2023-0.309.542 – Datenschutzbehörde Entscheidung
Text
GZ: 2023-0.309.542 vom 21. Juli 2023 (Verfahrenszahl: DSB-D124.0220/23)
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BESCHEID
SPRUCH
Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde von Georg A*** (Beschwerdeführer) vom 13. Februar 2023 gegen die Stellungskommission des Militärkommandos Steiermark als Erstbeschwerdegegnerin sowie die Bundesministerin für Landesverteidigung als Zweitbeschwerdegegnerin wegen Verletzung im Recht auf Löschung wie folgt:
- Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen .
Rechtsgrundlagen : §§ 1 Abs. 2, Abs. 3 Z 2 und Abs. 4, 24 Abs. 1 und Abs. 5, 34 Abs. 5, 36, 38, 42 Abs. 5 sowie 45 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF, §§ 2, 10, 11, 15, 17, 18b, 24, 31, 55a, Wehrgesetz 2001 (WG 2001), BGBl. I Nr. 146/2001 (WV) idgF; Art. 9a Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 (WV) idgF.
BEGRÜNDUNG
A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang
1. Mit verfahrenseinleitender Eingabe vom 13. Februar 2023, verbessert mit Schreiben vom 15. Februar 2023 sowie aufgrund der Stellungnahme der Beschwerdegegner ergänzt mit Schreiben vom 15. März 2023, behauptete der Beschwerdeführer eine Verletzung in seinem Recht auf Löschung und brachte im Wesentlichen vor, dass die Beschwerdegegner seinem Antrag auf Löschung vom 03. Jänner 2023 nicht gefolgt seien. Dem Beschwerdeführer sei mit Beschluss des Erstbeschwerdegegners, Stellungskommission des Militärkommandos Steiermark vom 21. Jänner 2009 mitgeteilt worden, dass er untauglich sei und seien daher sämtliche personenbezogenen Daten und (Personalunterlagen und elektronisches Verzeichnis) zu löschen.
2. Mit Stellungnahme vom 22. Februar 2023 entgegnete die Zweitbeschwerdegegnerin für diese selbst als auch für die Erstbeschwerdegegnerin zunächst, dass datenschutzrechtliche Verantwortliche die Zweitbeschwerdegegnerin sei sowie, dass aufgrund der datenschutzrechtlichen Ermächtigungsnormen des Wehrrechts die personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers nicht zu löschen seien. Zum ersten Punkt brachten die Beschwerdegegner vor, dass im Falle einer Datenverarbeitung iSd. § 36 Abs. 2 Z 2 DSG durch eine nachgeordnete Stelle der Zweitbeschwerdegegnerin diese aufgrund der Weisungshoheit grundsätzlich datenschutzrechtliche Verantwortliche sei. Ausgenommen seien hier lediglich Angelegenheiten, welche von Stellen des Ressorts aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmungen weisungsfrei wahrzunehmen seien, was gegenständlich jedoch nicht vorliege.
In diesem Zusammenhang sei die Erstbeschwerdegegnerin gem. § 6 SteKo-VO 2022 auf der Grundlage des § 15 WG 2001 nicht datenschutzrechtlicher Verantwortlicher, da diese weder die Entscheidung über die Zwecke noch die Entscheidung über die Mittel der im Zusammenhang mit der Stellung erfolgenden Verarbeitungen zukomme. Die Zwecke ergäben sich aus den anwendbaren wehrrechtlichen Bestimmungen und die konkrete Art und Weise der Durchführung der Verarbeitung durch die Erstbeschwerdegegnerin sei durch die zuständige Fachabteilung der Zentralstelle der Zweitbeschwerdegegnerin verbindlich geregelt. Zur Durchführung dieser Verarbeitung würden zentral betriebene ressorteinheitliche IT-Anwendungen der Zweitbeschwerdegegnerin bereitgestellt, welche von der Erstbeschwerdegegnerin verwendet werden müsste. Daher sei die Zweitbeschwerdegegnerin gem. § 36 Abs. 2 Z 8 DSG datenschutzrechtlicher Verantwortlicher. Die bei der Erstbeschwerdegegnerin in Dienstverwendung stehenden Ressortangehörigen haben an der Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers unter der Verantwortung der Zweitbeschwerdegegnerin als befugte Organwalter mitgewirkt.
Das Datenschutzbüro habe laut Geschäftseinteilung (GE) für die Zentralstelle des BMLV die Befugnis, Angelegenheiten, in denen die Zweitbeschwerdegegnerin datenschutzrechtlicher Verantwortlicher sei als auch bei Angelegenheiten, in welchen diese Rechtsstellung ausnahmsweise anderen Stellen des Ressorts zukomme, die Vertretung betreffend Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzbehörde wahrzunehmen.
Zum zweiten Punkt brachten die Beschwerdegegner vor, dass, vermutlich der Beschwerdeführer, mit E-Mail vom 03. Jänner 2023 an die Adresse: datenschutz@bmlv.gv.at Antrag auf Löschung seiner personenbezogenen Daten gestellt habe. Der Beschwerdeführer, Geburtsdatum: **. April 1991, sei noch weit von der Vollendung des 50. Lebensjahres entfernt. Eine Person mit diesem Namen sei laut telefonischer Auskunft des MilKdo Steiermark dauerhaft untauglich. Dem Antrag auf Löschung sei deswegen nicht zu folgen gewesen, weil der Beschwerdeführer als österreichischer Staatbürger, der das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet habe, gem. § 10 Abs. 1 WG 2001 grundsätzlich wehrpflichtig sei. Eine zivildienstmäßige Ausnahme iSd. § 1 Abs. 4 ZDG liege nicht vor. Die Feststellung der dauernden Untauglichkeit berühre nicht das Vorliegen der Wehrpflicht an sich, sondern bringe zum Ausdruck, dass es einem Wehrpflichtigen (lediglich) an der notwendigen körperlichen und/oder geistigen Eignung für eine im Bundesheer in Betracht kommende Verwendung als Soldat im Sinne des § 9 Abs. 1 WG 2001 mangele. Dauernd untaugliche Wehrpflichtige seien entsprechend der Definition des § 1 Abs. 5 WG 2001 als Wehrpflichtige des Reservestandes zu qualifizieren.
Datenverarbeitungen von Wehrpflichtigen würden insbesondere auf § 55a Abs. 1 WG 2001 gestützt und würden somit dem Tatbestand des Art. 2 Abs. 2 lit. a DSGVO unterliegen und seien demnach vom Anwendungsbereich der DSGVO ausgenommen. Diesbezüglich sei das 3. Hauptstück des DSG anzuwenden. Entgegen der Ausführungen des Beschwerdeführers in seinem Antrag auf Löschung, sei der Erlaubnistatbestand der Einwilligung im 3. HS des DSG grundsätzlich keine mögliche Rechtsgrundlage einer Verarbeitung. Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers würde aufgrund von § 45 Abs. 2 DSG iVm § 55a Abs. 1 WG 2001 solange erfolgen, solange eine grundsätzliche Einberufung des Beschwerdeführers denkbar sei und könne solange auch keine Datenlöschung erfolgen. Gem. § 18b Abs. 4 WG 2001 bestehe für Wehrpflichtige bei Vorliegen von Anhaltspunkten dafür, dass eine Änderung der Eignung zu erwarten sei, die Möglichkeit, diese einer neuerlichen Stellung zu unterziehen. Dies sei einerseits auf Antrag des Wehrpflichtigen möglich, aber auch von Amts wegen nach Maßgabe militärischer Interessen. Diesbezüglich bestehe auch Rechtsprechung des VwGH. Auch der Gesetzgeber sei laut ErlRV. zu § 37 Abs. 1 Z 5 DSG davon ausgegangen, dass mit der Dauer der Wehrpflicht, die Dauer der rechtmäßigen Datenverarbeitung festzulegen sei. Weiters sei die Speicherung der Daten des Beschwerdeführers auch dafür notwendig, um eine (unbeabsichtigte) erneute Vorladung des Beschwerdeführers zur Stellung zu vermeiden.
Dem Beschwerdeführer sei dies mittels Schreiben der Zweitbeschwerdegegnerin vom 20. Jänner 2023 mitgeteilt worden.
3. Mit Parteiengehör vom 15. März 2023 bekräftigte der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen und führte ergänzend dazu aus, dass er aufgrund seiner dauerhaften Untauglichkeit nicht einberufen werde könne und daher eine Speicherung seiner personenbezogenen Daten nicht zulässig sei. Als dauerhaft Untauglicher ohne abgeleisteten Grundwehrdienst könne der Beschwerdeführer logischerweise nicht im Reservestand als Reserve verfügbar sein, da hierfür die notwendige Ausbildung fehle und er dauerhaft nicht verwendungsfähig sei. Daher seien seine personenbezogenen Daten zu löschen. Es sei kein Verwendungszweck vorhanden, der die Speicherung bedinge.
B. Beschwerdegegenstand
Aufgrund der mit Schreiben vom 15. März 2023 auf die Zweitbeschwerdegegnerin ausgedehnte verfahrenseinleitenden Eingabe des Beschwerdeführers vom 13. Februar 2023 ist Beschwerdegegenstand die Frage, ob der Beschwerdeführer dadurch in seinem Recht auf Löschung verletzt worden ist, indem seinem Antrag vom 03. Jänner 2023 nicht entsprochen wurde.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Der Beschwerdeführer ist am **. April 1991 in F*** geboren und männlicher, österreichischer Staatsbürger.
Beweiswürdigung: Die Feststellungen ergeben sich aus dem seitens des Beschwerdeführers vorgelegten Identitätsausweis für österreichische Staatsbürger.
Die Erstbeschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer mit Beschluss vom 21. Jänner 2009 bescheinigt, dass dieser aufgrund der ärztlichen und psychologischen Untersuchungen für die Eignung zum Wehrdienst „untauglich“ ist.
Beweiswürdigung: Die Feststellung ergibt sich aus dem seitens des Beschwerdeführers vorgelegten Stellungsbeschluss der Erstbeschwerdegegnerin vom 21. Jänner 2009.
Das unter der E-Mail Adresse datenschutz@bmlv.gv.at erreichbare Datenschutzbüro des BMLV bearbeitet sowohl die datenschutzrechtlichen Agenden in welchen die Zweitbeschwerdegegnerin datenschutzrechtlicher Verantwortlicher ist als auch in jenen Konstellationen, in welchen datenschutzrechtlicher Verantwortlicher andere Stellen des Ressorts sind.
Beweiswürdigung: Die Feststellung beruht auf der Stellungahme der Beschwerdegegner vom 22. Februar 2023, Seite 3.
Der Beschwerdeführer hat mit Löschbegehren vom 03. Jänner 2023 an die E-Mail Adresse: datenschutz@bmlv.gv.at folgenden Antrag auf Löschung übermittelt:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Das im Original als grafische Datei eingefügte Dokument ist zwecks Wiedergabe im RIS in eine Textdatei umgewandelt und pseudonymisiert worden, die Formatierung entspricht daher nicht exakt dem im Bescheid wiedergegebenen Originaltext.]
„Von: "Georg A***" a***.georg@***provider.at
An: datenschutz,
Datum: 03.01.23 08:41
Betreff: Betroffenenrechte: Recht auf Löschung der Verarbeitungen — DSGVO — Ich ersuche höflichst um eine Rückmeldung!
Betroffenenrechte: Recht auf Löschung der Verarbeitungen ? DSGVO Löschungsbegehren? Ich ersuche höflichst um eine Rückmeldung!
Die Löschung aller meiner personenbezogenen Daten gemäß Art. 17 der DSGVO Datenschutzgrundverordnung :
Sehr geehrte Damen und Herren des Heerespersonalamtes Datenschutz-Team,
ich ersuche Sie, dass Sie gemäß Art. 17 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) alle Daten, die Sie von mir gespeichert haben, unverzüglich löschen.
Darüber hinaus möchte ich sichergestellt wissen, dass die Löschung auch von jenen Stellen durchgeführt wird, denen Sie meine Daten übermittelt haben.
Vorsorglich widerrufe ich meine Einwilligung, sofern sie wirksam erteilt wurde, und widerspreche der Datenverarbeitung nach Art. 21 DSGVO.
Welcher Bundesheer Stellungskommission Standort ist betroffen (der Speicherort) :
Bundesheer Militärkommando Steiermark
Stellungskommission Graz
**** -Kaserne […]
Die betroffenen Jahre (das Jahr 2009) :
Alle persönlichen Stellungskommission Stellung-Musterung-Unterlagen Dokumente, Akten und die digitale Personalakte sollen unverzüglich der Aktenvernichtung zugeführt werden.
Die richtige Vorgehensweise ist, dass 1x diskreter Mitarbeiter die persönlichen Stellungskommission Stellung-Musterung-Unterlagen, Dokumente, Akten und die digitale Personalakte unter Wahrung der gebotenen Diskretion abholen sollte und unverzüglich die 100%ige Aktenvernichtung und die 100%ige Datenvernichtung durchführen sollte.
Alle gespeicherten Daten in den Datenbanken (in allen Datenbanken) sollen gemäß Art. 17 der Datenschutzgrundverordnung vollständig gelöscht werden.
Die Löschungsgründe :
- Ein Wegfall des Verarbeitungszwecks.
- Ein Widerruf der Einwilligung des Betroffenen.
- Der Personalunterlagen Ordner oder das elektronische Verzeichnis mit den Personalunterlagen müssen mindestens 7 Jahre aufbewahrt werden.
Der eigene betroffene Personalunterlagen Ordner oder das elektronische Verzeichnis (1x vollständige 1000 %ige Aktenvernichtung soll durchgeführt werden. sofern auch noch zusätzlich 1x Digitale Personalakte vorhanden ist. soll diese 100%ig vollständig gelöscht werden, alle digitalen Dokumente und Personalunterlagen sollen 100%ig vollständig gelöscht werden) .
- 12 Jahre Aufbewahrungsdauer/Aufbewahrungsfrist sind abgelaufen
? Stellungskommission Graz (von 2010 bis 2022) .
Daher ersuche ich höflichst um die Löschung/die Vernichtung aller meiner gespeicherten personenbezogenen Daten aus allen Datenbanken/alle Personalunterlagen/Scan Bilder und Fotos/der Schriftverkehr/die Briefwechsel-Korrespondenz und Briefe) gemäß Art. 17 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
Bitte bestätigen Sie mir schriftlich und unverzüglich spätestens jedoch innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags, dass die Datenlöschung umfänglich vollzogen wurde.
Sie können mir diese Bestätigung (mit den Details) kostenlos und unverzüglich, spätestens jedoch eines Monats nach Eingang des Antrags, auf folgende E-Mail-Adresse übermitteln: a***.georg@***provider.at
Sollten Sie das DSGVO Löschungsbegehren ablehnen oder ignorieren, werde ich 1x Beschwerde bei der Österreichischen Datenschutzbehörde einreichen.
Sollten Sie meinem Löschungsersuchen nicht nachkommen fordere ich Sie auf, Ihre Entscheidung mir gegenüber unter Angabe der gesetzlichen Grundlage unverzüglich zu begründen.
In diesem Fall ersuche ich Sie, dass Sie die entsprechenden betroffenen personenbezogenen Daten (um ihre weitere Verarbeitung oder Nutzung einzuschränken) umgehend sperren .
Für die 100%ige Datenlöschung/die 100%ige Aktenvernichtung und die Bestätigung (mit den Details) bedanke ich mich im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Georg A***
Als Nachweis meiner Identität lege ich folgende Kopien bei (als PDF-Datei):
1.) 1x Identitätsnachweis (siehe Anhang, als PDF-Datei)
Hinweis :
Das 1x DSGVO Löschungsbegehren-Antragsschreiben und 1x PDF-Datei DSGVO Löschungsbegehren-Antragsschreiben mit dem Identitätsnachweis soll nach der Übermittlung der Bestätigung (mit den Details) gemäß Art 17 des DSGVO gelöscht werden.“
Mit Schreiben vom 20. Jänner 2023 beantwortete die Abteilung Datenschutzbüro des BMLV den Antrag des Beschwerdeführers abschlägig:
[Anmerkung Bearbeiter/in: Das im Original als grafische Datei eingefügte Dokument ist zwecks Wiedergabe im RIS in eine Textdatei umgewandelt und pseudonymisiert worden, die Formatierung entspricht daher nicht exakt dem im Bescheid wiedergegebenen Originaltext. Entfernt wurden insbesondere grafische Elemente im Kopf des Schreibens, Fußnoten, die Fertigungsklausel und die Amtssignatur.]
„Bundesministerium f. Landesverteidigung bmlv.gv.at
Geschäftszahl: *4**4/2-BürDSB/2023 (1)
A*** Georg;
Löschungsbegehren gem. Art. 17 DSGVO bzw. § 45 Abs. 2 DSG;
Erledigung
Sehr geehrter Herr A***!
Seitens des Datenschutzbüros (DSBür) wird der Eingang Ihrer E-Mail vom 03.01.2023, mittels welcher Sie ein Löschungsbegehren unter Bezugnahme auf Art. 17 DSGVO an das BMLV richten, bestätigt.
Ihrem Begehren auf Löschung kann aufgrund der anwendbaren rechtlichen Bestimmungen aus folgenden Gründen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht entsprochen werden:
Österreichische Staatsbürger männlichen Geschlechts sind gemäß § 10 Abs. 1 WG 2001 grundsätzlich bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres wehrpflichtig. Dies gilt auch für Wehrpflichtige des Reservestandes gemäß § 1 Abs. 5 WG 2001.
Ihre personenbezogenen Daten werden durch die zuständigen Stellen des BMLV auf der Grundlage datenschutzrechtlicher Ermächtigungsnormen des Wehrrechts, insbesondere der umfassenden Ermächtigungsnorm des § 55a WG 2001, verarbeitet. Die Verarbeitung Ihrer Daten ist zur Wahrnehmung der der Bundesministerin für Landesverteidigung und der sonstigen für die Vollziehung wehrrechtlicher Bestimmungen zuständigen Behörden übertragenen wehrrechtlichen Aufgaben, insbesondere zur Sicherstellung von mit der Wehrpflicht verbundenen Verpflichtungen, erforderlich.
Diese Verarbeitung personenbezogener Daten auf Grundlage und nach Maßgabe wehrrechtlicher Ermächtigungsnormen fällt auf Grund der Ausnahmeregelung des Art 2 Abs. 2 lit a DSGVO nicht in den Anwendungsbereich der DSGVO. Anstelle der DSGVO sind die Bestimmungen des 3. Hauptstücks DSG zur Anwendung zu bringen und ist das Betroffenenrecht auf Löschung personenbezogener Daten nach § 45 Abs. 2 DSG zu beurteilen.
Primar dient die auf der Grundlage wehrrechtlicher Bestimmungen erfolgende Verarbeitung personenbezogener Daten der Feststellung der Eignung zum Wehrdienst und zur umfassenden Personalverwaltung im Zusammenhang mit der Leistung von Wehrdienst. Es besteht für die gesamte Dauer der Wehrpflicht einer Person u.a. die Notwendigkeit, feststellen zu können, ob bzw. in welcher Weise diese zu einer Wehrdienstleistung herangezogen werden kann. Zeiträume, in welchen Präsenzdienst oder Ausbildungsdienst geleistet wird, sind u.a. für sozial- und pensionsversicherungsrechtliche Belange zu dokumentieren.
Eine Speicherung Ihrer personenbezogenen Daten ist daher zumindest bis zum Erlöschen Ihrer Wehrpflicht gemäß § 10 Abs. 1 WG 2001 erforderlich, und somit bis zum Ablauf des Monats, in welchem Sie das 50. Lebensjahr vollenden. Eine Speicherung darüber hinaus erfolgt nur, sofern und soweit andere als wehrrechtliche gesetzliche Bestimmungen eine Verarbeitung erforderlich machen.
Sie haben gemäß § 24 DSG bzw. Art. 77 DSGVO das Recht, sich bei der Aufsichtsbehörde zu beschweren, wenn Sie der Ansicht sind, dass eine Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten nicht rechtmäßig erfolgt. Die Anschrift der für Österreich zuständigen Aufsichtsbehörde lautet:
Österreichische Datenschutzbehörde, Barichgasse 40-42, 1030 Wien.
Mit freundlichen Grüßen,
WIEN, am 20.01.2023“
Die den Beschwerdeführer betreffenden Daten, welche im Rahmen der Stellungskommission verarbeitet worden sind, werden auf zentral betriebenen ressorteinheitlichen IT-Anwendungen, die vom BMLV bereitgestellt werden, verarbeitet. Eine Löschung der Daten ist nicht erfolgt.
Beweiswürdigung : Die Feststellungen ergeben sich aus den Parteienvorbringen sowie dem insofern unbedenklichen Akteninhalt.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
Eingangs ist festzuhalten, dass die DSGVO aufgrund der Ausnahme vom sachlichen Anwendungsbereich iSd. Art. 2 Abs. 2 lit a DSGVO nicht einschlägig ist, da es sich beschwerdegegenständlich um Angelegenheiten betreffend die Landesverteidigung handelt, die generell nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen (siehe dazu auch Art 4 Abs. 2 EUV sowie ErwGr. 16 DSGVO).
Stattdessen sind gem. § 4 Abs. 1 iVm § 36 DSG die Bestimmungen des 3. Hauptstückes des DSG anzuwenden, da Datenverarbeitungen betreffend die Eignungsfeststellung zum Wehrdienst unter den (weit zu verstehenden; siehe dazu ErlRV 65 BlgNR XXVI. GP, 174; vgl auch Art. 9a Abs. 3 B-VG) Begriff der „nationalen Sicherheit“ einzuordnen sind. Folgerichtig ist auch die gegenständliche Speicherung der durch die Stellungskommission des Militärkommandos Steiermark erhobenen Daten des Beschwerdeführers zum Zweck einer eventuellen neuerlichen Stellung des Beschwerdeführers bzw. einer eventuellen Verwendung als Reservist, solange dessen Wehrpflicht noch besteht, unter dem Regime des 3. Hauptstückes des DSG zu beurteilen.
D.1. Zur datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit
Gem. § 36 Abs. 2 Z 8 DSG ist die zuständige Behörde, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet „Verantwortlicher“ .
Gem. den Materialien zum Materien-Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018 ergeben sich die mit der Vollziehung des jeweiligen Bundesgesetzes betrauten Behörden unmittelbar aus dem jeweiligen Materiengesetz. Als Verantwortliche im Sinne des 3. Hauptstückes des Datenschutzgesetzes werden der Bundesminister für Landesverteidigung sowie die jeweiligen Behördenleiter im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben zu verstehen sein (ErlRV 65 BlgNR XXVI. GP, 174).
Gem. § 15 Abs. 1 WG 2001 haben sich die Militärkommanden zur Feststellung der notwendigen körperlichen und geistigen Eignung der Wehrpflichtigen zum Wehrdienst (Stellung) der Stellungskommission als zuständiger Behörde zu bedienen.
Gem. § 17 Abs. 1 WG 2001 obliegt die Feststellung der Eignung der Personen, die sich der Stellung unterziehen, zum Wehrdienst, den Stellungskommissionen .
Gem. § 17 Abs. 2 WG 2001 haben die Stellungskommissionen die Eignung der Personen nach Abs. 1 zum Wehrdienst auf Grund der ärztlichen und psychologischen Untersuchungen mit einem der folgenden Beschlüsse festzustellen : „Tauglich“ oder „Vorübergehend untauglich“ oder „Untauglich“.
Auch den Materialien zum WG 2001 ist zu entnehmen, dass die Stellungskommission die zuständige Behörde für die Durchführung der Stellung ist und nach ständiger Rechtsprechung des VwGH der durch die Stellungskommission zu erlassende Stellungsbeschluss als Bescheid zu qualifizieren ist. Sohin soll die Stellungskommission als Behörde zu werten sein, auch wenn dadurch keine Änderung der Dienst- und Fachaufsicht anzunehmen ist (ErlRV 161 BlgNR XXVI. GP, 4 ff).
Demzufolge ist festzuhalten, dass nicht die Bundesministerin für Landesverteidigung die zuständige Behörde für die Feststellung der körperlichen und geistigen Eignung der Wehrpflichtigen zum Wehrdienst ist, sondern der jeweils zuständigen Stellungskommission diese Rolle zukommt, welche darüber auch mittels als Bescheid zu qualifizierendem Stellungsbeschluss abspricht.
Beschwerdegegenständlich war demnach die Erstbeschwerdegegnerin, die Stellungskommission des Militärkommandos Steiermark, für die Feststellung der körperlichen und geistigen Eignung zum Wehrdienst des Beschwerdeführers als zuständige Behörde nach § 15 Abs. 1 iVm. § 6 Stellungskommissionen-Verordnung 2022 iVm. § 17 WG 2001 zuständig und hat diese auch einen dementsprechenden Bescheid der ihr im Rahmen des WG 2001 übertragenen Aufgaben, der Beurteilung der Wehrfähigkeit, erlassen. Die Zweitbeschwerdegegnerin ist diesbezüglich daher nicht die zuständige Behörde.
Gem. § 55a Abs. 1 WG 2001 dürfen der Bundesminister für Landesverteidigung und die sonstigen mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes betrauten Behörden zur Wahrnehmung der ihnen jeweils nach diesem Bundesgesetz übertragenen Aufgaben personenbezogene Daten von Wehrpflichtigen und anderen Personen, die für eine Wehrdienstleistung in Betracht kommen, sowie von sonstigen Personen, deren Daten im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens nach diesem Bundesgesetz benötigt werden, verarbeiten. […].
Unten den zuvor geschilderten Ausführungen, dass nicht die Zweitbeschwerdegegnerin, sondern die Erstbeschwerdegegnerin, die zuständige Behörde hinsichtlich der Beurteilung der Wehrfähigkeit des Beschwerdeführers ist, ergibt sich aus § 55a Abs. 1 WG 2001 folgerichtig, dass auch dieser die Entscheidung über die Zwecke und Mittel der damit einhergehenden Datenverarbeitungen, sohin auch der Speicherung der diesbezüglichen personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers, obliegt und die Erstbeschwerdegegnerin somit datenschutzrechtlicher Verantwortlicher gem. § 36 Abs. 2 Z 8 DSG ist. Eine in diesem Zusammenhang vorliegende datenschutzrechtliche (Mit-)Verantwortlichkeit der Zweitbeschwerdegegnerin ist, insbesondere aus den Bestimmungen des WG 2001, in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich.
D.2. Zur weitergehenden Speicherung der personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers
Die weitergehende Speicherung der personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers war aus folgenden Gründen zulässig :
Gem. § 45 Abs. 2 Z 1 DSG hat der Verantwortliche personenbezogene Daten aus eigenem oder über Antrag der betroffenen Person unverzüglich zu löschen, wenn die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind. Gleiches gilt gem. § 45 Abs. 2 Z 2 DSG bei unrechtmäßig verarbeiteten Daten.
Gem. § 45 Abs. 4 DSG hat der Verantwortliche die betroffene Person schriftlich über eine Verweigerung der Berichtigung oder Löschung personenbezogener Daten oder eine Einschränkung der Verarbeitung und über die Gründe für die Verweigerung zu unterrichten. Der Verantwortliche hat die betroffene Person über die Möglichkeit zu unterrichten, bei der Datenschutzbehörde Beschwerde einzulegen.
Gem. Art. 8 Abs. 1 der DSRL-PJ ist die Verarbeitung nur dann rechtmäßig, wenn und soweit diese Verarbeitung für die Erfüllung einer Aufgabe erforderlich ist, die von der zuständigen Behörde zu den in Art. 1 Abs. 1 genannten Zwecken wahrgenommen wird, und auf Grundlage des Unionsrechts oder des Rechts der Mitgliedstaaten erfolgt.
Sowohl Art. 8 der DSRL-PJ als auch § 38 DSG legen in allgemeiner Weise fest, dass eine Verarbeitung u.a. dann rechtmäßig ist, wenn sie gesetzlich vorgesehen ist. Demzufolge können auch materienspezifische gesetzliche Bestimmungen die Rechtmäßigkeit einer Verarbeitung tragen (siehe zum Verhältnis StPO und DSG den Beschluss des OGH vom 10. Dezember 2019, 11 Os 76/19i), sofern diese die Verarbeitung für Zwecke der DSRL-PJ bzw. des 3. Hauptstücks des DSG präzisieren und mit Art. 8 der DSRL-PJ im Einklang stehen.
Im gegenständlichen Fall kommen die Bestimmungen des WG 2001 in Betracht.
Hinzuweisen ist zunächst in diesem Zusammenhang auf die bereits erwähnte Bestimmung des § 55a WG 2001, nach der personenbezogenen Daten von Wehrpflichtigen und anderen Personen, die für eine Wehrdienstleistung in Betracht kommen, sowie von sonstigen Personen, deren Daten im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens nach diesem Bundesgesetz benötigt werden, verarbeitet werden dürfen, sofern diese zur jeweiligen Aufgabenerfüllung erforderlich sind.
Dass die Stellungsdaten des Beschwerdeführers zum Zweck der Feststellung der geistigen und körperlichen Eignung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst rechtmäßig durch die Erstbeschwerdegegnerin (im Rahmen der ihr durch das WG 2001 übertragenen Aufgaben) erhoben worden sind, ist unstrittig, und ist auch nichts Anderweitiges ersichtlich.
Fraglich ist jedoch, ob diese Stellungsdaten auch nach der Bescheinigung der dauerhaften Untauglichkeit gespeichert werden dürfen.
Art. 9a Abs. 3 B-VG normiert die allgemeine Wehrpflicht für männliche Staatsbürger. In Zusammenschau mit § 10 Abs. 1 WG 2001 gilt die Wehrpflicht für männliche Staatsbürger, die das 17. Lebensjahr vollendet und das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Gem. § 11 Abs. 1 WG 2001 umfasst die Wehrplicht die Stellungspflicht, die Pflicht zur Leistung des Präsenzdienstes, die Pflichten des Milizstandes sowie die Melde- und Bewilligungspflichten nach den Abs. 4 bis 6.
Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich wehrpflichtig ist, da er ein männlicher österreichischer Staatsbürger ist, der das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Am Bestehen der Wehrplicht ändert auch die Bescheinigung der dauerhaften Untauglichkeit nichts, wie sich bereits aus logisch-systematischer Betrachtungsweise in Zusammenschau mit § 11 Abs. 4 Z 1 WG 2001 ergibt, der Wehrpflichtige , deren dauernde Untauglichkeit festgestellt worden ist, von bestimmten Melde- und Bewilligungspflichten ausnimmt.
Den Beschwerdegegnern ist weiters dahingehend zuzustimmen, dass auch dauernd untaugliche Wehrpflichtige einer neuerlichen Stellung unterzogen werden können, sollten sich Anhaltspunkte ergeben, dass eine Änderung der Eignung anzunehmen ist, wie sich aus einer Zusammenschau der auf die neue Rechtslage übertragbaren Rechtsprechung des VwGH zum § 24 Abs. 8 WG (siehe dazu VwGH 14.11.1995, GZ 95/11/0214, sowie der Bestimmung des § 18b Abs. 4 WG 2001) ergibt. Daher ist die Speicherung der Stellungsdaten des Beschwerdeführers zu diesem Zweck zulässig.
Ungeachtet dessen gehören jegliche Wehrpflichtige gem. § 1 Abs. 2 WG 2001 für die Dauer ihrer Wehrpflicht dem Präsenzstand, dem Milizstand oder dem Reservestand an.
Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich somit um einen dauernd untauglichen Wehrpflichtigen und ist dieser somit, wie seitens der Beschwerdegegner richtiggehend vorgebracht, zum Reservestand gem. § 1 Abs. 5 WG 2011 zugehörig (siehe dazu VwGH 22.10.1991, GZ 91/11/0087 zur alten, aber diesbezüglich übertragbaren Rechtslage).
Gem. § 31 Abs. 5 WG 2001 können Wehrpflichtige des Reservestandes in den Fällen eines Einsatzes des Bundesheeres nach § 2 Abs. 1 lit. a bis c WG 2001 (militärische Landesverteidigung, Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen sowie Hilfeleistung bei Elementarereignissen) sowie zur unmittelbaren Vorbereitung eines solchen Einsatzes von Amts wegen nach Maßgabe des Bedarfes und ihrer Eignung für eine Verwendung in der Einsatzorganisation durch Bescheid in den Milizstand versetzt werden. In anderen Fällen bedarf eine Versetzung in den Milizstand der Zustimmung des betroffenen Wehrpflichtigen.
Somit ist auch aus diesem Grund die weitergehende Speicherung der im Rahmen der Stellung erhobenen Daten des Beschwerdeführers bis zum Ausscheiden aus der Wehrpflicht zweckentsprechend und zulässig und war die Beschwerde des Beschwerdeführers daher abzuweisen.
Daher war insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.