JudikaturDSB

K121.353/0008-DSK/2008 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
16. Mai 2008

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. KOTSCHY, Mag. MAITZ-STRASSNIG, Mag. ZIMMER, Dr. BLAHA und Dr. STAUDIGL sowie des Schriftführers Dr. KÖNIG in ihrer Sitzung vom 16. Mai 2008 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des V*** R*** (Beschwerdeführer) vom 19. November 2007 gegen 1. den Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark (Erstbeschwerdegegnerin) und 2. die Steiermärkische Gebietskrankenkasse (Zweitbeschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung schützwürdiger personenbezogener Daten wird gemäß den §§ 1 Abs. 1, 2 und 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 13/2005 (DSG 2000), wie folgt entschieden:

I) Der Beschwerde wird stattgegeben und festgestellt, dass der Beschwerdeführer jeweils dadurch in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt wurde, dass

1) die Erstbeschwerdegegnerin mit Schreiben vom 27. August 2007 „den Versicherungsverlauf“ des Beschwerdeführers ohne Einschränkung auf einen verfahrensrelevanten Zeitraum von der Zweitbeschwerdegegnerin ermittelt und

2) die Zweitbeschwerdegegnerin mit Telefax vom 27. August 2007 den gesamten Versicherungsverlauf des Beschwerdeführers beginnend mit 1. Juli 1961 bis 27. August 2007 der Erstbeschwerdegegnerin übermittelt hat.

II) Der Antrag des Beschwerdeführers, den Beschwerdegegnern zur ungeteilten Hand Kostenersatz aufzuerlegen, wird abgewiesen.

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang

In seiner gegen die Erstbeschwerdegegnerin und (zunächst) gegen den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger gerichteten Beschwerde vom 19. November 2007 macht der Beschwerdeführer eine Verletzung in seinem Recht auf Geheimhaltung ihn betreffender personenbezogener schutzwürdiger Daten geltend. Der Beschwerdeführer sei durch die Erstbeschwerdegegnerin im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens (Übertretung nach der StVO) am 29. Juni 2007 als Zeuge einvernommen worden. Als Entschädigung für die damit verbundene Zeitversäumnis habe er unter Vorlage seines Konsulentenvertrages einen Verdienstentgang als Geschäftsführer in Höhe eines Tagsatzes von EUR 550 begehrt. Über Aufforderung der Erstbeschwerdegegnerin habe er mit Schreiben vom 23. Juli 2007 zusätzlich die Gewerbeanmeldung und seine Geschäftsführerbestellung vorgelegt. Daraufhin habe ihn die Erstbeschwerdegegnerin mit Schreiben vom 23. August 2007 darüber informiert, dass weitere Erhebungen bezüglich der behaupteten Erwerbstätigkeit erforderlich seien. Mit Schreiben vom 3. September 2007 habe ihm die Erstbeschwerdegegnerin einen bei dem Sozialversicherungsträger eingeholten Datenauszug über sämtliche ihn betreffende Versicherungsdaten von 1961 beginnend zur Stellungnahme übermittelt. Die Einholung dieses den Beschwerdeführer betreffenden Datenauszuges durch die Erstbeschwerdegegnerin als auch dessen Übermittlung durch den Sozialversicherungsträger sei unrechtmäßig erfolgt. § 360a ASVG verpflichte sowohl die Erstbeschwerdegegnerin als auch den Versicherungsträger ausschließlich dazu, Ersuchen sowie Auskünfte über verfahrenserhebliche Umstände zu erteilen. Darüber hinausgehende Ersuchen als auch Beauskunftungen seien von dieser Bestimmung jedoch nicht gedeckt.

Die Erstbeschwerdegegnerin führte in ihrer Stellungnahme vom 30. November 2007 unter Vorlage einer Kopie des den gebührenrechtlichen Teil betreffenden Aktes UVS ZG **/**/200* im Wesentlichen aus, dass die Kostenstelle der Erstbeschwerdegegnerin mit Schreiben vom 23. Juli 2007 den Beschwerdeführer konkret aufgefordert habe, einen Nachweis über seine behauptete Tätigkeit als Selbständiger zu erbringen. Dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer nicht entsprechend nachgekommen bzw. seien die von ihm vorgelegten Unterlagen nicht geeignet gewesen, diese selbstständige Tätigkeit zu bescheinigen. Da es der Kostenstelle der Erstbeschwerdegegnerin verwehrt sei, aus Amts(Steuer)Geldern Gebühren, welche möglicherweise nicht gerechtfertigt seien, lediglich aufgrund von Behauptungen zuzuerkennen, der Beschwerdeführer seiner entsprechenden Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei und die Erstbeschwerdegegnerin den Beschwerdeführer auch nicht durch eine vollständige Abweisung des Antrages auf Verdienstentgang beschweren wollte, sei es für die Erstbeschwerdegegnerin erforderlich gewesen, die behauptete selbstständige Tätigkeit amtswegig zu erheben. Insofern habe sie am 27. August 2007 mit genauer Begründung bzw. Darlegung des Sachverhaltes die in Beschwerde gezogene Anfrage an die Zweitbeschwerdegegnerin gerichtet.

In seiner Eingabe vom 29. Jänner 2008 wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Die zunächst unklare Bezeichnung des Beschwerdegegners in der Beschwerde, die zunächst gegen den Hauptverband der Sozialversicherungsträger gerichtet schien, wurde im weiteren Verfahrensverlauf dahingehend präzisiert, dass die Steiermärkische Gebietskrankenkasse Zweitbeschwerdegegnerin sei. Gleichzeitig mit der Erhebung der Beschwerde stellte der Beschwerdeführer den Antrag, den Beschwerdegegnern zur ungeteilten Hand die bis dato angelaufenen Kosten, aufzuerlegen.

Die Zweitbeschwerdegegnerin führte in ihrer Stellungnahme vom 13. Februar 2008 im Wesentlichen aus, die Zweitbeschwerdegegnerin sei im Sinne der Entscheidung der Datenschutzkommission vom 29. November 2006, Zl. K 121.229/0006-DSK/2006, nicht berechtigt, darüber zu entscheiden, ob bzw. welche Daten entscheidungs- bzw. verfahrenserheblich seien. Eine tiefer gehende Beurteilung der Eignung der von der sachlich zuständigen Behörde gewählten Ermittlungsschritte sei nicht möglich. Dies würde nämlich bedeuten, dass die Zweitbeschwerdegegnerin die Sachverhaltsermittlungen und damit die gesamte Verfahrensführung beeinflussen würde und würde dies einen Eingriff in das Verwaltungsverfahren der zuständigen Behörde darstellen. Das an sie gerichtete Ersuchen der Erstbeschwerdegegnerin vom 27. August 2007 habe den Vorgaben des § 360a ASVG entsprochen. Die gegenständliche Übermittlung sei daher zulässig erfolgt.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob

1. die Erstbeschwerdegegnerin den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten gemäß § 1 Abs. 1 DSG 2000 verletzt hat, indem sie den Versicherungslauf des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 27. August 2007 von der Zweitbeschwerdegegnerin ermittelt hat und

2. die Zweitbeschwerdegegnerin den Versicherungslauf des Beschwerdeführers ohne Einschränkung auf einen verfahrensrelevanten Zeitraum beginnend mit 1. Juli 1961 bis 27. August 2007 mit Telefax vom 27. August 2007 der Erstbeschwerdegegnerin übermittelt hat.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer wurde am 29. Juni 2007, 13:45 bis 14:45 Uhr, im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Verhandlung in einer Berufungssache wegen einer Übertretung nach der StVO von der Erstbeschwerdegegnerin als Zeuge einvernommen. Für diese Zeugeneinvernahme beantragte der Beschwerdeführer unter Vorlage eines Konsulentenvertrages neben Reisekosten einen Verdienstentgang als Geschäftsführer mit Konsulentenvertrag in Höhe von EUR 550.

Mit Schreiben vom 10. Juli 2007 teilte die Kostenstelle der Erstbeschwerdegegnerin unter Hinweis auf das Gebührenanspruchgesetz in Verbindung mit § 8 Abs. 3 Angestelltengesetz dem Beschwerdeführer mit, dass beabsichtigt werde, seine Zeugengebühr mit EUR 65 zu bemessen.

Der Beschwerdeführer teilte daraufhin der Erstbeschwerdegegnerin mit Schreiben vom 17. Juli 2007 mit, dass er entgegen ihrer Ansicht nicht als Angestellter, sondern im Sinne des Konsulentenvertrages als Selbständiger tätig sei und daher § 18 Abs. 1 Z 2 lit. a GebAG 1975 nicht anwendbar sei.

Mit Schreiben vom 23. Juli 2007 teilte die Kostenstelle der Erstbeschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer im Wesentlichen mit, dass der bloße Gebrauch der Worte „Konsulent“ oder „Geschäftsführer“ in einem Vertrag ein Beschäftigungsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit nicht ausschließe und daher allein kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit sei. Der Beschwerdeführer wurde infolgedessen gemäß § 20 GebAG aufgefordert, einen Nachweis über seine Tätigkeit als Selbstständiger durch Vorlage von Unterlagen zu erbringen.

Mit Schreiben vom 31. Juli 2007 legte der Beschwerdeführer eine Kopie eines Konsulentenvertrages, einer Gewerbeanmeldung und Geschäftsführerbestellung vor. Weiters ersuchte der Beschwerdeführer in diesem Schreiben um eine Entscheidung durch die Erstbeschwerdegegnerin.

Nach Ansicht der Erstbeschwerdegegnerin konnte der Beschwerdeführer bzw. die von ihm vorgelegten Unterlagen seine selbständige Tätigkeit nicht bescheinigen.

Daraufhin teilte die Erstbeschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 23. August 2007 mit, dass weitere Erhebungen bezüglich seiner behaupteten Erwerbstätigkeit erforderlich sind.

Mit Schreiben vom 27. August 2007 erging folgendes auszugsweise wiedergegebenes Ersuchen an die Zweitbeschwerdegegnerin:

„...

Ggst.: ..... [Beschwerdeführer],....

Einvernahme als Zeuge in der Verhandlung vom 29.06.2007 in...; Antrag auf

Zeugengebühren.

...

Im gegenständlichen Zeugengebührenbestimmungsverfahren beantragte Herr V*** R*** als selbständig Erwerbstätiger Zeugengebühren (Verdienstentgang, Tagsatz EUR 550). Als Nachweis dafür legte er eine Bestätigung der Firma U*** ohne Datum, wonach er als Geschäftsführer mit Konsulentenvertrag beschäftigt sei, eine Ablichtung des Konsulentenvertrages vom 31.1.2005 sowie eine Kopie der Gewerbeanmeldung und Geschäftsführerbestellung des Magistrates X*** vom 10.5.2005, wonach Gewerbeinhaber die Firma U*** ist, vor. Die Abfrage des Gewerberegisters ergab keine Gewerbeberechtigung des Herrn [Beschwerdeführer]. Laut Firmenbuchabfrage ist Herr [Beschwerdeführer] neben anderen Personen als Prokurist bei der Firma U*** beschäftigt.

Da weder aus den vorgelegten Unterlagen, noch aus den amtlich durchgeführten Abfragen eine selbständige Erwerbstätigkeit hervorgekommen ist, welche die Zahlung des geforderten Verdienstentganges rechtfertigen würde, bitte ich um Übermittlung des Versicherungsverlaufes betreffend ...[Beschwerdeführer].

...

Die Leiterin der Kostenstelle

....“

Daraufhin übermittelte die Zweitbeschwerdegegnerin der Kostenstelle der Erstbeschwerdegegnerin mit Telefax vom 27. August 2007 den Versicherungsdatenauszug des Beschwerdeführers beginnend mit 1. Juli 1961.

Dem Beschwerdeführer wurde zu diesen Ermittlungsergebnissen mit Schreiben vom 3. September 2007 Parteiengehör gewährt.

Mit Bescheid der Erstbeschwerdegegnerin vom 17. September 2007 wurde u.a. die Höhe der Gebühr für die Zeitversäumnis des Beschwerdeführers gemäß § 51 a AVG iVm § 3 Gebührenanspruchsgesetz 1975 mit EUR 121 bestimmt. Der Beschwerdeführer habe die von ihm behauptete selbständige Tätigkeit trotz entsprechender Aufforderung mit Schreiben vom 23. Juli 2007 durch die Erstbeschwerdegegnerin nicht bescheinigen können. Der daraufhin von der Erstbeschwerdegegnerin eingeholte Versicherungsdatenauszug des Beschwerdeführers habe die selbständige Tätigkeit des Beschwerdeführers nachgewiesen. Da der Beschwerdeführer den von ihm geltend gemachten Vermögensnachteil in Höhe von EUR 550 nicht bescheinigt habe, sei sein Gebührenanspruch nach § 18 Abs. 1 Z 1 GebAG zu bemessen gewesen (EUR 12,10 mal 10 Stunden).

Beweiswürdigung: Diese Feststellungen beruhen auf dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde vom 19. November 2007 und seiner ergänzenden Eingabe vom 29. Jänner 2008 sowie dem Vorbringen der Erstbeschwerdegegnerin in ihrer Stellungnahme vom 30. November 2007 und der Zweitbeschwerdegegnerin in ihrer Stellungnahme vom 13. Februar 2008 und der von der Erstbeschwerdegegnerin vorgelegten Aktenkopie in Bezug auf den gebührenrechtlichen Teil zur GZ.:

UVS ZG **/**/200*.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die hier wesentlichen Bestimmungen des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 13/2005 (DSG 2000), lauten auszugsweise:

“§ 1.

(1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.

.....

§ 7.

(1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.

(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn

1. sie aus einer gemäß Abs. 1 zulässigen Datenanwendung stammen und

2. der Empfänger dem Übermittelnden seine ausreichende gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis - soweit diese nicht außer Zweifel steht - im Hinblick auf den Übermittlungszweck glaubhaft gemacht hat und

3. durch Zweck und Inhalt der Übermittlung die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.

Die hier wesentlichen Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 65/2002 AVG lauten auszugsweise:

„§ 39. (1) Für die Durchführung des Ermittlungsverfahrens sind die Verwaltungsvorschriften maßgebend.

(2) Soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, hat die Behörde von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Sie kann insbesondere von Amts wegen oder auf Antrag eine mündliche Verhandlung durchführen und mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden oder sie wieder trennen. Die Behörde hat sich bei allen diesen Verfahrensanordnungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.

...

§ 51a. Zeugen, die im Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten zu Beweiszwecken vernommen werden oder deren Vernehmung ohne ihr Verschulden unterbleibt, haben Anspruch auf Gebühren nach § 2 Abs. 3 und den §§ 3 bis 18 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 136. Die Gebühr ist gemäß § 19 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 beim unabhängigen Verwaltungssenat geltend zu machen.“

Die hier wesentlichen Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetz, BGBl. Nr. 136 in der Fassung BGBl. I 98/2001 lauten auszugsweise:

Umfang der Gebühr

§ 3. (1) Die Gebühr des Zeugen umfasst

1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.

...

Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen

1. 12,10 € für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,

2. anstatt der Entschädigung nach Z 1

a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,

b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,

c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder

b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,

d) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.

(2) Im Falle des Abs. 1 Z 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.“

§ 360a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955 in der Fassung BGBl. I Nr. 132/2005 (ASVG) lautet:

„Auskünfte an die unabhängigen Verwaltungssenate

§ 360a. Die Versicherungsträger und der Hauptverband haben den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern auf deren Ersuchen Auskünfte über verfahrenserhebliche Umstände zu erteilen; die Ersuchen und die Auskünfte haben möglichst automationsunterstützt zu erfolgen (§ 31 Abs. 4 Z 3 lit. b). Im Ersuchen ist der genaue Auskunftszweck samt Aktenzahl anzugeben; dieser ist vom jeweiligen Versicherungsträger (vom Hauptverband) zu vermerken. Vorschriften, die für bestimmte Verfahren Besonderes anordnen, bleiben unberührt.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen:

Zu Spruchpunkt I) 1)

Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass die der Erstbeschwerdegegnerin zurechenbare Kostenstelle (siehe dazu §§ 17ff Gesetz vom 26. Juni 1990 über den Unabhängigen Verwaltungssenat, LGBl. Nr. 78/1990, in der Fassung LGBl. Nr. 1/2005) die Zweitbeschwerdegegnerin mit Schreiben vom 27. August 2007 zur Übermittlung „des Versicherungslaufs betr. V*** R*** geb. am **. **. 19**“ aufgefordert hat. Die Erstbeschwerdegegnerin verneint eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Geheimhaltung nach § 1 Abs. 1 DSG 2000 unter Verweis auf ihre aus § 360a ASVG abgeleitete Berechtigung zur Ermittlung solcher den Beschwerdeführer betreffenden personenbezogenen Daten. Nach dieser Bestimmung haben die Versicherungsträger und der Hauptverband den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern auf deren Ersuchen Auskünfte über verfahrenserhebliche Umstände zu erteilen.

Im vorliegenden Fall lag der in Rede stehenden Ermittlung von Sozialversicherungsdaten ein Gebührenbestimmungsverfahren aufgrund der Zeugeneinvernahme des Beschwerdeführers vor der Erstbeschwerdegegnerin am 29. Juni 2007 zugrunde. Der Beschwerdeführer hat als Entschädigung für diese Einvernahme sein tatsächlich entgangenes Einkommen als Selbständiger in Höhe von EUR 550 gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG gegenüber der Erstbeschwerdegegnerin geltend gemacht. Nach Angaben der Erstbeschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführer – trotz entsprechender Aufforderung zur Verbesserung - seine behauptete Selbständigkeit jedoch nicht ausreichend bescheinigt.

Die Frage, ob der Beschwerdeführer selbständig oder unselbständig erwerbstätig ist, ist für das vorliegende Verfahren über die Zuerkennung von Zeugengebühren deshalb von entscheidender Bedeutung, weil eine Entschädigung für Zeitversäumnis – die der Beschwerdeführer in der Höhe von EUR 550 beantragt hat – überhaupt nur in Frage kommt, wenn nicht ein unselbständiges Beschäftigungsverhältnis unter Anwendung des Angestelltengesetzes vorliegt, nach dessen § 8 Abs. 3 für Zeugeneinvernahmen Entgeltfortzahlungspflicht besteht, die eine Entschädigung für Verdienstentgang durch Zeitversäumnis überhaupt ausschließt. Nur wenn eine unter das Angestelltengesetz fallende Erwerbstätigkeit auszuschließen ist, kommt die Zuerkennung des pauschalierten Entschädigungssatzes nach § 18 Abs. 1 Z 1 Gebührenanspruchsgesetz in Frage. Die Ermittlung der Information, ob der Beschwerdegegner dem Angestelltengesetz unterliegt oder nicht, war somit entscheidungsrelevant.

Nach ständiger Entscheidungspraxis der Datenschutzkommission ist die Ermittlung von Daten in einem Verwaltungsverfahren der zuständigen Behörde dann zulässig, wenn es angesichts des Verfahrensgegenstandes denkmöglich war, dass die ermittelten Daten eine wesentliche Voraussetzung für die Fällung einer Entscheidung in diesem Verwaltungsverfahren bilden. Die Durchführung des Ermittlungsverfahrens ist Aufgabe der sachlich zuständigen Behörde. Es kann nicht Zuständigkeit der Datenschutzkommission sein, diese Aufgabe in jedem Verwaltungsverfahren an sich zu ziehen und im einzelnen darüber zu entscheiden, ob die (amtswegige) Ermittlung eines bestimmten Datums im konkreten Fall tatsächlich erforderlich war, sofern dieses Datum nur denkmöglicherweise für die Entscheidung von Bedeutung sein konnte. Eine gegenteilige Sichtweise käme der Arrogierung einer Allzuständigkeit durch die DSK gleich, die dem verfassungsrechtlichen Gebot der Entscheidung durch den gesetzlichen Richter widerspräche.

Eine Zuständigkeit der DSK kann im vorliegenden Fall daher einzig darin bestehen, dass sie zu überprüfen hat, ob durch die Anforderung – und Übermittlung – „des Versicherungsverlaufs“ eine Überschreitung der Grenze zulässiger Datenermittlung bzw. –übermittlung durch Ermittlung bzw. –übermittlung nicht einmal denkmöglich relevanter Daten vorliegt. Der im Wege der Amtshilfe befasste Sozialversicherungsträger hat die Anforderung „des Versicherungsverlaufs“ dahin interpretiert, dass es sich um den gesamten Versicherungsverlauf des Beschwerdeführers handeln solle. Der Wortlaut lässt dieses Verständnis zwar zu, doch hätten Zweifel daran entstehen müssen, da in dem Anforderungsschreiben der Zusammenhang mit Zeugengebühren ausdrücklich dargestellt wird, woraus sich ergibt, dass es um die Frage der selbständigen Erwerbstätigkeit im gegenwärtigen Zeitpunkt geht.

Schon durch die Anforderung „des Versicherungsverlaufs“ ohne Einschränkung auf einen verfahrensrelevanten Zeitraum wurde die Grenze der Ermittlung denkmöglicherweise relevanter Daten überschritten, da es nur um die aktuelle sozialversicherungsrechtliche Stellung des Beschwerdeführers gehen kann.

Auch die Übermittlung im Gefolge dieser Anforderung muss jedoch als Überschreitung der datenschutzrechtlichen Grenzen gesehen werden, da der Übermittelnde durch § 7 Abs. 2 DSG 2000 grundsätzlich immer gehalten ist, die Plausibilität von Übermittlungsersuchen zu prüfen. Es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob eine Rückfrage an den anfordernden UVS seitens des Sozialversicherungsträgers stattgefunden hat oder nicht – die Antwort auf eine Rückfrage hätte den Übermittelnden von der Pflicht zur selbständigen Beurteilung der Zulässigkeit der Übermittlung im Rahmen der Amtshilfe nicht enthoben.

Es liegt somit eine Verletzung des Beschwerdeführers im Recht auf Geheimhaltung dadurch vor, dass anstelle des aktuellen Versicherungsstatus des Beschwerdeführers der gesamte Versicherungsverlauf durch Anforderung und entsprechende Übermittlung erhoben wurde, obwohl dieser nicht einmal denkmöglich entscheidungsrelevant sein konnte. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II):

Im Verfahren vor der Datenschutzkommission kommt mangels einer bestehenden Anspruchsnorm im Sinne von § 74 Abs 2 AVG, keinem Beteiligten, weder dem Beschwerdeführer noch den Beschwerdegegnern, ein Anspruch auf Kostenersatz zu. Der Antrag des Beschwerdeführers war daher abzuweisen.

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