K121.359/0016-DSK/2008 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. BLAHA, Mag. MAITZ-STRASSNIG, Mag. HEILEGGER und Dr. HEISSENBERGER sowie des Schriftführers Dr. KÖNIG in ihrer Sitzung vom 11. Juli 2008 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Dr. Friedrich A*** (Beschwerdeführer) aus V*** vom 23. Dezember 2007 gegen 1. die Gemeinde B***dorf (Erstbeschwerdegegnerin) und 2. die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung (Zweitbeschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten durch a) Verwendung (Ermittlung, Speicherung, Übermittlung an die Zweitbeschwerdegegnerin) auf ihn bezogener Daten als Zulassungsbesitzer des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen G***1T am 15. November 2007 und in den folgenden Tagen mit Hilfe des in H*** Nr. *8, 8*** B***dorf, aufgestellten automatischen Geschwindigkeitsüberwachungsgeräts (Radarbox, Radarautomat) sowie b) durch Verarbeitung (Speicherung, Verknüpfung) dieser Daten durch die Zweitbeschwerdegegnerin für Zwecke des Verwaltungsstrafverfahrens GZ: 15.1***32/2007, wird gemäß den § 1 Abs. 1 und 2, § 4 Abs. 1, 4 und 5 [Anmerkung Bearbeiter: Redaktionsfehler, richtig: § 4 Z 1, 4 und 5 DSG 2000], § 7 Abs. 1, 2 und 3, § 8 Abs. 4 Z 1 und 2, § 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF, iVm § 94 b Abs.1 lit a der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159/1960 idgF, und § 26 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und § 49a Abs. 2 Z 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF, entschieden:
[Anmerkung Bearbeiter: Spruchpunkt 1. vom VwGH aufgehoben]
B e g r ü n d u n g:
A. Vorbringen der Parteien
Der Beschwerdeführer behauptet in seiner Beschwerde vom 23. Dezember 2007 (bei der Datenschutzkommission eingelangt am 27. Dezember 2007) eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass die Erstbeschwerdegegnerin am 15. November 2007, 17:46 Uhr, auf ihn bezogene personenbezogene Daten (Kennzeichen und gemessene Geschwindigkeit des auf ihn zugelassenen Pkw G***1T) mit Hilfe eines automationsunterstützt arbeitenden Überwachungssystems (Radarmessgerät) verarbeitet und an die Zweitbeschwerdegegnerin übermittelt habe, die auf Grundlage dieser Daten ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Verdachts der Übertretung der StVO gegen ihn führe. Die Erstbeschwerdegegnerin sei als Gemeinde nicht gesetzlich ermächtigt, Daten für Zwecke der straßenpolizeilichen Überwachung zu ermitteln. Da diese Daten somit gesetzwidrig ermittelt worden seien, hätte sie die Zweitbeschwerdegegnerin auch nicht speichern und für verwaltungsstrafrechtliche Zwecke verarbeiten (insbesondere mit Daten aus anderen Quellen verknüpfen) dürfen. Der Beschwerdeführer beantragte, die Verletzung im Recht auf Geheimhaltung durch die Beschwerdegegnerinnen gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 festzustellen (weitere Anbringen nahmen auf § 30 DSG 2000 Bezug und werden in einem separaten Verfahren zu Zl. K210.594 behandelt).
Die Erstbeschwerdegegnerin bestritt in ihrer Stellungnahme vom 22. Jänner 2008 den Sachverhalt im Kern nicht und brachte vor, sie habe die „Firma L***“ mit der Installation und dem Betrieb einer stationären automatisierten Verkehrsüberwachungsanlage beauftragt. Gerät und Standort(e) seien geeicht bzw. vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) abgenommen. Die Anlage erfasse nur die Bilddaten (insbesondere das Kennzeichen) von Fahrzeugen, die die örtlich zulässige Höchstgeschwindigkeit (30 km/h) deutlich überschritten hätten. Diese Daten würden von der Firma L*** direkt an die Bezirksverwaltungsbehörde übermittelt, nur wenige besonders geschulte und verpflichtete Mitarbeiter hätten zu diesen Daten Zugang. Aus Sicht der Erstbeschwerdegegnerin würden damit keine personenbezogenen Daten erfasst, da vom Kennzeichen des Fahrzeuges nicht unmittelbar auf eine bestimmte Person geschlossen werden könne.
Die Zweitbeschwerdegegnerin vertrat hinsichtlich der Frage, ob personenbezogene Daten verarbeitet würden, in ihrer Stellungnahme vom 22. Jänner 2008, GZ: 15.1***32/2007, die gleiche Ansicht. Erst durch die Eingabe (Einspielen) der Daten des Radarmessgeräts in das EDV-Programm „Verwaltungsstrafwesen“ und die dort als erster Schritt folgende Abfrage des Kraftfahrzeugzentralregisters (KZR) zur Ermittlung des Zulassungsbesitzers, könne man von einer personenbezogenen Datenverarbeitung sprechen. Ansonsten bestritt die Zweitbeschwerdegegnerin das Sachverhaltsvorbringen der Beschwerde nicht, legte Akten aus dem gegen den Beschwerdeführer laufenden Verwaltungsstrafverfahren (darunter das digitale Radarfoto) in Kopie vor und verwies hinsichtlich der rechtlichen Zulässigkeit der Verwendung von Daten aus privater Verkehrsüberwachung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) vom 15. Juni 2005, Zl. 2004/02/0393-6 (anonymisierte Kopie einer Ausfertigung ebenfalls vorgelegt).
Nach allseitigem Parteiengehör zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens haben der Beschwerdeführer (Schreiben vom 16. Februar 2008) und die Zweitbeschwerdegegnerin (Schreiben vom 11. Februar 2008, GZ: 15.1***32/2007) Stellungnahmen abgegeben, in denen sie ihr bisheriges Vorbringen bekräftig haben.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand folgende Fragen sind: 1. Hat die Erstbeschwerdegegnerin durch die erfolgte Radarüberwachung (Messung, Bildaufzeichnung und Übermittlung an die Zweitbeschwerdegegnerin) personenbezogene Daten des Beschwerdeführers verwendet? 2. Hat sie damit rechtswidrig in das Recht des Beschwerdeführers auf Geheimhaltung eigener Daten eingegriffen? 3. Durfte die Zweitbeschwerdegegnerin diese Daten für Zwecke eines Verwaltungsstrafverfahrens verarbeiteten, oder stellte diese ebenfalls einen unzulässigen Eingriff in das Geheimhaltungsrecht des Beschwerdeführers dar?
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Am 15. November 2007, 17:46 Uhr, wurde der Pkw mit dem Kennzeichen G***1T in der Ortschaft H***, Haus Nr. 8, Gemeinde B***dorf, in Richtung Osten fahrend von der in der dort aufgestellten stationären Radarkabine („Radarbox“) installierten Geschwindigkeitsüberwachungsanlage mit 56 km/h (unter Berücksichtigung der so genannten Messtoleranz 51 km/h für Zwecke eines Verwaltungsstrafverfahrens) gemessen und automatisch fotografiert. Die am Messort örtlich zulässige und durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeit beträgt 30 km/h.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien und den von der Zweitbeschwerdegegnerin vorgelegten Kopien aus dem Verwaltungs(straf)akt GZ: 15.1 2007/***32, insbesondere dem Ausdruck des so genannten Radarfotos vom 20. November 2007 (Beilagen zur Stellungnahme vom 22. Jänner 2008).
Der Beschwerdeführer ist Zulassungsbesitzer des bezeichneten Kraftfahrzeugs.
Beweiswürdigung : Diese Feststellung gründet sich schon auf das unbestrittene Vorbringen des Beschwerdeführers.
Am Messort war ein Elektronisches Erfassungs-, Übertragungs- und Verarbeitungssystem des Typs ***-speedcontrol ***89, Hersteller: L*** AG, im Einsatz. Dieses Gerät wird auf Vertragsbasis (Vertrag Nr. 123**-31***B) von der L*** AG im Auftrag der Erstbeschwerdegegnerin für Zwecke der Verkehrsüberwachung im Gemeindegebiet betrieben. Als Annex zu diesem „Benützungsabkommen über ein "digitales stationäres Radargerät"“ verpflichtet sich die L*** AG, Niederlassung ****, zur Wahrung des Datengeheimnisses, insbesondere „dass Daten, die uns aufgrund der beauftragten Betreuung des Radargerätes anvertraut wurden oder zugänglich gemacht worden sind, nur bestimmungsgemäß an die BH Graz Umgebung – Bereich Strafwesen übermittelt werden dürfen“. Die L*** AG ist im Besitz eines Eichscheins (Nr. 99** des BEV vom 5. Februar 2007, gültig bis 31. Dezember 2010) für das Gerät, der messtechnisch geeignete Standort der verwendeten Radarbox wurde durch das BEV auf Ersuchen der Erstbeschwerdegegnerin festgelegt (am 3. Mai 2007, Schreiben und Skizze des BEV).
Beweiswürdigung : Wie bisher, die genaue Typen- und Systembezeichnung wurde dem amtswegig von der Website der L*** AG beigeschafften Datenblatt des Geräts entnommen (Beilage zu GZ: K121.359/0006-DSK/2008). Die zitierten Urkunden liegen in Kopie vor (Beilagen zur Stellungnahme vom 22. Jänner 2008). Die Feststellung zur Vertragsbeziehung zwischen der L*** AG und der Erstbeschwerdegegnerin gründet sich auf das Vorbringen letzterer und die Beilage zu deren Stellungnahme vom 22. Jänner 2008 („Benützungsabkommen über ein "digitales stationäres Radargerät"“ und „Verpflichtungserklärung zur Wahrung des Datengeheimnisses“).
Das vorstehend beschriebene Gerät ermittelte folgende Daten, die in Form zweier grafischer Dateien (Bitmap-Format, Messfoto in Form eines Nachschusses [Heckansicht des Fahrzeugs] auf das vorbeifahrende Kraftfahrzeug mit in der Kopfzeile eingeblendeten Messdaten sowie einer zweiten, auf die Kennzeichentafel fokussierten Aufnahme) gespeichert und mit Hilfe der L*** AG automationsunterstützt der Zweitbeschwerdegegnerin übermittelt, von dieser neuerlich gespeichert (Datei 00****98c.bmp) und am 20. November 2007 erstmals ausgedruckt und für Zwecke eines gegen den verantwortlichen Fahrzeuglenker (als solcher hat sich der Beschwerdeführer bekannt) einzuleitenden Verwaltungsstrafverfahrens verarbeitet worden sind :
Weiters die – nicht gesondert kategorisierte – Datums- und Zeitangabe „2007.11.15/17:46:19“ sowie die (Ordnungs ) Zahl „– 00093 A“ und die (vermutliche) Messangabe „500 ms“ (Millisekunden).
Beweiswürdigung : Wie bisher, insbesondere Ausdruck des so genannten Radarfotos vom 20. November 2007 (Beilagen zur Stellungnahme der Zweitbeschwerdegegnerin vom 22. Jänner 2008.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Grundrecht auf Datenschutz“ (Unterstreichung durch die Datenschutzkommission):
„ § 1 . (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“
§ 4 Z 1 und 4 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Definitionen“ (Unterstreichung durch die Datenschutzkommission):
„ § 4 . Im Sinne der folgenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:
§ 7 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Zulässigkeit der Verwendung von Daten“ (Unterstreichungen durch die Datenschutzkommission):
„ § 7 . (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.
(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn
(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, daß die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und daß die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.“
§ 8 Abs. 4 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nichtsensibler Daten“:
„ § 8. [...]
(4) Die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen verstößt - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 2 - nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn
§ 94a StVO lautet samt Überschrift:
„ § 94a. Zuständigkeit der Landesregierung
(1) Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern sich nicht eine andere Zuständigkeit ergibt, die Landesregierung. Diese ist jedenfalls für die Handhabung der Verkehrspolizei (§ 94b Abs. 1 lit. a) auf Autobahnen zuständig.
(2) Die Landesregierung kann Organe, die dem Landespolizeikommando oder dem Bezirkspolizeikommando angehören oder diesem zugeteilt sind und in Angelegenheiten des Straßenverkehrs besonders geschult sind, zur Handhabung der Verkehrspolizei einsetzen:
(3) Abs. 2 lit. b bis e gilt nicht für den Bereich von Bundespolizeibehörden.
(4) Die Landesregierung kann sich im örtlichen Wirkungsbereich von Bundespolizeibehörden zur Vollziehung des Abs. 1 zweiter Satz auch der Sicherheitswacheorgane dieser Behörden bedienen.“
§ 94b StVO lautet samt Überschrift:
„ § 94b. Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde
(1) Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern der Akt der Vollziehung nur für den betreffenden politischen Bezirk wirksam werden soll und sich nicht die Zuständigkeit der Gemeinde oder der Bundespolizeibehörde ergibt, die Bezirksverwaltungsbehörde
(2) Die Bezirksverwaltungsbehörde ist ferner Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes für Personen, die ihren Hauptwohnsitz im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde haben
§ 94c StVO lautet samt Überschrift:
„ § 94c. Übertragener Wirkungsbereich der Gemeinde
(1) Die Landesregierung kann durch Verordnung von der Bezirksverwaltungsbehörde zu besorgende Angelegenheiten (§ 94b), die nur das Gebiet einer Gemeinde betreffen, wenn und insoweit dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit gelegen ist, dieser Gemeinde übertragen. Bei der Besorgung der übertragenen Angelegenheiten tritt die Gemeinde an die Stelle der Bezirksverwaltungsbehörde. Vor Erlassung der Verordnung ist der Bezirksverwaltungsbehörde Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(2) Die Übertragung kann sich, sofern sich aus Abs. 3 nichts anderes ergibt, sowohl auf gleichartige einzelne, als auch auf alle im § 94b bezeichneten Angelegenheiten hinsichtlich einzelner oder aller Straßen beziehen. Angelegenheiten des Verwaltungsstrafverfahrens mit Ausnahme der Vollziehung des § 50 VStG und Angelegenheiten des Verkehrsunterrichtes (§ 101) sind von der Übertragung ausgeschlossen. Die Übertragung ist durch Verordnung zu widerrufen oder einzuschränken, wenn die Voraussetzungen, unter denen sie erfolgt ist, überhaupt weggefallen bzw. nicht mehr im seinerzeitigen Umfang gegeben sind.
(3) Sofern eine Gemeinde über einen Gemeindewachkörper verfügt, kann ihr die Handhabung der Verkehrspolizei (§ 94b Abs. 1 lit. a) durch diesen übertragen werden. Hiebei können alle oder nur bestimmte Angelegenheiten der Verkehrspolizei hinsichtlich aller oder nur einzelner Straßen übertragen werden. Die Ermächtigung der übrigen Organe der Straßenaufsicht, die Verkehrspolizei im Gemeindegebiet zu handhaben, bleibt unberührt.“
§ 94d StVO lautet samt Überschrift:
„ § 94d. Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde
Sofern der Akt der Vollziehung nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich auf Straßen, die nach den Rechtsvorschriften weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen gelten noch diesen Straßen gleichzuhalten sind, beziehen soll, sind folgende Angelegenheiten von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen:
§ 26 VStG lautet unter der Überschrift „Zuständigkeit“:
„ § 26 . (1) Den Bezirksverwaltungsbehörden steht in erster Instanz die Untersuchung und Bestrafung aller Übertretungen zu, deren Ahndung nicht anderen Verwaltungsbehörden oder den Gerichten zugewiesen ist.
(2) Den Bundespolizeidirektionen kommt die Strafbefugnis in erster Instanz im Rahmen ihres Wirkungsbereiches zu.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen:
Beide Beschwerdegegnerinnen haben eingewendet, die beschwerdegegenständliche automationsunterstützte Geschwindigkeitsmessung samt Bilddatenverarbeitung sei keine Verwendung personenbezogener Daten, solange die Bilddaten nicht mit den Daten des Kraftfahrzeugregisters verknüpft seien. Daher habe die Erstbeschwerdegegnerin „keinerlei personenbezogene Daten“ des Beschwerdeführers verarbeitet, da sie eine solche Verknüpfung nicht vornehmen könne – dies geschehe vielmehr erst bei der Zweitbeschwerdegegnerin.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat den Fall der Datenverwendung für Zwecke der automatischen Geschwindigkeitsüberwachung durch zweimalige Bilddatenverarbeitung eines Kraftfahrzeugs, Zeitmessung und Errechnung der Durchschnittsgeschwindigkeit zwischen dem Anfangs- und dem Endpunkt der Messstrecke („Section Control“) in seinem Erkenntnis vom 15. Juni 2007, G 147/06 u.a., jedenfalls unter § 4 Z 1 DSG 2000 subsumiert (vgl. das zitierte Erkenntnis, Entscheidungsgründe, Seite 20, Punkt 2.1).
Nach § 4 Z 1 DSG 2000 sind „personenbezogene Daten“ Angaben über bestimmte oder bestimmbare Personen. Daten über „bestimmbare“ Personen liegen nach dem Erwägungsgrund 26 der RL 95/46 immer dann vor, wenn davon auszugehen ist, dass vom Auftraggeber der Datenverwendung oder von einem Dritten Mittel eingesetzt werden könnten, um die betreffende Person zu bestimmen.
Im gegenständlichen Fall (der sich von der „Section Control“ dadurch unterscheidet, dass bei der „Section Control“ Daten vieler Betroffener eben nicht rückgeführt werden dürfen, weil sie keine Geschwindigkeitsübertretung begangen haben), liegt der einzige Sinn der Datenermittlung darin, die hinter den Kennzeichen stehenden Personen (Kraftfahrzeughalter) zu identifizieren, sei es auch erst durch einen „Dritten“, nämlich die Strafverfolgungsbehörde. Die beschwerdegegenständliche Radaraufzeichnung von Kraftfahrzeug-Kennzeichen ist daher eine Ermittlung von Daten über Personen, deren Identifikation – und Bestrafung – Zweck der Datenermittlung und -verarbeitung ist. Es handelt sich also bei der Erstbeschwerdegegnerin um die Ermittlung von Daten über „bestimmbare Personen“ und bei der Zweitbeschwerdegegnerin um die Verarbeitung von Daten über „bestimmte Personen“.
b) Zur Frage der Auftraggebereigenschaft :
Nach den Sachverhaltsfeststellungen hat im vorliegenden Beschwerdefall die Erstbeschwerdegegnerin die Entscheidung getroffen, in ihrem Gemeindegebiet am festgestellten Ort die dargestellte automatische Geschwindigkeitsüberwachung durchführen zu lassen. Damit hat die Erstbeschwerdegegnerin gemäß § 4 Z 4 DSG 2000 die Entscheidung getroffen, personenbezogene Daten zu verarbeiten – sie muss daher nach § 4 Z 4 DSG 2000 als Auftraggeberin der Datenermittlung mittels „Radar-Falle“ angesehen werden. Mit der technischen Durchführung wurde von ihr die L*** AG beauftragt und damit als Dienstleisterin gemäß § 4 Z 5 DSG 2000 herangezogen.
Auch das Vorliegen und der Inhalt der von der L*** AG abgegebenen datenschutzrechtlichen Verpflichtungserklärung belegen, dass sich die Parteien dieses Vertrags durchaus über die Rollen- und Pflichtenverteilung bei dieser Datenverwendung im Klaren waren.
Für die Zweitbeschwerdegegnerin als Übermittlungsempfängerin steht ihre Auftraggebereigenschaft für die Datenverwendung im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens dem Sachverhalt nach ohnehin außer Frage.
Die Gemeinde B***dorf gehört als Gebietskörperschaft mit dem Recht auf Selbstverwaltung (vgl. Art. 116 Abs. 1 B-VG) gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 DSG 2000 zu den Auftraggebern des öffentlichen Bereichs.
Die Aufgabe, die die Erstbeschwerdegegnerin durch die durchgeführte automatische Geschwindigkeitsüberwachung übernommen hat, ist eine solche der Verkehrspolizei gemäß § 94b Abs. 1 lit a StVO , im Speziellen die „Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften“, wozu die gemäß den Bestimmungen der StVO erlassenen örtlichen besonderen Geschwindigkeitsbeschränkungen zählen.
Schon aus der zitierten Bestimmung lässt sich der Schluss ziehen, dass die Verkehrspolizei vom Gesetzgeber als Aufgabe der Vollziehung grundsätzlich der Bezirksverwaltungsbehörde zugewiesen worden ist.
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ergibt sich weder aus dem § 94c (übertragener Wirkungsbereich der Gemeinde) noch aus dem § 94d (eigener Wirkungsbereich der Gemeinde) der StVO. Eine Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung gemäß § 94 c StVO, durch die straßenpolizeiliche Aufgaben der Bezirksverwaltungsbehörde auf die Erstbeschwerdegegnerin übertragen werden könnten , besteht nicht, worauf auch der Beschwerdeführer zutreffend hingewiesen hat.
Daraus folgt gemäß § 7 Abs. 1 DSG 2000, dass schon die Datenverarbeitung für den Zweck der Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften, einschließlich der automatischen Geschwindigkeitsüberwachung, mangels einer gesetzlichen Zuständigkeit oder rechtlichen Befugnis der Erstbeschwerdegegnerin nicht erfolgen hätte dürfen. Die entsprechende Zuständigkeit und Befugnis liegt eindeutig bei der Zweitbeschwerdegegnerin. Ein Eingehen auf den zweiten Teil des kumulativen Tatbestandes dieser Gesetzesbestimmung (Frage der schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Beschwerdeführers) erübrigt sich damit.
Die Datenschutzkommission verkennt nicht, dass an einer Überwachung der Einhaltung von Geschwindigkeitsbestimmungen gerade in den Gemeinden, die von ihren Bürgern wohl in erster Linie zur Abhilfe gegen verkehrsbedingte Belästigungen aufgerufen werden, ein besonderes Interesse besteht. Doch muss bedacht werden, dass eine Verkehrsüberwachung die Ausübung von Hoheitsgewalt darstellt und als solche im Sinne des Art. 18 B-VG einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Gerade der Schutz der Grund- und Freiheitsrechte verbietet ausnahmslos ein Abgehen von dieser verfassungsrechtlichen Voraussetzung. Es obliegt daher dem Gesetzgeber, entsprechende Zuständigkeiten für Gemeinden im Verkehrsüberwachungsbereich zu schaffen, wenn er von deren sachlicher Rechtfertigung überzeugt ist.
Aus § 7 Abs. 2 Z 1 DSG 2000 folgt in einem zweiten Schritt der zwingende Schluss, dass auch die Übermittlung der Daten an die Zweitbeschwerdegegnerin unrechtmäßig erfolgt ist, da diese nicht rechtmäßig verarbeitet worden sind. Durch die solcherart unrechtmäßige Datenverwendung hat die Erstbeschwerdegegnerin den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten verletzt.
Was den von der Zweitbeschwerdegegnerin gemachten Einwand und den Hinweis auf das VwGH-Erkenntnis vom 15. Juni 2005, Zl. 2004/02/0393, anbelangt, so ist zu sagen:
In der zitierten höchstgerichtlichen Entscheidung wird auf die Frage der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Radarüberwachung durch ein Privatunternehmen im Auftrag einer Gemeinde nicht eingegangen. In jener Verwaltungsstrafsache stand für den VwGH vielmehr die Frage im Mittelpunkt, ob in einer derartigen Konstellation gewonnene, den Beschuldigten belastende Beweismittel („Radarfotos“) von der Verwaltungsstrafbehörde verwertet werden dürfen – was der VwGH unter Berufung auf seine eigene Vorjudikatur und den Verfahrensgrundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel bejaht hat. Für die hier von der Datenschutzkommission zu lösende Rechtsfrage ist aus diesem Erkenntnis jedoch nichts zu gewinnen.
Der Beschwerde war daher im Hinblick auf die Erstbeschwerdegegnerin stattzugeben.
Die Zweitbeschwerdegegnerin verfügte im Gegensatz zur Erstbeschwerdegegnerin gemäß § 7 Abs. 1 DSG 2000 sowohl über die gesetzliche Zuständigkeit wie auch die rechtliche Befugnis, personenbezogene Daten des Beschwerdeführers als Zulassungsbesitzer für Zwecke eines Verwaltungsstrafverfahrens zu verarbeiten. Dies ergibt sich aus § 94b Abs. 1 lit a StVO iVm § 26 Abs. 1 VStG sowie indirekt auch aus weiteren Bestimmungen wie der Pflicht des Zulassungsbesitzers zur Erteilung der so genannten Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967. Auch die Zulässigkeit des Eingriffs in schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Beschwerdeführers wäre gegeben, erlaubt doch § 8 Abs. 4 Z 1 und 2 DSG 2000 iVm §§ 47 und 49a VStG zumindest indirekt (wenn auch datenschutzrechtliche Detailbestimmungen fehlen) den Einsatz „automatischer Überwachung“ für Zwecke der Verkehrspolizei, worunter seit Schaffung dieser Bestimmungen vor allem die Radar-Geschwindigkeitsmessung samt fotografischer Beweissicherung für Zwecke eines anschließenden Verwaltungsstrafverfahrens verstanden wird (früher auf chemisch auszuarbeitendem Film, heute mittels digitaler Bilddatenverarbeitung). Ein gelinderes Mittel zur Erreichung des angestrebten Zwecks (Durchführung der gesetzlich verpflichtenden verkehrspolizeiliche Überwachung, Sicherung gesetzmäßiger Beweise zur Überführung des Täters) ist gemäß § 7 Abs. 3 DSG 2000 weder absehbar, noch hat der Beschwerdeführer ein solches aufgezeigt.
Der Beschwerdeführer hat jedoch auf die Frage hingewiesen, ob die Zweitbeschwerdegegnerin berechtigt war, ihn betreffende Daten, die die Erstbeschwerdegegnerin ihr (siehe oben, Punkt c) unrechtmäßig übermittelt hat, für Zwecke eines gegen ihn eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens zu verwenden. Der Beschwerdeführer vertritt in nahe liegender Weise die Ansicht, dies (einschließlich der Verwertung der solcherart gewonnenen Beweismittel im gegen ihn laufenden Verwaltungsstrafverfahren, vgl. Beilage „Einspruch“ vom 23. Dezember 2007 zur Beschwerde vom selben Tage) sei unzulässig.
Doch ist der Beschwerdeführer in diesem Punkt nicht im Recht.
§ 7 Abs. 2 DSG 2000 untersagt nur die Übermittlung unzulässigerweise verarbeiteter Daten, woraus folgt, dass ein solcher Verwendungsvorgang in das Geheimhaltungsrecht des Betroffenen eingreift. Aus der Bestimmung ist jedoch nicht zu folgern, dass zur Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung beim Empfänger eine geschlossene Kette rechtmäßiger Datenverwendung bei allen zuvor verantwortlichen Auftraggebern vorliegen muss. Es genügt vielmehr, dass der Empfänger als Auftraggeber die entsprechenden Grundlagen nachweisen kann – was hier, wie im vorigen Absatz ausgeführt, der Fall ist. An dieser Stelle kann auch auf das bereits zitierte Erkenntnis des VwGH vom 15. Juni 2005, Zl. 2004/02/0393, zur Frage der Beweismittelverwertung sowie auf jene Entscheidungen der Datenschutzkommission verwiesen werden, die ein auf Grundlage von Datenschutzverletzungen postuliertes „Beweismittelverbot“ abgelehnt haben (Bescheid der Datenschutzkommission vom 8. Oktober 2004, GZ: K120.869/0002-DSK/2004, Bescheid der Datenschutzkommission vom 16. Dezember 2005, GZ: K121.040/0018-DSK/2005, alle zitierten Entscheidungen im RIS).
Die Beschwerde war somit im Hinblick auf die Zweitbeschwerdegegnerin als unbegründet abzuweisen.
Mit Erkenntnis vom 8. September 2009, Zl. 2008/17/0152-8, hat der VwGH der Beschwerde der Erstbeschwerdegegnerin (Gemeinde B***dorf) gegen diesen Bescheid stattgegeben und den Bescheid im (stattgebenden) Spruchpunkt 1.
aufgehoben
aus den Entscheidungsgründen des VwGH:
Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs, des Bescheidinhalts und der Vorbringen der Parteien führt der VwGH aus:
„Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgeblichen Bestimmungen des DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999, lauten:
“Artikel 1
(Verfassungsbestimmung)
Grundrecht auf Datenschutz
§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind.
...
(5) Gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, ist, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden, das Grundrecht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. In allen übrigen Fällen ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig, es sei denn, dass Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit betroffen sind.
...
1. Abschnitt
Allgemeines
Definitionen
§ 4. Im Sinne der folgenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:
...
4. 'Auftraggeber': natürliche oder juristische Personen, Personengemeinschaften oder Organe einer Gebietskörperschaft beziehungsweise die Geschäftsapparate solcher Organe, wenn sie allein oder gemeinsam mit anderen die Entscheidung getroffen haben, Daten für einen bestimmten Zweck zu verarbeiten (Z 9), und zwar unabhängig davon, ob sie die Verarbeitung selbst durchführen oder hiezu einen anderen heranziehen. Als Auftraggeber gelten die genannten Personen, Personengemeinschaften und Einrichtungen auch dann, wenn sie einem anderen Daten zur Herstellung eines von ihnen aufgetragenen Werkes überlassen und der Auftragnehmer die Entscheidung trifft, diese Daten zu verarbeiten. Wurde jedoch dem Auftragnehmer anlässlich der Auftragserteilung die Verarbeitung der überlassenen Daten ausdrücklich untersagt oder hat der Auftragnehmer die Entscheidung über die Art und Weise der Verwendung, insbesondere die Vornahme einer Verarbeitung der überlassenen Daten, auf Grund von Rechtsvorschriften, Standesregeln oder Verhaltensregeln gemäß § 6 Abs. 4 eigenverantwortlich zu treffen, so gilt der mit der Herstellung des Werkes Betraute als datenschutzrechtlicher Auftraggeber;
...
Öffentlicher und privater Bereich
§ 5. (1) Datenanwendungen sind dem öffentlichen Bereich im Sinne dieses Bundesgesetzes zuzurechnen, wenn sie für Zwecke eines Auftraggebers des öffentlichen Bereichs (Abs. 2) durchgeführt werden.
(2) Auftraggeber des öffentlichen Bereichs sind alle Auftraggeber,
1. die in Formen des öffentlichen Rechts eingerichtet sind, insbesondere auch als Organ einer Gebietskörperschaft,
...
Genehmigungspflichtige Übermittlung und Überlassung
von Daten ins Ausland
§ 13. ...
...
(3) Im Genehmigungsverfahren haben Auftraggeber des öffentlichen Bereichs auch hinsichtlich der Datenanwendungen, die sie in Vollziehung der Gesetze durchführen, Parteistellung.
Zulässigkeit der Verwendung von Daten
§ 7. (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.
(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn
1. sie aus einer gemäß Abs. 1 zulässigen Datenanwendung stammen und
2. der Empfänger dem Übermittelnden seine ausreichende gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis - soweit diese nicht außer Zweifel steht - im Hinblick auf den Übermittlungszweck glaubhaft gemacht hat und
3. durch Zweck und Inhalt der Übermittlung die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen nicht verletzt werden.
(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, daß die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und daß die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.
Prüfungs- und Verbesserungsverfahren
§ 20. ...
(6) Im Registrierungsverfahren haben Auftraggeber des öffentlichen Bereichs auch hinsichtlich der Datenanwendungen, die sie in Vollziehung der Gesetze durchführen, Parteistellung.
Rechtschutz
Beschwerde an die Datenschutzkommission
§31.(1)...
(2) Zur Entscheidung über behauptete Verletzungen der Rechte eines Betroffenen auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung nach diesem Bundesgesetz ist die Datenschutzkommission dann zuständig, wenn der betroffene seine Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, der nicht als Organ der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit tätig ist.
...
Wirkung von Bescheiden der Datenschutzkommission und
des geschäftsführenden Mitglieds
§40.(1)...
(2) Gegen Bescheide der Datenschutzkommission ist kein Rechtsmittel zulässig. Sie unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes durch die Parteien des Verfahrens ist zulässig. Dies gilt auch für die in Vollziehung der Gesetze tätigen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs in jenen Fällen, in welchen ihnen gemäß § 13 Abs. 3 oder § 20 Abs. 6 Parteistellung zukommt oder durch Gesetz ausdrücklich ein Beschwerderecht an den Verwaltungsgerichtshof eingeräumt wurde.
...“
In ihrer Beschwerde bringt die vor dem Verwaltungsgerichtshof beschwerdeführende Gemeinde unter anderem vor, dass sie bei der Beauftragung der Radarmessung nicht hoheitlich (in Ausübung der Verkehrspolizei) tätig gewesen sei. Die Dokumentation des Geschehens auf öffentlichen Straßen, wie dies durch derartige Anlagen geschehe, umfasse keinesfalls Aktivitäten, wie sie der Polizeibegriff voraussetze.
Die belangte Behörde vertrat in ihrer Gegenschrift unter Hinweis auf den hg. Beschluss vom 28. November 2006, Zl. 2006/06/0068, die Ansicht, die Beschwerde sei unzulässig. Die beschwerdeführende Partei könne sich nicht darauf berufen, bei der gegenständlichen systematischen Verkehrspolizei (durch Überwachung) als Trägerin von Privatrechten (im Rahmen der nicht hoheitlichen Privatwirtschaftsverwaltung) gehandelt zu haben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem hier angesprochenen Beschluss vom 28. November 2006, Z1. 2006/06/0068, eine Beschwerde der Bundesministerin für Inneres gegen den Bescheid der Datenschutzkommission betreffend die Gesetzmäßigkeit der Weitergabe von Daten zurückgewiesen. Aus § 40 Abs. 2 DSG 2000, der von den “Parteien des Verfahrens“ vor der Datenschutzkommission spreche, sei zwar die Stellung der öffentlichen Auftraggeber als Formalpartei im Verfahren vor der Datenschutzkommission abzuleiten (die diesbezüglichen gegenläufigen Erläuterungen hätten im Gesetzeswortlaut keine Deckung und könnten daher bei der Auslegung keine Berücksichtigung finden, weil eine historische Auslegung ihre Grenze jedenfalls im Wortlaut des Gesetzes habe). Auf Grund des ausdrücklich im § 40 Abs. 2 DSG 2000 vorgesehenen Ausschlusses der Beschwerdeberechtigung im Verfahren vor der Datenschutzkommission (außer in den Verfahren gemäß § 13 und 20 DSG 2000) könne die Bundesministerin aber keine eigenen subjektiv-öffentlichen Rechte in einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG geltend machen.
Der Verwaltungsgerichtshof geht auch im vorliegenden Beschwerdefall in Übereinstimmung mit dem eben zitierten Beschluss davon aus, dass den in Vollziehung der Gesetze tätigen Auftraggebern des öffentlichen Bereichs im dargestellten Umfang kein Beschwerderecht im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG zukommt.
Der belangten Behörde ist auch beizupflichten, dass der im vorliegenden Verfahren angefochtene Bescheid unstrittig weder in einem “Genehmigungsverfahren“ nach § 13 Abs. 3 DSG 2000 noch in einem “Registrierungsverfahren“ nach § 20 Abs. 6 leg. cit. erging. Gleichfalls unstrittig ist, dass die vor dem Verwaltungsgerichtshof beschwerdeführende Gemeinde kein Rechtsträger ist, der in Form des Privatrechtes eingerichtet ist. Die belangte Behörde übersieht jedoch, dass die beschwerdeführende Partei vorbringt, sie habe gerade nicht in Vollziehung der Gesetze als Auftraggeber des öffentlichen Bereichs gehandelt. Sollte diese Behauptung zutreffen, wäre die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausgeschlossen. Die beschwerdeführende Partei muss daher diese Frage an den Verwaltungsgerichtshof herantragen können, ohne dass die Beschwerde dadurch bereits unzulässig wäre, dass die Datenschutzkommission eine gegenteilige Ansicht vertritt. Es ist daher zu prüfen, ob die Ansicht der belangten Behörde, die beschwerdeführende Gemeinde habe als Auftraggeber des öffentlichen Bereichs in Vollziehung der Gesetze gehandelt, zutrifft oder nicht; Feststellungen hierzu wurden aber nicht getroffen.
Die belangte Behörde hatte zu diesen Zusammenhang - zusammengefasst - die Ansicht vertreten, weil die Überwachung des Straßenverkehrs Straßenpolizei und somit eine hoheitliche Aufgabe sei, die nur von einer Behörde erfüllt werden könne, habe die beschwerdeführende Gemeinde als solche gehandelt; da sie dafür aber nicht zuständig gewesen sei, sei dieses Handeln - jedenfalls aus der Perspektive des Datenschutzes - rechtswidrig gewesen. Dem gegenüber behauptete die beschwerdeführende Gemeinde, sie habe als Privatrechtssubjekt gehandelt. Auf dieses Vorbringen ist die belangte Behörde aber nur insoweit eingegangen, als sie - wie erwähnt - die Verkehrsüberwachung als hoheitliche Aufgabe beurteilte, die (rechtmäßig) nur von einer Behörde erfüllt werden könnte. Damit hat sie aber nicht berücksichtigt, dass (allenfalls) auch rechtswidriges Handeln von Privatrechtsubjekten diese nicht zu Behörden macht, wenn nur Behörden rechtmäßig handeln könnten. Ob die hier behauptete Wahl des Handelns in der Form des Privatrechts durch die beschwerdeführende Gemeinde datenschutzrechtlich gegebenenfalls missbräuchlich war, ist im Hinblick auf Art. 116 Abs. 2 B-VG erst zu prüfen, wenn die Rechtsfolgen dieser Wahl geklärt sind.
Ist demnach ein (gegebenenfalls auch rechtswidriges) Handeln der beschwerdeführenden Partei als Privatrechtssubjekt möglich, erweist sich die Beschwerde als zulässig. Ihr kommt aber auch Berechtigung zu:
Nach § 1 Abs. 1 erster Satz DSG 2000 hat jedermann Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. § 1 Abs. 2 erster Satz leg. cit umschreibt dieses schutzwürdige Interesse näher dahin, dass - abgesehen von den hier nicht gegebenen Fällen der Verwendung von personenbezogenen Daten im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung - ein überwiegendes berechtigtes Interesse eines anderen vorliegen muss, damit in den Anspruch auf Geheimhaltung eingegriffen werden kann. Dieser Eingriff ist für staatliche Behörden nur auf Grund der in der genannten Bestimmung näher umschriebenen Gesetze zulässig.
Dementsprechend ist die belangte Behörde zutreffend auch davon ausgegangen, dass nach § 7 Abs. 1 DSG 2000 die Prüfung, ob ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse vorliegt, dann nicht vorzunehmen ist, wenn eine Behörde auf entsprechender gesetzlicher Grundlage einschreitet; in diesem Fall hat der Gesetzgeber bereits die Interessenabwägung vorgenommen (vgl. etwa auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 2007, G 147/06 und andere = Slg. Nr. 18146).
Für Auftraggeber, die nicht dem öffentlichen Bereich angehören, verlangt das Gesetz eine entsprechende “Befugnis“ (diese ist im DSG 2000 weiter nicht umschrieben) und - wovon auch die belangte Behörde grundsätzlich ausgeht - die Beurteilung, ob schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen verletzt werden oder nicht. Die belangte Behörde hat jedoch - ausgehend von einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht - die Möglichkeit eines Handelns der beschwerdeführenden Gemeinde in anderer als hoheitlicher Form ausgeschlossen und somit weder die “Befugnis“ noch das Vorliegen schutzwürdiger Interessen im dargestellten Sinne geprüft. Sie hat dadurch den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Gegen dieses Ergebnis kann auch nicht eingewendet werden, dass § 5 Abs. 2 Z. 1 Datenschutzgesetz 2000 als Auftraggeber des öffentlichen Bereichs alle Auftraggeber umschreibt, die in Formen des öffentlichen Rechts eingerichtet sind, wozu die beschwerdeführende Partei als Gemeinde eindeutig zu zählen ist. Diese Bestimmung ist nämlich im Zusammenhalt mit § 31 Abs. 2 (und § 1 Abs. 5 letzter Satz) DSG 2000 zu sehen, der die Datenschutzkommission zur Entscheidung über behauptete Verletzungen der Rechte eines Betroffenen (unter anderem) auf Geheimhaltung beruft, wenn der Betroffene seine Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, der nicht als Organ der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit tätig ist. Damit ist geklärt, dass die Datenschutzkommission für derartige Beschwerden dann zuständig ist, wenn ein Auftraggeber, der “in Formen des öffentlichen Rechts eingerichtet“ ist, das Recht eines Betroffenen auf (unter anderem) Geheimhaltung verletzt haben soll, und zwar auch dann, wenn diese Verletzung im Rahmen der privatwirtschaftlichen Tätigkeit dieses Auftraggebers erfolgt sein soll (vgl. zu dieser Problematik etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1989, G 238/88 und andere, Slg. Nr. 12194, zum Datenschutzgesetz, BGBl. Nr. 565/1978 in der Fassung der Novelle 1986, BGBl. Nr. 370). § 5 Abs. 2 Z. 1 DSG 2000 besagt hingegen nichts für die Frage, welchem Bereich (der Hoheits- oder der Privatwirtschaftsverwaltung) eine bestimmte Tätigkeit eines öffentlichen Auftraggebers zuzuordnen ist.
Im Übrigen sei noch darauf hingewiesen, dass die Straßenverkehrsordnung in § 94 b Abs. 1 lit. a die Verkehrspolizei zwar als die Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften und die unmittelbare Regelung des Verkehrs durch Arm- oder Lichtzeichen definiert, jedoch nicht danach differenziert, ob technische Hilfsmittel (wie etwa Radargeräte) eingesetzt werden oder nicht. Gründe dafür, warum eine (auch planmäßige) “Verkehrsüberwachung“ durch Privatpersonen auf Grund dieser Bestimmung unzulässig sein sollte, sind dem Gesetz jedenfalls ausdrücklich nicht zu entnehmen (vgl. Julcher , Radarmessungen durch beauftragte Private - sind Anonymverfügungen zulässig? ÖGZ 11/2006, 27 [281; anderer Ansicht etwa Pürstl , Radarüberwachung durch Gemeinden, ZVR 2007, 112; demgegenüber spricht auch Öhlinger , Überlegungen zu den rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen einer Verkehrsüberwachung durch Private, ZVR 1992, 144 nur im Zusammenhang mit der verbindlichen Regelung des Straßenverkehrs und dem Einsatz von Zwang zu ihrer Durchsetzung von der Verkehrsüberwachung als einer “unverzichtbaren staatlichen Aufgabe“ als Ausfluss des “Gewaltmonopols“ des Staates und sieht damit
- wie Pürstl zutreffend anmerkt - die Verkehrsüberwachung - nur - als im “Vorhof“ des Kernbereichs staatlich-hoheitlichen Handelns angesiedelt). Eine Rechtswidrigkeit planmäßiger Verkehrsüberwachung durch Privatpersonen auf Grund datenschutzrechtlicher Normen wäre dadurch allerdings nicht gehindert.“
[Begründung des Kostenpunkts hier nicht wiedergegeben]