JudikaturDSB

K121.359/0009-DSK/2010 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
30. Juni 2010

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. KOTSCHY, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Mag. ZIMMER und Dr. HEISSENBERGER sowie des Schriftführers Dr. KÖNIG in ihrer Sitzung vom 30. Juni 2010 folgenden Beschluss gefasst:

Über die Beschwerde des Dr. Hugo N*** (Beschwerdeführer) aus Graz vom 23. Dezember 2007 gegen die Gemeinde S*** (Beschwerdegegnerin, im ersten Rechtsgang: Erstbeschwerdegegnerin), vertreten durch Dr. Richard L***, Rechtsanwalt in **** Wien, wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten durch Verwendung (Ermittlung, Speicherung, Übermittlung an die Verwaltungsstrafbehörde) auf ihn bezogener Daten als Zulassungsbesitzer des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen 00-***0 am 15. November 2007 und in den folgenden Tagen mit Hilfe des in Ä*** Nr. 8, **** S***, aufgestellten automatischen Geschwindigkeitsüberwachungsgeräts (Radarbox, Radarautomat) wird im in Folge Aufhebung des Bescheids der Datenschutzkommission vom 11. Juli 2008, GZ: K121.359/0016- DSK/2008, durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) vom 8. September 2009, 2008/17/0152, wieder offenen Umfang (Beschwerde gegen die Gemeinde S***, aufgehobener Spruchpunkt 1.) entschieden:

Rechtsgrundlagen: § 1 Abs. 1 und 2, § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 7 Abs. 1, 2 und 3, § 8 Abs. 4, § 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 2/2008, iVm § 94 b Abs.1 lit a der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159/1960 idF BGBl. I Nr. 152/2006, und § 26 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und § 49a Abs. 2 Z 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 117/2002.

B e g r ü n d u n g :

A. Vorbringen der Parteien

Der Beschwerdeführer behauptet in seiner Beschwerde vom 23. Dezember 2007 (bei der Datenschutzkommission eingelangt am 27. Dezember 2007) eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass die Beschwerdegegnerin am 15. November 2007, 17:46 Uhr, auf ihn bezogene personenbezogene Daten (Kennzeichen und gemessene Geschwindigkeit des auf ihn zugelassenen Pkw 00-***0) mit Hilfe eines automationsunterstützt arbeitenden Überwachungssystems (Radarmessgerät) verarbeitet und an die BH Graz-Umgebung übermittelt habe, die auf Grundlage dieser Daten ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Verdachts der Übertretung der StVO gegen ihn eingeleitet habe. Die Beschwerdegegnerin sei als Gemeinde nicht gesetzlich ermächtigt, Daten für Zwecke der straßenpolizeilichen Überwachung zu ermitteln. Da diese Daten somit gesetzwidrig ermittelt worden seien, hätte sie die BH Graz-Umgebung auch nicht speichern und für verwaltungsstrafrechtliche Zwecke verarbeiten (insbesondere mit Daten aus anderen Quellen verknüpfen) dürfen. Der Beschwerdeführer beantragte, die Verletzung im Recht auf Geheimhaltung durch die Beschwerdegegnerinnen gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 festzustellen (weitere Anbringen nahmen auf § 30 DSG 2000 Bezug und werden in einem separaten Verfahren zu Zl. K210.594 behandelt).

Die Beschwerdegegnerin bestritt in ihrer Stellungnahme vom 22. Jänner 2008 den Sachverhalt im Kern nicht und brachte vor, sie habe die „Firma B***“ mit der Installation und dem Betrieb einer stationären automatisierten Verkehrsüberwachungsanlage beauftragt. Gerät und Standort(e) seien geeicht bzw. vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) abgenommen. Die Anlage erfasse nur die Bilddaten (insbesondere das Kennzeichen) von Fahrzeugen, die die örtlich zulässige Höchstgeschwindigkeit (30 km/h) deutlich überschritten hätten.

Diese Daten würden von der Firma B*** direkt an die Bezirksverwaltungsbehörde übermittelt, nur wenige besonders geschulte und verpflichtete Mitarbeiter hätten zu diesen Daten Zugang. Aus Sicht der Beschwerdegegnerin würden damit keine personenbezogenen Daten erfasst, da vom Kennzeichen des Fahrzeuges nicht unmittelbar auf eine bestimmte Person geschlossen werden könne.

Die BH Graz-Umgebung vertrat hinsichtlich der Frage, ob personenbezogene Daten verarbeitet würden, in ihrer Stellungnahme vom 22. Jänner 2008, GZ: 00.1 **000/20**, die gleiche Ansicht. Erst durch die Eingabe (Einspielen) der Daten des Radarmessgeräts in das EDV-Programm „Verwaltungsstrafwesen“ und die dort als erster Schritt folgende Abfrage des Kraftfahrzeugzentralregisters (KZR) zur Ermittlung des Zulassungsbesitzers, könne man von einer personenbezogenen Datenverarbeitung sprechen. Ansonsten bestritt die BH Graz-Umgebung das Sachverhaltsvorbringen der Beschwerde nicht, legte Akten aus dem gegen den Beschwerdeführer laufenden Verwaltungsstrafverfahren (darunter das digitale Radarfoto) in Kopie vor und verwies hinsichtlich der rechtlichen Zulässigkeit der Verwendung von Daten aus privater Verkehrsüberwachung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) vom 15. Juni 2005, Zl. 2004/02/0393-6 (anonymisierte Kopie einer Ausfertigung ebenfalls vorgelegt).

Nach allseitigem Parteiengehör zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens haben der Beschwerdeführer (Schreiben vom 16. Februar 2008) und die BH Graz-Umgebung (Schreiben vom 11. Februar 2008, GZ: **.1 00***/20**) Stellungnahmen abgegeben, in denen sie ihr bisheriges Vorbringen bekräftig haben.

Mit Bescheid der Datenschutzkommission vom 11. Juli 2008, GZ: K121.359/0016-DSK/2008, wurde der Beschwerde im Punkt 1. hinsichtlich der (nunmehr einzigen) Beschwerdegegnerin Gemeinde S*** stattgegeben und eine Verletzung des Beschwerdeführers im Recht auf Geheimhaltung festgestellt. Dagegen hat die Gemeinde S*** Beschwerde an den VwGH erhoben, der besagten Bescheid mit Erkenntnis vom 8. September 2009, 2008/17/0152, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben hat. Die Datenschutzkommission habe sich bei ihrer Entscheidung ausschließlich auf die gesetzlichen Zuständigkeiten der Beschwerdegegnerin als Behörde gestützt, und sei weder auf die Frage eingegangen, dass die Gemeinde auch als Trägerin von Privatrechten eine sonstige „Befugnis“ gemäß § 7 Abs. 1 DSG 2000 ausgeübt haben könnte, noch habe sie eine Abwägung der schutzwürdigen Interessen der Parteien vorgenommen. Damit sei der Bescheid jedoch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet worden.

Im fortgesetzten Ermittlungsverfahren brachte die Beschwerdegegnerin vor, es längen keine Änderungen im Sachverhalt vor. Die streitgegenständlichen Radarmessungen würden seit dem 15. November 2007 durchgeführt, dies durch die B*** AG auf Grundlage eines vom Bürgermeister ohne vorherigen Gemeinderatsbeschluss hin im privatwirtschaftlichen Bereich erteilten Auftrags. Die Daten würden vom Dienstleister B*** im Wege des so genannten „X*** Portals“, einer „Einrichtung des Bundes“, der X*** Ges.m.b.H an die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung als zuständige Verwaltungsstrafbehörde übermittelt. Die Beschwerdegegnerin selbst verarbeite keine Daten. Sie sei weiters „eindeutig“ nicht im Bereich der Hoheitsverwaltung tätig. Die vom VwGH in seinem Erkenntnis geforderte Interessenabwägung zwischen dem von der Gemeinde wahrgenommenen öffentlichen Interesse an der Einhaltung von Geschwindigkeitsbeschränkungen und dem Interesse eines Verkehrsteilnehmer an Geheimhaltung müsse zu Gunsten der öffentlichen Interessen ausgehen.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand noch folgende Fragen sind: 1. Hat die Beschwerdegegnerin durch die erfolgte Radarüberwachung (Messung, Bildaufzeichnung und Übermittlung an die BH Graz-Umgebung) personenbezogene Daten des Beschwerdeführers verwendet? 2. Hat sie damit rechtswidrig in das Recht des Beschwerdeführers auf Geheimhaltung eigener Daten eingegriffen?

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Am 15. November 2007, 17:46 Uhr, wurde der Pkw mit dem Kennzeichen 00-***0 in der Ortschaft Ä***, Haus Nr. 8, Gemeinde S***, in Richtung Osten fahrend von der in der dort aufgestellten stationären Radarkabine („Radarbox“) installierten Geschwindigkeitsüberwachungsanlage mit 56 km/h (unter Berücksichtigung der so genannten Messtoleranz 51 km/h für Zwecke eines Verwaltungsstrafverfahrens) gemessen und automatisch fotografiert. Die am Messort örtlich zulässige und durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeit beträgt 30 km/h.

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien und den von der BH Graz Umgebung vorgelegten Kopien aus dem Verwaltungs(straf)akt GZ: **.1 20**/00***, insbesondere dem Ausdruck des so genannten Radarfotos vom 20. November 2007 (Beilagen zur Stellungnahme vom 22. Jänner 2008).

Der Beschwerdeführer ist Zulassungsbesitzer des bezeichneten Kraftfahrzeugs.

Beweiswürdigung: Diese Feststellung gründet sich schon auf das unbestrittene Vorbringen des Beschwerdeführers.

Am Messort war ein Elektronisches Erfassungs-, Übertragungs- und Verarbeitungssystem des Typs ***-speedcontrol ***89, Hersteller: B*** AG Österreich, im Einsatz. Dieses Gerät wird auf Vertragsbasis (Vertrag Nr. **00-**000**) von der B*** AG Österreich im Auftrag der Beschwerdegegnerin für Zwecke der Verkehrsüberwachung im Gemeindegebiet betrieben. Der Vertrag mit der B*** AG Österreich wurde vom Bürgermeister der Beschwerdegegnerin ohne vorangegangenen Gemeinderatsbeschluss abgeschlossen. Als Annex zu diesem „Benützungsabkommen über ein "digitales stationäres Radargerät"“ verpflichtet sich die B*** AG Österreich, Niederlassung Graz, zur Wahrung des Datengeheimnisses, insbesondere „dass Daten, die uns aufgrund der beauftragten Betreuung des Radargerätes anvertraut wurden oder zugänglich gemacht worden sind, nur bestimmungsgemäß an die BH Graz Umgebung – Bereich Strafwesen übermittelt werden dürfen“. Die B*** AG Österreich ist im Besitz eines Eichscheins (Nr. **** des BEV vom 5. Februar 2007, gültig bis 31. Dezember 2010) für das Gerät, der messtechnisch geeignete Standort der verwendeten Radarbox wurde durch das BEV auf Ersuchen der Beschwerdegegnerin festgelegt (am 3. Mai 2007, Schreiben und Skizze des BEV).

Beweiswürdigung: Wie bisher, die genaue Typen- und Systembezeichnung wurde dem amtswegig von der Website der B*** AG Österreich beigeschafften Datenblatt des Geräts entnommen (Beilage zu GZ: K121.359/0006-DSK/2008). Die zitierten Urkunden liegen in Kopie vor (Beilagen zur Stellungnahme vom 22. Jänner 2008). Die Feststellung zur Vertragsbeziehung zwischen der B*** AG Österreich und der Beschwerdegegnerin gründet sich auf das Vorbringen letzterer und die Beilage zu deren Stellungnahme vom 22. Jänner 2008 („Benützungsabkommen über ein "digitales stationäres Radargerät"“ und „Verpflichtungserklärung zur Wahrung des Datengeheimnisses“).

Das vorstehend beschriebene Gerät ermittelte folgende Daten, die in Form zweier grafischer Dateien (Bitmap-Format, Messfoto in Form eines Nachschusses [Heckansicht des Fahrzeugs] auf das vorbeifahrende Kraftfahrzeug mit in der Kopfzeile eingeblendeten Messdaten sowie einer zweiten, auf die Kennzeichentafel fokussierten Aufnahme) gespeichert und mit Hilfe der B*** AG Österreich automationsunterstützt im Wege des so genannten „*** Portals“ der X*** Ges.m.b.H an die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung als zuständige Verwaltungsstrafbehörde übermittelt, von dieser neuerlich gespeichert (Datei 00****0000******0000) und am 20. November 2007 erstmals ausgedruckt und für Zwecke eines gegen den verantwortlichen Fahrzeuglenker (als solcher hat sich der Beschwerdeführer bekannt) einzuleitenden Verwaltungsstrafverfahrens verarbeitet worden sind :

Weiters die – nicht gesondert kategorisierte – Datums- und Zeitangabe „20**.**.**/00:**:**“ sowie die (Ordnungs ) Zahl „– 000** A“ und die (vermutliche) Messangabe „500 ms“ (Millisekunden).

Beweiswürdigung: Wie bisher, insbesondere Ausdruck des so genannten Radarfotos vom 20. November 2007 (Beilagen zur Stellungnahme der BH Graz Umgebung vom 22. Jänner 2008. Details hinsichtlich des Übermittlungsvorgangs wurden auf Grund der Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 25. Mai 2010 im zweiten Rechtsgang ergänzt.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften (in der im Beschwerdezeitpunkt geltenden Fassung)

Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Grundrecht auf Datenschutz“ (Unterstreichung durch die Datenschutzkommission):

„§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“

§ 4 Z 1 und 4 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Definitionen“ (Unterstreichung durch die Datenschutzkommission):

„§ 4. Im Sinne der folgenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:

§ 7 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Zulässigkeit der Verwendung von Daten“ (Unterstreichungen durch die Datenschutzkommission):

„§ 7 (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.

(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn

(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, daß die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und daß die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.“

§ 8 Abs. 4 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nichtsensibler Daten“:

„§ 8. […]

(4) Die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen verstößt - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 2 - nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn

§ 94a StVO lautet samt Überschrift:

„§ 94a. Zuständigkeit der Landesregierung

(1) Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern sich nicht eine andere Zuständigkeit ergibt, die Landesregierung. Diese ist jedenfalls für die Handhabung der Verkehrspolizei (§ 94b Abs. 1 lit. a) auf Autobahnen zuständig.

(2) Die Landesregierung kann Organe, die dem Landespolizeikommando oder dem Bezirkspolizeikommando angehören oder diesem zugeteilt sind und in Angelegenheiten des Straßenverkehrs besonders geschult sind, zur Handhabung der Verkehrspolizei einsetzen:

a) auf der Autobahn,

b) auf verkehrsreichen Straßenzügen,

c) wenn die Verkehrsverhältnisse diesen Einsatz erfordern,

(3) Abs. 2 lit. b bis e gilt nicht für den Bereich von Bundespolizeibehörden.

(4) Die Landesregierung kann sich im örtlichen Wirkungsbereich von Bundespolizeibehörden zur Vollziehung des Abs. 1 zweiter Satz auch der Sicherheitswacheorgane dieser Behörden bedienen.“

§ 94b StVO lautet samt Überschrift:

„§ 94b. Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde

(1) Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern der Akt der Vollziehung nur für den betreffenden politischen Bezirk wirksam werden soll und sich nicht die Zuständigkeit der Gemeinde oder der Bundespolizeibehörde ergibt, die Bezirksverwaltungsbehörde

(2) Die Bezirksverwaltungsbehörde ist ferner Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes für Personen, die ihren Hauptwohnsitz im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde haben

§ 94c StVO lautet samt Überschrift:

„§ 94c. Übertragener Wirkungsbereich der Gemeinde

(1) Die Landesregierung kann durch Verordnung von der Bezirksverwaltungsbehörde zu besorgende Angelegenheiten (§ 94b), die nur das Gebiet einer Gemeinde betreffen, wenn und insoweit dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit gelegen ist, dieser Gemeinde übertragen. Bei der Besorgung der übertragenen Angelegenheiten tritt die Gemeinde an die Stelle der Bezirksverwaltungsbehörde. Vor Erlassung der Verordnung ist der Bezirksverwaltungsbehörde Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(2) Die Übertragung kann sich, sofern sich aus Abs. 3 nichts anderes ergibt, sowohl auf gleichartige einzelne, als auch auf alle im § 94b bezeichneten Angelegenheiten hinsichtlich einzelner oder aller Straßen beziehen. Angelegenheiten des Verwaltungsstrafverfahrens mit Ausnahme der Vollziehung des § 50 VStG und Angelegenheiten des Verkehrsunterrichtes (§ 101) sind von der Übertragung ausgeschlossen. Die Übertragung ist durch Verordnung zu widerrufen oder einzuschränken, wenn die Voraussetzungen, unter denen sie erfolgt ist, überhaupt weggefallen bzw. nicht mehr im seinerzeitigen Umfang gegeben sind.

(3) Sofern eine Gemeinde über einen Gemeindewachkörper verfügt, kann ihr die Handhabung der Verkehrspolizei (§ 94b Abs. 1 lit. a) durch diesen übertragen werden. Hiebei können alle oder nur bestimmte Angelegenheiten der Verkehrspolizei hinsichtlich aller oder nur einzelner Straßen übertragen werden. Die Ermächtigung der übrigen Organe der Straßenaufsicht, die Verkehrspolizei im Gemeindegebiet zu handhaben, bleibt unberührt.“

§ 94d StVO lautet samt Überschrift:

„§ 94d. Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

Sofern der Akt der Vollziehung nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich auf Straßen, die nach den Rechtsvorschriften weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen gelten noch diesen Straßen gleichzuhalten sind, beziehen soll, sind folgende Angelegenheiten von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen:

1. die Erlassung von Verordnungen nach § 20 Abs. 2a,

1a. die Bewilligung von Ausnahmen nach § 24 Abs. 8,

1b. die Bestimmung von Kurzparkzonen (§ 25),

1c. die Erlassung einer Verordnung nach § 25 Abs. 5,

3a. die Erlassung von Bescheiden betreffend Vermeidung von Verkehrsbeeinträchtigungen

(§ 35),

4. die Erlassung von Verordnungen nach § 43, mit denen

a) Beschränkungen für das Halten und Parken,

b) ein Hupverbot,

erlassen werden,

4a. die Erlassung von Verordnungen nach § 43 Abs. 2a,

7. die Bewilligung der Ladetätigkeit nach § 62 Abs. 4 und 5,

8a. die Bestimmung von Wohnstraßen (§ 76b),

9. die Bewilligung nach § 82,

15. die Entfernung von Hindernissen (§ 89a),

19. die Handhabung der Bestimmungen des § 96 Abs. 4,

20. die Sicherung des Schulweges (§§ 29a und 97a).“

§ 26 VStG lautet unter der Überschrift „Zuständigkeit“:

„§ 26. (1) Den Bezirksverwaltungsbehörden steht in erster Instanz die Untersuchung und Bestrafung aller Übertretungen zu, deren Ahndung nicht anderen Verwaltungsbehörden oder den Gerichten zugewiesen ist.

(2) Den Bundespolizeidirektionen kommt die Strafbefugnis in erster Instanz im Rahmen ihres Wirkungsbereiches zu.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen:

a) Grundsätzliches: Verwendung personenbezogener Daten im Beschwerdefall

Sowohl die Beschwerdegegnerin als auch die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung haben im ersten Rechtsgange eingewendet, die beschwerdegegenständliche automationsunterstützte Geschwindigkeitsmessung samt Bilddatenverarbeitung sei keine Verwendung personenbezogener Daten, solange die Bilddaten nicht mit den Daten des Kraftfahrzeugregisters verknüpft seien. Daher habe die Beschwerdegegnerin „keinerlei personenbezogene Daten“ des Beschwerdeführers verarbeitet, da sie eine solche Verknüpfung nicht vornehmen könne – dies geschehe vielmehr erst bei der Verwaltungsstrafbehörde.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat den Fall der Datenverwendung für Zwecke der automatischen Geschwindigkeitsüberwachung durch zweimalige Bilddatenverarbeitung eines Kraftfahrzeugs, Zeitmessung und Errechnung der Durchschnittsgeschwindigkeit zwischen dem Anfangs- und dem Endpunkt der Messstrecke („Section Control“) in seinem Erkenntnis vom 15. Juni 2007, G 147/06 u.a., jedenfalls unter § 4 Z 1 DSG 2000 subsumiert (vgl. das zitierte Erkenntnis, Entscheidungsgründe, Seite 20, Punkt 2.1).

Nach § 4 Z 1 DSG 2000 sind personenbezogene Daten“ Angaben über bestimmte oder bestimmbare Personen. Daten über „bestimmbare“ Personen liegen nach dem Erwägungsgrund 26 der RL 95/46 immer dann vor, wenn davon auszugehen ist, dass vom Auftraggeber der Datenverwendung oder von einem Dritten Mittel eingesetzt werden könnten, um die betreffende Person zu bestimmen.

Im gegenständlichen Fall (der sich von der „Section Control“ dadurch unterscheidet, dass bei der „Section Control“ Daten vieler Betroffener eben nicht rückgeführt werden dürfen, weil sie keine Geschwindigkeitsübertretung begangen haben), liegt der einzige Sinn der Datenermittlung darin, die hinter den Kennzeichen stehenden Personen (Kraftfahrzeughalter) zu identifizieren, sei es auch erst durch einen „Dritten“, nämlich die Strafverfolgungsbehörde. Die beschwerdegegenständliche Radaraufzeichnung von Kraftfahrzeug-Kennzeichen ist daher eine Ermittlung von Daten über Personen, deren Identifikation – und Bestrafung – Zweck der Datenermittlung und -verarbeitung ist. Es handelt sich also bei der Beschwerdegegnerin um die Ermittlung von Daten über „bestimmbare Personen“ und bei der BH Graz-Umgebung um die Verarbeitung von Daten über „bestimmte Personen“.

b) Zur Frage der Auftraggebereigenschaft:

Nach den Sachverhaltsfeststellungen hat im vorliegenden Beschwerdefall die Beschwerdegegnerin die Entscheidung getroffen, in ihrem Gemeindegebiet am festgestellten Ort die dargestellte automatische Geschwindigkeitsüberwachung durchführen zu lassen. Damit hat die Beschwerdegegnerin gemäß § 4 Z 4 DSG 2000 die Entscheidung getroffen, personenbezogene Daten zu verarbeiten – sie muss daher nach § 4 Z 4 DSG 2000 als Auftraggeberin der Datenermittlung mittels Radarüberwachung angesehen werden. Mit der technischen Durchführung wurde von ihr die B*** AG Österreich beauftragt und damit als Dienstleisterin gemäß § 4 Z 5 DSG 2000 herangezogen.

Auch das Vorliegen und der Inhalt der von der B*** AG Österreich abgegebenen datenschutzrechtlichen Verpflichtungserklärung belegen, dass sich die Parteien dieses Vertrags durchaus über die Rollen- und Pflichtenverteilung bei dieser Datenverwendung im Klaren waren.

c) Datenverwendung durch die Beschwerdegegnerin (Gemeinde S***)

Die Gemeinde S*** gehört als Gebietskörperschaft mit dem Recht auf Selbstverwaltung (vgl. Art. 116 Abs. 1 B-VG) gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 DSG 2000 zu den Auftraggebern des öffentlichen Bereichs .

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem in dieser Sache ergangenen Erkenntnis vom 8. September 2009, 2008/17/0152, ausführt, kann daraus noch nicht zwingend gefolgert werden, dass die Beschwerdegegnerin in Vollziehung der Gesetze gehandelt habe.

Die Datenschutzkommission führt dazu Folgendes aus:

In seinen Erkenntnissen vom 15. Juni 2007, VfSlg 18.146/2007 („Section Control“), und 9. Dezember 2008, B 1944/07 („Video-Geschwindigkeits- und Abstandsmessung“) hat der Verfassungsgerichtshof klar erkennen lassen, dass er verkehrspolizeiliche Überwachungsmaßnahmen zum hoheitlichen Handeln des Staates, nämlich zur Straßenpolizei, zählt, das einer strengen rechtlichen Determinierung bedarf („Daneben lässt sich auch aus den Regelungen der StVO [Anmerkung:

vor der 22. StVO-Novelle] betreffend die Zuständigkeit und die Aufgaben der Straßenpolizeibehörden in Verbindung mit den allgemeinen Grundsätzen über die Verwendung von Daten aus dem 2. Abschnitt des DSG 2000 keine Ermächtigung zum Einsatz eines solchen videogestützten Geschwindigkeits- und Abstandsmesssystems ableiten“; VfGH im E 9.12 2008, B 1944/07).

Diese Sichtweise wird in der seit der 22. StVO-Novelle, BGBl. I Nr. 16/2009, geltenden Rechtslage insofern noch deutlicher sichtbar als bisher, als im neuen XIII. Abschnitt der StVO 1960 unter der Überschrift „Besondere Vorschriften für die Verkehrsüberwachung mittels bildverarbeitender technischer Einrichtungen“ in § 98b ausdrücklich - und nur - die (Bezirksverwaltungs)Behörden zur punktuellen Radar-Geschwindigkeitsüberwachung ermächtigt werden. Die beschwerdegegenständliche Tätigkeit - Verkehrsüberwachung mittels bildverarbeitender technischer Einrichtungen – wird somit vom Gesetz eindeutig und ausdrücklich als behördliche Tätigkeit qualifiziert.

Würde die Datenschutzkommission der Beschwerdegegnerin, einem Selbstverwaltungskörper und Hoheitsträger, nunmehr zubilligen, dieselben Aufgaben, die, wie oben ausgeführt, nach der Auslegung des VfGH und des Gesetzgebers der 22. StVO-Novelle hoheitlicher Natur sind, auf Grund eines „Jedermannsrechts“ auch im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung ausüben zu können – und damit an andere, weniger strenge, Grundrechtskautelen gebunden zu sein -, würde sie den entsprechenden Bestimmungen der StVO einen im Hinblick auf Art 18 B-VG verfassungswidrigen Inhalt zumessen. Der Gesetzgeber selbst hat bereits in der im Eingriffszeitpunkt geltenden, hier anzuwendenden Fassung der StVO in § 94c auf diese Frage Bezug genommen, indem er eine durch Hoheitsakt (Verordnung der Landesregierung) vorzunehmende Übertragung behördlicher Befugnisse auf dem Gebiet der Straßenpolizei an Ortsgemeinden vorsieht. Die Bestimmung des § 94c StVO ginge ins Leere, wenn Gemeinden Tätigkeiten der Verkehrsüberwachung bereits auf Grund ihrer Befugnisse als Privatwirtschaftssubjekte entfalten könnten. Dass der Gesetzgeber inhaltsleere Bestimmungen erlassen hätte, ist ihm jedoch nicht zuzumuten.

Eine Ermächtigung zur Vornahme von Verkehrsüberwachung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung kann auch nicht aus dem jedermann zustehende Recht auf Anzeige an die zuständige Behörde abgeleitet werden. Dieses Anzeigerecht, das einen Sachverhalt betrifft, dessen Zeuge der Anzeigende geworden ist und der beim Anzeigenden den Verdacht einer strafrechtswidrigen Handlung erregt hat, muss ganz grundsätzlich unterschieden werden von einer Berechtigung zur systematischen und dauernden Überwachung von Menschen mit dem Zweck der Feststellung, ob sie strafrechtswidriges Verhalten setzen werden. Letztere stellt einen tiefgreifenden Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz dar und kann daher, soweit sie zur Verfolgung öffentlicher Interessen erfolgt, in einer demokratischen Gesellschaft schon aus Gründen des Verhältnismäßigkeitsgebots für Grundrechtseingriffe keinesfalls als überall ausübbares „Jedermannsrecht“ angesehen werden, das ohne weiteres auch von Privaten vorgenommen werden könnte. Das Determinierungsgebot für Grundrechtseingriffe

verlangt vielmehr, dass eine solche „Überwachung“ - im Sinn

einer dauernden und systematischen Beobachtung aus öffentlichen Interessen - mit dem Ziel der Feststellung und Bestrafung von strafrechtswidrigem Verhalten nur unter gesetzlich festgelegten Bedingungen stattfinden darf, die auch jene Kautelen („angemessene Garantien“) vorzusehen haben, die den Grundrechtseingriff verhältnismäßig und erträglich machen. Deshalb ist davon auszugehen, dass die ausdrückliche Regelung des § 98b in der 22. StVO-Novelle, wonach die Bezirksverwaltungsbehörde Verkehrsüberwachung mithilfe bildverarbeitender Verfahren betreiben darf, als abschließend in dem Sinn zu betrachten ist, dass es beliebigen anderen nicht frei steht, dieselbe Kompetenz zum Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz für sich in Anspruch zu nehmen.

Die Datenschutzkommission verkennt nicht, dass an einer Überwachung der Einhaltung von Geschwindigkeitsbestimmungen gerade in den Gemeinden, die von ihren Bürgern wohl in erster Linie zur Abhilfe gegen verkehrsbedingte Belästigungen aufgerufen werden, ein besonderes Interesse besteht. Doch muss bedacht werden, dass es dem Gesetzgeber obliegt eine entsprechende Zuständigkeiten für Gemeinden im Verkehrsüberwachungsbereich zu schaffen.

Doch auch wenn man die Frage, ob Privatwirtschaftsverwaltung durch die Beschwerdegegnerin vorliegt, bejaht und entsprechende rechtliche Befugnisse für gegeben erachtet, so führt doch eine Interessenabwägung zu keinem für die Beschwerdegegnerin positiven Ergebnis. Dabei müsste § 8 Abs. 4 DSG 2000 als Maßstab dienen („Daten über verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen“), wobei sich die Beschwerdegegnerin mangels einer gesetzlichen Zuständigkeit oder einer besonderen Ermächtigung oder Verpflichtung bei der Datenermittlung nur auf die Ziffer 3 stützen könnte.

Als Privatwirtschaftssubjekt, das ein sinngemäß hypothetisch jedermann zukommendes Recht ausübt, die Fahrgeschwindigkeit von Kraftfahrzeugen messtechnisch festzustellen und durch Bilddatenverarbeitung zu dokumentieren, zählt die Beschwerdegegnerin nämlich nur als ein Rechtssubjekt, das, ähnlich einem Nachbarn und Straßenanrainer, seine Interessen verfolgt, ohne ein subjektives Recht auf Durchführung einer solchen Überwachung und auf Verfolgung von Verwaltungsübertretungen behaupten zu können. Dem gegenüber steht das subjektiv-öffentliche Recht des Beschwerdeführers, ohne überwiegende berechtigte, das heißt rechtlich positivierte und geschützte Interessen des Auftraggebers, nicht in seinem Grundrecht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten verletzt zu werden. Der Gesetzgeber hat jedoch, nicht zuletzt um unerwünschten Versuchen der Selbsthilfe oder gar der Anmaßung behördlicher Befugnisse hintanzuhalten, dem Einzelnen und damit auch der Ortsgemeinde als Privatrechtssubjekt kein besonders geschütztes Recht verliehen, die Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften zu kontrollieren. Insbesondere bestehen auch keine „gesetzlichen Sorgfaltspflichten“ im Sinne von § 8 Abs. 4 Z 3 DSG 2000, die die Gemeinde zu solchem Vorgehen anleiten oder verpflichten würden, da die StVO die entsprechenden Pflichten eben der allgemeinen Straßenpolizeibehörde – hier der Bezirksverwaltungsbehörde - überträgt.

Das Argument, dass der Grundrechtseingriff ja im öffentlichen Interesse erfolge und schon deshalb ein „überwiegendes berechtigtes Interesse“ im Sinne des § 8 Abs. 3 DSG 2000 gegeben sei, das die Vornahme der Datenermittlung rechtfertige, kann aus folgendem Grund nicht überzeugen: Das Vorliegen eines „überwiegenden berechtigten Interesses“ als Rechtsgrundlage einer Datenanwendung setzt voraus, dass der präsumptive Auftraggeber der Datenanwendung zunächst ein „berechtigtes Interesse“ nachweisen kann. Dass ein Privater ein berechtigtes, d.h. von der Rechtsordnung anerkanntes Interesse an der Verfolgung öffentlicher Interessen hätte, kann aber nicht als selbstverständlich angenommen werden. Grundsätzlich ist es die Aufgabe des Staates und seiner Organe, die öffentlichen Interessen mit dem vom Gesetz näher umschriebenen Inhalt und in der vom Gesetz näher determinierten Weise wahrzunehmen – ein Privater müsste eigens nachweisen, dass ihm die Verfolgung öffentlicher Interessen übertragen wurde. Eine Übertragung wäre im vorliegenden Zusammenhang nach § 94c StVO durch Hoheitsakt (Verordnung) auch möglich, doch ist sie tatsächlich nicht geschehen, sodass kein berechtigtes Interesse an der Vornahme von Handlungen der Verkehrsüberwachung durch die beschwerdeführende Gemeinde erkannt werden kann, wodurch auch das Vorliegen eines überwiegenden berechtigten Interesses an der Vornahme solcher Handlungen ausgeschlossen ist.

Aus § 7 Abs. 2 Z 1 DSG 2000 folgt in einem zweiten Schritt der zwingende Schluss, dass auch die Übermittlung der Daten an die BH Graz-Umgebung unrechtmäßig erfolgt ist, da diese nicht rechtmäßig verarbeitet worden sind. Durch die solcherart unrechtmäßige Datenverwendung hat die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten verletzt.

Der Beschwerde war daher im verbleibenden Umfang neuerlich stattzugeben.

Mit Erkenntnis vom 28. März 2011, Zl. 2010/17/0170-6, hat der VwGH die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Gemeinde S*** als unbegründet abgewiesen .

Aus den Entscheidungsgründen des VwGH:

Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs und der rechtlichen Begründung des angefochtenen Bescheids hat der VwGH erwogen:

‚2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Zur anzuwendenden Rechtslage kann auf die Darstellung in dem bereits erwähnten Erkenntnis vom 8. September 2009, Zl. 2008/17/0152, verwiesen werden. Ergänzend ist auf den im Beschwerdefall ebenfalls maßgeblichen § 8 DSG 2000 in der hier noch anzuwendenden Fassung durch BGBl. I Nr. 13/2005 hinzuweisen:

“Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nichtsensibler Daten

§ 8. (1) Gemäß § 1 Abs. 1 bestehende schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind bei Verwendung nicht-sensibler Daten dann nicht verletzt, wenn

(2) Bei der Verwendung von zulässigerweise veröffentlichten Daten oder von nur indirekt personenbezogenen Daten gelten schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen als nicht verletzt. Das Recht, gegen die Verwendung solcher Daten gemäß § 28 Widerspruch zu erheben, bleibt unberührt.

(3) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind aus dem Grunde des Abs. 1 Z 4 insbesondere dann nicht verletzt, wenn die Verwendung der Daten

(4) Die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen verstößt - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 2 - nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn

2.2. Soweit dem angefochtenen Bescheid und der Gegenschrift die Ansicht entnommen werden könnte, die beschwerdeführende Gemeinde könne - im hier gegebenen Zusammenhang - ausschließlich hoheitlich handeln, hätte die belangte Behörde insoweit die Bindungswirkung des erwähnten aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. September 2009 verkannt (vgl. § 63 Abs. 1 VwGG).

Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem eben erwähnten Erkenntnis vom 8. September 2009 dargelegt, dass die Zuweisung einer Aufgabe wie etwa der “Verkehrsüberwachung“ zur “hoheitlichen Vollziehung“ noch nicht bedeutet, dass nicht hoheitliche Akte auf diesem Gebiet nicht mehr gesetzt werden könnten. Die Wahrnehmung von Vorgängen und die Weitergabe von Beobachtungen sind grundsätzlich durch den Umstand der Verpflichtung von Behörden zur Überwachung und zum allfälligen hoheitlichen Einschreiten einer Behörde nicht ausgeschlossen. Die Frage ist dabei nur, ab wann eine Maßnahme zu einer solchen wird, dass sie einer Behörde vorbehalten ist (so wird man eine Preisbeobachtung durch private Vereinigungen oder die Arbeiterkammer nicht als unzulässig ansehen können, nur weil die behördliche Preisüberwachung einem bestimmten Organ übertragen ist), und, ob die “Beobachtung“ oder “Wahrnehmung“ mit der Rechtsordnung im Einklang steht. Dies kommt im erwähnten Erkenntnis durch den Hinweis zum Ausdruck, dass die datenschutzrechtliche Zulässigkeit zu prüfen wäre. (Dies missversteht oder verkennt offenbar Pürstl in seiner Anmerkung zum erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. September 2009 in ZVR 2O1O/l0l, 216).

2.3. Der angefochtene Bescheid erweist sich jedoch jedenfalls aus anderen Erwägungen als zumindest im Ergebnis zutreffend:

Die in den Abs. 1 und 2 DSG 2000 verfassungsrechtlich grundgelegte Interessenabwägung wird in § 8 leg. cit. - wie dies die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - näher konkretisiert.

Die beschwerdeführende Partei beruft sich in diesem Zusammenhang nicht auf das Bestehen einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung der Daten oder - die beschwerdeführende Gemeinde geht nach wie vor davon aus, dass sie im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung gehandelt habe - darauf, dass die Verwendung der Daten für sie als Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung einer ihr gesetzlich übertragenen Aufgabe gewesen wäre (vgl. § 8 Abs. 4 Z. 1 und 2 DSG 2000).

Soweit die beschwerdeführende Gemeinde im Sinne des § 8 Abs. 4 Z. 3 DSG 2000 vorbringt, ihre Pflichten als Straßenerhalter würden hier zum Tragen kommen, kann ihr jedoch nicht zugestimmt werden. Es ist nämlich keineswegs einsichtig, warum die Pflichten eines Straßenerhalters, selbst wenn sie eine Information über die Anzahl der die Straße benützenden Verkehrsteilnehmer erforderten, die für eine Anzeige wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung erforderlichen Daten miteinzubeziehen hätten.

Soweit die beschwerdeführende Partei aber auf sonstige berechtigte Interessen im Sinne des § 8 Abs. 4 Z. 3 DSG 2000 abstellt und in diesem Zusammenhang auf die mangelnde Schutzwürdigkeit dessen verweist, der eine verwaltungsstrafrechtliche Übertretung begeht, legt sie nicht dar, welche speziellen Erfordernisse gerade hier eine generelle Verkehrsüberwachung (und damit das Sammeln von geschützten Daten) durch sie erforderlich machen würde. Es wäre nämlich an der beschwerdeführenden Partei gelegen gewesen, im Sinne der gesetzlich vorgegebenen Interessenabwägung ein berechtigtes Interesse ihrerseits darzulegen, das über das allgemeine Interesse an der Einhaltung von Geschwindigkeitsbeschränkungen (oder sonstigen Vorschriften) hinaus eine Überwachung gerade der konkreten Geschwindigkeitsbeschränkung durch die von ihr getroffenen Maßnahmen rechtfertigen würde.

Wenn schließlich die Beschwerde noch das Vorliegen von personenbezogenen Daten in Zweifel zieht, so genügt es auf die von der belangten Behörde bereits im ersten Rechtsgang in Anlehnung an die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dargetane Auffassung zu verweisen, dass es sich bei Kennzeichen von Kraftfahrzeugen um solche Daten handelt und auch eine Zustimmung des Inhabers der Kennzeichen durch deren Verwendung zur Erhebung der dadurch ersichtlichen Daten nicht konkludent gegeben ist.

2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.’

[Begründung des Kostenpunkts hier nicht wiedergegeben]

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