2023-0.159.938 – Datenschutzbehörde Entscheidung
Text
GZ: 2023-0.159.938 vom 4. August 2023 (Verfahrenszahl: DSB-D213.1759)
[Anmerkung Bearbeiter/in: Namen und Firmen, Rechtsformen und Produktbezeichnungen, Adressen (inkl. URLs, IP- und E-Mail-Adressen), Aktenzahlen (und dergleichen), etc., sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
BESCHEID
SPRUCH
Die Datenschutzbehörde entscheidet im Rahmen des amtswegigen Prüfverfahrens gegen die N*** gemeinnützige Wohnbaugesellschaft m.b.H., FN 2*88*3*t, wie folgt:
1. Die Verantwortliche verstößt dadurch gegen die DSGVO , indem sie am Standort O***allee *8, 1*** Wien, 30 Videokameras betreibt, konkret die Kameras mit den Nummern 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 26, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34 und 38, deren Aufnahmebereiche allgemeine Teile der Liegenschaft erfassen, und hierdurch entgegen dem Grundsatz des Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO (Datenminimierung) personenbezogene Daten verarbeitet.
2. Der Verantwortlichen wird aufgetragen , innerhalb einer Frist von zwei Wochen bei sonstiger Exekution den Aufnahmebereich der Videokameras mit den Nummern 6 und 17 derart einzuschränken , sodass ausschließlich die Abholstationen des Logistik- bzw. Postunternehmens erfasst werden, jedoch nicht der gesamte Eingangsbereich.
3. Der Verantwortlichen wird die Datenverarbeitung durch die Kameras mit den Nummern 1, 2, 3, 4, 5, 7, 8, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 26, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34 und 38 mit sofortiger Wirkung bei sonstiger Exekution untersagt .
Rechtsgrundlagen : Art. 4, Art. 5 Abs. 1 lit. c, Art. 6, Art. 12 Abs. 3, Art. 51 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 lit. f, Art. 58 Abs. 2 lit. d und f sowie Art. 77 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1.
BEGRÜNDUNG
A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang
1. Mit Schreiben vom 3. November 2022 wurde die Datenschutzbehörde durch einen anonymen Hinweis, welchem mehrere Lichtbilder von Videokameras als Beilage im Anhang angeschlossen waren, über das gegenständlich von der Verantwortlichen betriebene Videoüberwachungssystem in der Wohnhausanlage mit der postalischen Adresse O***allee *8, 1*** Wien informiert.
2. Die Datenschutzbehörde leitete mit Erledigung vom 14. Dezember 2022 eine Datenschutzüberprüfung gemäß Art. 57 Abs. 1 lit. h DSGVO („amtswegiges Prüfverfahren“) gegen die Verantwortliche betreffend das Videoüberwachungssystem ein.
3. Die Verantwortliche brachte, nach Fristerstreckung bis zum 17. Jänner 2023, in der Stellungnahme vom 17. Jänner 2023 zusammengefasst vor, dass es in der verfahrensgegenständlichen Wohnhausanlage vermehrt zu Einbrüchen in den Kellerabteilen gekommen sei. Zunächst seien als Präventivmaßnahme die Zylinder und Schließbereiche der Kellerzugangstüren ersetzt bzw. verstärkt worden. Auch habe die Verantwortliche im Erdgeschoß Videoattrappen und Hinweisschilder anbracht. In den Sommermonaten des Jahres 2020 sei es jedoch neuerlich zu Kellereinbrüchen gekommen. Die Verantwortliche habe hierauf das Sicherheitskonzept für die Wohnhausanlage überarbeitet, welches nunmehr ein elektronisches Zugangssystem in Verbindung mit einer Videoüberwachungsanlage beinhalte. Die Bewohner seien hiervon mit dem Rundschreiben vom 22. Februar 2021 durch Aushang im Schaukasten am 25. Februar 2021 in Kenntnis gesetzt worden. Auch die Hausverwaltung habe diesbezüglich keine Einwände erhoben. Am 1. Juni 2021 sei der Installationsauftrag einem Professionisten erteilt worden. Anzumerken sei, dass ausschließlich allgemeine Flächen überwacht werden würden und Wohnungseingangstüren sowie die höchstpersönlichen Lebensbereiche der Bewohner davon nicht betroffen seien.
Das gegenständliche Videoüberwachungssystem umfasse 38 aktive Videokameras der Marke ***vision *4*5 sowie drei Kameraattrappen. Das System diene dem Schutz des Eigentums der Verantwortlichen und der Mieter/Eigentümer/Hausbewohner. Die Verantwortliche habe ein Interesse, sich präventiv vor Diebstählen, Sachbeschädigungen oder sonstigen Störungen von außen zu schützen bzw. solche zwecks Beweissicherung aufzuzeichnen.
Das Kamerasystem zeichne anlassbezogen mittels einer Bewegungserkennung auf. Die Aufzeichnungen würden für maximal 72 Stunden gespeichert werden. In dieser Zeit sei es nach vorheriger Anweisung möglich, bei einem konkreten Anlass (Einbruch) eine Deaktivierung der automatischen Löschung für einen bestimmten Zeitraum vorzunehmen. Nach erfolgter Auswertung würden die Daten sodann gelöscht werden. Das System bestehe aus drei PC’s, wobei zwei für die Aufzeichnungen und einer für die Wiedergabe/Anzeige der Bilder verwendet werde. Sämtliche Rekorder und auch Verteiler seien in Räumen untergebracht, zu denen weder die Mieter noch hausfremde Personen Zugang hätten. Ebenso seien die PC’s durch ein Passwort geschützt und nur einem eingeschränkten Personenkreis zugänglich. Die Daten würden zudem nur lokal verarbeitet werden, ohne mit dem Internet verbunden zu sein. An allen Zugangstüren (Haupt/Nebeneingänge, Garage, Stiegenzugänge) sei eine entsprechende Kennzeichnung angebracht. Es handle sich um einheitliche standardisierte Hinweisschilder (mit QR-Code zur Datenschutzinformation).
Es würden grundsätzlich nur die Eingangsbereiche sowie Fahrrad-/ Kinderwagen-/ Müllräume von den Kameras erfasst werden. Sensible Bereiche (Postkästchen, Wohnungseingänge, Kellerabteile mit Wohnbezug, öffentliche Bereiche) würden nicht erfasst werden bzw. seien durch irreversible Schwärzungen des Kamerabildes unkenntlich gemacht worden. Audioaufzeichnungen fänden nicht statt. Diese seien auf Kameraseite deaktiviert. Alle administrativen Funktionen auf den Videokameras seien durch Kennwörter geschützt. Der Zugriff auf die Livebilder sowie Aufzeichnungen sei nur durch die Passworteingabe vor Ort möglich.
Im Anhang der Eingabe sind als Beilagen
- Screenshots vom Aufnahmebereich der Videokameras und ihren Positionen,
- Fotos der Hinweisschilder von der Videoüberwachung,
- das Datenblatt zu den Videokameras und
- die Bedienungsanleitung der Videokameras
angeschlossen gewesen.
4. In der ergänzenden Stellungnahme vom 7. Februar 2023 brachte die Verantwortliche im Wesentlichen vor, dass eine Einwilligung der betroffenen Personen nicht vorliege. Dies sei im gegenständlichen Fall auch nicht notwendig, weil das berechtigte Interesse der Verantwortlichen überwiegend sei. Ebenfalls liege auch die gehörige Erfüllung eines Vertrages vor, weil die Mieter von Einbrüchen berichten würden. Gemäß dem Hausverwaltungsvertrag liege eine Verpflichtung vor, dass vorbeugende Maßnahmen zum Wohle der Wohnungseigentümergemeinschaft getroffen werden müssten, um Beschädigungen zu vermeiden.
Die Liegenschaft mit der Adresse O***allee *8/L***straße *7, 1*** Wien, stehe derzeit zu 88,9% im Eigentum der Verantwortlichen, welche sich wiederum zu 99,97% im Eigentum der P*** befinde. Aufgrund der wiederholten Einbrüche sei die Installation der Videoüberwachungskameras als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung anzusehen, für welche kein Mehrheitsbeschluss notwendig sei. Selbst wenn es sich um eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung handeln würde, wäre eine Zustimmung der Hälfte der Eigentümer aufgrund der vorliegenden Eigentumsverhältnisse evident. Zudem habe auch niemand der Installation des Videoüberwachungssystems widersprochen. Die Videoüberwachung sei gemäß § 28 WEG zur Erhaltung der Liegenschaft und zum Schutz vor Beschädigungen notwendig gewesen.
Die Einbrüche in die Kellerabteile seien im System der Verantwortlichen protokolliert worden und die Anzeige erfolge durch den Mieter oder Eigentümer bei der Polizei selbst. Ebenfalls seien auch Rohrtresore aufgebrochen und die von den Mietern gemeldeten Kellereinbrüche entsprechend vermerkt worden. Auch habe es Vorfälle gegeben, dass hausfremde Personen sich in der Garage und im Stiegenhaus aufgehalten hätten. Darüber hinaus sei es auch zu Einbrüchen im Fahrradraum, in der Garage und in den Wohnungen gekommen.
Im Anhang der Eingabe sind als Beilagen
- ein Schreiben, datiert mit 22. Februar 2021, an die Mieter und Eigentümer der Wohnhausanlage,
- eine Anzeigebestätigung, datiert mit 2. Juli 2020 (Tatort: Keller) und
- ein Schreiben an die Mieter der Wohnhausanlage, datiert mit 21. November 2018, mit der Information, dass sich immer wieder hausfremde Personen in der Garage und im Stiegenhaus aufhalten,
angeschlossen gewesen.
5. In der Eingabe vom 27. Februar 2023 brachte die Verantwortliche vor, dass man durch eine Schleuse zu den Kellerabteilen gelange und die Videokamera mit der Nummer 29 den Zugang aufzeichnen würde. Im Fahrradraum sei zuletzt im Dezember 2022 an zwei aufeinander folgenden Tagen eingebrochen worden. Beim ersten Einbruch sei ein Fahrrad gestohlen worden und beim zweiten Einbruch habe derselbe Täter das Fahrrad zwar bereits ausgewählt gehabt, sei aber nach Entdeckung der Videokamera ohne Diebesgut geflüchtet. In Bezug auf diverse Beeinträchtigungen in der Garage sei auszuführen, dass ein Mieter mit einem qualmenden Auto in die Garage gefahren sei und hierdurch den Brandalarm ausgelöst habe. Dieser habe aufgrund der Videokamera ausgeforscht werden können. In der Vergangenheit seien des Öfteren im Müllraum Sperrmüll abgestellt und Fliesen von der Wand geschlagen worden. Im Kinderwagenraum sei bereits ein Kinderwagen gestohlen worden. Die Rohrtresore würden sich im Bereich der Garageneinfahrt befinden und die Videokamera mit der Nummer 37 zeichne die Garageneinfahrt auf. Dies bedeute, dass die Rohrtresore nicht per se von den Videokameras überwacht werden würden, jedoch befänden sich diese im Blickwinkel der Kamera. Der Aufnahmebereich der Videokamera mit der Nummer 17 (Rek 1 Std. 2 – EG Haupteingang) erfasse den Haupteingang (L***straße *7) sowie acht Boxen der Abholstation eines Logistik- bzw. Postunternehmens. In der Vergangenheit seien die Pakete aus den Abholstationen von hausfremden Personen entwendet worden. Jeder Bewohner des Hauses bzw. jede hausfremde Person werde bei Betreten und Verlassen des Wohngebäudes O***allee *8 aufgenommen. Im Kellergeschoss werde der Aufzug von Kamera mit der Nummer 28 erfasst. Im Erdgeschoss sei die Kamera Nr. 30 nur auf den Haupteingang gerichtet. Der Zugang zum Aufzug oder Stiegenhaus werde nicht von den Kameras aufgezeichnet. In den Stockwerken 1-6 seien keine Kameras im Stiegenhaus bzw. beim Aufzug angebracht.
Im Anhang der Eingabe sind als Beilagen ein Bild von der Garageneinfahrt sowie von den Rohrtresoren übermittelt worden.
B. Beschwerdegegenstand
Aufgrund der Anzeige und des Vorbringens ergibt sich als Verfahrensgegenstand die Frage, ob die von der Verantwortlichen betriebene Bildverarbeitung in Form des Betriebes von 38 Videokameras im Wohnhaus mit der postalischen Adresse O***allee *8, 1*** Wien, rechtmäßig erfolgt.
C. Sachverhaltsfeststellungen
1. Bei der Verantwortlichen handelt es sich um die beim HG Wien zur FN 2*88*3*t eingetragene N*** gemeinnützige Wohnbaugesellschaft m.b.H. Diese ist 88,9 % Mehrheitseigentümerin der Liegenschaft mit der postalischen Adresse O***allee *8 bzw. L***straße *7 in 1*** Wien.
Beweiswürdigung : Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Stellungnahme der Verantwortlichen vom 7. Februar 2023 sowie aus der amtswegig durchgeführten Grundbuchsabfrage vom 28. Februar 2023 und der am 2. Juni 2023 durchgeführten amtswegigen Recherche im Firmenbuch.
2. Die Verantwortliche hat zur Verbesserung des Sicherheitskonzepts in der Liegenschaft in der O***allee *8 bzw. L***straße *7 in 1*** Wien ein elektronisches Zugangssystem in Verbindung mit einer Videoüberwachungsanlage installieren lassen. Für die Montage der genannten Videoüberwachungsanlage ist am 11. Juni 2021 ein Professionist beauftragt worden. Die Videoüberwachungsanlage soll dem Schutz des Eigentums der Verantwortlichen sowie der Bewohner vor Diebstählen und Sachbeschädigungen dienen. In der Vergangenheit ist es zu Einbrüchen in den Keller- und Fahrradräumlichkeiten sowie in der Garage gekommen und zudem sind Rohrtresore aufgebrochen worden. Ebenfalls haben sich vermehrt hausfremde Personen in der Garage und im Stiegenhaus befunden. Die Bewohner sind über die Installation des Videoüberwachungssystems und des elektronischen Zugangssystems mittels eines Rundschreibens vom 22. Februar 2021 durch Aushang im Schaukasten am 25. Februar 2021 informiert worden. Die Videokameraanlage befindet sich derzeit in Betrieb.
Es handelt sich bei allen montierten Videokameras um das Modell ***vision *4*5. Es werden 38 Videokameras betrieben. Die Aufzeichnung beginnt, sobald eine Bewegung im Aufnahmebereich erkannt wird. Die Aufzeichnungen werden für maximal 72 Stunden gespeichert, danach erfolgt eine automatische Löschung. Es erfolgen keine Tonaufzeichnungen.
Es sind drei PC’s in Verwendung; davon zwei für die Aufzeichnungen und einer für die Wiedergabe/Anzeige der Aufnahmen. Die PC’s sind passwortgeschützt und nur ein eingeschränkter Personenkreis hat Zutritt zu den Räumlichkeiten.
Bei den montierten Kameras im Kinderspielraum handelt es sich um Kameraattrappen.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf den nachvollziehbaren Ausführungen der Verantwortlichen.
3. Das Videokamerasystem ist an allen Zugangstüren durch standardisierte Hinweisschilder gekennzeichnet. Die Hinweisschilder beinhalten einen QR-Code für weiterführende Datenschutzinformationen.
Die Hinweisschilder am Haupteingang sowie bei der Garageneinfahrt gestalten sich wie folgt (Blaue Hervorhebungen der Kennzeichnung der Videokameras erfolgten amtswegig):
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser als grafische Dateien wiedergegebenen vier Lichtbilder der Hinweisschilder samt Umgebung können mit zumutbarem Aufwand nicht pseudonymisiert werden und wurden daher entfernt.]
Beweiswürdigung : Die getroffenen Feststellungen stützen sich auf die Stellungnahme der Verantwortlichen sowie die übermittelten Lichtbilder, auf denen die jeweiligen Hinweisschilder ersichtlich sind.
4. Die Positionen und die jeweiligen Aufnahmebereiche der einzelnen Videokameras gestalten sich wie folgt (Formatierung nicht 1:1):
4.1. Die Aufnahmebereiche der Videokameras mit den Nummern 6, 7, 17, 30, 31 und 32 erfassen die Eingangsbereiche (Haupt-, Neben-, und Hofeingang):
Die Kamera mit der Nummer 17 „ Stg. 2 – EG Haupteingang “ erfasst den Haupteingangsbereich von Stiege 2 und ebenfalls die acht Boxen der Abholstation eines Logistik- bzw. Postunternehmens.
Die Position und der Aufnahmebereich von der Kamera mit der Nummer 17 gestaltet sich wie folgt:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Die Kamera mit der Nummer 6 „ Stg. 1 – EG Eingang “ erfasst den Eingangsbereich von Stiege 1 und ebenfalls 3 Boxen der Abholstation eines Logistik- bzw. Postunternehmens. Die Hausbewohner müssen bei Benutzung des Haupteingangs der Stiege 1 beim Betreten und Verlassen des Wohnhauses den Aufnahmebereich der Kamera mit der Nummer 6 „ Stg. 1 – EG Eingang “ passieren.
Die Position und der Aufnahmebereich von der Kamera mit der Nummer 6 gestaltet sich wie folgt:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Die Kamera mit der Nummer 7 „Rek 1, Stg. 1 – EG Stiege “ erfasst den einen Seiteneingang und ebenfalls den Treppenbereich im Erdgeschoss.
Die Position und der Aufnahmebereich von der Kamera mit der Nummer 7 gestaltet sich wie folgt:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Die Videokamera mit der Nummer 30 „ Haupteingang “ erfasst den Eingangsbereich.
Die Position und der Aufnahmebereich von der Kamera mit der Nummer 30 gestaltet sich wie folgt:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Die Videokamera mit der Nummer 31 „ Nebeneingang “ erfasst den Nebeneingang.
Die Position und der Aufnahmebereich von der Kamera mit der Nummer 31 gestaltet sich wie folgt:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Die Videokamera mit der Bezeichnung „Rek 2, Hofzugang“ der Nummer 32 erfasst den Zugang zum Hof.
Die Position und der Aufnahmebereich von der Kamera mit der Nummer 32 gestaltet sich wie folgt:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Die Videokamera mit der Bezeichnung „Stg. 2, EG Hofzugang“ der Nummer 22 erfasst den Zugang zum Hof.
Die Position und der Aufnahmebereich von der Kamera mit der Nummer 22 gestaltet sich wie folgt:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Die Hausbewohner müssen bei Benutzung eines Einganges beim Betreten und Verlassen des Wohnhauses bzw. bei Betreten des Hofzugangs, welcher von den Videokameras mit den Nummern 22 und Nummer 32 erfasst werden, den Aufnahmebereich einer der obigen Videokameras passieren.
4.2. Die Aufnahmebereiche der Videokameras mit den Nummern 1, 2, 12, 13, 14, 15, 16, 18, 19, 20, 28, und 29 erfassen die Aufzugs- und Gangbereiche:
Die Videokameras mit den Nummern 1 und 2 erfassen den Aufzug zur Stiege 1 im ersten und im zweiten Untergeschoss. Die Positionen und die Aufnahmebereiche von der Kamera Nummer 1 und Kamera Nummer 2 gestalten sich wie folgt:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Die Videokameras mit den Nummern 12 und 13 erfassen den Aufzug zur Stiege 2 im ersten und im zweiten Untergeschoss. Die Positionen und die Aufnahmebereiche von der Kamera mit der Nummer 12 und der Kamera mit der Nummer 13 gestalten sich wie folgt:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Die Videokameras mit den Nummern 3, 4 und 5 erfassen jeweils den Gangbereich im ersten, dritten und fünften Obergeschoss zur Stiege 1. Die Positionen und die Aufnahmebereiche der Videokameras mit den Nummern 3, 4 und 5 gestalten sich wie folgt:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Die Videokameras mit den Nummern 14, 15 und 16 erfassen jeweils den Gangbereich im ersten, dritten und fünften Obergeschoss der Stiege 2. Die Positionen und die Aufnahmebereiche der Videokameras mit den Nummern 14, 15 und 16 gestalten sich wie folgt:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Die Videokameras mit den Nummern 18 und 19 erfassen den Aufzugsbereich von Stiege 2 im Erdgeschoss und den Gang vor dem Aufzug von der Stiege 2. Die Positionen und die Aufnahmebereiche der Videokameras mit den Nummern 18 und 19 gestalten sich wie folgt:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Die Videokameras mit den Nummern 20 und 21 erfassen den Gang vor dem Aufzug und den Stiegenbereich im Erdgeschoss von Stiege 2. Die Positionen und die Aufnahmebereiche der Videokameras mit den Nummern 20 und 21 gestalten sich wie folgt:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Die Videokamera mit der Bezeichnung „1. UG Aufzug“ der Nummer 28 erfasst den Aufzug im Untergeschoss. Die Position und der Aufnahmebereich von der Kamera mit der Nummer 28 gestaltet sich wie folgt:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Die Videokamera mit der Bezeichnung „ 1. UG Schleuse bei Technikraum “ der Nummer 29 erfasst die Schleuse vor dem Technikraum. Die Position und der Aufnahmebereich von der Kamera mit der Nummer 29 gestaltet sich wie folgt:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
4.3. Die Aufnahmebereiche der Videokameras mit den Nummern 23, 24, 25, 36 erfassen den Fahrradraum sowie den Gangbereich davor und den Kinderwagenraum:
Die Videokameras mit der Bezeichnung 23 „ Stg. 2 – EG vor Fahrradraum “, und 24 „Stg.2 – EG Fahrradraum“ erfassen den Abstellplatz für Fahrräder und ebenfalls den davorliegenden Durchgangsbereich. Die Videokamera 25 „ Stg. 2 – EG Kinderwagenraum “ erfasst den Abstellraum für die Kinderwägen. Die Positionen und die Aufnahmebereiche der Videokameras mit den Nummern 23, 24 und 25 stellen sich wie folgt dar:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Die Videokamera mit der Nummer 36 erfasst den Fahrradraum. Die Position und der Aufnahmebereich der Kamera mit der Nummer 36 stellt sich wie folgt dar:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
4.4. Die Aufnahmebereiche der Videokameras mit den Nummern 37, 38, 26 und 27 erfassen das Gittertor bei der Garage und die Garageneinfahrt von Stiege 2:
Die Kamera mit der Nummer 37 „ Stg. 2 – Gittertor bei Garage “ erfasst das Gittertor der Garage und mittels der in der Garageneinfahrt montierten Kamera Nummer 38 „ Stg. 2. Garageneinfahrt “ wird die innenseitige Garageneinfahrt vom Aufnahmebereich erfasst. Die Positionen und die Aufnahmebereiche der beiden Kameras mit den Nummern 37 und 38 stellen sich wie folgt dar:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Die Videokamera mit der Nummer 26 erfasst das Gittertor bzw. den innenseitigen Eingangsbereich zur Garage. Die Position und der Aufnahmebereich der Kamera mit der Nummer 26 stellt sich wie folgt dar:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Die Videokamera mit der Nummer 27 „ Rek 1 – Garageneinfahrt “ erfasst die innenseitige Garageneinfahrt von Stiege 2. Die Position und der Aufnahmebereich der Kamera mit der Nummer 27 stellt sich wie folgt dar:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
4.5. Die Aufnahmebereiche der Videokameras mit den Nummern 8. 9, 10, 34 und 35:
Der Aufnahmebereich der Videokamera mit der Nummer 8 „ Rek 1, Stg. 1 – EG vor dem Müllraum“ erfasst den Gangbereich vor dem Müllraum. Die Position und der Aufnahmebereich der Kamera mit der Nummer 8 stellt sich wie folgt dar:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Der Aufnahmebereich der Videokamera mit der Nummer 9 „ Rek 1, Stg. 1 EG Müllraum 1 “ erfasst den ersten Müllraum im Erdgeschoss und die Videokamera mit der Nummer 10 „ Rek 1 – EG Müllraum 2 “ zeichnet den zweiten Müllraum im Erdgeschoss auf. Die Positionen und die Aufnahmebereiche der Kameras mit den Nummern 9 und 10 stellen sich wie folgt dar:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Der Aufnahmebereich der Videokamera mit der Nummer 34 „ Rek 2, Gang vor Müllraum“ erfasst den Gangbereich vor dem Müllraum. Die Position und der Aufnahmebereich der Kamera mit der Nummer 34 stellt sich wie folgt dar:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Der Aufnahmebereich der Videokamera mit der Nummer 35 „ Rek 2, Müllraum“ erfasst den Müllraum. Die Position und der Aufnahmebereich der Kamera mit Nummer 35 stellt sich wie folgt dar:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
4.6. Die Aufnahmebereiche der Videokameras mit den Nummern 11 und 33, welche die Bereiche vor den beiden Kinderspielräumen aufzeichnen.
Der Aufnahmebereich der Videokamera mit der Nummer 11 „ Stg. 1 – EG vor Kinderspielraum “ erfasst den Gang im Erdgeschoss vor dem Kinderspielraum. Die Position und der Aufnahmebereich der Kamera mit der Nummer 11 stellt sich wie folgt dar:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Der Aufnahmebereich der Videokamera mit der Nummer 33 „Gang vor Kinderspielraum“ erfasst den Gang vor dem Kinderspielraum. Die Position und der Aufnahmebereich der Kamera mit der Nummer 33 stellt sich wie folgt dar:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Die an dieser Stelle als grafische Dateien wiedergegebenen Lichtbilder der Position und des Aufnahmebereichs der Kamera wurden entfernt.]
Beweiswürdigung : Die getroffenen Feststellungen zur Position sowie den Aufnahmebereichen der jeweiligen Kameras gründen auf der Stellungnahme der Verantwortlichen vom 17. Jänner 2023 sowie den von ihr darin vorgelegten Screenshots und Lichtbildern, auf denen jeweils die Positionen und die Aufnahmebereiche der einzelnen Kameras ersichtlich sind.
5. Die Hausbewohner haben keine Zustimmung für die Videoüberwachungsanlage erteilt und es liegt auch kein Beschluss der Eigentümergemeinschaft vor.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Vorbringen der Verantwortlichen.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
D.1. Allgemeines
D.1.1. Ein Verantwortlicher ist gemäß Art. 4 Z 7 DSGVO die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet.
Verfahrensgegenständlich ist von der Verantwortlichen ihre Verantwortlicheneigenschaft in Bezug auf das Videoüberwachungssystem nicht bestritten worden. Es bestehen keine Zweifel, dass sie die datenschutzrechtliche Verantwortliche für die bis derzeit noch andauernde Datenverarbeitung ist.
D.1.2. So die Verantwortliche in ihrer Stellungnahme vom 7. Februar 2023 vorbringt, es handle sich bei der gegenständlichen Videoüberwachung um eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung iSd § 28 WEG und sei aufgrund der vorliegenden Eigentumsverhältnisse „ die Zustimmung der Hälfte aufgrund der Mehrheitsverhältnisse und der besonderen Umstände evident “, ist dem der Vollständigkeit halber Folgendes entgegenzuhalten:
Eine Videoüberwachung in allgemeinen Teilen einer Liegenschaft ist als Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung iSd § 29 Abs. 1 WEG anzusehen, zumal sie jedenfalls über die in § 28 WEG genannten Angelegenheiten hinausgeht (vgl. LGZ Graz 15. Dezember 2006, 3 R 139/06t und Raffling, Kompein und Brunnhuber in immo aktuell 2019, 131). Sohin liegt nach dem Gesagten eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung vor. Daher ist anzumerken, dass selbst bei faktischem Vorliegen eines Mehrheitsbeschlusses jeder der Überstimmten die gerichtliche Aufhebung des Mehrheitsbeschlusses verlangen könnte (vgl. § 29 WEG).
D.2. Zur Videoüberwachung
Die Verarbeitung personenbezogener Daten mittels Bildverarbeitungsanlagen (Videoüberwachung) zum vorbeugenden Schutz von Personen oder Sachen an öffentlich zugänglichen Orten, die dem Hausrecht des Verantwortlichen unterliegen, wenn bereits Rechtsverletzungen (z.B. Diebstähle oder Sachbeschädigungen) erfolgt sind oder ein besonderes Gefährdungspotenzial an diesen Orten besteht (dies ist typischerweise bei Banken, Juwelieren, Trafiken, Tankstellen, Rechenzentren, Parkgaragen der Fall), kann grundsätzlich auf die Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO gestützt werden (vgl. hierzu Löffler in Knyrim , Datenschutzrecht 4 , Rz 15.13).
Der EuGH hat bereits festgehalten, dass der Betrieb eines derartigen Videoüberwachungssystems zum Schutz des Eigentums grundsätzlich ein berechtigtes Interesse darstellten kann (vgl. das Urteil des EuGH vom 11. Dezember 2019, C-708/18, Rz 42).
Gleichzeitig hat der EuGH aber festgehalten, dass jede Datenverarbeitung in Bezug auf ihre Zulässigkeit die in Art. 5 Abs. 1 DSGVO aufgestellten Grundsätze für die Verarbeitung erfüllen muss (vgl. in Bezug auf die insofern vergleichbare Rechtslage nach der Richtlinie 95/46/EG das Urteil des EuGH vom 13. Mai 2014, C‑131/12, Rz 71 mwN).
Nach § 1 Abs. 1 DSG hat jedermann Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung sind gemäß § 1 Abs. 2 DSG dann zulässig, wenn personenbezogene Daten im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen verwendet werden, der Betroffene seine Zustimmung erteilt hat, eine qualifizierte gesetzliche Grundlage für die Verwendung besteht oder die Verwendung durch überwiegende berechtigte Interessen eines Dritten gerechtfertigt ist.
Die DSGVO und insbesondere auch die darin verankerten Grundsätze sind zur Auslegung des Rechts auf Geheimhaltung heranzuziehen (vgl. den Bescheid vom 15. Februar 2021, GZ 2021-0.101.211 mwN).
Wie aus dem Sachverhalt hervorgeht, erfassen die verfahrensgegenständlichen 38 Videokameras die Hausbewohner bzw. deren Besucher. Einerseits erfolgt eine Echtzeitüberwachung, andererseits wird das Videomaterial für 72 Stunden gespeichert. Hierbei handelt es sich unzweifelhaft um eine Verarbeitung im Sinne des Art. 4 Z 2 DSGVO, die in den sachlichen Anwendungsbereich der DSGVO gemäß Art 2 Abs. 1 leg. cit. fällt. Dies deshalb, weil bereits das Erfassen und die Übertragung von Echtzeitaufnahmen auf einen Monitor eine Verarbeitung iSd Art. 4 Z 2 DSGVO darstellt, ebenso wie die Speicherung.
Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass durch das Videokamerasystem personenbezogene Daten verarbeitet werden, die entsprechend § 1 Abs. 1 DSG einem Geheimhaltungsanspruch unterliegen.
Durch die drei Kameraattrappen werden dagegen keine personenbezogenen Daten verarbeitet. Folglich kann hier weder eine Verletzung des DSG noch der DSGVO vorliegen.
D.2.1. Videoüberwachung in den einzelnen Bereichen:
Die verfahrensgegenständliche Datenverarbeitung der Verantwortlichen durch das Videokamerasystem liegt nicht im lebenswichtigen Interesse der Hausbewohner, ebenso wenig liegt von diesen eine Zustimmung vor. Es kommen allerdings die Erlaubnistatbestände - wie von der Verantwortlichen in ihren Stellungnahmen vom 17. Jänner 2023, 7. Februar 2023 und 27. Februar 2023 vorgebracht - des Art. 6 Abs. 1 lit. b (Erfüllung eines Vertrages) und lit. f (berechtigtes Interesse Dritter, der Beschwerdegegnerin sowie der anderen Miteigentümer), jeweils DSGVO, in Betracht.
In Bezug auf den Rechtfertigungsgrund des Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO (Erfüllung eines Vertrages), ist auszuführen, dass zwischen der Verantwortlichen und den Hausbewohnern ein Vertrag in Form eines Bestandvertrages (Mietvertrages) besteht. Gegenständlich ist die Verantwortliche vertraglich verpflichtet, gegen die Bezahlung eines Bestandzinses ein Bestandobjekt dem jeweiligen Bewohner zur Verfügung zu stellen bzw. einen etwaigen Unterstellplatz für einen PKW. Eine dauerhafte Videoüberwachung aller Bewohner bei jedem Betreten und Verlassen des Wohnobjekts lässt sich hierdurch jedoch nicht ableiten und ist auch nicht erforderlich.
Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO (berechtigtes Interesse Dritter, der Beschwerdegegnerin sowie der anderen Miteigentümer) kommt grundsätzlich als Erlaubnistatbestand in Frage. Dabei ist jedoch zu prüfen, ob bei der gegenständlichen Verarbeitung der personenbezogenen Daten die Grundsätze der Datenverarbeitung gemäß Art. 5 DSGVO, insbesondere Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO „Datenminimierung“, eingehalten worden sind. Diese bilden für sich alleine betrachtet rechtsverbindliche Regelungen, die bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Datenverarbeitung zu berücksichtigen sind. Wie das BVwG im Erkenntnis zu GZ W258 2216873-1 vom 30. Oktober 2019 ausführte, ist die Verarbeitung von personenbezogenen Daten dann zulässig, wenn diese unter Einhaltung der in Art. 5 DSGVO genannten Verarbeitungsgrundsätze und auf Grund einer der in Art. 6 DSGVO genannten Erlaubnistatbestände erfolgt ist.
Die Datenminimierung ist dabei der Grundsatz der Reduktion der Verarbeitung personenbezogener Daten auf das Unvermeidbare . Erst der Grundsatz der Datenminimierung bewirkt einen wesentlichen Aspekt der Zweckbindung: Er stellt sicher, dass die Verarbeitung durch den festgelegten Zweck tatsächlich begrenzt wird ( Hötzendorfer / Tschohl / Kastelitz in DatKomm Art. 5 DSGVO, Rz 28). Der in Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten normierte Grundsatz der Datenminimierung besagt, dass die Daten auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß angemessen beschränkt sein müssen. Nach diesem Grundsatz dürfen personenbezogene Daten nur verarbeitet werden, wenn der Zweck der Verarbeitung nicht in zumutbarer Weise durch andere Mittel (vgl. Ausführungen oben) erreicht werden kann (vgl. Heberlein in Ehmann/Selmayr , DS-GVO 2 , K22 zu Art. 5). Der Grundsatz der Datenminimierung stellt drei am Verarbeitungszweck zu messende Anforderungen, nämlich die Angemessenheit , die Erheblichkeit und die Beschränkung auf das notwendige Maß .
Die Verantwortliche führte in ihren Stellungnahmen vom 17. Jänner 2023 und 7. Februar 2023 im Wesentlichen aus, dass das Sicherheitskonzept für die Wohnhausanlage mit der Adresse O***allee *8, 1*** Wien, nachgerüstet worden sei, um präventiv Diebstählen, Sachbeschädigungen und dem Aufenthalt von hausfremden Personen entgegenzuwirken. Die Datenschutzbehörde gesteht diesbezüglich zwar zu, dass es in der jüngeren Vergangenheit nachweislich zu rechtswidrigen Vorgängen in der Wohnhausanlage gekommen ist (vgl. übermittelte Beilagen in der Stellungnahme vom 7. Februar 2023 der Verantwortlichen), jedoch ist im Sinne des oben ausgeführten Grundsatzes der Datenminimierung gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO zu prüfen, ob das implementierte Videokamerasystem für die Zweckerreichung das gelindeste Mittel darstellt . Dabei ist der Umstand miteinzubeziehen, dass das vorliegende Sicherheitskonzept der Verantwortlichen zwei Punkte umfasst, konkret die Montage der Videoüberwachungskameras und die Installation eines elektronischen Zugangssystems. Diese beiden Maßnahmen sind im selben Zeitraum umgesetzt worden.
Die Datenschutzbehörde hat eine Unterteilung der Aufnahmebereiche der einzelnen Videokameras des Überwachungssystems vorgenommen:
a) Die Videokameras mit den Nummern 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 26, 28, 29, 30, 31, 32 und 38, deren Aufnahmebereiche die Eingangs-, Aufzugs-, Treppen- und Gangbereiche erfassen
Aufgrund der angebrachten Videokameras mit der Nummer 6 („ Stg. 1 - EG Eingang “), Nummer 7 („ Stg. 1 – EG Stiege “), Nummer 17 („ Stg. 2 – EG Haupteingang “), Nummer 22 („ Stg. 2 – EG Hofzugang “), Nummer 26 („ Stg. 2 – Gittertor bei Garage “), Nummer 30 („ Haupteingang “), Nummer 31 („ Nebeneingang “) Nummer 32 („ Hofzugang “) und Nummer 38 („ Gittertor neben Garageneinfahrt “) müssen die Bewohner, deren Besucher sowie Dritte (z.B. Paket- und Postboten) bei jedem Betreten und Verlassen des Wohnhauses den jeweiligen Aufnahmebereich der oben angeführten Videokameras passieren . Hinzu kommt, dass die Aufnahmebereiche der Videokameras mit den Nummern 1, 2, 3, 4, 5, 12, 13, 14, 15, 16, 18, 19, 20, 21, 28, 29 und 33 die Aufzugs-, Treppen- und Gangbereiche bei der Garage erfassen. Folglich werden die Bewohner und deren allfällige Besucher bei jedem Betreten und Verlassen des Mehrparteienhauses und ebenfalls zum Teil im Gebäude bei der Aufzugs-, Treppen- und Gangbenutzung aufgezeichnet. Dies führt die Verantwortliche selbst in der Stellungnahme vom 27. Februar 2023 unter Punkt 5 („ Es ist korrekt, dass jeder Bewohner des Hauses bei Betreten und Verlassen des Wohngebäudes O***allee *8 aufgenommen wird.“ ) aus.
Zweck dieser Videokameras ist es, hausfremde Personen fernzuhalten, wobei die Videokameras mit der Bezeichnung 6 („ Stg. 1 - EG Eingang “) und 17 („ Stg. 2 – EG Haupteingang “) den weiteren Zweck haben, Diebstähle bei den Paketstationen zu verhindern.
Im Hinblick auf den Zweck der Verhinderung, dass hausfremde Personen das Wohnhaus betreten, ist auszuführen, dass durch den gleichzeitigen Einbau des elektronischen Zugangssystems dieser Zweck bereits erreicht wird. Dadurch wird verhindert, dass Personen in die Wohnhausanlage gelangen, die über keine Zugangsbefugnis verfügen. Aus Sicht der Datenschutzbehörde stellt dieses elektronische Zugangssystem das gelindere Mittel dar, um den angestrebten Zweck - die Verhinderung des Zuganges durch hausfremde Personen - zu erreichen. Die vorliegende Eingriffstiefe durch die Vielzahl der angebrachten Videokameras, die - wie bereits festgehalten - die Bewohner sowie deren Besucher beim Betreten und Verlassen der Liegenschaft aufzeichnen, gestaltet sich daher als besonders intensiv.
Die Datenschutzbehörde gelangt daher aufgrund der oben dargelegten Überlegungen zu dem Ergebnis, dass die Datenverarbeitung durch die Videokameras mit den Nummern 1, 2, 3, 4, 5, 7, 12, 13, 14, 15, 16, 18, 19, 20, 21, 22, 26, 28, 29, 30, 31, 32 und 38 nicht dem Grundsatz der Datenminimierung entspricht .
Die Kameras mit den Nummern 6 und 17 verfolgen darüber hinaus den zusätzlichen Zweck, Diebstählen von Paketen bzw. der Post der Bewohner zu verhindern. Unter Einbeziehung der Grundsätze der DSGVO kann die Verantwortliche diesen Zweck ebenso erreichen, wenn die Aufnahmebereiche der Videokameras mit den Nummern 6 und 17 auf die Abholstationen des Logistik- bzw. Postunternehmens eingeschränkt werden und der darüberhinausgehende Bereich (Eingangsbereich) nicht aufgezeichnet wird. Dies stellt im Lichte des Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO ein wesentlich gelinderes Mittel zur Zweckerreichung dar.
Ausdrücklich wird von der Datenschutzbehörde hierzu angemerkt, dass auch eine Interessensabwägung gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO zum selben Ergebnis führen würde, weil aus der ständigen Rechtsprechung des EuGHs (siehe Urteil vom 17. Juni 2021, C-597/19, Rz 106) hervorgeht, dass insgesamt drei Voraussetzungen kumulativ gegeben sein müssen. Neben dem berechtigten Interesse muss ebenfalls die Erforderlichkeit der Verarbeitung (angemessen, erheblich und auf das notwendigste Maß beschränkt ) und ein Überwiegen der Interessen der Verantwortlichen gegeben sein.
Zur zweiten Voraussetzung des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO, der Erforderlichkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten für die Verwirklichung des wahrgenommenen berechtigten Interesses, hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass sich die Ausnahmen und Einschränkungen in Bezug auf den Schutz der personenbezogenen Daten auf das absolut Notwendige beschränken müssen (siehe beispielsweise auch EuGH, 4. Mai 2017, C-13/16 oder EuGH, 9. November 2010, C-92/09 und C-93/09). Die Leitlinien 3/2019 des Europäischen Datenschutzausschusses vom 29. Jänner 2020 („Leitlinien zur Verarbeitung personenbezogener Daten durch Videogeräte“) sehen unter Punkt 24 ff. vor, dass die Videoüberwachung dem Zweck angemessen, erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein muss („Datenminimierung“, vgl. Artikel 5 Abs. 1 lit. c DSGVO). So wäre hier zu prüfen, ob der gleiche Schutzzweck durch ein gelinderes Mittel ebenfalls erlangt bzw. das angestrebte Ziel mit einer weniger eingriffsintensiven Datenverarbeitung erreicht werden kann. Sofern taugliche Mittel zur Zielerreichung bestehen, die weniger eingriffsintensiv sind als das Mittel der Videoüberwachung sind diese jedenfalls einer Videoüberwachung vorzuziehen (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 12.09.2016, Ro 2015/04/0011).
Insofern überwiegen bei einer Interessensabwägung die Geheimhaltungsinteressen der betroffenen Personen mangels Erforderlichkeit der Datenverarbeitung durch die Kameras mit den Nummern 1, 2, 3, 4, 5, 7, 12, 13, 14, 15, 16, 18, 19, 20, 21, 22, 26, 28, 29, 30, 31, 32 und 38, und bei den Videokameras mit den Nummern 6 und 17 kann der angestrebte Zweck – wie bereits festgehalten - mit einer Einschränkung des Aufnahmebereichs ebenfalls erreicht werden.
b) Die Videokameras mit den Nummern 8, 9, 10, 11, 23, 24, 25, 34, 33, 35 und 36, deren Aufnahmebereiche die Müllräume, Gang vor den Kinderspielräumen, Fahrrad- und Kinderwagenabstellräume erfassen
Müllräume (Videokameras mit den Nummern 8, 9, 10, 34 und 35)
Von den Aufnahmebereichen der Videokameras mit den Nummern 9, 10 und 35 werden die geschlossenen Räumlichkeiten, in welchen sich die Müllbehälter befinden, erfasst. Die Verantwortliche brachte in der Stellungnahme vom 27. Februar 2023 vor, dass es in der Vergangenheit in diesen Räumlichkeiten wiederholt zu Sachbeschädigungen - einerseits durch Zerstörung der Fliesen an den Wänden und andererseits durch unsachgemäßes Abstellen von Sperrmüll - gekommen ist. Zweck der Überwachung der Müllräumlichkeiten ist es, Sachbeschädigungen zu verhindern.
Hierzu ist auszuführen, dass es für diesen Zweck ausreichend ist, mit den Videokameras mit den Nummern 9, 10 und 35 die Räumlichkeiten selbst aufzuzeichnen , jedoch es hierzu nicht erforderlich ist, die vor diesen Räumlichkeiten befindlichen Gangbereiche mittels der Videokameras mit den Nummern 8 und 34 aufzunehmen . Nach dem Grundsatz der Datenminimierung gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO dürfen personenbezogene Daten – wie oben bereits ausgeführt - nur verarbeitet werden, wenn der Zweck der Verarbeitung nicht in zumutbarer Weise durch andere Mittel erreicht werden kann.
Als Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die Verantwortliche dem Grundsatz, die gelindesten Mittel zur Zweckerreichung anzuwenden, gegenständlich nicht gefolgt ist, weil verfahrensgegenständlich bereits der Zweck, Sachbeschädigungen zu verhindern bzw. dokumentieren zu können, durch die Videokameras mit den Nummern 9, 10 und 35, welche sich in diesen Räumlichkeiten befinden, erreicht werden kann. Eine Notwendigkeit, die Bereiche vor den Müllräumlichkeiten mittels der Videokameras mit den Nummern 8 und 34 aufzuzeichnen und hierdurch auch unbeteiligte Dritte, welche die Müllräumlichkeiten nicht benützen, zu erfassen, ist im vorliegenden Fall nicht gegeben und verstößt gegen den Grundsatz der Datenminimierung (vgl. Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO).
Fahrradabstellräume, Kinderwagenabstellräume und Gang vor den Kinderspielräumen (Videokameras mit den Nummern 11, 23, 24, 25, 33 und 36)
Von den Aufnahmebereichen der Videokameras mit den Nummern 24, 25 und 36 werden die Räumlichkeiten, in welchen die Fahrräder und Kinderwägen der Hausbewohner abgestellt sind, erfasst. Die Datenschutzbehörde verkennt nicht, dass sich in jüngerer Vergangenheit Diebstähle bzw. versuchte Diebstähle (Dezember 2022) ereignet haben, jedoch ist es hierzu nicht notwendig , mittels der Videokamera mit der Nummer 23 den Bereich vor dem Fahrradraum aufzuzeichnen . Wie die Verantwortliche selbst in ihrer Stellungnahme vom 27. Februar 2023 ausgeführt hat, wird der Dieb bei Betreten der Räumlichkeiten durch die im jeweiligen Raum befindlichen Videokameras aufgezeichnet bzw. dienen diese gegebenenfalls als Abschreckung.
Die Videokamera mit der Nummer 23, welche nur den Bereich vor dem Fahrradraum von Stiege 2 filmt, wird hierfür nicht benötigt und verstößt gegen die Grundsätze der Datenverarbeitung gemäß Art. 5 DSGVO, zumal für den zu erreichenden Zweck (Vorbeugung von Diebstählen und Sachbeschädigungen) die Videokameras innerhalb dieser Räumlichkeiten Genüge tun.
Im Hinblick auf die beiden Videokameras mit den Nummern 11 und 33, welche die Gangbereiche vor den Kinderspielräumlichkeiten filmen (insbesondere die Videokamera mit der Nummer 11), ist zunächst auf die obigen Ausführungen unter Punkt a zu verweisen, wonach der Einbau des elektronischen Zugangssystems ein gelinderes Mittel darstellt, um hausfremde Personen fernzuhalten. Auch in Bezug auf die beiden Zwecke, Diebstählen und Sachbeschädigungen in den Kinderspielräumlichkeiten entgegenzuwirken ist auszuführen, dass von der Verantwortlichen trotz gebotener Möglichkeiten keine objektiven Beweise erbracht worden sind, sondern lediglich vorgebracht worden ist, dass bloß Attrappen in jenen Räumlichkeiten montiert worden seien. Auch dies stellt ein gelinderes Mittel dar, um derartige Gefahren präventiv abzuwehren. Somit liegt ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO in Bezug auf die beiden Videokameras mit den Nummern 11 und 33 vor.
Im Hinblick auf die Aufnahmebereiche der Videokameras mit den Nummern 9, 10, 24, 25, 35 und 36, welche die Bereiche in den Müll-, Fahrrad- und Kinderwagenabstellräumen erfassen, ist auszuführen, dass diese den Grundsätzen der Datenverarbeitung entsprechen.
So ist im Hinblick auf diese Kameras im nächsten Schritt zu prüfen, ob die berechtigten Interessen gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO der Verantwortlichen im Hinblick auf die Videokameras mit den Nummern 9, 10, 24, 25, 35, 36 überwiegen.
Nach der bereits zitierten ständigen Rechtsprechung des EuGHs (siehe Urteil vom 17. Juni 2021, C-597/19, Rz 106) sind für eine Berufung auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO drei Voraussetzungen erforderlich. Ebenso sehen die Leitlinien 3/2019 des Europäischen Datenschutzausschusses vom 29. Jänner 2020 („Leitlinien zur Verarbeitung personenbezogener Daten durch Videogeräte“) – anhand der europarechtlichen Judikatur - folgende Kriterien für das Vorliegen eines berechtigten rechtlichen Interesses iS des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO vor (vgl. S. 10 ff. der Leitlinien):
i. Berechtigte Interessen rechtlicher, wirtschaftlicher oder immaterieller Natur;
ii. Erforderlichkeit der Verarbeitung (angemessen, erheblich und auf das notwendige Maß beschränkt)
iii. Interessensabwägung (Überwiegen der Interessen des Verantwortlichen)
i. ad berechtigtes Interesse: Die Leitlinien sehen unter Rz 19 -20. vor, dass der Zweck, Eigentum vor Einbruch, Diebstahl oder Vandalismus zu schützen, ein legitimes Interesse an einer Videoüberwachung darstellen kann, wenn eine tatsächliche Gefährdungslage vorliegt. Das berechtigte Interesse muss tatsächlich und aktuell bestehen (d.h. es darf nicht fiktiv oder spekulativ sein) und es muss eine reale Gefährdungslage vorliegen (z.B. können schwere Vorfälle in der Vergangenheit darauf hindeuten). Verfahrensgegenständlich ist es zu Diebstählen in den Fahrrad- und Kinderwagenabstellräumen gekommen (vgl. Stellungnahme der Verantwortlichen vom 27. Februar 2023). Ebenso ist es zu Sachbeschädigungen in den Müllräumen gekommen.
ii. ad Erforderlichkeit der Verarbeitung: Die Leitlinien sehen unter Punkt 24. ff. vor, dass die Videoüberwachung dem Zweck angemessen, erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt ist („Datenminimierung“, vgl. Artikel 5 Abs. 1 lit. c DSGVO). Hier ist zu prüfen, ob die Videoüberwachung geeignet ist, das angestrebte Ziel zu erreichen, dem Zweck angemessen und erforderlich ist, sowie dass der Zweck nicht durch gelindere Mittel erreicht werden kann, die weniger in die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person eingreifen.
Festzuhalten ist, dass sich die Fahrradabstellplätze im Haus befinden und es dennoch (zuletzt im Dezember 2022) immer wieder zu Diebstählen bzw. versuchten Diebstählen von Fahrrädern gekommen ist. Somit steht fest, dass der Schutz des Eigentums der Hausbewohner nicht durch gelindere Mittel zu gewährleisten ist.
iii. ad Interessensabwägung: Die Leitlinien sehen unter ihrem Punkt 30. ff vor, dass, selbst wenn die Videoüberwachung zum Schutz der berechtigten Interessen eines Verantwortlichen erforderlich ist, diese nur betrieben werden darf, wenn die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht die berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten (z. B. Schutz des Eigentums oder der körperlichen Unversehrtheit) überwiegen. Maßgeblich ist die Intensität des Eingriffs, die sich u.a. aus Art, Umfang und Anzahl des überwachten Bereichs ergeben kann. Zu berücksichtigen sind entsprechend Erwägungsgrund 47 die vernünftigen Erwartungen des Betroffenen.
Wie bereits festgestellt, fanden in der Vergangenheit Fahrraddiebstähle aus dem Fahrradabstellraum statt. Einerseits ist die Überwachung diesfalls gewissermaßen auch im berechtigten Interesse jener Hausbewohner, die Fahrräder oder Kinderwägen abgestellt haben, sodass die Überwachung auch dem Schutz ihres Eigentums dient und andererseits ist die Eingriffsintensität mit einer Überwachung im höchstpersönlichen Bereich (wie etwa in den Eingangs-, Gang- sowie Aufzugsbereichen) nicht vergleichbar.
Resümierend liegt daher bei den Kameras mit den Nummern 9, 10, 24, 25, 35 und 36 in den Müllräumlichkeiten, Fahrrad- und Kinderwagenabstellräumen ein berechtigtes und - als Ergebnis der Interessensabwägung - auch gerechtfertigtes Interesse am Schutz der Liegenschaft der Verantwortlichen vor.
c) Videokameras mit den Nummern 27 und 37 im Garageneingangsbereich
Mittels der Videokameras mit den Bezeichnungen Nummer 27 (Stiege 2 Garageneinfahrt) und Nummer 37 (Rek 2 Einfahrt Garage) werden die Einfahrten zu den Garagen erfasst. Hierdurch werden jene Bewohner, welche über die Berechtigung verfügen, die Garage zu benutzen, bei jedem Betreten und Verlassen aufgezeichnet. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Intensität bzw. die Tiefe des Eingriffes weniger gravierend ist als bei den Eingangsbereichen und es ebenfalls einen Anlassfall in jüngster Vergangenheit gegeben hat – wie von der Verantwortlichen in der Stellungnahme vom 27. Februar 2023 vorgebracht – wonach ein Mieter selbst in der Parkgarage den Feueralarm ausgelöst hat. Ein Verstoß gegen die Grundsätze der Datenverarbeitung ist nicht erkennbar und überwiegt auch das berechtigte Interesse der Verantwortlichen und Dritter (der anderen Hausbewohner), welche in der Garage parken.
D.3. Zusammenfassende Bemerkungen
Die Datenschutzbehörde hat in der rechtlichen Gesamtbetrachtung des gegenständlichen Falls berücksichtigt, dass es in der Vergangenheit zu Diebstählen und Sachbeschädigungen gekommen ist und dass sich wiederholt hausfremde Personen – wie von der Verantwortlichen stringent in ihren Stellungnahmen vorgebracht worden ist – im Gebäude befunden haben. Mittels des zeitlich mit der Videoüberwachung eingebauten elektronischen Zugangssystems hat - wie bereits oben ausgeführt – die Verantwortliche ein gelinderes Mittel zur Zweckerfüllung gewählt. Im Hinblick auf die Diebstähle und Sachbeschädigungen in den Fahrrad- bzw. Müllräumlichkeiten und im Garagenbereich erkennt die Datenschutzbehörde auch die Zweckmäßigkeit und Erforderlichkeit der Videokameras an, weil gelindere Mittel, wie Attrappen, nicht geeignet erscheinen und das dauerhafte Abstellen von Wachpersonal aus ökonomischer Sicht nicht sinnvoll ist. Die komplette Überwachung der Aufzugs-, Treppen-, Gang- und Eingangsbereiche stellt jedoch einen unverhältnismäßigen schweren Eingriff in das Grundrecht auf Geheimhaltung der Bewohner bzw. deren Besucher dar. Überdies verkennt – wie bereits oben erläutert - zwar die Datenschutzbehörde ein berechtigtes Interesse der Verantwortlichen nicht, jedoch hat die Datenschutzkommission bereits in ihrer Entscheidung vom 6. Februar 2008 zu ZI. K600.049-424/0001-DVR/2008/00 ausgeführt, dass, “selbst wenn ein objektiv feststellbares überwiegendes berechtigtes Interesse des Eigentümers am Schutz des Eigentums (…) grundsätzlich besteht – dieses dort seine Grenze hat, wo die Privatsphäre der Wohnungsinhaber unverhältnismäßig beeinträchtigt wird: Die Videoüberwachung etwa der Eingänge in einzelne Wohnungen kann nicht erfolgreich mit dem Bestehen eines Verfügungsrechts des Hauseigentümers an einem Wohnhaus begründet werden – sie stellt vielmehr einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre der ein- und ausgehenden Menschen dar. (…) Das Problem der Verhältnismäßigkeit von (Video)Überwachung besteht auch – wenn auch in geringerem Maße – bei der Überwachung von Hauseingangs- und Stiegenbereichen, zumal deren Betreten nicht vermieden werden kann, wenn die (der Privatsphäre zuzurechnende) Kommunikation mit Hausbewohnern gesucht wird.“ Diese rechtliche Auffassung deckt sich mit der Judikatur des OGH. Dieser hat hinsichtlich des Begriffs des "höchstpersönlichen Lebensbereichs" ausgesprochen, dass Bildaufnahmen im Privatbereich, fortdauernde unerwünschte Überwachungen und Verfolgungen eine Verletzung des durch Art. 8 EMRK geschützten Persönlichkeitsrechts auf Achtung des Privatbereichs und der Geheimsphäre eines Menschen darstellen; der Schutz der Privatsphäre eines Mieters vor solchen Maßnahmen endet auch nicht an der inneren Wohnungstür; es ist ein durchaus berechtigtes Interesse zuzubilligen, dass das Betreten oder Verlassen einer Wohnung durch den Mieter, seine Mitbewohner oder Gäste nicht lückenlos überwacht und aufgezeichnet wird ; dabei geht es maßgeblich nicht darum, ob eine solche Überwachung auch aufgezeichnet wird, weil es bereits eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Privatsphäre (Geheimsphäre) darstellt, wenn sich ein Betroffener durch die Art der Anbringung und den äußeren Anschein einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt fühlt (vgl. OGH 17.12.2013, 5 Ob 69/13b). Die obigen rechtlichen Ausführungen finden sich auch in der ständigen Spruchpraxis des Bundesverwaltungsgerichts wieder (zuletzt im Erkenntnis zu GZ W245 2246467-1/11E vom 21. April 2023 ausgeführt).
Zusammengefasst wird daher neuerlich festgehalten, dass das Interesse der Bewohner, dass ihre personenbezogenen Daten (oder die ihrer Besucher) nicht bei jedem Verlassen und Betreten ihrer Wohnungen durch Bildaufnahmen verarbeitet werden, schwerer wiegt , als ein – allenfalls auch objektiv berechtigtes - Interesse der Verantwortlichen am Schutz ihres Eigentums. Somit ergibt sich, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten durch jene Kameras, deren Aufnahmebereiche alle Personen (Hausbewohner, Besucher, Paket-/Postbedienstete usw.) beim Verlassen und Betreten des Wohnobjekts passieren müssen, nicht durch ein berechtigtes Interesse der Verantwortlichen gedeckt ist.
D.4. Zu Spruchpunkt 2 (Einschränkung des Aufnahmebereiches)
Die Datenschutzbehörde verfügt gemäß Art. 58 Abs. 2 lit. d DSGVO über Abhilfebefugnisse, die es ihr gestatten, einen Verantwortlichen anzuweisen, Verarbeitungsvorgänge auf eine bestimmte Weise und innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu ändern bzw. durchzuführen.
Gestützt auf die vorzitierte Bestimmung war der Verantwortlichen aufzutragen, die Aufnahmebereiche der Videokameras mit den Nummern 6 und 17 derart einzuschränken , sodass nur die Abholstationen des Logistik- bzw. Postunternehmens erfasst werden , nicht jedoch der Eingangsbereich.
Die Art und Weise, wie die Verantwortliche Spruchpunkt 2 umsetzt, bleibt dieser überlassen; in Frage kommt sowohl ein „physisches Umstellen“ der Kameras als auch die Einrichtung einer „Schwarzblende“ oder das Anbringen einer Sichtschutzblende. Eine Frist von zwei Wochen erscheint dafür angemessen.
Es war daher hinsichtlich des Spruchpunktes 2 spruchgemäß zu entscheiden.
D.5. Zu Spruchpunkt 3 (Untersagung der Weiterführung der Bildverarbeitung)
Wie sich aus den obigen Ausführungen unter D.2 und D.3. der rechtlichen Beurteilung ergibt, erweisen sich die Aufzeichnungen durch die Videokameras mit den Nummern 1, 2, 3, 4, 5, 7, 8, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 26, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34 und 38 des gegenständlich betriebenen Videokamerasystems als unzulässig, weshalb die Datenverarbeitung für diese gemäß Art. 58 Abs. 2 lit. f DSGVO zu untersagen war.
Es war daher hinsichtlich des Spruchpunktes 3 spruchgemäß zu entscheiden.