K121.373/0030-DSK/2008 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. BLAHA, Mag. MAITZ-STRASSNIG, Mag. HEILEGGER und Dr. HEISSENBERGER sowie des Schriftführers Dr. KÖNIG in ihrer Sitzung vom 11. Juli 2008 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerden des Egon O*** (Beschwerdeführer) gegen den Fonds A*** (Erstbeschwerdegegner) vom 26. Februar 2008 und gegen das Kuratorium B***-Dienste (Zweitbeschwerdegegner) vom 15. April 2008 wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung schützwürdiger personenbezogener Daten wird gemäß den §§ 1 Abs. 1 und 5 und 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl I Nr. 165/1999 idgF (DSG 2000), wie folgt entschieden:
B e g r ü n d u n g:
A. Beschwerdevorbringen
Am 12. Februar 2008 hat der Beschwerdeführer in einem zunächst noch nicht als förmliche Beschwerde bezeichneten Schreiben vorgebracht, dass im Zusammenhang mit mietrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen ihm und der „Stadt Wien/ Wiener Wohnen“, bei welchen die „Organisation C***“ zur Streitschlichtung herangezogen wurde, diese in den Besitz ihn betreffender Gesundheitsdaten gelangt sei, und zwar durch Organe der „B***-Dienste“ in *** Wien. Diese Stelle wurde vom Beschwerdeführer in der Eingabe vom 12. Februar 2008 zunächst der Magistratsabteilung 40 der Stadt Wien zugerechnet. In seiner Eingabe vom 26. Februar 2008 – die in der Folge als förmliche Beschwerde anzusehen war – korrigierte er dies jedoch dahingehend, dass die B***-Dienste dem Erstbeschwerdegegner zuzurechnen seien, weshalb sich die Beschwerde letztlich gegen den Erstbeschwerdegegner richtete.
Der Erstbeschwerdegegner hat in seiner Stellungnahme vom 20. März 2008 klargestellt, dass – entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers – die B***-Dienste nicht zum Erstbeschwerdegegner gehören, sondern vielmehr zum Zweitbeschwerdegegner, der ebenfalls als Fonds mit eigener Rechtspersönlichkeit nach dem Wr. Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz eingerichtet sei.
Im dazu gewährten Parteiengehör führte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. April 2008 u.a. folgendes aus:
„...durch eine falsche Information die ich in einem Telefonat mit Herrn Dr. F*** (laut seinen eigenen Angaben, Angestellter bei B***-Dienste ...) bekommen habe, habe ich Ihnen Fonds A*** in meinem Schreiben in Bezug auf B***-Dienste genannt. Dr. F*** hat mir telefonisch/mündlich ebenfalls bestätigt, dass B***- Dienste Auftragnehmer also Dienstleister von dem MAGISTRAT DER STADT WIEN ist . Wie aus dem Beiblatt der Stellungnahme des Fonds A*** die Sie mir übermittelt haben hervorgeht, ist die Kette vermutlich so: MAGISTRAT DER STADT WIEN (Auftraggeber)/Kuratorium B***-Dienste (Dienstleister)/B***-Dienste . Im Internet unter:
http://www.wien.gv.at/verwaltung/fonds-stiftungen/fonds/****.html ... .“
In seiner Stellungnahme vom 2. Juni 2008 beantragte der Beschwerdeführer eine persönliche Vorsprache bzw. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob der Erstbeschwerdegegner und der Zweitbeschwerdegegner den Beschwerdeführer dadurch in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt haben, weil eine Mitarbeiterin des Zweitbeschwerdegegners dem Magistrat der Stadt Wien, MA 25, Gesundheitsdaten des Beschwerdeführers mitgeteilt habe.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Der Zweitbeschwerdegegner ist als Fonds im Wiener Fondsregister eingetragen.
Beweiswürdigung: Vgl. die entsprechende Eintragung in dem im Internet gemäß § 34 Wiener Landes- Stiftungs- und Fondsbehörde veröffentlichten Fondsregister (http://www.wien.gv.at/verwaltung/fonds-stiftungen/fonds/***).
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die hier wesentlichen Bestimmungen des Datenschutzgesetzes 2000 , BGBl I Nr. 165/1999 idgF (DSG 2000), lauten auszugsweise:
„§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.
....
(5) Gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, ist, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden, das Grundrecht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. In allen übrigen Fällen ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig, es sei denn, daß Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit betroffen sind.
§ 5. (1) Datenanwendungen sind dem öffentlichen Bereich im Sinne dieses Bundesgesetzes zuzurechnen, wenn sie für Zwecke eines Auftraggebers des öffentlichen Bereichs (Abs. 2) durchgeführt werden.
(2) Auftraggeber des öffentlichen Bereichs sind alle Auftraggeber,
1. die in Formen des öffentlichen Rechts eingerichtet sind, insbesondere auch als Organ einer Gebietskörperschaft, oder
2. soweit sie trotz ihrer Einrichtung in Formen des Privatrechts in Vollziehung der Gesetze tätig sind.
(3) Die dem Abs. 2 nicht unterliegenden Auftraggeber gelten als Auftraggeber des privaten Bereichs im Sinne dieses Bundesgesetzes.“
Die hier wesentlichen Bestimmungen des Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz , LGBl. Nr. 14/1988 idF der Novelle LGBl. Nr. 36/2003, lauten wie folgt:
“§ 1. (1) Dieses Gesetz findet auf Stiftungen und Fonds Anwendung, deren Vermögen durch privatrechtlichen Widmungsakt zur Erfüllung gemeinnütziger oder mildtätiger Aufgaben bestimmt ist, sofern sie nach ihren Zwecken über den Interessenbereich des Landes Wien nicht hinausgehen oder schon vor dem 1. Oktober 1925 vom Land Wien autonom verwaltet wurden.
.....
§ 19. Fonds im Sinne dieses Gesetzes sind durch eine Anordnung des Fondsgründers nicht auf Dauer gewidmete Vermögen mit Rechtspersönlichkeit, die der Erfüllung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke (§ 2 Abs. 2 und 3) dienen.
.....
§ 21.
.....
(3) Über die Zulässigkeit der Errichtung eines Fonds entscheidet die Fondsbehörde, wobei in den Fällen des Abs. 1 dem Fondsgründer und in jenen des Abs. 2 den Erben des Fondsgründers und dem Testamentsvollstrecker Parteistellung zukommt.
(4) Die Errichtung eines Fonds ist zulässig, wenn
(5) Im Bescheid über die Zulässigkeit der Errichtung eines Fonds ist der wesentliche Inhalt der Erklärung des Fondsgründers und der Name des Fonds (§ 23 Abs. 3 und § 5) anzuführen.
(6) Mit Rechtskraft des Bescheides erlangt der Fonds Rechtspersönlichkeit.
§ 25. Ansprüche des Fonds aufgrund der Erklärung des Fondsgründers sowie Ansprüche gegen den Fonds aufgrund der Erklärung des Fondsgründers oder der Fondssatzung sind unbeschadet der §§ 28 Abs. 3 und 29 Abs. 3 gleich anderen privatrechtlichen Ansprüchen gegen den Fonds im Rechtswege geltend zu machen.
§ 34. (1) Die Stiftungs - und Fondsbehörde hat unter der Internet – Adresse www.gemeinderecht.wien.at ein öffentlich zugängliches, elektronisches Stiftungs - und Fondsregister einzurichten, in das folgende Stiftungs - und Fondsdaten aufzunehmen sind:
(2) Fehler von Dateneingaben sind auf Antrag oder von Amts wegen von der Stiftungs - und Fondsbehörde zu berichtigen. Der Antrag kann von jeder Person gestellt werden, die von einem Fehler der Dateneingabe oder ihrer Abfragbarkeit betroffen ist.
(3) Darüber hinaus hat der Magistrat jedermann in die jeweils gültige Satzung einer Stiftung (eines Fonds) Einsicht zu gewähren.
§ 35. (1) Stiftungs - und Fondsbehörde im Sinne dieses Gesetzes ist der Magistrat.
(2) Über Berufungen gegen Bescheide des Magistrats entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat.”
2. rechtliche Schlussfolgerungen:
Zu Spruchpunkt 1
Der Beschwerdeführer hat in seinem Schreiben vom 15. April 2008 eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er die Beschwerde gegen den Fonds A*** (Erstbeschwerdegegner) vom 26. Februar 2008 wegen Irrtums hinsichtlich der organisatorischen Stellung der B***-Dienste nicht aufrecht erhalten will und damit seine Beschwerde gegen den Erstbeschwerdegegner zurückzieht. Das aufgrund der Beschwerde vom 26. Februar 2008 gegen den Erstbeschwerdegegner eingeleitete Verfahren war daher einzustellen.
Zu Spruchpunkt 2
Die Datenschutzkommission hat die Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Eingabe vom 15. April 2008 betreffend die Herkunft der beschwerdegegenständlichen Daten als Beschwerde gegen das U*** (Zweitbeschwerdegegner) gewertet, da die in Wien bestehenden Einrichtungen der „B***- Dienste“ rechtlich dem Kuratorium B***-Dienste zuzurechnen sind.
Beim Kuratorium B***-Dienste handelt es sich um einen Fonds nach dem Wiener Landes- Stiftungs- und Fondsgesetz, dessen Zweck die Sicherung der extramuralen psychiatrischen und psychosozialen Versorgung in Wien durch Führung und Förderung von Einrichtungen zur Behandlung, Betreuung und Beratung psychiatrischer Patientinnen beziehungsweise Patienten ist.
Einem Fonds nach dem Wiener Landes- Stiftungs- und Fondsgesetz kommt nach § 19 leg.cit. eigene Rechtspersönlichkeit zu (siehe dazu auch § 25 leg.cit., wonach der Fonds die Fähigkeit besitzt zu klagen und geklagt zu werden). Das Handeln der Organe/Mitarbeiter eines Fonds ist daher rechtlich diesem zuzurechnen. Das beschwerdegegenständliche Handeln einer Mitarbeiterin der „B***-Dienste“ war daher allein dem Fonds Kuratorium B***-Dienste – und nicht dem Magistrat der Stadt Wien – als dem datenschutzrechtlich Verantwortlichen zuzurechnen.
Zur Behandlung einer Beschwerde gegen den Zweitbeschwerdegegner ist die Datenschutzkommission aber aus folgenden Gründen nicht zuständig:
Wie nämlich aus §§ 1 iVm 19 Wiener Landes- Stiftungs- und Fondsgesetz hervorgeht, beruht die Errichtung eines Fonds nach dem Wiener Landes- Stiftungs- und Fondsgesetz auf einem privatrechtlichen Widmungsakt. Ein solcher Fonds wird somit nicht selbst durch Gesetz errichtet, vielmehr ermächtigt das Gesetz nur staatliche/private Einrichtungen zur Errichtung von Fonds durch einen Akt des privaten Rechts. Daher ist ein Fonds nach dem Wiener- Landes- Stiftungs- und Fondsgesetz als juristische Person des Privatrechts zu qualifizieren (vgl. dazu Bernhard Raschauer , Allgemeines Verwaltungsrecht 2. Aufl (2003), Rz 90, wonach ein Fonds nach dem (vergleichbaren) Bundes- Stiftungs- und Fondsgesetz keine juristische Person des öffentlichen Rechts ist; vgl. auch Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer , Bundesverfassungsrecht
10. Aufl (2007) [Rz 859], wonach die Tätigkeit eines Fonds nach dem Bundes- Stiftungs- und Fondsgesetz und den diesen vergleichbaren landesgesetzlichen Regelungen nicht (staatliche) Verwaltung ist). Dafür spricht im Übrigen auch, dass Streitigkeiten des Fonds nach § 25 des Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetzes den ordentlichen Gerichten zugewiesen werden. Dass gemäß § 21 Abs. 3 Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz die Fondsbehörde (das ist gemäß § 35 Wiener Landes- Stiftungs- und Fondsgesetz der Magistrat) über die Zulässigkeit der Errichtung eines Fonds entscheidet, ändert demgegenüber nichts an der Qualifikation als juristische Person des privaten Bereichs, weil diese Entscheidung ausschließlich die Ordnungsgemäßheit und Vollständigkeit der Willenserklärung, nicht aber die materielle Wahrung der maßgeblichen öffentlichen Interessen zum Gegenstand hat (siehe dazu Bernhard Raschauer , Allgemeines Verwaltungsrecht (1998), Rz 79).
Da der Zweitbeschwerdegegner somit nicht in Formen des öffentlichen Rechts im Sinne des § 5 Abs. 2 Z 1 DSG 2000 eingerichtet ist und auch nicht in Vollziehung der Gesetze gemäß § 5 Abs. 2 Z 2 DSG 2000 tätig ist, ist er als Auftraggeber des privaten Bereichs im Sinne des § 5 Abs. 3 DSG 2000 zu qualifizieren.
Zur Behandlung einer Beschwerde gegen einen Auftraggeber des privaten Bereichs sind gemäß §§ 1 Abs. 5 iVm § 30 Abs. 2 DSG 2000 [Anmerkung Bearbeiter: gemeint wohl: § 31 Abs. 2 bzw. § 32 Abs. 1 DSG 2000] die ordentlichen Gerichte zuständig. Die an die Datenschutzkommission erhobene Beschwerde war, soweit sie gegen die „B***-Dienste“ gerichtet war, deshalb mangels Zuständigkeit zurückzuweisen.
Die Entscheidung der Datenschutzkommission über ihre Zuständigkeit ist eine Rechtsfrage, die allein von der Behörde zu beurteilen ist. Von einer persönlichen Vorsprache des Beschwerdeführers bzw. der Durchführung einer mündlichen Verhandlung waren daher keine sachdienlichen Erkenntnisse zu erwarten, weshalb die Durchführung als nicht zweckmäßig erachtet wurde.
Über die weiteren Beschwerdepunkte wird gesondert entschieden.