K120.950/0005-DSK/2005 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. MAIER und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. BLAHA, Dr. DUSCHANEK, Dr. HEISSENBERGER, Dr. KOTSCHY und Mag. ZIMMER sowie der Schriftführer Dr. KÖNIG und Fr. HAAS in ihrer Sitzung vom 1. März 2005 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Anton J*** aus F***, Salzburg, vertreten durch K*** T***, Rechtsanwaltspartnerschaft in **** V***, ***straße *, gegen die Bezirkshauptmannschaft Braunau als Sicherheitsbehörde (Beschwerdegegnerin) wegen
1. Verletzung im Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten durch Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung am 14. September 2003 (Anfertigen eines Lichtbildes, Abnahme von Fingerabdrücken) und 2. Verletzung im Recht auf Löschung dieser unzulässig verarbeiteten Daten, und zwar bezogen auf den Zeitraum vom 14. September 2003 bis 20. Oktober 2004, wird gemäß § 1 Abs 1 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr 165/1999 idF BGBl I Nr 136/2001 und §§ 65 Abs 1 und 4, 74 Abs 1, 76 Abs 6, 77 Abs 2 und 4 und 90 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl Nr 566/1991 idF BGBl I Nr 104/2002, wie folgt entschieden:
[Anmerkung Bearbeiter: In Folge teilweiser Aufhebung des Bescheids durch den VwGH erstreckt sich die abweisende Wirkung des Spruchs nur mehr auf den Punkt 2. (Verletzung im Löschungsrecht).]
B e g r ü n d u n g:
A) Vorbringen der Beteiligten und Verfahrensgang
Mit Beschwerde vom 9. März 2004 (bei der Datenschutzkommission eingelangt am 11. März 2004) brachte der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer vor, im Zuge einer gegen ihn als Verdächtigen (Besitz einer geringen Menge an Cannabis/Haschisch, aufgefunden bei einer Fahrzeugkontrolle) durchgeführten Amtshandlung am 14. September 2003 von Beamten des Gendarmeriepostens Braunau am Inn rechtswidrig erkennungsdienstlich behandelt worden zu sein. Die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 65 Abs 1 SPG hätten nicht vorgelegen, die Beamten hätten ihn aufgefordert, sich einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen und dabei – gemäß § 77 Abs 2 2. Satz SPG ohne Erlassung eines Bescheids - Daten in Form von Lichtbildern und Fingerabdrücken (ein Vorbringen betreffend DNA-Daten wurde mit Äußerung vom 9. Juni 2004 als Irrtum zurückgezogen) ermittelt. Seiner Beschwerde ist zu entnehmen, dass er sich dadurch in seinem Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten sowie in seinem Recht auf Löschung unzulässig verarbeiteter Daten verletzt fühle, wobei diese Rechtsverletzungen der Beschwerdegegnerin als zuständiger Sicherheitsbehörde erster Instanz zuzurechnen seien. Ein Antrag auf Löschung gemäß § 74 Abs 1 SPG sei nicht gestellt worden, da dies nach dem Wortlaut des Gesetzes nur für Fälle vorgesehen sei, in denen ein vorliegender Verdacht im Nachhinein nicht bestätigt worden sei, in seinem Fall sei aber schon die Annahme, dass die Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten zulässig sei, falsch gewesen. Er habe aber gleichzeitig ein Löschungsbegehren an die Sicherheitsdirektion für das Land Oberösterreich gerichtet. Der Beschwerdeführer beantragte, die Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung und die Nichtlöschung der so erhobenen Daten für rechtswidrig zu erklären. Mit Eingabe vom 14. April 2004 teilte der Beschwerdeführer mit, dass die gegen ihn erstattete Strafanzeige durch den öffentlichen Ankläger (Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis, Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Braunau am Inn, AZ: ** BAZ *2*/03v) gemäß § 35 Abs 1 SMG vorläufig zurückgelegt worden sei.
Auf Vorhalt des Bescheides der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vom 20. Oktober 2004, AZ: II – **1/04, mit dem, in Stattgebung eines Antrags des Beschwerdeführers, die Löschung der erkennungsdienstlichen Daten angeordnet wurde, brachte der Beschwerdeführer, wenn auch verspätet nach Ablauf der zum Parteiengehör gesetzten Frist, vor, seine Beschwerde betreffe die Frage der Rechtmäßigkeit der Datenverwendung, daher halte er seine Beschwerde, wenn auch eingeschränkt auf eine behauptete Rechtsverletzung durch 'Nichtlöschen' (= Verwenden) vom 14. September 2003 (Zeitpunkt der Ermittlung) bis zum 20. Oktober 2004 (= Zeitpunkt der bescheidmäßigen Löschungsanordnung), aufrecht. Im Übrigen bekräftigte er ausdrücklich, dass er die Zuständigkeit der Datenschutzkommission für die Frage der Rechtmäßigkeit der Ermittlung durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 31 Abs 2 DSG 2000 und § 90 SPG für gegeben erachte. Im Beschwerdefall sei weder unmittelbare Zwangsgewalt tatsächlich ausgeübt noch angedroht worden. Der Beschwerdeführer habe die Datenermittlung vielmehr über Verlangen der Beamten 'aufgrund der den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes eigenen Autorität' geduldet.
Die Beschwerdegegnerin brachte, von der Datenschutzkommission dazu aufgefordert, in ihrer
Stellungnahme vom 17. Mai 2004, Aktenzeichen: Sich***-2004-Ga,
Folgendes vor:
Der Sachverhalt, wie vom Beschwerdeführer ausgeführt, werde inhaltlich im Wesentlichen bestätigt. Gemäß § 65 Abs 1 SPG seien die Sicherheitsbehörden ermächtigt, einen Menschen, der unter dem Verdacht einer mit Strafe bedrohten Handlung stehe (u.a.) dann erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn dies auf Grund der Person des Verdächtigen und der Umstände notwendig erscheine, um ihn von weiteren gefährlichen Angriffen abzuhalten. Der Beschwerdeführer sei (wörtlich) 'im Zuge seiner Anhaltung' beim Gendarmeriepostenkommando Braunau einer Aufforderung zur erkennungsdienstlichen Behandlung freiwillig nachgekommen. Da der Beschwerdeführer im Zuge seiner Ersteinvernahme durch die Gendarmerie angegeben habe, zwar das Suchtmittel erworben und besessen aber nicht konsumiert zu haben, sei die Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten erforderlich gewesen, um gefährlichen Angriffen wie der Weitergabe von Suchtmitteln oder Beschaffungskriminalität jeglicher Art vorzubeugen. Die Beschwerdegegnerin beantragte so die Abweisung der Beschwerde.
B) Ermittlungsverfahren und verwendete Beweismittel
Die Datenschutzkommission hat ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und Beweis aufgenommen durch Einholung einer Stellungnahme der Beschwerdegegnerin, Aktenzeichen Sich***- 2004-Ga, und Einsichtnahme in die von der Beschwerdegegnerin vorgelegten Urkundenkopien (Kopie des Ermittlungsaktes GZ- 3***/03, Gendarmerieposten Braunau am Inn) und die Ausdrucke aus dem elektronischen Kriminalpolizeilichen Informationssystem (EKIS) vom 11. Mai 2004 (EDE- und KPA-Auszug). Weiters durch Einsichtnahme in eine Kopie des Bescheids der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vom 20. Oktober 2004, AZ: II – **1/04. Dem Beschwerdeführer wurde zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Parteiengehör eingeräumt.
C) Sachverhaltsfeststellung samt Beweiswürdigung
Die Datenschutzkommission stellt folgenden Sachverhalt fest:
Der Beschwerdeführer geriet am 14. September 2003 in den frühen Morgenstunden anlässlich einer Fahrzeugkontrolle in Braunau am Inn, bei der durch Beamte des Gendarmeriepostens Braunau am Inn eine geringe Menge an Suchtgift bei ihm bzw. in seinem Fahrzeug gefunden wurde (weniger als 10 Gramm Cannabisharz/Haschisch sowie 'Suchtgiftutensilien' mit entsprechenden Spuren), unter den Verdacht, das Vergehen nach § 27 Abs 1 Suchtmittelgesetz (SMG), BGBl I Nr 112/1997 idF BGBl I Nr 134/2002 (Erwerb, Besitz und Einfuhr von Suchtgift in kleiner Menge) begangen zu haben. Ohne dass ein richterlicher Haftbefehl vorlag oder seine Verhaftung aus einem der sonstigen Gründe gemäß StPO oder VStG förmlich ausgesprochen wurde, wurde der Beschwerdeführer von den Gendarmeriebeamten aufgefordert, zwecks Aufnahme seiner Personalien und Einvernahme als Verdächtiger zum Gendarmerieposten Braunau am Inn mitzukommen. Dort wurde eine Reihe von Daten des Beschwerdeführers (Ausfüllen des standardisierten 'Personalblatts' sowie des 'Meldeformulars zum Auswertungsblatt für Suchtmittel und Vorläuferstoffe') ermittelt. Weiters wurde der Beschwerdeführer nach entsprechender Aufforderung durch Anfertigung von Lichtbildern und Abnahme eines Zehnfingerabdrucks erkennungsdienstlich behandelt und niederschriftlich einvernommen. Er gab an, das Suchtgift aus Neugier, und weil es ihm angeboten worden sei, etwa einen Monat zuvor entgeltlich erworben aber nichts davon konsumiert oder an andere weiter gegeben zu haben.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen stützen sich auf die vorliegenden Kopien aus dem Akteninhalt des Aktes GZ: B1/3***/03 des Gendarmeriepostens Braunau am Inn, insbesondere das Personalblatt und die Niederschrift. Dass der Beschwerdeführer nicht förmlich in Haft genommen wurde, ergibt sich daraus, dass in diesem Gendarmerieakt weder ein Haftbefehl einliegt noch auf den entsprechenden Urkunden (insbesondere dem Personalblatt) der Vermerk 'Haft' samt Dauer oder die vorgesehene Angabe einer entsprechenden Rechtsgrundlage angebracht ist. Auf dem 'Meldeformular zum Auswertungsblatt für Suchtmittel und Vorläuferstoffe' ist in der Rubrik 'Verwahrungshaft' sogar ausdrücklich 'nein' eingetragen. Da auch keine entsprechende Behauptung des Beschwerdeführers vorliegt, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nicht förmlich verhaftet oder festgenommen wurde.
Die anlässlich der erkennungsdienstlichen Behandlung ermittelten Daten des Beschwerdeführers wurden von der Beschwerdegegnerin automationsunterstützt verarbeitet. Im Informationsverbundsystem EKIS fand sich am 11. Mai 2004 in der Erkennungsdienstlichen Evidenz unter anderem die Vormerkung der EDV-Zahl (35,***.901), der AFIS-Zahl (6*7.6*3; mit Hilfe dieser Zahl können entsprechend befugte Personen (grafische, bildliche) Daten zu den Fingerabdrücken des Beschwerdeführers für Identifizierungs- und Vergleichszwecke abfragen; AFIS = A utomationsunterstütztes F ingerabdruck I dentifizierungs S ystem), eine Personsbeschreibung ('WEISS, 184 cm groß, SCHLANK/MAGER, Haare BRAUN, Augen BLAU spricht SONST OEST DIALEKT'), der Hinweis 'Lichtbild vorhanden', die Bezug habenden Dasta-Zahlen (ermöglichen die Identifizierung der Datenstation und des Verarbeitungsvorgangs, bei dem Daten erfasst oder verändert wurden), Angaben zum Tatverdacht sowie Daten zur durchgeführten erkennungsdienstlichen Behandlung, hier die Wiedergabe des ausgedruckten Teils des Datensatzes:
'Erkennungsdienstliche Behandlung(en):
14.09.2003 GP BRAUNAU AM INN (BH BRAUNAU AM INN)
Zahl B1/3***/03-L**/W*
Lichtbild Nr. : 35,***.901
daktyloskopiert: ZEHNFINGERABDRUCK'
Beweiswürdigung : Diese Angaben wurden dem vom Gendarmerieposten Braunau am Inn angefertigten EDE-Auszug vom 11. Mai 2004 entnommen (Beilage zur Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 17. Mai 2004, Aktenzeichen: Sich***- 2004-**).
Der Beschwerdeführer brachte am Tage der Erhebung der Beschwerde bei der Datenschutzkommission auch einen Löschungsantrag gemäß § 74 Abs 1 SPG bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (§ 76 Abs 6 SPG) ein. Nach durchgeführtem Ermittlungsverfahren gab diese Behörde mit Bescheid vom 20. Oktober 2004, AZ: II – **1/04, diesem Antrag statt und ordnete die Löschung der über den Beschwerdeführer verarbeiteten erkennungsdienstlichen Daten an. Dies mit folgendem Spruch:
'Dem Antrag auf Löschung der erkennungsdienstlichen
Daten wird gemäß § 74 Abs 1 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) in Verbindung mit § 76 Abs 6 SPG stattgegeben und die erkennungsdienstlichen Daten werden gelöscht.'
Begründend führt die Sicherheitsdirektion aus, das Ermittlungsverfahren habe im Licht der höchstgerichtlichen Judikatur (VwGH-Erkenntnis vom 17. September 2002, Zl. 2002/01/0320) zu dem Schluss geführt, dass wegen des Fehlens einer negativen Prognose (vorläufige Zurücklegung der Strafanzeige gemäß § 35 Abs 1 SMG) nicht zu befürchten sei, der Beschwerdeführer werde weitere gefährliche Angriffe im Sinne des SPG begehen. Daher sei die weitere Verarbeitung dieser Daten nicht mehr erforderlich.
Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerde vom 9. März 2004 und auf dem zitierten Bescheid der Sicherheitsdirektion Oberösterreich, der der Datenschutzkommission zu GZ: K120.950/0002-DSK/2005 in Kopie vorliegt.
D) rechtliche Beurteilung
Zu Beschwerdepunkt 1:
[Anmerkung Bearbeiter: zu diesem Beschwerdepunkt siehe auch die Begründung des VwGH für die Aufhebung des Bescheids hinsichtlich dieses Punkts weiter unten.]
Gemäß der Verfassungsbestimmung des § 1 DSG 2000 hat jedermann, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht (Abs. 1 erster Satz). Jedermann hat ferner, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten (§ 1 Abs. 3 Z 2 DSG 2000). Nach § 1 Abs. 5 DSG 2000 ist gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechtes eingerichtet sind, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden, das Grundrecht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. In allen übrigen Fällen ist die DSK zur Entscheidung zuständig, es sei denn, dass Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit betroffen sind.
Gemäß Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt, über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.
Nach der Bestimmung des § 88 Abs. 1 SPG, die auf die obzit. Verfassungsbestimmung verweist, erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein.
Die Datenschutzkommission entscheidet gemäß § 31 des Datenschutzgesetzes 2000 über Beschwerden wegen Verletzung von Rechten durch Verwenden personenbezogener Daten in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung entgegen den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes. Davon ausgenommen ist die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermittlung von Daten durch die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (§ 90 SPG).
Die Beantwortung der im gegenständlichen Fall zu lösenden Zuständigkeitsfrage in Bezug auf den Beschwerdepunkt 1 ist daher von der Beantwortung folgender Frage abhängig:
Sind die gesetzten erkennungsdienstlichen Maßnahmen (Anfertigung von Lichtbildern, Abnahme von Fingerabdrücken) als Akte unmittelbarer (verwaltungsbehördlicher) Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren bzw. sind diese Maßnahmen im Zuge einer solcher „Gewaltmaßnahme“ vorgenommen worden?
Seit Inkrafttreten der B-VG-Novelle BGBl. Nr. 685/1988 am 1. Jänner 1991 haben die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG über Beschwerden von Personen zu entscheiden, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein. § 88 Abs. 1 SPG kommt daher keine eigenständige normative Kraft zu, er gibt nur die durch das B-VG getroffene Regelung sicherheitspolizeispezifisch formuliert wieder, sodass hinsichtlich der Auslegung des Begriffes der unmittelbaren behördlichen Befehls- und Zwangsgewalt auf Lehre und Rechtsprechung zu der genannten Verfassungsnorm zurückgegriffen werden kann.
Eine Ausübung unmittelbarer Befehlsgewalt und Zwangsgewalt liegt nur dann vor, wenn einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen wird. Ein derartiger Eingriff liegt im allgemeinen nur dann vor, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (VwGH Slg. 15344A; Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts,
7. Aufl, Randzahl 610).
Der vorliegende, zur Beurteilung anstehende Sachverhalt unterscheidet sich wesentlich von jenem, der der Entscheidung der DSK vom 26. November 2004, K120.922/0012-DSK/2004, zu Grunde gelegen ist. So befand sich der damalige Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Vornahme der erkennungsdienstlichen Maßnahmen auf Grund eines Gerichtsbeschlusses in vorläufiger Verwahrungshaft und konnte die DSK unter Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH Slg. 16109 von der Einheit der bekämpften Maßnahmen ausgehen.
Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer weder auf Grund eines richterlichen Befehles in Haft genommen, noch gegen ihn eine Festnahme ausgesprochen worden ist. Aus dem Meldeformular zum Auswertungsblatt für Suchtmittel und Vorläuferstoffe des GP Braunau ergibt sich vielmehr, dass weder eine Verwahrungs- noch eine Schub- noch eine Verwaltungshaft stattgefunden hat, und der Beschwerdeführer auch nicht eingeliefert worden ist. Dass der Beschwerdeführer durch die mit ihm durchgeführte Einvernahme und anschließende erkennungsdienstliche Behandlung (allenfalls) in seiner physischen Bewegungsfreiheit eingeschränkt gewesen ist, vermag per se nicht die Annahme zu rechtfertigen, gegen den Beschwerdeführer wäre ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gesetzt worden, zumal die Tätigkeit der Gendarmeriebeamten offenkundig lediglich darauf abzielte, eine ausführliche und vollständige Vernehmung durchzuführen (vgl. in diesem Zusammenhang auch VfGH Slg. 12816) bzw. der Beschwerdeführer auf Grund des § 65 Abs. 4 SPG, demzufolge derjenige, der erkennungsdienstlich zu behandeln ist (zum Vorliegen dieser Voraussetzung siehe weiter unten), an den dafür erforderlichen Handlungen mitzuwirken hat, einem Gesetzesbefehl Folge geleistet hat, wobei dies durchaus „freiwillig“ geschehen kann, auch wenn die Vornahme der erkennungsdienstlichen Maßnahmen selbst vom Beschwerdeführer nicht gewollt war. Die Aktenlage lässt jedenfalls den Schluss, dass der Wille der Behörde primär auf eine Freiheitsbeschränkung gerichtet gewesen ist (vgl. auch VfGH Slg. 12017), nicht zu. Im Übrigen vertritt die DSK die Ansicht, dass dann, wenn das Vorliegen eines Aktes unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt aus dem objektiv festgestellten Sachverhalt nicht eindeutig abzuleiten ist, den Angaben des Beschwerdeführers besondere Bedeutung zukommt. Dieser hat zwar die Freiwilligkeit seiner Mitwirkung an den erkennungsdienstlichen Maßnahmen ua. mit der „den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes eigenen Autorität“ begründet (Schriftsatz vom 7. Februar 2005), die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt jedoch im Grunde verneint („.... Der Bf teilt die Rechtsauffassung der angerufenen Behörde, im Falle einer erkennungsdienstlichen Behandlung während eine Anhaltung gem § 77 Abs 2 Satz 2 SPG handle es sich [stets] um eine Maßnahme behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, weshalb sie gem § 90 Satz 2 SPG nicht zuständig sei, nicht. Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt nur dann vor, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht [zB VwSlg 15.344A]. Im Gegenstand ist wohl nicht von einer Freiwilligkeit iSd § 8 DSG auszugehen. Gegenüber dem Bf wurde weder die Ausübung physischen Zwanges angedroht noch ein solcher tatsächlich angewendet. ....“). Die DSK erachtet sich daher zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde für zuständig. Dieser ist jedoch aus nachstehenden Gründen kein Erfolg beschieden.
Gemäß § 65 Abs. 1 SPG sind die Sicherheitsbehörden – dazu zählt auch die Bezirkshauptmannschaft Braunau – ermächtigt, einen Menschen, der im Verdacht steht, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn er im Rahmen einer kriminellen Verbindung tätig wurde oder dies sonst auf Grund von Umständen in der Person des Betroffenen oder nach der Art der begangenen mit Strafe bedrohten Handlung zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe des Betroffenen erforderlich scheint.
Unter einem gefährlichen Angriff versteht § 16 Abs. 2 Z 3 SPG die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand nach dem SMG handelt, es sei denn um den Erwerb oder den Besitz eines Suchtmittels zum eigenen Gebrauch.
§ 65 Abs. 4 SPG bestimmt, dass derjenige, der erkennungsdienstlich zu behandeln ist, an den dafür erforderlichen Handlungen mitzuwirken hat.
Die Voraussetzungen für die erkennungsdienstliche Behandlung lagen auf Grund des Verdachtes des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG vor, zumal der Beschwerdeführer an der Wassergrenze des Inn zur Bundesrepublik Deutschland bei seiner Wiedereinreise nach Österreich anlässlich einer PKW-Kontrolle angehalten und somit auch in dem Verdacht stand, ein Suchtmittel eingeführt zu haben, und die Art des Deliktes (Einfuhr eines Suchtmittels) nach Ansicht der DSK als ausreichender Grund für die Ansicht der Sicherheitsbehörde angesehen werden kann, dass eine erkennungsdienstliche Maßnahme zur Vorbeugung (weiterer) gefährlicher Angriffe des Betroffenen (Einfuhr von Suchtmitteln) erforderlich scheint. Erweist sich diese Annahme später als nicht gerechtfertigt, ist die Frage nach der Löschung der Daten zu stellen, die Rechtmäßigkeit der Ermittlung der erkennungsdienstlichen Daten bei Nichterfüllung der zunächst objektiv gegebenen Verdachtslage wird dadurch jedoch nicht berührt.
Auf Grund der im vorliegenden Fall auf der Grundlage der §§ 16 Abs. 2 Z 3 und 65 Abs. 1 SPG sowie § 27 Abs. 1 SMG rechtmäßig vorgenommenen erkennungsdienstlichen Behandlung liegt somit keine Verletzung des Rechtes auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten durch das Anfertigen eines Lichtbildes und der Abnahme von Fingerabdrücken vor.
Zu Beschwerdepunkt 2:
Gemäß § 90 erster Satz SPG entscheidet die DSK gemäß § 31 des Datenschutzgesetzes 2000 über Beschwerden wegen Verletzung von Rechten durch Verwenden personenbezogener Daten in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung entgegen den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes.
Hinsichtlich der Auslegung des in § 90 SPG gebrauchten Begriffes „Verwenden personenbezogener Daten“ ist auf die in § 4 DSG 2000 enthaltenen einschlägigen Begriffsdefinitionen zu verweisen. Nach dessen Z 8 ist unter „Verwenden von Daten“ jede Art der Handhabung von Daten einer Datenanwendung, also sowohl das Verarbeiten (Z 9) als auch das Übermitteln (Z 12) von Daten zu verstehen. Z 9 des § 4 DSG 2000 definiert das „Verarbeiten von Daten“ als das Ermitteln, Erfassen, Speichern, Aufbewahren, Ordnen, Vergleichen, Verändern, Verknüpfen, Vervielfältigen, Abfragen, Ausgeben, Benützen, Überlassen (Z 11), Sperren, Löschen, Vernichten oder jede Art der Handhabung von Daten einer Datenanwendung durch den Auftraggeber oder Dienstleister mit Ausnahme des Übermittelns (Z 12) von Daten.
Nach § 31 Abs. 2 DSG 2000 ist zur Entscheidung über behauptete Verletzungen der Rechte eines Betroffenen auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung nach diesem Bundesgesetz die DSK dann zuständig, wenn der Betroffene seine Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, der nicht als Organ der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit tätig ist.
Zu den Auftraggebern des öffentlichen Bereichs zählen gemäß § 5 Abs. 2 DSG 2000 alle Auftraggeber,
Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die Bezirkshauptmannschaft Braunau als im Sinn des § 4 Abs. 2 SPG vorgesehene Sicherheitsbehörde 1. Instanz. Deren Zuordnung zu den Auftraggebern des öffentlichen Bereichs ist evident.
Wenn nun § 90 SPG von einer Verwendung personenbezogener Daten „in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung entgegen den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes“ spricht, ist damit jedenfalls auch das unbefugte Weiterverwenden von im Rahmen einer erkennungsdienstlichen Behandlung ermittelten personenbezogenen Daten durch erkennungsdienstliche Maßnahmen erfasst (vgl. § 64 Abs. 3 SPG). Das Nichtlöschen von solchen nach gesetzlichen Bestimmungen zu löschenden Daten wäre daher eine Verwendung von Daten entgegen den Bestimmungen des DSG 2000.
In Bezug auf das Löschungsrecht, respektive die Löschungspflicht von personenbezogenen Daten, bestimmt § 27 DSG 2000 Folgendes:
Jeder Auftraggeber hat unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten zu löschen, und zwar
Gemäß § 70 Abs. 1 SPG hat jede Sicherheitsbehörde erkennungsdienstliche Daten, die sie im Rahmen einer erkennungsdienstlichen Behandlung oder anders als gemäß § 68 Abs. 1 durch eine erkennungsdienstliche Maßnahme ermittelt hat, so lange zu verarbeiten, bis sie zu löschen sind.
Auf Grund der dargestellten Rechtslage ergibt sich, dass der auf die Verletzung des Rechtes auf Löschung seiner Daten bezugnehmenden Beschwerde des Beschwerdeführers nur dann Erfolg beschieden sein kann, wenn die belangte Behörde im Sinn des § 27 Abs. 1 Z 1 DSG 2000 zur amtswegigen Löschung verpflichtet gewesen ist, diese jedoch nicht vorgenommen hat, oder wenn einem begründeten Löschungsantrag im Sinn des § 27 Abs. 1 Z 2 leg. cit. nicht entsprochen worden ist. In Bezug auf den letztgenannten Tatbestand ist die Frage der Datenschutzverletzung jedenfalls zu verneinen, zumal der Beschwerdeführer einen Löschungsantrag gemäß § 27 Abs. 1 DSG 2000 nicht gestellt hat.
Zu der daher für die Beurteilung des Beschwerdepunktes 2 somit allein entscheidenden Frage, ob die Bezirkshauptmannschaft Braunau zur amtswegigen Löschung der in Rede stehenden Daten verpflichtet gewesen ist, ist Folgendes auszuführen:
Gemäß § 6 Abs. 1 DSG 2000 dürfen Daten nur
Daten dürfen weiters nur verarbeitet werden soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen (§ 7 Abs. 1 DSG 2000).
Weiters setzt die Zulässigkeit einer Datenverwendung voraus, dass die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und dass die Grundsätze des § 6 DSG 2000 eingehalten werden.
Ob diese datenschutzrechtlichen Normen von der belangten Behörde im Zusammenhang mit den im vorliegenden Fall verwendeten personenbezogenen Daten eingehalten wurden, ist an Hand der einschlägigen sicherheitspolizeilichen Vorschriften zu beurteilen.
Dass die erkennungsdienstlichen Daten rechtmäßig ermittelt wurden, wurde unter Pkt. 1 dargetan.
Nach § 73 Abs. 1 SPG sind auch rechtmäßig ermittelte erkennungsdienstliche Daten, die gemäß § 65 Abs. 1 leg. cit. ermittelt wurden, von Amts wegen zu löschen,
Gemäß § 74 Abs. 1 SPG sind erkennungsdienstliche Daten, die gemäß § 65 Abs. 1 SPG ermittelt wurden, sofern nicht die Voraussetzungen des § 73 vorliegen, auf Antrag des Betroffenen zu löschen, wenn der Verdacht, der für ihre Verarbeitung maßgeblich ist, schließlich nicht bestätigt werden konnte oder wenn die Tat nicht rechtswidrig war.
Gemäß § 74 Abs. 2 SPG ist dem Antrag nicht stattzugeben, wenn weiteres Verarbeiten deshalb erforderlich ist, weil auf Grund konkreter Umstände zu befürchten ist, der Betroffene werde gefährliche Angriffe begehen.
Gemäß § 76 Abs. 6 SPG ist die Löschung erkennungsdienstlicher Daten über Antrag des Betroffenen gemäß § 74 Abs. 1 bzw. 2 SPG von der Sicherheitsdirektion zu veranlassen, in deren Wirkungsbereich die Daten gemäß § 65 SPG verarbeitet werden; dieser Behörde obliegt auch die bescheidmäßige Abweisung eines solchen Antrages.
Auf Grund eines entsprechenden Antrages des Beschwerdeführers vom 9. März 2004, hat die Sicherheitsdirektion Oberösterreich am 20. Oktober 2004 zu Zl. II – **1/04 bescheidmäßig ausgesprochen, dass diesem Löschungsantrag gemäß § 74 Abs. 1 iVm § 76 Abs. 6 SPG stattgegeben wird und die erkennungsdienstlichen Daten gelöscht werden. Frühestens mit dieser Entscheidung könnte eine Verpflichtung zur Löschung der ermittelten erkennungsdienstlichen Daten eintreten bzw. eine Verletzung im Recht auf Löschung dieser Daten eintreten. Damit steht aber in Bezug auf den vorgebrachten Beschwerdepunkt 2 fest, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht stattgefunden hat.
Mit Erkenntnis vom 9.September 2008, Zl. 2005/06/0125-8, hat der VwGH den Bescheid „im Umfang seines Ausspruches über die behauptete Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung (erkennungsdienstliche Behandlung)“ wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben .
aus den Entscheidungsgründen des VwGH:
Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs, der Sachverhaltsfeststellungen der Datenschutzkommission und der anzuwendenden Rechtsvorschriften hat der VwGH erwogen:
„Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof vor, in seinen Rechten verletzt zu sein, insbesondere in seinem Recht, dass seine erkennungsdienstlichen Daten nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 65 SPG ermittelt würden.
Die Voraussetzungen des § 65 SPG seien nicht gegeben gewesen, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Zulässigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 65 Abs. 1 SPG (weiterhin) erforderlich sei, dass eine konkrete fallbezogene Prognose getroffen werde, wobei sich die Behörde mit den Einzelheiten des von ihr im Sinne der ersten Voraussetzung des § 65 Abs. 1 angenommenen Verdachtes, mit den daraus unter Bedachtnahme auf die Persönlichkeit des Betroffenen zu ziehenden Schlüssen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, dass er gefährliche Angriffe begehen werde, und mit der Frage des daraus abzuleitenden Erfordernisses einer "Vorbeugung" durch eine erkennungsdienstliche Behandlung auseinander zu setzen habe. In diesem Rahmen komme es immer auch auf die Art des Deliktes, dessen der Betroffene verdächtig sei, an. Auch die aktuelle Textierung des § 52 SPG verbiete eine rein abstrakte Betrachtungsweise. Aus § 65 Abs. 5 Satz 2 SPG sei abzuleiten, dass die erkennungsdienstliche Behandlung im jeweiligen Fall konkret "erforderlich" sein müsse, um den Betroffenen durch das Wissen um seine Wiedererkennbarkeit anhand von Lichtbildern und Fingerabdrücken von der Begehung weiterer gefährlicher Angriffe abzuhalten.
Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der erkennungsdienstlichen Maßnahme zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe des Betroffenen müsse darauf Bedacht genommen werden, dass der Betroffene auf Grund der Anlasstat mehrere Jahre auf Grund eines Suchtmitteldeliktes im EKIS vorgemerkt sei, was zur Folge habe, dass er anlässlich von Grenzübertritten oder bei sonstigen sicherheitsbehördlichen Kontrollen regelmäßig eingehend kontrolliert werde. Er werde sich daher insbesondere hüten, ein weiteres Mal ein Suchtmittel auch nur über eine innergemeinschaftliche Grenze zu bringen. Das Wissen darüber, dass seine Fingerabdrücke oder sein Lichtbild gespeichert seien, wäre lediglich bei einer Person zur Prävention geeignet, von der zu erwarten sei, dass sie in Zukunft weitere strafbare Handlungen begehen werde, die anhand von Fingerabdrücken oder anhand von Lichtbildern aufgeklärt werden könnten. Im Bereich der Suchtmittelkriminalität sei daher in erster Linie an Personen zu denken, die an einen unbekannten Personenkreis Suchtmittel überlassen, Z.B. an Endabnehmer, und bei denen daher eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Überführung anhand des Lichtbildes bestehe. Die Auswertung von Fingerabdruckspuren sei bei der Aufklärung von Suchtmitteldelikten nicht von Bedeutung.
Auch wandte sich der Beschwerdeführer gegen die Behauptung der BH Braunau, er werde Suchtmittel an andere Personen weitergeben, da er ja nach eigenen Angaben selbst nicht konsumiere. Für diese Unterstellung fehlten jegliche objektive Anhaltspunkte und sie stehe insbesondere mit seiner Verantwortung, wonach er die 10 Gramm Cannabis bereits seit ca. 1 Monat besitze, in Widerspruch. Ihm Beschaffungskriminalität zu unterstellen, sei gänzlich unbegründet, da er in finanziell geordneten Verhältnissen lebe.
Auch bringt der Beschwerdeführer vor, in seinem Recht auf amtswegige Löschung rechtswidrig ermittelter Daten gemäß § 27 DSG verletzt zu sein.
Die belangte Behörde hat das Vorliegen eines gefährlichen Angriffes i.S.d. § 16 Abs. 2 Z. 3 SPG mit der Begründung bejaht, dass der Beschwerdeführer im Verdacht gestanden habe, Suchtmittel eingeführt zu haben, und die Art des Deliktes als ausreichender Grund für die Ansicht der Sicherheitsbehörde angesehen werden könne, dass erkennungsdienstliche Maßnahmen zur Vorbeugung (weiterer) gefährlicher Angriffe durch diesen erforderlich erscheine.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mit seinem Erkenntnis vom 16. Juli 2003, Zl. 2002/01/0592, unter Hinweis auf seine Vorjudikatur (vg1. auch das hg. Erkenntnis vom 19. September 2006, Zl. 2005/06/0018) ausgesprochen, dass für die Zulässigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 65 Abs. 1 SPG (wenn sie "zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe des Betroffenen erforderlich scheint") auch nach der SPG-Novelle 2002 weiterhin eine konkrete fallbezogene Prognose erforderlich ist, wobei sich die Behörde mit den Einzelheiten des von ihr im Sinn der ersten Voraussetzung des § 65 Abs. 1 SPG angenommenen Verdachtes, mit den daraus unter Bedachtnahme auf die Persönlichkeit des Betroffenen zu ziehenden Schlüssen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, dass er gefährliche Angriffe begehen werde, und mit der Frage des daraus abzuleitenden Erfordernisses einer "Vorbeugung" durch eine erkennungsdienstliche Behandlung auseinander zu setzen hat. Im Rahmen dieser so anzustellenden Überlegungen wird es immer auch auf die Art des Deliktes, dessen der Betroffene verdächtig ist, ankommen.
Im vorliegenden Fall hat sich aber weder die BH Braunau noch die belangte Behörde mit der Frage auseinander gesetzt, ob diese Voraussetzungen gegeben waren. Die erkennungsdienstliche Behandlung erweist sich hier nach § 65 Abs. 1 SPG als nicht zulässig. Gemäß § 16 Abs. 2 Z. 3 SPG ist ein gefährlicher Angriff die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand nach dem Suchtmittelgesetz handelt, es sei denn um den Erwerb oder Besitz eines Suchmittels zum eigenen Gebrauch. Bei seiner polizeilichen Einvernahme im Rahmen der am 14. September 2004 durchgeführten Amtshandlung hat der Beschwerdeführer angegeben, die geringe Menge an Suchtmittel zwar erworben und eingeführt, diese aber bisher nicht konsumiert zu haben. Anhaltspunkte für eine Weitergabe des Suchtmittels oder Beschaffungskriminalität "jeglicher Art", wie von der BH Braunau am Inn angenommen, wurden von dieser in keiner Form konkretisiert. So wurde in der Folge auch die Anzeige gegen den Beschwerdeführer von der Staatsanwaltschaft gemäß § 35 SMG, was nur im Fall des Erwerbs oder Besitzes einer geringen Menge Suchtmittel zum eigenen Gebrauch möglich ist, zurückgelegt. Bei dieser Sachlage durften die Voraussetzungen zur Vornahme einer erkennungsdienstlichen Behandlung mangels fallbezogener Prognose daher nicht als gegeben erachtet werden. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid daher, indem sie dies verkannte, mit Rechtswidrigkeit belastet.
In dem von ihm vor der belangten Behörde geltend gemachten Recht auf Unterlassung der von ihm begehrten Löschung im Zeitraum vom 14. September bis zum 20. Oktober 2004 ist der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid hingegen nicht in Rechten verletzt worden. Die Löschung dieser Daten war zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde nämlich bereits mit dem Bescheid der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vom 20. Oktober 2004 angeordnet worden. Eine meritorische Entscheidung der Datenschutzkommission über eine Beschwerde gemäß § 31 Abs. 2 DSG 2000 wegen Verletzung im Recht auf Löschung kommt jedoch nur dann und so lange in Betracht, als die vom Beschwerdeführer angestrebte Löschung noch nicht durchgeführt bzw. veranlasst wurde, es besteht nicht das Recht auf eine bloß nachträgliche Feststellung, dass in der Zwischenzeit bereits gelöschte Daten in einem davor liegenden Zeitraum nicht gelöscht worden waren (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. März 2006, Zl. 2004/06/0125, und vom 25. April 2006, Zl. 2004/06/0167, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann).
Der angefochtene Bescheid war daher im Umfang seines Ausspruches über die behauptete Rechtsverletzung im Zusammenhang mit der erkennungsdienstlichen Behandlung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, im Übrigen wird die Beschwerde aber als unbegründet abzuweisen.“
[Begründung des Kostenpunktes nicht wiedergegeben]