GZ: 2025-0.794.213 vom 8. Oktober 2025 (Verfahrenszahl: DSB-D124.3480/25)
[Anmerkung Bearbeiter/in: Namen und Firmen, Rechtsformen und Produktbezeichnungen, Adressen (inkl. URLs, IP- und E-Mail-Adressen), Aktenzahlen (und dergleichen), statistische Angaben etc., sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
BESCHEID
SPRUCH
Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde von Peter A*** (Beschwerdeführer) vom 2. Oktober 2025 gegen Online Medicines*** B.V. (Beschwerdegegnerin) wie folgt:
- Die Beschwerde wird zurückgewiesen .
Rechtsgrundlagen: Art. 77 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; § 6 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF.
BEGRÜNDUNG
A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang
Mit verfahrenseinleitender Eingabe vom 2. Oktober 2025 behauptete der Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 6 DSGVO und Art. 17 DSGVO und brachte vor, dass die Beschwerdegegnerin ohne seine Einwilligung und in seinem Namen bzw. mit seiner Mailadresse mindestens ein Kundenkonto bei der Online Medicines*** Österreich erstellt habe.
Er habe die Beschwerdegegnerin mehrfach aufgefordert, seine E-Mail-Adresse sowie sämtliche unrechtmäßig angelegten Konten zu löschen.
Obwohl ihm zunächst eine Löschung zugesichert worden sei, habe er weiterhin Nachrichten von der Beschwerdegegnerin, Online-Bezahl*** und ***Zustellung im Zusammenhang mit Fake-Bestellungen erhalten.
Erst nach wiederholter Aufforderung sei sein Konto gelöscht worden. Gleichzeitig sei ihm mitgeteilt worden, dass ein weiteres Konto mit seinem Namen existiere. Er habe klargestellt, dass er lediglich ein einziges Konto bei online-medicines***.de rechtmäßig nutze und alle anderen Konten zu löschen seien.
B. Beschwerdegegenstand
In einem ersten Schritt ist zunächst die Frage zu klären, ob dem Beschwerdeführer gemäß Art. 77 DSGVO das Recht zukommt, bei der österreichischen Datenschutzbehörde die gegenständliche Datenschutzbeschwerde einzubringen und ob die österreichische Datenschutzbehörde zur inhaltlichen Behandlung zuständig ist.
C. Sachverhaltsfeststellungen
C.1. Der Beschwerdeführer ist in Plz*** H***hausen, Deutschland, wohnhaft.
Beweiswürdigung: Die getroffenen Feststellungen zu Punkt C.1. ergeben sich aus der verfahrenseinleitenden Eingabe des Beschwerdeführers vom 2. Oktober 2025 in der er seine Anschrift angegeben hat.
C.2. Bei der Beschwerdegegnerin handelt es sich um die in den Niederlanden ansässige Online Medicines***, die einen Marktplatz betreibt. Auf diesem können Marktplatzpartner ihre Produkte unmittelbar an Endkunden verkaufen.
Die Beschwerdegegnerin betreibt ihren Marktplatz unter mehreren Top-Level-Domains. Dazu gehört auch die Top-Level-Domain für Österreich.
Beweiswürdigung: Die getroffenen Feststellungen zu Punkt C.2. ergeben sich aus einer amtswegigen Recherche auf der Website der Beschwerdegegnerin https://www.online-medicines***.com/***/ apotheke_impressum/ und https://www.online-medicines***.at/***/ (zuletzt abgerufen am 8. Oktober 2025).
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus
D.1. Allgemein
Gemäß Art. 77 DSGVO hat jede betroffene Person unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde, insbesondere in dem Mitgliedstaat ihres gewöhnlichen Aufenthaltsorts , ihres Arbeitsplatzes oder des Orts des mutmaßlichen Verstoßes , wenn die betroffene Person der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen diese Verordnung verstößt.
Erw.Gr. 141 besagt, dass jede betroffene Person das Recht haben soll, bei einer einzigen Aufsichtsbehörde insbesondere in dem Mitgliedstaat ihres gewöhnlichen Aufenthalts eine Beschwerde einzureichen und gemäß Artikel 47 der Charta einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf einzulegen, wenn sie sich in ihren Rechten gemäß dieser Verordnung verletzt sieht oder wenn die Aufsichtsbehörde auf eine Beschwerde hin nicht tätig wird, eine Beschwerde teilweise oder ganz abweist oder ablehnt oder nicht tätig wird, obwohl dies zum Schutz der Rechte der betroffenen Person notwendig ist.
D.2. In der Sache
Der Beschwerdeführer hat seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in H***hausen, Bundesrepublik Deutschland (vgl. Feststellung C.1.). Der mutmaßliche Verstoß ist in Deutschland angesiedelt und wird einem Verantwortlichen, dessen Sitz in den Niederlanden (vgl. Feststellung C.2.) angegeben ist, zugeschrieben.
Die Tatsache, dass die Beschwerdegegnerin ihre Leistungen auch in Österreich über ihre Website mit der Top-Level-Domain ".at" anzubieten vermag, stellt noch keinen Bezug des mutmaßlichen Verstoßes zu Österreich her. Auch ein sonstiger Bezug zu Österreich ist nicht ersichtlich. Somit liegt keiner der in Art. 77 DSGVO nach dem Begriff „insbesondere“ demonstrativ aufgezählten Varianten, betreffend die Möglichkeit der Einbringung einer Datenschutzbeschwerde, vor.
Der einzige Bezug betreffend eine etwaige Zuständigkeit der österreichischen Datenschutzbehörde ist die Tatsache, dass der Beschwerdeführer die Datenschutzbeschwerde bei der österreichischen Datenschutzbehörde eingebracht hat und dass der Beschwerdeführer die deutsche Sprache verwendet.
Auch wenn der Wortlaut („insbesondere“) des Art. 77 DSGVO als auch jener des ErwGr. 141 es nahelegen, dass eine Beschwerde bei jeder Aufsichtsbehörde iSd. DSGVO eingebracht werden kann, so ist dem entgegenzuhalten, dass es nicht Sinn und Zweck des Art. 77 DSGVO sein kann, Aufsichtsbehörden als zur Einbringung einer Beschwerde als zuständig zu erklären, zu denen keinerlei objektiver Konnex besteht.
Dies hat die Datenschutzbehörde auch bereits ausgesprochen (vgl. Bescheid der Datenschutzbehörde vom 18. März 2019, GZ DSB-D123.955/0002-DSB/2019).
Ziel der DSGVO ist es, die Ausübung von Rechtsschutzinteressen zu erleichtern, indem es Betroffenen ermöglicht wird, eine Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde einzureichen, zu der ein räumliches und/oder sprachliches Naheverhältnis besteht. Es ist demnach nicht mehr - wie nach der Rechtslage gemäß der Richtlinie 95/46/EG - erforderlich, eine Beschwerde bei jener Aufsichtsbehörde einzubringen, in deren Sprengel der Verantwortliche seinen Sitz hat.
Dennoch kann Art. 77 DSGVO nicht so verstanden werden, als ermögliche er eine völlig freie Behördenwahl („forum shopping“) unter Umgehung von Aufsichtsbehörden, zu denen aber ein objektiver Konnex im oben beschriebenen Sinn besteht.
Aufgrund mangelnder Zuständigkeit war die eingebrachte Beschwerde daher spruchgemäß zurückzuweisen.
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