K120.986/0013-DSK/2005 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. MAIER und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. DUSCHANEK, Dr. KOTSCHY, Dr. STAUDIGL und Mag. ZIMMER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 20. Mai 2005 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Gustav T*** in M*** (Beschwerdeführer) vom 5. August 2004 gegen 1. das Bundesministerium für Inneres in Wien (Erstbeschwerdegegner) sowie 2. die Universität Wien (Zweitbeschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung wird gemäß den §§ 1 Abs. 5 und 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 13/2005, entschieden:
I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und es wird festgestellt,
1. dass der Erstbeschwerdegegner (BMI) den Beschwerdeführer dadurch, dass das Büro für Interne Angelegenheiten (Abt. IV/6 des BMI)
a. in seinem Schreiben vom 18. November und vom 3. Dezember 2003 an die Austro Control GmbH [Anmerkung Bearbeiter: die Austro Control GmbH ist eine Gesellschaft, deren Anteile zu 100 Prozent vom Bund gehalten werden und die mit hoheitlichen Aufgaben der Luftfahrt (z.B. Flugsicherung, Ausstellung von Pilotenscheinen, technische Überprüfung von Luftfahrzeugen) beliehen ist (§§ 1f Austro-Control-Gesetz, BGBl Nr. 898/1993 idgF).] dieser jeweils mitgeteilt hat, dass gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachtes nach §§ 146, 147, 148, 177, 302 StGB Erhebungen geführt würden, und zwar im Auftrag der Staatsanwaltschaft bzw. des LG für Strafsachen Wien;
b. im Schreiben vom 3. Dezember 2003 der Austro Control GmbH weiters mitgeteilt hat, dass gegen den Beschwerdeführer der Verdacht einer Übertretung nach dem Universitätsgesetz 2002 bestehe und außerdem ausgeführt hat, es bestehe der begründete Verdacht, dass eine vom Beschwerdeführer der Austro Control GmbH angezeigte praktische Hubschrauberpilotenprüfung vom 21. Juni 2002, betreffend Hans F***, nie stattgefunden habe;
c. in einer E-mail vom 30. März 2004 der Zweitbeschwerdegegnerin (Univ. Wien) mitgeteilt hat, dass
2. dass die Zweitbeschwerdegegnerin (Univ. Wien) den Beschwerdeführer dadurch, dass ihr Referat Studienzulassung dem Erstbeschwerdegegner (BMI) am 30. März 2004 mitgeteilt hat, der Beschwerdeführer sei vom Wintersemester 1991 bis zum Sommersemester 1997 und seit Sommersemester 2004 zum Studium der Rechtswissenschaften zugelassen (gewesen),
jeweils im Recht auf Geheimhaltung nach § 1 Abs. 1 DSG 2000 verletzt hat.
Weitere angewendete Rechtsvorschriften: § 4 Z 7, 8, 9 und 12, § 7 Abs. 1, § 7 Abs. 2 Z 1 und 2, § 8 Abs. 4 DSG 2000; Art. 83 Abs. 2, Art. 94 B VG; § 24, § 26 Abs. 1, §§ 87 – 89, §§ 91 – 93 der Strafprozessordnung 1975 (StPO), BGBl Nr. 631/1975 idF BGBl I Nr. 164/2005; § 3 Abs. 1 des Bildungsdokumentationsgesetzes, BGBl I Nr. 12/2002 idF BGBl I Nr. 169/2002; § 116 des Universitätsgesetzes 2002 (UG 2002);
§ 26 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr. 52/1991 idF BGBl I Nr. 117/2002;
II. Im Hinblick auf die behauptete Verletzung im Recht auf Geheimhaltung durch den Erstbeschwerdeführer dadurch, dass er dem Zweitbeschwerdeführer in der E-mail vom 30. März 2004 mitgeteilt hat, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Beamten der Flugpolizei handelt, wird die Beschwerde gemäß § 1 Abs. 1 DSG 2000 iVm § 7 Abs. 8 des Bundesministeriengesetzes 1986 (BMG), BGBl Nr. 76/1986 idF BGBl I Nr. 118/2004, abgewiesen.
B e g r ü n d u n g:
Der Beschwerdeführer behauptet jeweils eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung durch die im Spruch abgehandelten Vorgänge.
Beide Beschwerdegegner bestreiten ihr vom Beschwerdeführer behauptetes Vorgehen im Wesentlichen nicht, halten es jedoch für rechtmäßig.
Der folgende Sachverhalt wird festgestellt:
Gegen den Beschwerdeführer wurde am 8. September 2003 in dem beim Erstbeschwerdegegner eingerichteten Büro für Interne Angelegenheiten von einem Mitarbeiter der Flugpolizei, einer Organisationseinheit des Erstbeschwerdegegners, die Anzeige erstattet, der Beschwerdeführer habe unter Ausnützung seiner Stellung als Leiter der bei der Flugpolizei eingerichteten Hubschrauberschule des Erstbeschwerdegegners Betrugshandlungen im Zusammenhang mit so genannten „loss of licence“- Versicherungen gesetzt. Die Durchsicht der mit der Anzeige vorgelegten Beweismittel rief beim Erstbeschwerdegegner den Verdacht hervor, der Beschwerdeführer habe sich unter anderem des Missbrauchs seiner Amtsgewalt schuldig gemacht.
Beweiswürdigung : Diese Feststellung beruht auf der insoweit unwidersprochenen Stellungnahme des Erstbeschwerdegegners vom 29. September 2004.
Am 3. Oktober 2003 erstattete der Erstbeschwerdegegner eine Mitteilung des Sachverhaltes an die Staatsanwaltschaft Wien. Diese beantragte daraufhin beim Landesgericht für Strafsachen Wien einzelne gerichtliche Vorerhebungen, nämlich die Durchführung von Hausdurchsuchungen und Rufdatenrückerfassungen, denen von der zuständigen Untersuchungsrichterin jeweils Folge gegeben wurde. Mit der Durchführung dieser Vorerhebungen wurde wiederum das Büro für interne Angelegenheiten des Erstbeschwerdegegners beauftragt. Darüber hinaus ergingen keine konkreten Ermittlungsersuchen der Staatsanwaltschaft Wien, weder an den Erstbeschwerdegegner noch an die Untersuchungsrichterin.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf der insoweit unwidersprochenen Stellungnahme des Erstbeschwerdegegners vom 29. September 2004 sowie der damit im Wesentlichen übereinstimmenden telefonischen Mitteilung der Untersuchungsrichterin des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 8. April 2005.
Am 18. November 2003 richtete das Büro für interne
Angelegenheiten ein Schreiben an die Austro Control GmbH mit dem Bezug: „Gustav T***; Verdacht des Verbrechens nach §§ 146, 147, 148, 177, 302 StGB“. Darin wurde dieser mitgeteilt, dass gegen den Beschwerdeführer über Auftrag der Staatsanwaltschaft bzw. des Landesgerichts für Strafsachen wegen des Verdachts des Verbrechens nach den §§ 146, 147, 148, 177 und 302 StGB Erhebungen geführt werden und dass in diesem Zusammenhang um Übermittlung bestimmter Unterlagen für die weiteren Erhebungen ersucht werde.
Am 3. Dezember 2003 erging ein weiteres Schreiben des Büros für interne Angelegenheiten an die Austro Control GmbH. Als Bezug war angegeben: „Gustav T***; Verdacht des Verbrechens nach §§ 146, 147, 148, 302 StGB, Verdacht der Übertretung nach dem Universitätsgesetz 2002, Verdacht des Verstoßes gegen das Luftfahrtgesetz“. Darin wurde ausgeführt, es bestehe ua. der begründete Verdacht, dass eine vom Beschwerdeführer der Austro Control GmbH angezeigte praktische Hubschrauberpilotenprüfung vom 21. Juni 2002 betreffend Hans F*** nie stattgefunden habe und dass der Beschwerdeführer vom Dienst suspendiert sei.
Beide Schreiben wurden mit Hilfe eines Textverarbeitungsprogramms verfasst.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem in sachverhaltsmäßiger Hinsicht unbestrittenen Beschwerdevorbringen sowie den von der Erstbeschwerdegegnerin vorgelegten Kopien der Schreiben an die Austro Control GmbH vom 18. November bzw. 3. Dezember 2003.
Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 12. Februar 2004 wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft Wien in der Strafsache gegen den Beschwerdeführer die Voruntersuchung eingeleitet.
Beweiswürdigung : Diese Feststellung beruht auf der telefonischen Mitteilung der zuständigen Untersuchungsrichterin des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 8. April 2005.
Am selben Tag ersuchte dieses Gericht das Büro für interne Angelegenheiten unter anderem „um Durchführung aller zweckdienlich erscheinenden Erhebungen“.
Beweiswürdigung : Diese Feststellung beruht auf der Stellungnahme des Erstbeschwerdegegners vom 29. September 2004 sowie der damit vorgelegten Kopie des Ersuchens des LG für Strafsachen Wien vom 12. Februar 2004, dessen Echtheit und Richtigkeit von der Untersuchungsrichterin am 8. April 2005 telefonisch bestätigt wurde.
Am 30. März 2004 richtete ein Mitarbeiter des Büros für Interne Angelegenheiten die folgende E-mail an den Leiter des Referats Studienzulassung der Zweitbeschwerdegegnerin:
„Sehr geehrter Herr A***!
Das BMI, Büro für Interne Angelegenheiten (BIA), führt im Auftrag des LG für Strafsachen Wien Erhebungen gegen den Beamten Gustav T*** wegen Verdacht des Verbrechens nach § 302 ff StGB (Amtsmissbrauch und weitere Delikte). Im Rahmen durchgeführter Hausdurchsuchungen wurden ua. Dokumente aufgefunden, aus welchen hervorgeht, dass der Verdächtige wiederholt den akademischen Grad Magister geführt hat. Nach ho. Erkenntnisstand hat der Verdächtige Anfang der 90er-Jahre ein Jurastudium begonnen, dieses jedoch nicht abgeschlossen. Wir ersuchen daher um Abklärung, ob Herr
Gustav T***, geb. am **.**.19** in V***, österr Stbg., Beamter des BMI (Flugpolizei) in 1*** Wien, S***straße ++/21, an der Universität Wien ein Studium abgeschlossen hat und zur Führung eines akademischen Grades berechtigt ist. Sollte dies nicht der Fall sei, wird der Beamte ua. wegen Übertretung nach dem UniversitätsG 2002 angezeigt.
Mit bestem Dank für Ihre Bemühungen
Franz B***
Bundesministerium für Inneres
Büro für Interne Angelegenheiten
[..]“
Noch am selben Tag teilte der Leiter des Referats
Studienzulassung der Zweitbeschwerdegegnerin dem Büro für interne Angelegenheiten mit, dass der Beschwerdeführer vom Wintersemester 1991 bis zum Sommersemester 1997 und seit Sommersemester 2004 zum Studium der Rechtswissenschaften zugelassen (gewesen) sei. Er habe an der Universität Wien weder das Studium der Rechtswissenschaften noch ein anderes Studium abgeschlossen, daher sei ihm von der Zweitbeschwerdegegnerin auch kein akademischer Grad verliehen worden.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf der Wiedergabe der E-mails in der Beschwerde, welche die Beschwerdegegner nicht bestritten haben.
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. Anzuwendende Rechtsvorschriften
Gemäß der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 1 DSG 2000, hat jedermann, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung des Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein
schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind nach Abs. 2 leg. cit. Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.
Gemäß § 1 Abs. 5 DSG 2000 ist gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden, das Grundrecht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. In allen übrigen Fällen ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig, es sei denn, dass Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit betroffen sind.
§ 4 DSG 2000 lautet auszugsweise:
„Im Sinne der folgenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:
[..]
7. „Datenanwendung” (früher: ”Datenverarbeitung”): die Summe der in ihrem Ablauf logisch verbundenen Verwendungsschritte (Z 8), die zur Erreichung eines inhaltlich bestimmten Ergebnisses (des Zweckes der Datenanwendung) geordnet sind und zur Gänze oder auch nur teilweise automationsunterstützt, also maschinell und programmgesteuert, erfolgen (automationsunterstützte Datenanwendung);
8. „Verwenden von Daten”: jede Art der Handhabung von Daten einer Datenanwendung, also sowohl das Verarbeiten (Z 9) als auch das Übermitteln (Z 12) von Daten;
9. „Verarbeiten von Daten“: das Ermitteln, Erfassen, Speichern, Aufbewahren, Ordnen, Vergleichen, Verändern, Verknüpfen, Vervielfältigen, Abfragen, Ausgeben, Benützen, Überlassen (Z 11), Sperren, Löschen, Vernichten oder jede andere Art der Handhabung von Daten einer Datenanwendung durch den Auftraggeber oder Dienstleister mit Ausnahme des Übermittelns (Z 12) von Daten;
[..]
12. „Übermitteln von Daten”: die Weitergabe von Daten einer Datenanwendung an andere Empfänger als den Betroffenen, den Auftraggeber oder einen Dienstleister, insbesondere auch das Veröffentlichen solcher Daten; darüber hinaus auch die Verwendung von Daten für ein anderes Aufgabengebiet des Auftraggebers;
[..]
§7 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet:
„§ 7. (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.
(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn
1. sie aus einer gemäß Abs. 1 zulässigen Datenanwendung stammen und
2. der Empfänger dem Übermittelnden seine ausreichende
gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis soweit
diese nicht außer Zweifel steht im Hinblick auf den Übermittlungszweck glaubhaft gemacht hat und
3. durch Zweck und Inhalt der Übermittlung die
schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen nicht verletzt werden.“
Gemäß § 8 Abs. 4 DSG 2000 verstößt die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über
strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn
1. eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung solcher Daten besteht oder
2. die Verwendung derartiger Daten für Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung einer ihnen gesetzlich übertragenen Aufgabe ist oder
3. sich sonst die Zulässigkeit der Verwendung dieser Daten aus gesetzlichen Sorgfaltspflichten oder sonstigen, die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen überwiegenden berechtigten Interessen des Auftraggebers ergibt und die Art und Weise, in der die Datenanwendung vorgenommen wird, die Wahrung der Interessen der Betroffenen nach diesem Bundesgesetz gewährleistet.
Nach § 31 Abs. 2 DSG 2000 ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung über behauptete Verletzungen der Rechte eines Betroffenen auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung nach diesem Bundesgesetz dann zuständig, wenn der Betroffene seine Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, der nicht als Organ der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit tätig ist.
Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen der StPO lauten:
„II. Hauptstück
Von den Gerichten
[..]
VIII. Verhältnis der Strafgerichte zu anderen Behörden
§ 24. Die Sicherheitsbehörden, unter denen auch die Bürgermeister (Gemeindevorsteher) begriffen sind, haben allen Verbrechen und Vergehen, sofern sie nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten untersucht werden, nachzuforschen und, wenn das unverzügliche Einschreiten des Untersuchungsrichters nicht erwirkt werden kann, die keinen Aufschub gestattenden vorbereitenden Anordnungen zu treffen, die zur Aufklärung der Sache dienen oder die Beseitigung der Spuren der strafbaren Handlung oder die Flucht des Täters verhüten können. Hausdurchsuchungen und die vorläufige Verwahrung von Personen dürfen die Sicherheitsbehörden und deren Organe zum Zwecke der Strafgerichtspflege nur in den in dieser Strafprozessordnung vorgesehenen Fällen unaufgefordert vornehmen; sie haben von ihrem Einschreiten und dessen Ergebnis dem zuständigen Staatsanwalt oder Untersuchungsrichter sogleich Mitteilung zu machen.
[..]
§ 26. (1) Die Strafgerichte sind berechtigt, zur Durchführung der Strafrechtspflege mit allen Dienststellen der Gebietskörperschaften, mit anderen Körperschaften des öffentlichen Rechtes sowie mit den von ihnen betriebenen Anstalten unmittelbares Einvernehmen durch Ersuchen zu pflegen. Solchen Ersuchen ist mit möglichster Beschleunigung zu entsprechen, oder es sind die entgegenstehenden Hindernisse unverzüglich bekanntzugeben; erforderlichenfalls ist Akteneinsicht zu gewähren.
[..]
IX. Hauptstück
Von der Erforschung strafbarer Handlungen
und von den Vorerhebungen
§ 84. (1) Wird einer Behörde oder öffentlichen Dienststelle der Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren Handlung bekannt, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, so ist sie zur Anzeige an eine Staatsanwaltschaft oder Sicherheitsbehörde verpflichtet.
[..]
(3) Die Anzeigepflicht der Sicherheitsbehörden bleibt unberührt.
[..]
§ 86. (1) Wer immer von einer strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist, Kenntnis erlangt, ist berechtigt, sie anzuzeigen. Zur Annahme der Anzeige ist nicht bloß der Staatsanwalt, sondern es sind dazu auch der Untersuchungsrichter, das Bezirksgericht und die Sicherheitsbehörde verpflichtet; sie haben die Anzeige dem Staatsanwalte zu übermitteln.
[..]
§ 87. (1) Der Staatsanwalt ist verpflichtet, alle an ihn gelangten Anzeigen über strafbare Handlungen, die von Amts wegen zu verfolgen sind, zu prüfen sowie die zu seiner Kenntnis gelangenden Spuren solcher strafbarer Handlungen zu verfolgen. [..]
§ 88. (1) Überhaupt ist er berechtigt, durch den Untersuchungsrichter, durch die Bezirksgerichte oder durch die Sicherheitsbehörden Vorerhebungen zu dem Zwecke führen zu lassen, um die nötigen Anhaltspunkte für die Veranlassung des Strafverfahrens wider eine bestimmte Person oder für die Zurücklegung der Anzeige zu erlangen.
(2) Die Untersuchungsrichter und Richter der Bezirksgerichte haben auch bei diesen Vorerhebungen die Rechte und Obliegenheiten, die dem Untersuchungsrichter in der Voruntersuchung zukommen.
(3) Durch die Sicherheitsbehörden kann der Staatsanwalt Personen, die Aufklärungen über begangene strafbare Handlungen zu erteilen imstande sein dürften, unbeeidigt vernehmen lassen und diesen Vernehmungen auch selbst beiwohnen. Augenschein und Hausdurchsuchung kann er durch sie nur dann vornehmen lassen, wenn sich in Abwesenheit einer zur Amtshandlung berufenen Gerichtsperson die Notwendigkeit eines unverzüglichen Einschreitens herausstellt; er kann diesen Untersuchungshandlungen, bei denen alle für gerichtliche Akte dieser Art vorgeschriebenen Förmlichkeiten zu beobachten sind, auch selbst beiwohnen. Die hierüber aufgenommenen Protokolle können jedoch bei sonstiger Nichtigkeit nur dann als Beweismittel benützt werden, wenn sie unverweilt dem Untersuchungsrichter mitgeteilt worden sind, der ihre Form und Vollständigkeit zu prüfen und nötigenfalls die Wiederholung oder Ergänzung der Verhandlung zu bewirken hat.
§ 89. (1) Der Untersuchungsrichter am Gerichtshof erster Instanz nimmt, solange kein Antrag des Staatsanwaltes vorliegt, nur die Amtshandlungen vor, die ohne Gefährdung des Zweckes oder ohne Überschreitung einer gesetzlichen Frist nicht aufgeschoben werden können. Vom Vorgenommenen hat er den Staatsanwalt in Kenntnis zu setzen und sodann dessen Anträge abzuwarten.
(2) Bezirksgerichte dagegen haben zwar ebenfalls die zu ihrer Kenntnis kommenden Verbrechen und nicht in ihre Zuständigkeit fallenden Vergehen, soweit sie von Amts wegen zu verfolgen sind, unverweilt dem Staatsanwalt anzuzeigen, zugleich aber, und ohne dessen Anträge abzuwarten, die Vorerhebungen (§ 88 Abs. 1 und 2) zu führen. [..]
X. Hauptstück
Von den Voruntersuchungen im allgemeinen
I. Einleitung der Voruntersuchung und Stellung
des Untersuchungsrichters in der Voruntersuchung
§ 91. (1) Der Versetzung in den Anklagestand (XVI. Hauptstück) muß eine Voruntersuchung vorangehen, wenn es sich um ein Verbrechen oder Vergehen handelt, dessen Aburteilung dem Geschworenengerichte zukommt, oder wenn gegen einen Abwesenden das Strafverfahren eingeleitet werden soll. In allen anderen Fällen bleibt es dem Ermessen des Staatsanwaltes oder des Privatanklägers anheimgestellt, ob eine Voruntersuchung zu beantragen sei.
(2) Die Voruntersuchung hat den Zweck, die gegen eine bestimmte Person erhobene Anschuldigung einer strafbaren Handlung einer vorläufigen Prüfung zu unterwerfen und den Sachverhalt so weit zu klären, als es nötig ist, um die Momente festzustellen, die geeignet sind, entweder die Einstellung des Strafverfahrens herbeizuführen oder die Versetzung in den Anklagestand und die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung vorzubereiten.
§ 92. (1) Der Untersuchungsrichter darf die Voruntersuchung nur wegen solcher strafbarer Handlungen und nur gegen Personen einleiten, bei denen ihm ein darauf abzielender Antrag eines berechtigten Anklägers vorliegt.
(2) Beantragt der Staatsanwalt die Einleitung einer Voruntersuchung, so hat er die Anzeige sowie die zu seiner Kenntnis gelangten Beweismittel und die Ergebnisse der etwa veranlassten Vorerhebungen dem Untersuchungsrichter mitzuteilen.
(3) Über den Antrag auf Einleitung der Voruntersuchung entscheidet der Untersuchungsrichter mit Beschluß. Dagegen steht dem Beschuldigten und dem Ankläger die binnen vierzehn Tagen einzubringende Beschwerde an den Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 114).
§ 93. (1) Die Voruntersuchung wird in der Regel vom Untersuchungsrichter persönlich und unmittelbar geführt. Doch kann er die Bezirksgerichte sowohl innerhalb als auch außerhalb des Sprengels seines Gerichtshofes um die Vornahme einzelner gerichtlicher Handlungen ersuchen. Soll eine im Gefangenenhaus eines Gerichtshofes angehaltene Person vernommen werden, so ist das Ersuchen an den Untersuchungsrichter dieses Gerichtshofes zu richten.
(2) Die Bezirksgerichte haben dem Ersuchen unter Beachtung der für den Untersuchungsrichter geltenden Vorschriften zu entsprechen und, wenn sich hieraus die Notwendigkeit weiterer, in ihren Sprengel fallender Untersuchungshandlungen ergibt, diese sofort vorzunehmen.
[..]“
§ 116 Universitätsgesetz 2002, BGBl I Nr. 120/2002, lautet:
„§ 116. (1) Wer vorsätzlich
(2) Unberechtigt ist die Verleihung, Vermittlung oder Führung insbesondere dann, wenn der akademische Grad oder die gleiche oder ähnliche Bezeichnung
Gemäß § 26 Abs. 1 VStG steht den Bezirksverwaltungsbehörden in erster Instanz die Untersuchung und Bestrafung aller Übertretungen zu, deren Ahndung nicht anderen Verwaltungsbehörden oder den Gerichten zugewiesen ist. Nach § 26 Abs. 2 leg. cit. kommt den Bundespolizeibehörden die Strafbefugnis in erster Instanz im Rahmen ihres
Wirkungsbereiches zu.
Der Bundesminister für Inneres ist gemäß § 4 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl Nr.566/1991 idF BGBl I Nr. 151/2004, oberste Sicherheitsbehörde.
§ 7 Abs. 8 BMG lautet:
„Die Zahl der Sektionen und Abteilungen sowie allenfalls die Einrichtung von Gruppen, Referaten und von Einrichtungen gemäß den Abs. 3 bis 6 und die Aufteilung der Geschäfte auf sie ist in der Geschäftseinteilung jedes Bundesministeriums festzusetzen. Die Geschäftseinteilung ist vom Bundesminister für das von ihm geleitete Bundesministerium zu erlassen und zur öffentlichen Einsicht aufzulegen, wobei die Zuteilung der Bediensteten zu den Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten mindestens einmal jährlich auszuweisen ist.“
2. Rechtliche Schlussfolgerungen
a. zur Zuständigkeit der Datenschutzkommission
Das Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) hat sich sowohl in seinen Schreiben an die Austro Control GmbH vom 18. Nov. 2003 und vom 3. Dez. 2003 als auch die E-mail vom 30. März 2004 an das Studienzulassungsreferat der Zweitbeschwerdegegnerin hinsichtlich seines Ersuchens um Übermittlung von Daten über den Beschwerdeführer jeweils darauf berufen, dass es Erhebungen im Auftrag der Staatsanwaltschaft bzw. des LG für Strafsachen Wien gegen den Beschwerdeführer durchführe. Eine andere Rechtsgrundlage, wie etwa Ermittlungen im Zuge von Dienstaufsichtsmaßnahmen des BMI, für die das Büro für Interne Angelegenheiten nach der Geschäftseinteilung des BMI an sich zuständig wäre, wird in keinem der inkriminierten Schreiben erwähnt. Die rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit der gegenständlichen Datenermittlungshandlungen ist daher allein unter dem Gesichtspunkt der Mitwirkung des BIA an Akten der Vorerhebung bzw. Voruntersuchung nach der StPO vorzunehmen.
Eine Zuständigkeit der DSK zur Überprüfung ist diesbezüglich nur insoweit gegeben, als es sich nicht um Akte der Gerichtsbarkeit handelt. Dies trifft für Ermittlungshandlungen im Auftrag der Staatsanwaltschaft im Rahmen von Vorerhebungen zu. Für Ermittlungshandlungen, die im Auftrag eines Untersuchungsrichters im Rahmen der Voruntersuchung vorgenommen werden, kommt eine Prüfungszuständigkeit der DSK jedenfalls dann in Betracht, wenn die Handlung von einem Verwaltungsorgan gesetzt wurde und im Verhältnis zum erteilten Auftrag überschießend, d.h. zur Erfüllung des Auftrags offensichtlich nicht erforderlich war. Diesfalls kann das Handeln des Verwaltungsorgans dem richterlichen Auftrag nicht zugerechnet werden und ist daher vom Verwaltungsorgan selbst zu verantworten.(Vgl. hiezu auch das Erk. des VwGH vom 6. Okt. 1999, Zl. 99/01/0120).
b. inhaltliche Prüfung
aa) In den Fällen, in welchen die Weitergabe von
personenbezogenen Daten durch die beiden Beschwerdegegner festgestellt wurde, sind jeweils Daten einer Datenanwendung (§ 4 Z 7 DSG 2000) betroffen, da sie stets zumindest teilweise maschinell – unter Einsatz eines Textverarbeitungsprogramms bzw. per E-mail – erfolgten. Somit ist auch der einfachgesetzliche Teil des DSG 2000 voll anwendbar.
bb) § 7 Abs. 1 DSG 2000 verlangt für die Zulässigkeit des Verarbeitens von Daten eine gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis des Auftraggebers.
§ 7 Abs. 2 DSG 2000 setzt für die Zulässigkeit der Übermittlung von Daten unter anderem voraus, dass der Empfänger seine rechtliche Befugnis zum Empfang der zu übermittelnden Daten dem um die Übermittlung Ersuchten „glaubhaft gemacht hat“.
Regeln über Zuständigkeiten und Befugnisse in Zusammenhang mit der Verfolgung gerichtlich strafbarer Handlungen finden sich in der StPO, hinsichtlich der Verfolgung von Verwaltungsübertretungen sind sie (jedenfalls subsidiär) im VStG geregelt.
Sämtliche festgestellte Übermittlungen haben nach Erstattung der Anzeige an die Staatsanwaltschaft Wien durch den Erstbeschwerdegegner am 3. Oktober 2003 stattgefunden. Sie lassen sich chronologisch weiter in zwei Abschnitte einteilen, nämlich jene, die vor und jene, die nach der Einleitung der Voruntersuchung am 12. Februar 2004 stattgefunden haben.
cc) Die erste Gruppe fällt in die Phase der Vorerhebungen und ist nach den Regeln der §§ 84 bis 90 StPO zu beurteilen. Wie sich aus diesen Bestimmungen, insbesondere den §§ 87 bis 89 StPO ergibt, ist in diesem Abschnitt des strafprozessualen Vorverfahrens der Staatsanwalt „Herr des Verfahrens“. Ihm alleine obliegt die Entscheidung, welche Mittel bei der Prüfung der ihm vorliegenden Anzeige eingesetzt werden. Die Mitwirkung anderer Behörden bei den Vorerhebungen ist im Gesetz abschließend geregelt. Hinsichtlich der Sicherheitsbehörden ist im vorliegenden Zusammenhang § 88 Abs. 1 StPO von Relevanz. Demnach ist für ihr Tätigwerden stets ein entsprechender Auftrag des Staatsanwaltes erforderlich.
Nachforschungen der Sicherheitsbehörden ohne entsprechendes Ersuchen des Staatsanwalts, also „selbständig“ auf Grundlage des vom Erstbeschwerdegegner ins Treffen geführten § 24 StPO, kommen nach der Anzeige eines Sachverhalts an den Staatsanwalt nicht mehr in Betracht (in diesem Sinn auch Bertel/Venier,
Strafprozessrecht 7.Aufl. (2002), Rz. 523, 570; Sailer,
Strafprozessrecht 7.Aufl. (2004), Rz. 519 ff, Fabrizy, StPO
9. Aufl (2003), Rz 1 f zu § 24 StPO). Selbst wenn man mit Demmelbauer/Hauer, Grundriss des österreichischen Sicherheitsrechts (2002), Rz 214, „Nachforschungen“ (im Gegensatz zu „Anordnungen“) nicht nur bei „Gefahr im Verzug“ als zulässig ansieht, muss eine systematische Auslegung der StPO zu dem Ergebnis führen, dass mit dem Einlangen der Anzeige bei der Staatsanwaltschaft das Handeln einer Sicherheitsbehörde nur mehr auf § 88 Abs. 1 StPO gestützt werden kann. Jede andere Sichtweise würde zu einer - der österreichischen Rechtsordnung grundsätzlich fremden - konkurrierenden Zuständigkeit von Staatsanwaltschaft und Sicherheitsbehörden führen, wodurch der Staatsanwalt - die speziell für die Strafverfolgung eingerichtete Verwaltungsbehörde mit entsprechender, für die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens bürgender Qualifikation (§ 12 Staatsanwaltschaftsgesetz, BGBl Nr. 164/1986 idF BGBl I Nr. 5/1999, iVm § 26 Richterdienstgesetz, BGBl Nr. 305/1961 iVm BGBl I Nr. 130/2003) - als Herr des Verfahrens in diesem Stadium unterlaufen werden könnte.
Da nun ein Ersuchen des Staatsanwaltes an den Erstbeschwerdegegner, weitere Nachforschungen im Zusammenhang mit dem am 3. Oktober 2003 angezeigten Sachverhalt
vorzunehmen, nicht vorlag, bestand keine Zuständigkeit bzw. rechtliche Befugnis des Erstbeschwerdegegners im Sinne des § 7 Abs. 1 DSG 2000 zur Verfassung der Schreiben vom 18. November bzw. 3. Dezember 2003 an die Austro Control GmbH. Nach § 7 Abs. 2 Z 1 DSG 2000 ist auch die mit dem Ersuchen um Information verbundene Übermittlung von Daten des Beschwerdeführers über gegen ihn bestehende strafrechtliche Verdachtslagen rechtswidrig. Daraus resultiert überdies ein Verstoß gegen § 8 Abs. 4 DSG 2000, der strafrelevante Daten, wie etwa Verdachtslagen, unter besonderen Verwendungsschutz stellt.
Die dadurch eingetretene Verletzung im Recht auf Geheimhaltung war spruchgemäß festzustellen.
dd) Auch hinsichtlich der Phase der Voruntersuchung, in der „Herr des Verfahrens“ der Untersuchungsrichter ist (§§ 93 ff StPO), ist ein „selbständiges“ Untersuchungshandeln durch Sicherheitsbehörden über die erteilten Aufträge hinaus, etwa auf Grundlage des § 24 StPO „nicht rechtens“. Als
Rechtsgrundlage für das Handeln des Erstbeschwerdeführers kommt allerdings § 26 StPO in Betracht, der die Möglichkeit der Auftragserteilung seitens der Strafgerichte durch Ersuchen an alle Dienststellen der Gebietskörperschaften vorsieht.
Wie unter Pkt 2a ausgeführt, kommt der DSK eine Prüfungszuständigkeit in diesem Zusammenhang nur hinsichtlich solcher Untersuchungshandlungen zu, die über den richterlichen Auftrag hinausgehen, also - aus dem Blickwinkel der Führung der Voruntersuchung durch den Untersuchungsrichter - überschießend sind.
In Anwendung auf den vorliegenden Fall bedeutet dies Folgendes:
Das an die Universität Wien gerichtete Ersuchen um Datenübermittlung über einen allfälligen Studienabschluss des Beschwerdeführers steht ganz offensichtlich in keinem logischen Zusammenhang mit dem vom BIA angegebenen Ermittlungszweck, nämlich Untersuchungshandlungen im Auftrag des LG für Strafsachen Wien. Die mit dem Ersuchen verbundene Weitergabe von strafrelevanten Daten an die Universität Wien entbehrt daher einer Rechtsgrundlage – sie war von dem Ermittlungsauftrag der Untersuchungsrichterin nicht gedeckt. Daraus folgt nach § 7 Abs. 2 Z 1 sowie § 8 Abs. 4 DSG 2000 die Unzulässigkeit der beschwerdegegenständlichen Übermittlungen an die Zweitbeschwerdegegnerin (Univ. Wien), weshalb auch in dieser Hinsicht der Beschwerde spruchgemäß (Pkt. I. 1.c.) Folge zu geben war.
ee) Lediglich hinsichtlich des Faktums, dass der Beschwerdeführer Beamter der Flugpolizei ist, war die Beschwerde im Spruchpunkt II. abzuweisen. Die Flugpolizei ist eine Dienststelle des Bundesministeriums für Inneres. Da dessen Geschäftseinteilung, welche auch eine Zuteilung der einzelnen Bediensteten zu den Organisationseinheiten des Bundesministeriums enthält, gemäß § 7 Abs. 8 BMG zur öffentlichen Einsicht aufzulegen ist, handelt es sich dabei um ein allgemein verfügbares Datum des Beschwerdeführers, auf das sich das Recht auf Geheimhaltung nicht erstreckt.
ff) Somit bleibt noch die Übermittlung von der Zweitbeschwerdegegnerin (Univ. Wien) an den Erstbeschwerdegegner (BMI) zu prüfen. Die Zweitbeschwerdegegnerin besitzt unbestritten die Zuständigkeit im Sinn des § 7 Abs. 1 DSG 2000, Studiendaten des Beschwerdeführers in einer Datenanwendung zu verwenden. Diese ergibt sich aus § 3 Abs. 1 BildDokG.
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Übermittlung dieser Daten ist nach § 7 Abs. 2 Z 2 DSG 2000 allerdings weiters, dass der Empfänger, also der Erstbeschwerdegegner, der Zweitbeschwerdegegnerin seine ausreichende gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis im Hinblick auf den Übermittlungszweck glaubhaft gemacht hat. Somit (arg. „glaubhaft gemacht“) bedarf es für die Rechtmäßigkeit einer Übermittlung zwar keiner absoluten Sicherheit über die Zuständigkeit (rechtliche Befugnis) des Empfängers, wohl aber einer aus der Sicht eines in der Rolle des Auftraggebers befindlichen objektiven Betrachters schlüssigen Argumentation des Empfängers, aus der sich seine Zuständigkeit/rechtliche Befugnis ergibt.
Der Erstbeschwerdegegner hat in seiner E-mail vom 30. März 2004 einleitend auf „Erhebungen im Auftrag des LG für Strafsachen Wien“ gegen den Beschwerdeführer „wegen des Verbrechens nach § 302 ff StGB“ hingewiesen. Im weiteren Inhalt der E-mail wird jedoch keinerlei Zusammenhang zwischen diesen Erhebungen und dem unbefugten Führen eines akademischen Grades hergestellt. Vielmehr hat der Erstbeschwerdegegner diesen von ihm gehegten Verdacht als „Zufallsergebnis“ von Hausdurchsuchungen dargestellt und mit der Aussage, dass eine Anzeige des Beschwerdeführers ua. nach UG 2002 beabsichtigt sei, als primäres Ziel seiner Ermittlungen die Verfolgung der Verwaltungsübertretung nach § 116 UG und nicht etwa eine Verwertung für Zwecke der Ermittlungen nach den §§ 302 ff StGB dargestellt. Dies wird in Anbetracht der Subsidiaritätsklausel in § 116 UG 2002 zu Gunsten gerichtlich strafbarer Handlungen bedeutsam: Eine Anzeige nach dem UG 2002 ginge im Fall einer gerichtlichen Strafverfolgung nämlich ins Leere.
Dass der Erstbeschwerdegegner zur Verfolgung der Verwaltungsübertretung nach § 116 UG 2002 nicht zuständig ist, musste der Zweitbeschwerdegegnerin als mit der Vollziehung des UG 2002 betraute Verwaltungseinrichtung bewusst sein. Somit hätten bei ihr - aus einer objektiven Perspektive betrachtet - auf Grund der Formulierung der E-mail des Erstbeschwerdegegners zumindest Zweifel an dessen
Zuständigkeit bzw. rechtlicher Befugnis aufkommen müssen, die sie zu einer Aufklärung hätten veranlassen müssen. Die Zuständigkeit des Erstbeschwerdegegners war somit im Zeitpunkt der beschwerdegegenständlichen Übermittlung, wie bereits zuvor dargelegt wurde, weder tatsächlich gegeben noch war sie für die Zweitbeschwerdegegnerin ausreichend glaubhaft gemacht.
Somit war auch hinsichtlich dieser Übermittlung spruchgemäß eine Verletzung des Beschwerdeführers im Recht auf
Geheimhaltung festzustellen.