K121.105/0004-DSK/2005 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
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B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. HEISSENBERGER, Mag. HUTTERER, Dr. KOTSCHY, Mag. PREISS und Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ sowie des Schriftführers Mag. FLENDROVSKY in ihrer Sitzung vom 16. Dezember 2005 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Peter G*** (Beschwerdeführer) aus M*** gegen das Bundesministerium für Inneres (Beschwerdegegner - BMI) vom 25. Oktober 2005 wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten durch
1) rechtswidrige Datenermittlung (Einvernahme des Zeugen Adolf C*** am 24. November 2003) und
2) rechtswidrige Datenübermittlung (Weiterleitung des Inhalts der Zeugenaussage zu 1) an die Personalabteilung I/1 im BMI)
wird gemäß §§ 1 Abs. 1 und 2 und 5, 7 Abs. 2 Z. 2 und 3, 8 Abs. 1 Z. 4 und Abs. 3 Z. 1 und § 31 Abs. 2 Datenschutzgesetz 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 idF BGBl. I Nr.13/2005 wie folgt entschieden:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
B e g r ü n d u n g
A) Beschwerdevorbringen
Mit Eingabe vom 25. Oktober 2005 erhob der Beschwerdeführer zum wiederholten Mal Beschwerde gegen seine Dienstbehörde und brachte vor, das wegen des Verdachts verschiedener strafbarer Handlungen gegen ihn ermittelnde „Büro für interne Angelegenheiten (BIA)“ habe sein Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger Daten dadurch verletzt, dass entgegen dem Auftrag des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Oktober 2003, AZ: *** Ur ***/03a, nicht nur ein informierter Vertreter der L*** Versicherungs AG als Zeuge, sondern insgesamt zwei informierte Vertreter (Senta K*** und Adolf C***) zu dem gegen ihn bestehenden Verdacht strafbarer Handlungen am 24. November 2003 als Zeugen befragt wurden. Damit habe das BIA den Gerichtsauftrag, der ausdrücklich die „zeugenschaftliche Vernehmung eines informierten Vertreters“ angeordnet habe, überschritten; die zweite Zeugeneinvernahme stelle daher eine unzulässige Ermittlung personenbezogener Daten des Beschwerdeführers dar. In weiterer Folge seien diese unzulässigerweise ermittelten personenbezogenen Daten, nämlich die Zeugenaussage des Adolf C***, auch in rechtswidrig Weise an die Personalabteilung im BMI übermittelt worden. Der Beschwerdeführer brachte weiters vor, davon „laut Akteneinsicht am 9. Mai 2005“ Kenntnis erlangt zu haben.
B) rechtliche Beurteilung
1) Zeugeneinvernahme im Auftrag der Gerichtsbarkeit :
Das Landesgericht für Strafsachen Wien erteilte am 20. Oktober 2003 an den Beschwerdegegner den Auftrag, „einen informierten Vertreter der L*** Versicherung AG als Zeugen zu vernehmen“.
Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass nur in Angelegenheiten der Gerichtspolizei im engeren Sinn die Zuordnung der von den Sicherheitsorganen gesetzten Handlungen zur Gerichtsbarkeit zu erfolgen hat und als Akte richterlicher Hilfsorgane oder als abgeleitete richterliche Akte zu qualifizieren sind. Angelegenheiten der Gerichtspolizei im engeren Sinn „sind die in der StPO vorgesehenen Akte, bei denen eine unmittelbare Heranziehung von Sicherheitsorganen durch gerichtliche Organe möglich ist, so zB bei der Vollstreckung eines richterlichen Befehls zur Hausdurchsuchung (§§ 139 ff iVm § 24 StPO), zur Verhaftung (§§ 174 ff iVm § 24 StPO) oder im Rahmen der sog Sitzungspolizei; dazu kommt noch die Tätigkeit von Exekutivorganen im Zug einer gerichtlichen Vollstreckung nach der Exekutionsordnung“ (VwSlg 15344 A/2000).
Die Erfüllung eines richterlichen Ersuchens um Vernehmung von Zeugen im gerichtlichen Strafverfahren gehört hingegen, insbesondere auch im Hinblick darauf, dass das Ersuchen hinsichtlich der Identität der zu vernehmenden Zeugen so unbestimmt wie im vorliegenden Fall erteilt wurde, nur zu der auf die allgemeine Hilfeleistungsverpflichtung des § 26 StPO gründbaren Gerichtspolizei im weiteren Sinn: Wenn ein allfälliger Eingriff in subjektive Rechte erst auf Grund der konkreten Willensbildung eines Verwaltungsorgans erfolgt wie hinsichtlich der Zeugenvernehmung im konkreten Fall, ist diese Handlung der Verwaltung zuzurechnen (vgl. dazu VwSlg 15344 A/2000). Die Datenschutzkommission ist somit für die Prüfung der behaupteten Verwendung von Daten bei diesen Einvernahmen gemäß § 1 Abs. 5 DSG 2000 zuständig.
Die Behauptung des Beschwerdeführers, der Auftrag der Untersuchungsrichterin habe dem Beschwerdegegner bei dieser Auftragserfüllung quantitative Grenzen setzen wollen, sozusagen den immanenten Befehl „ein Zeuge – und keiner mehr!“ gegeben, stellt eine deutlich zu enge Auslegung des richterlichen Auftrags dar, insbesondere wenn man bedenkt, dass § 3 StPO alle in der Strafverfolgung tätigen Organe zur Berücksichtigung belastender wie entlastender Verfahrensergebnisse verpflichtet und nicht vorhersehbar ist, ob aufgrund einer ersten Aussage nicht noch weitere Zeugen gehört werden müssen, um einen Sachverhalt zu erhellen. Stellt man dies in Rechnung, so bestehen keinerlei Bedenken, den richterliche Auftrag an das BIA so zu verstehen, dass bei Bedarf auch mehrere Zeugen (aus der in Frage kommenden Personengruppe) befragt werden sollten, um die Wahrheit zu ermitteln. Damit ist jedoch die ggst. Vorgangsweise des Organs der Sicherheitsbehörde „BMI“ durch eine richterliche Anordnung in ihrem gesamten Umfang gedeckt.
2) Übermittlung von Ermittlungsergebnissen an die Dienstbehörde rechtmäßig :
Gemäß § 105 Z.1 BDG 1979 iVm § 39 Abs.2 AVG ist im Disziplinarverfahren gegen Beamte von Amts wegen vorzugehen und der Sachverhalt wahrheitsgemäß zu ermitteln.
Der Beschwerdeführer ist Beamter des BMI, untersteht somit dem Beschwerdegegner als Dienstbehörde, die bei Verdacht disziplinärer Verfehlungen gemäß § 109 Abs.1 BDG 1979 die vom Dienstvorgesetzten erstattete Disziplinaranzeige zu prüfen und an die zuständige Disziplinarkommission (bei Verdacht eines gerichtlich strafbaren Offizialdelikts auch an die Strafverfolgungsbehörden) weiterzuleiten hat. Die vom Beschwerdeführer vertretene Meinung, dass es dem BMI als Dienstbehörde (die Abteilung I/1 war und ist für Personalangelegenheiten zuständig) durch das DSG 2000 verwehrt sein sollte, vom Stand der gegen einen Beamten des BMI laufenden strafrechtlichen Ermittlungen Kenntnis zu erlangen, trifft daher nicht zu. Bei Anwendung der Bestimmungen des DSG 2000 wäre die Verwendung dieser Daten nach §§ 7 Abs. 1 Z. 2 und 3, 8 Abs. 1 Z.4 iVm Abs. 3 Z. 1 DSG 2000 zulässig, es durften daher Daten betreffend den Stand und das Ergebnis der strafprozessualen Erhebungen in jeder Form, etwa auch durch Übermittlung eines Akts oder einer Aktenkopie, von der die Ermittlungen führenden Abteilung IV/6 an die für dienstrechtliche Angelegenheiten zuständigen Abteilung I/1 beim Beschwerdegegner übermittelt werden.
Auch hier ergibt sich bereits aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass damit keine Datenschutzverletzung aufgezeigt wird; ein Ermittlungsverfahren konnte daher unterbleiben.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.