K121.002/0008-DSK/2005 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein.]
BESCHEID
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. Maier und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. Blaha, Dr. Duschanek, Dr. Kotschy, Dr. Staudigl, und Mag. Zimmer, sowie des Schriftführers Mag. Suda in ihrer Sitzung vom 20. Mai 2005 folgenden Beschluss gefasst:
Spruch
Über die Beschwerde des L in I (Beschwerdeführer), vertreten durch die Eltern, diese vertreten durch den Verein Y gegen 1. den Leiter des Bundesgymnasiums und Bundesrealgymnasiums F (Erstbeschwerdegegner) sowie 2. das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Zweitbeschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Löschung wird gemäß den §§ 1 Abs. 5 und 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 136/2001, entschieden:
Der Beschwerde wird gemäß § 1 Abs. 3 Z 2 iVm § 27 Abs. 1 und 4 DSG 2000 teilweise Folge gegeben und festgestellt, dass der Erstbeschwerdegegner den Beschwerdeführer im Recht auf Löschung dadurch verletzt hat, dass er weder innerhalb von acht Wochen nach Einlangen ihres Löschungsbegehrens dem Antrag entsprochen und dem Beschwerdeführer davon Mitteilung gemacht noch schriftlich begründet hat, warum die verlangte Löschung nicht vorgenommen wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, und zwar
Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung im Recht auf Löschung dadurch, dass der Erstbeschwerdegegner seinem Antrag vom 30. Juni 2004 auf Löschung der im Bildungsdokumentationsgesetz bzw. den Bildungsdokumentationsverordnungen vorgesehenen Daten, insbesondere ihrer Sozialversicherungsnummer, nicht nachgekommen sei. Aus dem Zitat des § 5 Abs. 1 des Bildungsdokumentationsgesetzes in der Beschwerde sowie den Ausführungen in der auftragsgemäßen Beschwerdeverbesserung vom 25. Jänner 2005 leitet die Datenschutzkommission ab, dass sich der Beschwerdeführer auch durch die Verarbeitung von Daten in den Gesamtevidenzen nach den §§ 5 ff BildDokG beschwert erachtet.
Der Landesschulrat für Steiermark verweist auf ein Schreiben vom 28. Jänner 2005, welches er in einer anderen Beschwerdesache an die Datenschutzkommission gerichtet hat. Darin finden sich keine Ausführungen, die sich mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Verpflichtung zur Löschung konkret oder auch nur im Allgemeinen auseinandersetzen.
Der Zweitbeschwerdegegner bringt vor, der Beschwerdeführer habe niemals ein Löschungsbegehren an ihn gerichtet.
Der folgende Sachverhalt wird festgestellt:
Der Beschwerdeführer richtete am 30. Juni 2004 an den Erstbeschwerdegegner, dessen Schule er besucht, den Antrag, seine Sozialversicherungsnummer zu löschen. Darin wurde eine Verfassungs- bzw. Europarechtswidrigkeit der im Bildungsdokumentationsgesetz bzw. in den Bildungsdokumentationsverordnungen vorgesehenen Verwendung der Sozialversicherungsnummer behauptet.
Auf dieses Begehren hat der Beschwerdeführer nicht reagiert.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem unbestrittenen Beschwerdevorbringen.
An den Zweitbeschwerdegegner hat der Beschwerdeführer niemals ein Löschungsbegehren gerichtet.
Beweiswürdigung : Diese Feststellung beruht auf dem Vorbringen des Zweitbeschwerdegegners. Der Beschwerdeführer hat auch nie behauptet, ein derartiges Begehren an den Zweitbeschwerdegegner gerichtet zu haben.
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
Nach der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 3 Z 2 DSG 2000 hat jedermann, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, d.h. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten.
§ 27 DSG 2000 ist als einfachgesetzliche Ausführungsbestimmung zu § 1 Abs. 3 Z 2 DSG 2000 („nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen“) Anspruchsgrundlage für das individuelle Recht auf Löschung. Gemäß § 27 Abs. 1 Z 2 DSG 2000 hat der Auftraggeber auf begründeten Antrag des Betroffenen unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten richtigzustellen oder zu löschen. Gemäß § 27 Abs. 4 leg. cit. ist innerhalb von acht Wochen nach Einlangen eines Antrags auf Richtigstellung oder Löschung dem Antrag zu entsprechen und dem Betroffenen davon Mitteilung zu machen oder schriftlich zu begründen, warum die verlangte Löschung oder Richtigstellung nicht vorgenommen wird.
Wenn die Datenschutzkommission eine Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes durch einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs festgestellt hat, so hat dieser gemäß § 40 Abs. 4 DSG 2000 mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung der Datenschutzkommission entsprechenden Zustand herzustellen.
Gemäß § 5 Abs. 1 des Bildungsdokumentationsgesetzes (BildDokG), BGBl I Nr. 12/2002, hat der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur als Auftraggeber gemäß § 4 Z 4 DSG 2000, für die Zwecke der Planung, der Steuerung, der Wahrung der gesetzlichen Aufsichtspflichten, der Bundesstatistik und der Verwaltungsstatistik sowie für die in § 8 genannten Zwecke automationsunterstützt folgende Gesamtevidenzen einzurichten:
2. Zur Auftraggeberstellung der Beschwerdegegner
Die Datenschutzkommission hat bereits in ihrem Bescheid vom 11. März 2005, GZ K120.991/0006-DSK/2005, dargelegt, dass im Fall der in § 2 Abs. 1 Z 1 lit. a BildDokG genannten Schulen der Schulleiter Auftraggeber der Evidenz nach § 3 BildDokG ist. Daher war der Leiter des BG/BRG F als Erstbeschwerdegegner zu behandeln.
Hinsichtlich der Gesamtevidenzen ist der Zweitbeschwerdegegner (als Geschäftsapparat der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur) gemäß § 5 Abs. 1 BildDokG Auftraggeber.
Der vom Beschwerdeführer ebenfalls als Beschwerdegegner bezeichnete Landesschulrat für Steiermark ist nach dem vorzitierten Bescheid weder hinsichtlich der Evidenzen nach § 3 BildDokG noch hinsichtlich jener nach den §§ 5 f BildDokG Auftraggeber und kommt daher als Beschwerdegegner nicht in Betracht.
3. Verletzung im Recht auf Löschung durch den Erstbeschwerdegegner
Durch das Unterbleiben jeglicher Reaktion auf das Löschungsbegehren vom 30. Juni 2004 hat der Erstbeschwerdegegner seine Verpflichtung nach § 27 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 4 DSG 2000 nicht erfüllt und damit den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Löschung verletzt, was spruchgemäß festzustellen war.
Die vom Beschwerdeführer begehrte Erteilung eines Leistungsauftrages kommt dennoch nicht in Betracht. Vielmehr ergibt sich aus dem (§ 87 Abs. 2 VfGG, § 63 Abs. 1 VwGG und § 67c Abs. 3 AVG vergleichbaren) § 40 Abs. 4 DSG 2000, dass gegenüber Auftraggebern des öffentlichen Bereichs eine Rechtsverletzung lediglich festzustellen ist. Aus dieser Feststellung resultiert sodann eine unmittelbare gesetzliche Verpflichtung zur Herstellung des der Rechtanschauung der Datenschutzkommission entsprechenden Zustandes.
4. Kein Löschungsbegehren an den Zweitbeschwerdegegner
Die Datenschutzkommission ist in ihrer bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass eine Verletzung im Recht auf Löschung nur dann möglich ist, wenn der Betroffene an den Auftraggeber ein Löschungsbegehren nach § 27 Abs. 1 Z 2 DSG 2000 gerichtet hat (vgl. zB den Bescheid vom 26. Februar 2002, GZ K120.746/001-DSK/2002, abrufbar im Rechtsinformationssystem des Bundes – RIS unter www.ris.bka.gv.at).
Da ein solches Begehren an den Zweitbeschwerdegegner als Auftraggeber der Gesamtevidenzen nach den §§ 5 f BildDokG nicht vorliegt und auch eine Zuordnung des an den Erstbeschwerdegegner gerichteten Begehrens zum Zweitbeschwerdegegner nicht möglich ist (vgl. dazu wiederum den vorzitierten Bescheid vom 11. März 2005), ist schon deshalb eine Verletzung des Beschwerdeführers im Recht auf Löschung hinsichtlich der Gesamtevidenzen ausgeschlossen. Deshalb war die Beschwerde, soweit sie sich darauf bezog, abzuweisen.