen Verdachts des Rauschgiftschmuggels ermittelt wurde, was seine Ansicht bekräftigte, bei der Beschwerdeführerin, auf die auch die körperliche Beschreibung passte, könnte es sich um die verdächtige Person handeln. Er forderte die Beschwerdeführerin auf der PI auf, sich in Anwesenheit einer Beamtin einer Leibesvisitation und einer Durchsuchung ihrer Fahrnisse zu unterziehen, was die Beschwerdeführerin auch duldete. Weiters forderte er die Beschwerdeführerin auf, der Anfertigung von Lichtbildern mit Hilfe einer Digitalkamera zuzustimmen, was die Beschwerdeführerin ebenfalls duldete. AI U*** verließ darauf kurz die PI und zeigte seinem Informanten, der sich im Bereich des T***er Bahnhofs aufhielt, drei angefertigte Digitalfotos der Beschwerdeführerin. Dieser konnte die Beschwerdeführerin an Hand der Lichtbilder jedoch nicht als die von ihm beschriebene Drogenverkäuferin identifizieren. Da auch die Durchsuchung nichts Auffälliges ergeben hatte, wurde die Amtshandlung beendet, die Beschwerdeführerin verließ die PI, und die Digitalfotos wurde von AI U*** gelöscht. Der Vorfall wurde nicht als Verfahren unter einer eigenen Aktenzahl protokolliert, sondern nur im von AI U*** erstellen Dienstbericht erwähnt.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf den Akten der Beweisaufnahme in öffentlich mündlicher Verhandlung vor dem UVS, Verhandlungsschriften vom 28. November 2008 und vom 4. Dezember 2008, je Zlen. UVS-**3- 007/E1-2008 und UVS-**5-008/E1-2008. Die Aussagen der Beschwerdeführerin und des AI U*** weichen in der für die Datenschutzkommission relevanten Frage der Anfertigung von Lichtbildern nur insoweit ab, als die Beschwerdeführerin sich an drei Aufnahmen (von vorne und von beiden Seiten) erinnern konnte (Verhandlungsschrift vom 4. Dezember 2008, Seite 4) während AI U***, ohne jedoch näher auf dieses Sachverhaltselement einzugehen, von einem Bild sprach (Verhandlungsschrift vom 28. November 2008, Seite 3). Da das Anfertigen von drei Bildern (en profil, en face und Halbprofil) dem üblichen Procedere bei Polizeifotos für erkennungsdienstliche Zwecke entspricht – unpräjudiziell für die Frage, ob hier eine erkennungsdienstliche Behandlung im Sinne des SPG durchgeführt wurde, siehe dazu die rechtlichen Erwägungen – folgt die Datenschutzkommission hier den genaueren Angaben der Beschwerdeführerin, da in Rechnung zu stellen ist, dass der ermittelnde Polizeibeamte seinem Informanten eine möglichst sichere Identifizierung der von letzterem beobachteten Drogenverkäuferin ermöglichen wollte. Die Feststellungen zur Löschung des bzw. der Lichtbilder beruhen auf den glaubwürdigen und unter Wahrheitspflicht gemachten Angaben des Zeugen AI U***. Die Feststellung zur Nicht-Protokollierung des Vorfalls und zum Inhalt des Dienstberichts stützen sich auf eine von der Beschwerdegegnerin als Beilage zur Stellungnahme vom 7. Jänner 2009, Zl. BHFK-III-2***.23-2008/00*1, vorgelegte Kopie des Dienstberichts (keine Angabe einer GZ).

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die §§ 2 und 3 SPG lauten samt Überschriften:

„Besorgung der Sicherheitsverwaltung

§ 2 . (1) Die Sicherheitsverwaltung obliegt den Sicherheitsbehörden.

(2) Die Sicherheitsverwaltung besteht aus der Sicherheitspolizei, dem Paß- und dem Meldewesen, der Fremdenpolizei, der Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm, dem Waffen-, Munitions-, Schieß- und Sprengmittelwesen sowie aus dem Pressewesen und den Vereins- und Versammlungsangelegenheiten.

Sicherheitspolizei

§ 3 . Die Sicherheitspolizei besteht aus der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, ausgenommen die örtliche Sicherheitspolizei (Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG), und aus der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht.“

Die §§ 20 und 21 SPG lauten samt Überschriften:

„Aufgaben im Rahmen der Aufrechterhaltung der

öffentlichen Sicherheit

§ 20 . Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit umfaßt die Gefahrenabwehr, den vorbeugenden Schutz von Rechtsgütern, die Fahndung, die kriminalpolizeiliche Beratung und die Streitschlichtung.

Gefahrenabwehr

§ 21 . (1) Den Sicherheitsbehörden obliegt die Abwehr allgemeiner Gefahren.

(2) Die Sicherheitsbehörden haben gefährlichen Angriffen unverzüglich ein Ende zu setzen. Hiefür ist dieses Bundesgesetz auch dann maßgeblich, wenn bereits ein bestimmter Mensch der strafbaren Handlung verdächtig ist.

(3) Den Sicherheitsbehörden obliegt die Beobachtung von Gruppierungen, wenn im Hinblick auf deren bestehende Strukturen und auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld damit zu rechnen ist, dass es zu mit schwerer Gefahr für die öffentliche Sicherheit verbundener Kriminalität, insbesondere zu weltanschaulich oder religiös motivierter Gewalt, kommt (erweiterte Gefahrenerforschung).“

§ 65 Abs. 1 SPG lautet unter der Überschrift „Erkennungsdienstliche Behandlung“:

§ 65 . (1) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, einen Menschen, der im Verdacht steht, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn er im Rahmen einer kriminellen Verbindung tätig wurde oder dies wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich scheint.“

§ 90 SPG lautet unter der Überschrift „Beschwerden wegen Verletzung der Bestimmungen über den Datenschutz“:

§ 90 . Die Datenschutzkommission entscheidet gemäß § 31 des Datenschutzgesetzes 2000 über Beschwerden wegen Verletzung von Rechten durch Verwenden personenbezogener Daten in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung entgegen den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes. Davon ausgenommen ist die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermittlung von Daten durch die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.“

Die §§ 2, 48 Abs. 1 Z 1, 91, 117 Z 1 und 118 StPO lauten samt Überschriften:

„Amtswegigkeit

§ 2 . (1) Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft sind im Rahmen ihrer Aufgaben verpflichtet, jeden ihnen zur Kenntnis gelangten Verdacht einer Straftat, die nicht bloß auf Verlangen einer hiezu berechtigten Person zu verfolgen ist, in einem Ermittlungsverfahren von Amts wegen aufzuklären.

(2) Im Hauptverfahren hat das Gericht die der Anklage zu Grunde liegende Tat und die Schuld des Angeklagten von Amts wegen aufzuklären.“

„Definitionen

§ 48 . (1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1. "Beschuldigter" jede Person, die auf Grund bestimmter Tatsachen konkret verdächtig ist, eine strafbare Handlung begangen zu haben, sobald gegen sie wegen dieses Verdachts ermittelt oder Zwang ausgeübt wird,“

„Zweck des Ermittlungsverfahrens

§ 91 . (1) Das Ermittlungsverfahren dient dazu, Sachverhalt und Tatverdacht durch Ermittlungen soweit zu klären, dass die Staatsanwaltschaft über Anklage, Rücktritt von der Verfolgung oder Einstellung des Verfahrens entscheiden kann und im Fall der Anklage eine zügige Durchführung der Hauptverhandlung ermöglicht wird.

(2) Ermittlung ist jede Tätigkeit der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts, die der Gewinnung, Sicherstellung, Auswertung oder Verarbeitung einer Information zur Aufklärung des Verdachts einer Straftat dient. Sie ist nach der in diesem Gesetz vorgesehenen Form entweder als Erkundigung oder als Beweisaufnahme durchzuführen.“

„Definitionen

§ 117 . Im Sinne dieses Gesetzes ist

1. "Identitätsfeststellung" die Ermittlung und Feststellung von Daten (§ 4 Z 1 DSG 2000), die eine bestimmte Person unverwechselbar kennzeichnen,“

„Identitätsfeststellung

§ 118 . (1) Identitätsfeststellung ist zulässig, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen angenommen werden kann, dass eine Person an einer Straftat beteiligt ist, über die Umstände der Begehung Auskunft geben kann oder Spuren hinterlassen hat, die der Aufklärung dienen könnten.

(2) Die Kriminalpolizei ist ermächtigt, zur Identitätsfeststellung die Namen einer Person, ihr Geschlecht, ihr Geburtsdatum, ihren Geburtsort, ihren Beruf und ihre Wohnanschrift zu ermitteln. Die Kriminalpolizei ist auch ermächtigt, die Größe einer Person festzustellen, sie zu fotografieren, ihre Stimme aufzunehmen und ihre Papillarlinienabdrücke abzunehmen, soweit dies zur Identitätsfeststellung erforderlich ist.

(3) Jedermann ist verpflichtet, auf eine den Umständen nach angemessene Weise an der Feststellung seiner Identität mitzuwirken; die Kriminalpolizei hat ihm auf Aufforderung mitzuteilen, aus welchem Anlass diese Feststellung erfolgt.

(4) Wenn die Person an der Identitätsfeststellung nicht mitwirkt oder ihre Identität aus anderen Gründen nicht sogleich festgestellt werden kann, ist die Kriminalpolizei berechtigt, zur Feststellung der Identität eine Durchsuchung der Person nach § 117 Z 3 lit. a von sich aus durchzuführen.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

Abgrenzung Kriminalpolizei – Sicherheitsverwaltung/Sicherheitspolizei

Zunächst ist zu erwägen, ob das datenschutzrechtlich relevante Handeln des Polizeibeamten AI U*** in diesem Beschwerdefall zum Aufgabengebiet der Kriminalpolizei oder zum Aufgabengebiet der Sicherheitsverwaltung, konkret der Sicherheitspolizei zählt. Nur im zweiten Fall ist eine Beschwerdeführung vor der Datenschutzkommission, gestützt auf § 90 SPG, zulässig.

Eine sicherheitspolizeilich relevante Handlung kommt nur dann in Frage, wenn entweder eine gesetzlich im SPG ausdrücklich vorgesehene Amtshandlung (z.B. eine erkennungsdienstliche Behandlung gemäß §§ 65 ff SPG) vollzogen wurde oder doch ein Einschreiten vorliegt, dem erkennbar ein Element der Gefahrenabwehr iSd §§ 3, 20 und 21 SPG, etwa der unmittelbaren Beendigung eines gefährlichen Angriffs oder der Deliktsprävention, innewohnt.

Im Beschwerdefall lag eine Gefahrenabwehr gemäß § 21 Abs. 2 SPG insoweit und solange vor, als AI U*** sich zum „Stadel“ begab, um einen möglicherweise dort stattfindenden Verkauf von Suchtgift („gefährlicher Angriff“ gemäß § 16 Abs. 2 Z 4 SPG) zu beenden. Ein weiteres Element der Gefahrenabwehr lag in der – hier nicht gegenständlichen - Durchsuchung der Beschwerdeführerin, da die in ihrem Besitz vermuteten Drogen ein Gegenstand wären, „von dem Gefahr ausgeht“ (§ 40 Abs. 2 SPG).

Ab dem Zeitpunkt, als die Beschwerdeführerin von AI U*** „gestellt“, das heißt unter zumindest impliziter Verdächtigung, eine Straftat begangen zu haben (Frage, ob sie Suchtgift bei sich habe) zur Offenlegung ihrer Identität, zum Mitkommen auf die PI und zur Duldung einer Durchsuchung aufgefordert wurde, lag jedenfalls kein überwiegend sicherheitspolizeiliches Verwaltungshandeln mehr vor. Da der ermittelnde Beamte offenkundig auf Grund bestimmter Tatsachen („Tipp“ des Informanten, Aussehen der Beschwerdeführerin, Aufenthalt am möglichen Tatort, später auch noch die Erinnerung an ein früheres Ermittlungsverfahren) davon ausging, dass die Beschwerdeführerin eine gerichtlich strafbare Tat (zumindest Besitz oder Inverkehrbringen, nämlich Überlassen von Suchtgift, § 27 Abs. 1 Z 1 SMG) begangen hatte, wurde ab diesem Zeitpunkt ein kriminalpolizeiliches Ermittlungsverfahren mit der Beschwerdeführerin als Beschuldigter geführt (§§ 2 Abs. 1, 48 Abs. 1 Z 1 und 91 StPO). Dass dieses Verfahren nur sehr kurz gedauert hat, und der Verdacht so schnell entkräftet wurde, dass offenkundig nicht einmal eine Aktenzahl protokolliert und der Staatsanwaltschaft Bericht erstattet, sondern der Vorfall nur im internen Dienstbericht erwähnt wurde, vermag daran nichts zu ändern.

Das dem Entstehen des Tatverdachts folgende Fotografieren kann unter den Tatbestand der kriminalpolizeilichen Identitätsfeststellung gemäß §§ 117 ff StPO subsumiert werden. Zu prüfen war insbesondere, ob die Beschwerdeführerin mit der von dem Informanten des AI U*** beobachteten Suchtgiftverkäuferin identisch war. § 118 Abs. 2 StPO sieht das Fotografieren einer Betroffenen für Zwecke der Identitätsfeststellung ausdrücklich vor.

Im Gegensatz zur erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß §§ 65 ff SPG, die immer an die Bedingung geknüpft ist, für Zwecke der Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe des Betroffenen erforderlich zu sein, war das Fotografieren hier keine Maßnahme, die die Beschwerdeführerin durch das Wissen um eine Verarbeitung von Daten durch die Polizei abschrecken sollte. Dieser Präventionszweck wäre charakteristisch für den überwiegend sicherheitspolizeilichen Charakter der Maßnahme. Das Fotografieren diente hier vielmehr dem Zweck, einen konkreten Verdacht gegen die Beschwerdeführerin entweder zu bestätigen oder, wie im Beschwerdefall geschehen, zu widerlegen, was kennzeichnend für kriminalpolizeiliches Handeln ist (Aufklärung einer Straftat iSv §§ 2 Abs. 1 und 91 StPO). Folgerichtig wurden die Daten (digitalen Lichtbilder) auch nach Zweckerfüllung nicht weiter verarbeitet, sondern gelöscht.

Daraus folgt, dass der eigentlich vorgezeichnete Rechtsschutzweg der Einspruch an das Gericht gegen eine Ermittlungsmaßnahme gemäß § 106 Abs. 1 Z 2 StPO gewesen wäre. Allerdings ist dieser Rechtsschutzweg gemäß § 107 Abs. 1 erster Satz StPO unzulässig, wenn das Ermittlungsverfahren beendet wurde. Dies stellt jedoch, wie auch den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Strafprozessreformgesetzes indirekt zu entnehmen ist (25 BlgNR XXII GP, Seite 144, vgl. auch aaO zu § 106 StPO, letzter Absatz, wo die Anordnung der Löschung der Daten einer unzulässig gewesenen Identitätsfeststellung als ausdrückliches Beispiel für eine Ingerenz der Staatsanwaltschaft im Rahmen des Einspruchsverfahrens angeführt ist), eine gewollte zeitliche Beschränkung des Rechtsschutzes und keine planwidrige Lücke dar. „Zur Frage, wie sich der Einspruch wegen Rechtsverletzung auf die Beschwerdemöglichkeit nach § 31 DSG 2000 auswirkt, findet sich in den Gesetzesmaterialien kein Hinweis. Da es aber ein wesentliches Ziel der Reform war, den strafprozessualen Rechtsschutz derart zu bündeln, dass über Fragen der Rechtmäßigkeit von Eingriffen in subjektive Rechte im Zuge der Ausübung von Befugnissen der StPO ausschließlich und einheitlich Justizorgane entscheiden sollen, ist davon auszugehen, dass strafprozessuale Datenermittlungen ohne richterlichen Befehl oder staatsanwaltschaftliche Anordnung, die bislang dem Rechtsschutz der DSK unterlagen, nunmehr nur noch nach § 106 StPO bekämpft werden können“ ( Ennöckl ,Der Rechtsschutz gegen sicherheitsbehördliche Maßnahmen nach Inkrafttreten des Strafprozessreformgesetzes, JBl 2008, 406, 419).

Die datenschutzrechtliche Beschwerde gemäß § 90 SPG ist daher nicht zulässig, da keine Daten „in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung“ verwendet worden sind.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß wegen Unzulässigkeit dieses Rechtsschutzweges bzw. Unzuständigkeit der Datenschutzkommission zurückzuweisen.

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