2023-0.793.494 – Datenschutzbehörde Entscheidung
Text
GZ: 2023-0.793.494 vom 5. September 2024 (Verfahrenszahl: DSB-D124.0885/22)
[Anmerkung Bearbeiter/in: Namen und Firmen, Rechtsformen und Produktbezeichnungen, Adressen (inkl. URLs, IP- und E-Mail-Adressen), Aktenzahlen (und dergleichen), statistische Angaben etc., sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
BESCHEID
SPRUCH
Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde von Theodor A*** (Beschwerdeführer) vom 20. Juni 2022 gegen 1) die N*** Medienhaus GmbH, FN: *5*6*7n (Erstbeschwerdegegnerin), vertreten durch die B*** C*** Rechtsanwälte GmbH, sowie 2) gegen die Bundesministerin für Justiz (Zweitbeschwerdegegnerin) und 3) gegen das Bezirksgericht O*** (Drittbeschwerdegegner), wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung wie folgt:
1) Die Beschwerde gegen die Erstbeschwerdegegnerin und die Zweitbeschwerdegegnerin wird abgewiesen .
2) Die Beschwerde gegen die Drittbeschwerdegegnerin wird infolge Unzuständigkeit zurückgewiesen .
Rechtsgrundlagen : Art. 4 Z 7, Art. 5 Abs. 1 lit. a, Art. 6 Abs. 1 lit. c, Art. 51 Abs. 1, Art. 55 Abs. 3, Art. 57 Abs. 1 lit. f sowie Art. 77 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1; §§ 1, 18 Abs. 1 sowie 24 Abs. 1 und Abs. 5 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF; §§ 6, 7, 94 Abs. 1 des Allgemeinen Grundbuchsgesetzes 1955 (GBG 1955), BGBl. Nr. 39/1955 idgF; §§ 6 und 6b Grundbuchsumstellungsgesetz (GUG) BGBl. Nr. 550/1980 idgF.
BEGRÜNDUNG
A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer brachte in seiner ursprünglich nur gegen die Erstbeschwerdegegnerin gerichteten Beschwerde vom 20. Juni 2022 vor, dass er sich von dieser in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt erachte und führte dazu aus wie folgt:
Auf der Plattform „liegenschaft***.info“ werde im Namen des Bundeministeriums für Justiz (im Folgenden: Zweitbeschwerdegegnerin) das österreichische Grundbuch veröffentlicht. Dabei würden neben dem Grundbuchsauszug auch persönliche Daten/Urkunden gegen Entgelt an jede beliebige Person im Internet verkauft werden. Die Veröffentlichung dieser Dokumente sei jedoch nicht notwendig, zur Einsicht in Eigentumsverhältnisse von Grundstücken sei vielmehr ein Grundbuchsauszug ohne Urkunden ausreichend. Der Beschwerdeführer habe sich daher mit Schreiben vom 24. Mai 2022 im ersten Schritt an die Beschwerdegegnerin als Plattformbetreiberin gewandt und diese um Löschung der persönlichen Dokumente gebeten. Die Erstbeschwerdegegnerin habe daraufhin auf ihren Auftrag zur Veröffentlichung und die gesetzliche Lage verwiesen und lösche die Daten nicht.
Der Beschwerde beigelegt waren ein Screenshot einer Grundbuchsabfrage auf der Plattform „liegenschaft***.info“ zur Adresse des Beschwerdegegners L***weg *5, ***6 V***stadt, KG *0*9*1, GST *5*/*8, sowie ein zweiter Screenshot, auf der die erhältlichen Grundbuchsdokumente tabellarisch aufgelistet und zum Warenkorb hinzugefügt werden können.
2. Die anwaltlich vertretene Erstbeschwerdegegnerin brachte daraufhin in ihrer Stellungnahme vom 12. August 2022 vor, dass sich aus der vom Beschwerdegegner vorgelegten Screenshot zu KG *0*9*1, GST *5*/*7, Liegenschaftsadresse L***weg *5, ergebe, dass der Beschwerdeführer folgende abrufbaren Urkunden bekämpfe: Kaufvertrag 3*44/2016 Nr. 1, Heiratsurkunde, 3*44/2016 Nr. 4, Staatsbürgerschaftsnachweis 3*44/2016 Nr. 5, Staatsbürgerschaftsnachweis 6*3/2016 Nr. 8, sowie Reisepass 6*3/2016 Nr. 9. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Beschwerdegründe würden jedoch nicht vorliegen, die Beschwerde sei gänzlich unberechtigt und das darin erhobene Vorbringen werde ausdrücklich bestritten.
Dazu brachte die Erstbeschwerdegegnerin im Wesentlichen vor wie folgt: die Erstbeschwerdegegnerin sei nicht Verantwortliche, sondern Auftragsverarbeiterin und habe daher als solche die behaupteten Verletzungen nicht zu verantworten.
Die Erstbeschwerdegegnerin würde auf der von ihr betriebenen Plattform www.liegenschaft***.info die Daten und Urkunden des Firmenbuchs, Grundbuchs und Gewerbeinformationssystems Austria (GISA) für die Online-Einsichtnahme als Verrechnungsstelle der Republik Österreich, vertreten durch die Zweitbeschwerdegegnerin sowie die Bundesministerin für Forschung und Wirtschaft, gegen Entgelt anbieten. Die Erstbeschwerdegegnerin sei daher von diesen mit der Abwicklung der Abfrage beauftragt worden. Die Gebühren für die Abfragen bei den Verrechnungsstellen würden sich jeweils aus den in § 32 TP 9 lit. e GGG aufgelisteten Gebühren sowie einem Aufschlag für die Verrechnungsstelle zusammensetzen. Die Erstbeschwerdegegnerin stehe insofern unter staatlicher Kontrolle durch die Aufsicht der Zweitbeschwerdegegnerin über die Gebühren, die sie von den Nutzern erheben könne. Den Verrechnungsstellen sei es verboten, eigene Sammlungen über die Firmenbuchdaten anzulegen, die Daten selbst anzubieten oder dem Inhalt oder der Darstellung Werbung hinzuzufügen. Die Erstbeschwerdegegnerin sei zur Herstellung und Verbindung für die Übertragung der Abfragedaten und Abfrageergebnisse, zur unveränderten Weiterleitung der Inhalte der Abgabeprodukte sowie zur Gebühreninformation, Gebührenverrechnung und Gebühreneinhebung von der Republik Österreich als Auftraggeberin beauftragt und stelle damit lediglich eine elektronische Verbindung und eine dezentralisierte Kundenschnittstelle für die vom österreichischen Staat vorgehaltenen Informationen zur Verfügung. Die Erstbeschwerdegegnerin fungiere sohin zwischen den IT-Anwendungen der Zweitbeschwerdegegnerin und Kunden als Verrechnungsstelle oder als Verrechnungs-und Übermittlungsstelle und sei damit keine Verantwortliche im Sinne von Art. 4 Z 7 DSGVO, sondern Auftragsverarbeiterin gemäß Art. 4 Z 8 DSGVO. Die Republik Österreich habe daher, vertreten durch die Zweitbeschwerdegegnerin, mit der Erstbeschwerdegegnerin einen entsprechenden Auftragsverarbeitungsvertrag abgeschlossen.
Gemäß § 7 Abs. 1 GBG sei das Grundbuch öffentlich, gemäß Abs. 2 leg. cit. könne jeder darin Einsicht nehmen und Abschriften oder Auszüge daraus erheben. Gemäß § 6 Abs. 1 GUG sei grundsätzlich jedermann zur Abfrage des Grundbuchs, der Urkundensammlung und der Hilfsverzeichnisse – mit Ausnahme des Personenverzeichnisses – aus der Grundstücksdatenbank und der Urkundendatenbank mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung (Grundbuchsabfrage) befugt. § 6 Abs. 2 GUG sehe sodann Ausnahmen vom Verbot der Einsicht in das Personenverzeichnis vor. Ansonsten seien Abschriften und Mitteilungen aus dem Personenverzeichnis gemäß § 5 Abs. 4 GUG nur denjenigen Personen zu erteilen, die ein rechtliches Interesse darlegen und nur in dem dadurch gerechtfertigten Umfang. Insgesamt würde die Erstbeschwerdegegnerin damit bloß allgemein zugängliche Daten reproduziere, ohne dabei neue Informationen zu generieren. Aus Gründen der Vorsicht halte die Erstbeschwerdegegnerin folgende Urkunden nicht mehr zum Abruf bereit: Heiratsurkunde, 3*44/2016 Nr. 4; Staatsbürgerschaftsnachweis 3*44/2016 Nr. 5; Staatsbürgerschaftsnachweis 3*44/2016 Nr. 6; Personalausweis 6*3/2016 und Reisepass 6*3/2016.
Die Datenverarbeitung erfolge auf Grund eines gesetzlichen Auftrags zur Führung des öffentlichen Registers in Form einer Datenbank sowie einer gesetzlichen Befugnis eines jeden, darin Einsicht zu nehmen. Es bestehe ein öffentliches Interesse der Allgemeinheit, den gesetzlichen Publikationsauftrag wahrzunehmen und Zugangsbeschränkungen oder Auswahl der veröffentlichten Daten hintanzuhalten. Die Speicherung der Grundbuchsdaten erfolge auf Grund einer rechtlichen Verpflichtung (GUG) und sei eine im allgemeinen Interesse der Rechtssicherheit ausgeübte Tätigkeit und sei damit für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse liege. Die Datenverarbeitung sei daher gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. c und e DSGVO gerechtfertigt. Darüber hinaus habe die Erstbeschwerdegegnerin ein Interesse daran, aufgrund des ihr obliegenden gesetzlichen Auftrags die Plattform www.liegenschaft***.info zu betreiben und diese bzw. die dort abrufbaren Informationen der Allgemeinheit gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen. Der Empfang und die Weitergabe von Nachrichten oder Ideen sei durch das in Art. 11 EU-GRC verankerte Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit bzw. das in Art. 10 EMRK verankerte Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung geschützt. Dies treffe auf die beschwerdegegenständliche Tätigkeit der Beschwerdegegnerin zu, zumal die Grundbuchsdaten und Dokumente aus der Urkundensammlung (bzw. deren Weitergabe) jedenfalls eine als eine solche Datenweitergabe zu sehen seien. Mit der unmissverständlich vom Gesetzgeber festgelegten allgemeinen und uneingeschränkten Zugänglichkeit des Grundbuchs und der Urkundensammlung habe der Gesetzgeber schon eine entsprechende Interessenabwägung vorgenommen mit dem Ergebnis, dass das öffentliche Interessen am Zugang zu gesetzlich legitimierten Informationen höher zu gewichten sei, als das individuelle Recht auf Geheimhaltung. Die Datenverarbeitung sei daher auch gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO gerechtfertigt. Es bestehe auch kein Recht auf Löschung, da die Erstbeschwerdegegnerin einerseits nur Auftragsverarbeiterin sei und andererseits keiner der in Art. 17 Abs. 1 DSGVO genannten Tatbestände erfüllt sei. Vielmehr seien die Ausnahmetatbestände des Art. 17 Abs. 3 lit. a und b DSGVO erfüllt. Auch eine Verletzung von § 1 DSG liege nicht vor, da es sich bei den beschwerdegegenständlichen Daten um zulässigerweise veröffentlichte, allgemein verfügbare Daten und damit um nicht-schutzwürdige Daten gemäß § 1 Abs. 1 DSG.
3. Der Beschwerdeführer brachte in seinen Stellungnahmen vom 24. September 2022 und vom 27. Oktober 2022 auf das Wesentlichste zusammengefasst vor, dass er die Veröffentlichung der gegenständlichen Daten nach wie vor unrechtmäßig erachte und er seine Beschwerde auf Grund des Vorbringens der Erstbeschwerdegegnerin nunmehr auch auf die Zweitbeschwerdegegnerin ausdehne.
4. Die Zweitbeschwerdegegnerin brachte dazu in seiner Stellungnahme vom 14. November 2022 vor, dass die Verarbeitung der Daten im Grundbuch (bzw. der Urkundensammlung) der justiziellen Tätigkeit im Sinne von § 83 Abs. 2 GOG zuzurechnen sei und daher die Datenschutzbehörde nicht zuständig sei. Darüber hinaus sei die Zweitbeschwerdegegnerin auch nicht Verantwortlicher iSv Art. 4 Z 7 DSGVO. Sie stelle nur die technische Basis und die Applikationslösung für die elektronische Führung des Grundbuchs zur Verfügung, würde jedoch keinerlei Verarbeitungen personenbezogener Daten im Grundbuch vornehmen und habe diesbezüglich auch keinerlei Entscheidungsbefugnis. Vielmehr entscheide gemäß § 75 Abs. 2 GBG 1955 das nach Abs. 1 leg. cit. zuständige Grundbuchsgericht über alle Eintragungen in das Grundbuch und damit auch darüber, welche personenbezogenen Daten aufzunehmen seien. Der Zweitbeschwerdegegnerin sei es aus verfassungsrechtlichen Gründen des Art. 94 Abs. 1 B-VG verwehrt, darauf Einfluss zu nehmen. Die Veröffentlichung sei zum Nachweis der Rechtmäßigkeit der Eintragung notwendig, es liege auch kein Verstoß gegen das Übermaßverbot und auch keine Verletzung des Grundrechts auf Achtung seines Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK vor. Aus § 6 iVm § 7 GBG ergebe sich, dass nicht nur die Daten des Grundbuchs, sondern auch die den Eintragungen im Grundbuch zugrundeliegenden Urkunden öffentlich einsehbar seien. In der Urkundensammlung der EZ 8*1, KG *0*9*1, würden sich zur TZ 3*44/2016 folgende Urkunden befinden: Kaufvertrag, Rangordnungsbeschluss, Amtsbestätigung, Staatsbürgerschaftsnachweis (Theodor A***), Staatsbürgerschaftsnachweis (Eva A***), Pfandbestellungsurkunde. Öffentlich abfragbar seien dabei nur jene Urkunden, die in der Spalte „Status“ mit „F“ bezeichnet seien (Anm. der Datenschutzbehörde: alle außer dem Rangordnungsbeschluss). Die Staatsbürgerschaftsnachweise seien notwendig, da aufgrund des Wiener Ausländergrundverkehrsgesetzes zum Erwerb des Eigentumsrechtes die österreichische Staatsbürgerschaft nachgewiesen werden müsse. Die Heiratsurkunde sei notwendig, da gleichzeitig mit dem Eigentumsrecht das zwischen den Ehegatten A*** vereinbarte vertragliche Belastungs- und Veräußerungsverbot im Grundbuch eingetragen worden sei und dafür ein urkundlicher Nachweis für die Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 364c ABGB erforderlich sei.
5. Nach Erhalt der Stellungnahme der Zweitbeschwerdegegnerin im Rahmen des Parteiengehörs gab der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 28. November 2022 bekannt, dass er auf Grund des Vorbringens seine Beschwerde auch auf den Drittbeschwerdegegner ausdehne.
6. Der Drittbeschwerdegegner gab in seiner Stellungnahme vom 9. Dezember 2022 vor, dass die beanstandete Bereitstellung von Urkunden in der Urkundensammlung im Rahmen einer justiziellen Tätigkeit nach Art. 55 Abs. 3 DSGVO erfolgt sei und daher keine Überprüfungskompetenz der Datenschutzbehörde gegeben sei. Die in Beschwerde gezogenen Vorgänge seien gesetzlich vorgesehen, da das Grundbuch gemäß § 7 Abs. 1 GBG öffentlich ist. Dem Umstand, dass dadurch oftmals höchstpersönliche Daten einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden, könne man nur durch eine Gesetzesänderung begegnen.
7. Die Erstbeschwerdegegnerin brachte in einer weiteren Stellungnahme vom 12. Jänner 2023 im Wesentlichen vor wie bisher und führte ergänzend aus, dass der Beschwerdeführer die betroffenen Daten selbst auf seiner Website zugänglich gemacht habe und daher auch aus diesem Grund kein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse gegeben sei.
8. Der Beschwerdeführer erwiderte darauf am 27. Jänner 2023 im Wesentlichen, dass er entgegen der Behauptungen der Erstbeschwerdegegnerin auf seiner Homepage keine Kopien von Dokumenten und damit auch nicht sämtliche Daten selber veröffentlicht habe. Seine Beschwerde richte sich auch nicht gegen die grundsätzliche Veröffentlichung eines Grundzugsauszugs, sondern gegen die entgeltliche Veröffentlichung der Urkundensammlung im Internet, mit der Möglichkeit, Kopien von Dokumenten zu kaufen und herunterladen zu können.
9. Auf Nachfrage der Datenschutzbehörde brachte die Erstbeschwerdegegnerin in einer weiteren Stellungnahme vom 31. März 2023 vor, dass ihr keine Möglichkeit zu komme, darüber zu entscheiden, welche Dokumente zum Abruf freigegeben bzw. ob bestimmte Dokumente nicht mehr zum Abruf bereitgehalten werden. Aus Anlass des gegenständlichen Verfahrens habe sie in Abstimmung mit der und in Freigabe bzw. im Einverständnis durch die für die verfahrensgegenständlichen Verarbeitungen Verantwortlichen (Republik Österreich, vertreten durch die Zweitbeschwerdegegnerin) durchgeführt bzw. veranlasst, dass die beschwerdegegenständlichen Dokumente nicht mehr zum Abruf bereit gehalten werden; dies lediglich als Notfallmaßnahme, um einen allfälligen Schaden (Strafe der Datenschutzbehörde) von der Verantwortlichen sowie von ihr selbst tunlichst fernzuhalten. Da diese Maßnahme in Abstimmung mit der Verantwortlichen Republik Österreich, vertreten durch die Zweitbeschwerdegegnerin, erfolgt sei, vermag dies keine Änderung der Qualifikation der Erstbeschwerdegegnerin als Auftragsverarbeiterin der Erstbeschwerdegegnerin zu begründen.
Die Erstbeschwerdegegnerin sei auf Grund von Punkt 4.7. der beiliegenden Vereinbarung zur Auftragsverarbeitung der Republik Österreich gegenüber verpflichtet, ihren Kunden Zugang zu den vertragsgegenständlichen Datenbanken – das sind die Firmenbuchdatenbank, Grundstücksdatenbank, Ediktsdatei und die Datenbanken der Verfahrensautomation Justiz – über IT-Anwendungen zu gewährleisten. Die Weiterleitung des Inhaltes der IT-Anwendungen an den Kunden durch die Erstbeschwerdegegnerin habe unverändert und vollständig zu erfolgen, eine Veränderung des Inhalts bzw. der Darstellung sei der Erstbeschwerdegegnerin nicht gestattet. Die Erstbeschwerdegegnerin sei weisungsgebunden und habe auch ausschließlich weisungsgebunden gehandelt. Selbst wenn die Datenschutzbehörde widererwartend der Erstbeschwerdegegnerin auf Grund der betreffenden Maßnahme die Eigenschaft als Verantwortliche zusprechen würde, so wäre eine solche ausschließlich auf die konkrete Maßnahme (nämlich die Entfernung der Verbindung für die Übertragung der Abfragedaten und das Unterlassen der Weiterleitung der Inhalte) als Verantwortliche zu qualifizieren. Die Verfahrensgegenständlichen Urkunden wären jedoch weiterhin – über andere Verrechnungsstellen bzw. beim Grundbuchgericht direkt – öffentlich einsehbar. Der Status der Erstbeschwerdegegnerin in Bezug auf die zuvor erfolgte Bereitstellung der öffentlichen Grundbuchsdaten zum Abruf bliebe jedoch unverändert jener der Auftragsverarbeiterin. Die Entscheidung darüber, welche Eintragungen in das gemäß § 7 Abs. 1 GBG zwingend öffentliche Grundbuch vorzunehmen seien und welche personenbezogenen Daten bzw. solche enthaltenden Urkunden in die ebenfalls öffentliche Urkundensammlung aufzunehmen seien, obliege ausschließlich dem Grundbuchsgericht im Verfahren außer Streitsachen. Die Verarbeitung von im öffentlichen Grundbuch enthaltenen personenbezogenen Daten sei daher eine justizielle Tätigkeit. Auf Grundlage des § 1 GUG habe die Zweitbeschwerdegegnerin die Umstellung des Grundbuchs auf automationsunterstütze Datenverarbeitung nach Maßgabe der technischen und personellen Möglichkeiten angeordnet und obliege dieser ausschließlich die Zurverfügungstellung der technischen Basis bzw. der Applikationslösung für die Führung des elektronischen Grundbuchs. Die Entscheidung, welche Eintragungen in das (nunmehr) elektronische Grundbuch vorzunehmen seien und welche Urkunden in die ebenfalls im elektronischen Grundbuch enthaltene Urkundensammlung aufzunehmen seien, sei als justizielle Tätigkeit ausschließlich dem Grundbuchsgericht zugewiesen.
Der Beschwerdeführer habe bei seiner gegenständlichen Beschwerde zwei verschiedene Screenshots von Ansichten der von der Erstbeschwerdegegnerin betriebenen Plattform „liegenschaft***.info“ als Beilagen angeschlossen, und zwar 1. Screenshot betreffend „L***weg *5“ und 2. Screenshot „K***platz 1*/3“. Auf dem 1. Screenshot betreffend „L***weg *5“ seien 8 weitere Dokumente zum Abruf ersichtlich, wobei die Dokumente Heiratsurkunde, 3*44/2016 Nr. 4, Staatsbürgerschaftsnachweis 3*44/2016 Nr. 5 und Staatsbürgerschaftsnachweis 3*44/2016 Nr. 6 beschwerdegegenständlich seien. Zum 2. Screenshot betreffend „K***platz 1*/3“: hier seien 18 Dokumente zum Abruf ersichtlich, wobei die Dokumente „Personalausweis 6*3/2016“ und „Reisepass 6*3/2016“ beschwerdegegenständlich seien. Eine Überprüfung dieser Dokumente habe jedoch ergeben, dass diese nicht den Beschwerdeführer, sondern eine von diesem verschiedene natürliche Person betreffen würden. Es mangle daher sowohl an einem Rechtsschutzbedürfnis als auch der Beschwerdelegitimation.
10. Der Beschwerdeführer brachte daraufhin in seiner Stellungnahme vom 1. Juli 2023 zusammengefasst vor, dass die Erstbeschwerdegegnerin richtigerweise erkannt habe, dass das zweite Objekt (Anm. der Datenschutzbehörde: am K***platz 1*/3, ***5 V***stadt) nicht ihn betreffe, dass es ihm gegenständlich jedoch um Aufklärung gegangen sei, warum es im Online-Grundbuch eindeutige Regel gebe, welche Urkunden zugänglich seien. Es gehe ihm bei dieser Beschwerde nicht nur um ihn selbst und auch nicht um die grundsätzliche Online-Veröffentlichung des Grundbuchs, sondern die Veröffentlichung der Urkundensammlung. Ebenfalls werde darauf hingewiesen, dass auch ein Konzessionär nach dem vorgelegten Vertrag für die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen hafte. Bei der DSGVO handle es sich um eine EU-Verordnung, selbst wenn es daher ein österreichisches Gesetz gebe, könne es sein, dass dieses nicht dem EU-Recht entspreche. Es sei nicht nachvollziehbar, dass Kopien von „hochsensiblen“ Urkunden von österreichischen Grundbesitzer:innen über eine Online-Plattform an alle Menschen der Welt verkauft werden würden.
11. Auf Nachfrage der Datenschutzbehörde brachte die Zweitbeschwerdegegnerin in ihrer Stellungnahme vom 17. Juli 2023 zusammengefasst vor wie bisher, dass sie nicht „Verantwortlicher“ im Sinne der DSGVO sei und eine Zuständigkeit der Datenschutzbehörde für das vorliegende Beschwerdeverfahren nicht vorliege, da die Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit Grundbuchseintragungen im Rahmen der justiziellen Tätigkeit des zuständigen Gerichts erfolge. Darüber hinaus beruhe die Verarbeitung auf einer gesetzlichen Grundlage und sei daher rechtmäßig; die Grundlage für die Aufnahme der Urkunden in die Urkundensammlung sei § 6 GBG, im gegenständlichen Fall seien nur Urkunden aufgenommen worden, die gemäß § 6 GBG die Grundlage der bücherlichen Eintragung darstellen würden, und zwar die Erwerbsurkunde (Kaufvertrag) und eine Amtsbestätigung als Nachweis für das Eigentumsrecht; Staatsbürgerschaftsnachweise als Nachweis zum rechtmäßigen Erwerb des Eigentumsrechtes aufgrund des Wiener Ausländergrundverkehrsgesetze; Heiratsurkunde als Nachweis für die zulässige Eintragung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots, die gemäß § 364c ABGB von der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Personenkreis abhänge. Das Grundbuchsgericht entscheide nach § 75 Abs. 2 GBG im Verfahren außer Streitsachen in allen Angelegenheiten nach dem Grundbuchsgesetz, somit auch über alle Eintragungen in das Grundbuch sowie auch darüber, welche Urkunden in die Urkundensammlung aufzunehmen seien. Die Speicherung der Urkunden in einer Urkundendatenbank beruhe auf § 2 Abs. 4 und § 1 Abs. 3 GUG sowie auf den zu § 1 Abs. 3 GUG ergangenen Umstellungsverordnungen. Die Verarbeitung personenbezogener Daten des Beschwerdeführers entspreche in diesem Umfang daher den Verarbeitungsgrundsätzen der Rechtmäßigkeit, Zweckbindung und Datenminimierung gem. Art. 5 Abs. 1 lit. a bis c DSGVO unter Wahrung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit der in Streit gezogenen Datenverarbeitung gem. § 1 Abs 2 letzter Satz DSG, weil bei der Verarbeitung der Urkunden das Interesse des Staates und des Rechtsverkehrs an der Richtigkeit, Genauigkeit und – auch nachträglichen – Überprüfbarkeit von Grundbuchseintragungen überwiege.
12. Der Beschwerdeführer erwiderte darauf in seiner Stellungnahme vom 5. November 2023 zusammengefasst, dass eine Einsicht in die veröffentlichten Daten nur die Ausnahme sein sollte, auch sollte von unabhängiger Seite festgestellt werden, ob die derzeitige gesetzliche Regelung und Vorgangsweise der Veröffentlichung der Urkundensammlung des Grundbuchs im Internet, die persönlichen Daten ausreichend schütze oder nicht.
B. Beschwerdegegenstand
Beschwerdegegenständlich ist die Frage zu klären, ob die Beschwerdegegner den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt haben, indem im Rahmen von Online-Einsichtnahmen in die Urkundensammlung des Grundbuchs Dokumente mit ihn betreffenden Daten gegen Entgelt abgerufen werden können.
C. Sachverhaltsfeststellungen
1. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer einer Liegenschaft am L***weg *5, ***6 V***stadt, KG *0*9*1, GST *5*/*8.
Beweiswürdigung: Die getroffene Feststellung beruht auf dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde vom 20. Juni 2022 und den damit vorgelegten Unterlagen sowie dem damit übereinstimmenden Vorbringen der Erstbeschwerdegegnerin vom 31. März 2023.
2. Die Erstbeschwerdegegnerin bietet gegen Entgelt auf der Plattform www.liegenschaft***.info sämtliche Daten und Urkunden des Firmenbruchs, Grundbuchs und Gewerbeinformationssystems Austria (GISA) für die Online-Einsichtnahme als Verrechnungsstelle der Republik Österreich an.
3. Zu diesem Zweck hat die Erstbeschwerdegegnerin mit der Republik Österreich, vertreten durch die Zweitbeschwerdegegnerin, einen Auftragsverarbeitervertrag abgeschlossen.
4. Die Weiterleitung der Inhalte an die Kunden durch die Erstbeschwerdegegnerin hat unverändert und vollständig zu erfolgen, eine Veränderung des Inhalts bzw. der Darstellung ist der Erstbeschwerdegegnerin nicht gestattet. Die Erstbeschwerdegegnerin ist bei der Herstellung der IT Verbindung zwischen ihrem Auftraggeber (Republik Österreich vertreten durch die Zweitbeschwerdegegnerin) und den Kunden sowie der Weiterleitung der Inhalte an die Weisungen ihres Auftraggebers gebunden.
Beweiswürdigung: Die getroffenen Feststellungen beruhen auf dem nachvollziehbaren Vorbringen der Erstbeschwerdegegnerin vom 31. März 2023 sowie den damit vorgelegten Unterlagen (
5. Zum Zeitpunkt 3. Juli 2022 konnten auf der von der Erstbeschwerdegegnerin betriebenen Webseite unter www.liegenschaft***.info im Rahmen einer Grundbuchsabfrage zur Adresse L***weg *5, ***6 V***stadt, KG *0*9*1, GST *5*/*8, folgende Dokumente gegen Gebühr abgerufen werden: (Formatierung nicht 1:1 wiedergegeben)
[Anmerkung Bearbeiter/in: Der an dieser Stelle im Original als grafische Datei wiedergegebene Screenshot mit den Echtdaten der Liegenschaft kann mit zumutbarem Aufwand nicht pseudonymisiert werden und wurde daher entfernt.]
Abb. 1; vom Beschwerdeführer im Rahmen seiner Beschwerde vom 20. Juni 2022 vorgelegter Screenshot 1
Beweiswürdigung : Die getroffenen Feststellungen beruhen auf dem insoweit unbestrittenen Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde vom 20. Juni 2022 und den damit vorgelegten Unterlagen sowie einer amtswegig durchgeführten Recherche unter www.liegenschaft***.info zur Adresse L***weg *5, ***6 V***stadt, KG *0*9*1, GST *5*/*8, abgerufen am 3. Juli 2022.
6. Zum Zeitpunkt 8. Februar 2023 konnten auf der von der Erstbeschwerdegegnerin betriebenen Webseite im Rahmen einer Grundbuchsabfrage zur Adresse L***weg *5, ***6 V***stadt, KG *0*9*1, GST *5*/*8 folgende Dokumente gegen Gebühr abgerufen werden: (Formatierung nicht 1:1 wiedergegeben)
[Anmerkung Bearbeiter/in: Der an dieser Stelle im Original als grafische Datei wiedergegebene Screenshot mit den Echtdaten der Liegenschaft und einer Liste der abrufbaren Urkunden kann mit zumutbarem Aufwand nicht pseudonymisiert werden und wurde daher entfernt.]
Abb. 2
7. Zum Zeitpunkt 8. Februar 2023 wurden folgende Urkunden von der Erstbeschwerdegegnerin auf ihrer Plattform www.liegenschaft***.info nicht mehr zum Abruf bereitgehalten: Heiratsurkunde, 3*44/2016 Nr. 4; Staatsbürgerschaftsnachweis 3*44/2016 Nr. 5; Staatsbürgerschaftsnachweis 3*44/2016 Nr. 6; Personalausweis 6*3/2016 und Reisepass 6*3/2016.
Beweiswürdigung: Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der Stellungnahme der Erstbeschwerdegegnerin vom 12. August 2022 sowie auf einer amtswegig durchgeführten Recherche unter www.liegenschaft***.info zur Adresse L***weg *5, ***6 V***stadt, KG *0*9*1, GST *5*/*8, abgerufen am 8. Februar 2023.
8. In der Urkundensammlung der EZ 8*1, KG *0*9*1 finden sich zur TZ 3*44/2016 folgende Urkunden (Formatierung nicht 1:1 wiedergegeben):
[Anmerkung Bearbeiter/in: Der an dieser Stelle im Original als grafische Datei wiedergegebene Screenshot mit einer Liste von Urkunden kann mit zumutbarem Aufwand nicht pseudonymisiert werden und wurde daher entfernt. Alle Urkunden bis auf einen Rangordnungsbeschluss sind mit dem Statuskennzeichen „F“ versehen.]
Abb. 3
9. Öffentlich abfragbar sind dabei nur jene Urkunden, die in der Spalte „Status“ mit „F“ bezeichnet sind.
Beweiswürdigung: Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der Stellungnahme der Zweitbeschwerdegegnerin vom 14. November 2022.
10. Die auf dem zweiten vom Beschwerdeführer im Rahmen seiner Beschwerde vom 20. Juni 2022 vorgelegten Screenshot (Abb. 4, Screenshot 2) ersichtlichen Dokumente stammen aus der Urkundensammlung des Grundbuchs betreffend die Liegenschaft am K***platz 1*/3, ***5 V***stadt, und enthalten keine Dokumente mit personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers (Formatierung nicht 1:1 wiedergegeben).
[Anmerkung Bearbeiter/in: Der an dieser Stelle im Original als grafische Datei wiedergegebene Screenshot mit einer Liste von Urkunden kann mit zumutbarem Aufwand nicht pseudonymisiert werden und wurde daher entfernt.]
Abb. 4; vom Beschwerdeführer im Rahmen seiner Beschwerde vom 20. Juni 2022 vorgelegter Screenshot 2
Beweiswürdigung: Die getroffene Feststellung beruht auf dem Vorbringen der Erstbeschwerdegegnerin vom 31. März 2023, das vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 1. Juli 2023 bestätigt wurde.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. Allgemeines zur datenschutzrechtlichen Rollenverteilung
Nach Art. 4 Z 7 DSGVO ist jene natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle Verantwortlicher für eine Verarbeitung, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet . Dabei ist das wesentliche Kriterium die Entscheidungskomponente. Die Rolle des Verantwortlichen ergibt sich somit in erster Linie aus dem Faktum, dass eine bestimmte Stelle entschieden hat, personenbezogene Daten für ihre eigenen Zwecke zu verarbeiten.
Der „Zweck“ beschreibt dabei ein erwartetes Ergebnis, während die „Mittel“ die Art und Weise festlegen, wie das erwartete Ergebnis erreicht werden soll (vgl. Art. 29-Datenschutzgruppe, Stellungnahme 1/2010 zu den Begriffen „für die Verarbeitung Verantwortlicher“ und „Auftragsverarbeiter“, WP 169, 00264/10/DE, S 15 ff, noch in Bezug auf Art. 2 lit. d der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG sowie zur neuen Rechtslage siehe die Leitlinien des EDSA vom 2. September 2020 „Guidelines 07/2020 on the concepts of controller and processor in the GDPR“ abrufbar unter https://edpb.europa.eu/our-work-tools/public-consultations-art-704/2020/guidelines-072020-concepts-controller-and-processor_en)
Nach Art 4 Z 8 DSGVO ist jene natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle Auftragsverarbeiter, die personenbezogene Daten im Auftrag des Verantwortlichen verarbeitet. Dabei ist das wesentliche Kriterium die Weisungsgebundenheit . Die Rolle des Auftragsverarbeiters ergibt sich somit in erster Linie aus dem Faktum, dass eine bestimmte Stelle entschieden hat, personenbezogene Daten im Auftrag des Verantwortlichen zu verarbeiten (vgl. Art. 29-Datenschutzgruppe, WP 169, 00264/10/DE, S 30 ff).
2. Zur Beschwerde gegen die Erstbeschwerdegegnerin
Wie aus dem festgestellten Sachverhalt hervorgeht, hat die Erstbeschwerdegegnerin auf Grund einer Vereinbarung mit der Republik Österreich – vertreten durch die Zweitbeschwerdegegnerin – den Zugang zur Grundstücksdatenbank über IT-Anwendungen zu gewährleisten. Der Erstbeschwerdegegnerin kommt jedoch keine Entscheidungsgewalt zu, welche Daten/Dokumente in die Grundstücksdatenbank aufgenommen werden, sie hat lediglich dafür zu sorgen, dass die Inhalte über IT-Anwendungen unverändert und vollständig weitergeleitet werden und damit die Online-Einsichtnahme zu ermöglichen. Sie ist dabei auch an die Weisungen ihres Auftraggebers gebunden.
Der Erstbeschwerdegegnerin kommt daher in keine Eigenschaft als Verantwortliche gemäß Art. 4 Z 7 DSGVO zu, weshalb die Beschwerde gegen sie abzuweisen war.
3. Zur Beschwerde gegen die Zweitbeschwerdegegnerin
Gemäß § 1 Abs. 1 GUG ist der Bundesminister für Justiz ermächtigt , im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten die Umstellung des Grundbuchs auf automationsunterstützte Datenverarbeitung (§ 2 Abs. 1) nach Maßgabe der technischen und personellen Möglichkeiten sowie unter Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit für bestimmte Gerichte mit Verordnung anzuordnen .
Die Zweitbeschwerdegegnerin ist daher in Bezug auf den Betrieb der Grundstücksdatenbank sowie der Urkundendatenbank als (gemeinsam) Verantwortliche zu qualifizieren.
Der Zweitbeschwerdegegnerin kommt jedoch keine Entscheidungsgewalt darüber zu, welche Daten/Dokumente in die Grundstücksdatenbank bzw. in die Urkundendatenbank aufgenommen werden, diese Entscheidung trifft ausschließlich der Drittbeschwerdegegner als örtlich zuständiges Grundbuchsgericht (vgl. § 75 GBG iVm § 1 § 118 Z 4 JN). Auch über allfällige Anträge auf Einschränkung der Einsicht in die in der Urkundensammlung aufgenommenen und in der Urkundendatenbank gespeicherten Urkunden hat kraft gesetzlicher Anordnung ausschließlich der Drittbeschwerdegegner auf Antrag einer betroffenen Person im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden (vgl. § 6b GUG).
Die Zweitbeschwerdegegnerin ist daher in Bezug auf diese konkreten Verarbeitungstätigkeiten (Aufnahme/Einschränkung von Daten in der Grundstücks- bzw. Urkundendatenbank) nicht als Verantwortlicher gemäß Art. 4 Z 7 DSGVO zu qualifizieren, weshalb die Beschwerde gegen sie abzuweisen war.
4. Zur Beschwerde gegen den Drittbeschwerdegegner
4.1. Zur Zuständigkeit der Datenschutzbehörde
Gemäß Art. 55 Abs. 3 DSGVO sind die Aufsichtsbehörden nicht für die Aufsicht über die von Gerichten im Rahmen ihrer justiziellen Tätigkeit vorgenommenen Verarbeitungen zuständig.
ErwGr. 20 der DSGVO führt dazu näher aus, dass dies der Unabhängigkeit der Justiz bei der Ausübung ihrer gerichtlichen Aufgaben einschließlich ihrer Beschlussfassung dienen soll.
Dem Urteil des EuGH vom 24. März 2022 zur Auslegung von Art. 55 Abs. 3 DSGVO ist zu entnehmen, dass die Tragweite des mit Art. 55 Abs. 3 DSGVO verfolgten Ziels, die Unabhängigkeit der Justiz bei der Ausübung ihrer gerichtlichen Aufgaben zu wahren, nicht allein auf die Gewährleistung der richterlichen Unabhängigkeit im Rahmen des Erlasses einer bestimmten gerichtlichen Entscheidung beschränkt werden kann (Urteil vom 24. März 2022 zu C-245/20, Autoriteit Persoonsgegevens, Rn 33).
Der Begriff der „justiziellen Tätigkeit“ ist daher grundsätzlich weit zu verstehen.
In den (dem Urteil vorangegangen) Schlussanträgen des Generalanwalts vom 6. Oktober 2021 hat dieser ausgeführt, dass nach Art. 55 Abs. 3 DSGVO zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen, und zwar erstens die Beteiligung einer Art Einrichtung („Gerichte“) und zweitens eine bestimmte Art der Tätigkeit dieser Gerichte („im Rahmen ihrer justiziellen Tätigkeit“) (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts vom 6. Oktober 2021, C-245/20, Rn 72).
Gegenständlich ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass durch die Grundbuchsnovelle 2024, BGBl. I Nr. 91/2024, das GUG dahingehend novelliert wurde, als § 6b GUG nunmehr vorsieht, dass der Drittbeschwerdegegner als zuständiges Grundbuchsgericht über Anträge einer betroffenen Person auf Beschränkung der Einsicht in Urkunden der Urkundensammlung in einem Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden hat. Dem Antragsteller kommt in einem solchen Verfahren auch Parteistellung zu (vgl. § 6b Abs. 2 GUG).
Insofern kann die Rechtsprechung der Datenschutzbehörde, wonach ein Grundbuchsgericht in Grundbuchsachen lediglich als „Registergericht“ tätig wird und folglich eine Zuständigkeit der Datenschutzbehörde besteht (siehe den Bescheid vom 09.06.2022, GZ 2021-0.643.804, RIS), nicht aufrechterhalten werden.
Es handelt sich daher sowohl um die Beteiligung eines Gerichts (erste Voraussetzung) als auch eine Tätigkeit mit Rechtssprechungscharakter (zweite Voraussetzung), weshalb insgesamt eine justizielle Tätigkeit im Sinne von Art. 55 Abs. 3 DSGVO vorliegt (siehe iHa auf Unterhaltsstreitigkeiten auch den Bescheid vom 22.01.2019, GZ DSB-D123.848/0001-DSB/2019, RIS).
Außer im Falle gegenteiliger gesetzlicher Anordnung hat die Behörde die Sach-und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung heranzuziehen (siehe bspw. VwGH 24.08.2023, Ra 2022/22/0093).
Die Datenschutzbehörde ist daher zur Behandlung der Beschwerde gegen den Drittbeschwerdegegner nicht zuständig, weshalb diese zurückzuweisen war.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.