JudikaturDSB

2021-0.407.457 – Datenschutzbehörde Entscheidung

Entscheidung
08. April 2022

Text

GZ: 2021-0.407.457 vom 8. April 2022 (Verfahrenszahl: DSB-D124.666)

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BESCHEID

SPRUCH

Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde von Dipl. Ing. Franz A*** (Beschwerdeführer) aus **** D*** vom 29. April 2019 gegen die Steiermärkische Landesregierung (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung wie folgt:

Die Beschwerde wird abgewiesen .

Rechtsgrundlagen : Art. 4 Z. 7, Art. 5 Abs. 1 lit. a, Art. 6 Abs. 1 lit. c und e, Art. 51 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 lit. f sowie Art. 77 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1; § 18 Abs. 1 sowie § 24 Abs. 1 und Abs. 5 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF, sowie § 94a Abs. 1, § 94b Abs. 1 lit. a, § 95 Abs. 1 lit. a und § 98a Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) idF BGBl. I Nr. 29/2018, letztere Bestimmung iVm § 1 der Verordnung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie über eine abschnittsbezogene Geschwindigkeitsüberwachung auf einem Abschnitt der A 9 Pyhrn Autobahn (Section Control-Messstreckenverordnung Plabutschtunnel), BGBl. II Nr. 321/2011.

BEGRÜNDUNG

A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang

1. Das gegenständliche Beschwerdeverfahren hat Bezug zum im Entscheidungszeitpunkt noch anhängigen Beschwerdeverfahren Verfahrenszahl DSB-D124.317 (Dipl. Ing. Franz A*** gegen Landespolizeidirektion Steiermark wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung)

2. In seiner am 29. April 2019 bei der Datenschutzbehörde eingegangenen Beschwerde (verbessert, entsprechend der Verfahrensanordnung „Mangelbehebungsauftrag“ der Datenschutzbehörde vom 28. Juni 2019, GZ: DSB-D124.666/0001-DSB/2019, mit Schreiben vom 26. Juli 2019) hat der Beschwerdeführer zusammengefasst Folgendes vorgebracht: Die Beschwerdegegnerin, als weitere, ausdrücklich als solche bezeichnete „Beteiligte“ wurden die Landespolizeidirektion Steiermark (im Folgenden kurz: LPD) sowie die Autobahnen und Schnellstraßen Finanzierungs AG (im Folgenden kurz: ASFINAG) angeführt, habe die Daten des Beschwerdeführers als Kraftfahrer und Lenker verschiedener Pkw gesetzwidrig mit Hilfe einer von der ASFINAG im Plabutschtunnel betriebenen Section-Control-Überwachungsanlage verarbeitet und an die LPD zwecks Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren übermittelt. Aus Sicht des Beschwerdeführers sei eigentlich die ASFINAG als treibende Kraft und Interessierte hinter dieser Datenverarbeitung zu betrachten, jedenfalls sei die Beschwerdegegnerin diesbezüglich ihrer „Aufsichtspflicht“ und ihrem „Weisungsrecht“ nicht nachgekommen. Die entsprechende Verordnung der Beschwerdegegnerin habe für den für die Beschwerde relevanten Zeitabschnitt keine niedrigere zulässige Höchstgeschwindigkeit als 100 km/h vorgesehen, daher sei die Datenverarbeitung rechtswidrig erfolgt. Seit Herbst 2017 erfolge im Auftrag der ASFINAG die Sanierung und sicherheitstechnische Nachrüstung des Plabutschtunnels der A9-Pyhrnautobahn im Raum Graz. In der Bauphase 1 während des Jahres 2018 sei nur in den verkehrsarmen Zeiten der Nacht und am Wochenende die Sperre einer der beiden Tunnelröhren des Plabutschtunnels verordnet und der Verkehr dazu im Gegenverkehrsbetrieb bei einer Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h durch die Weströhre zu leiten gewesen. In der Bauphase 2 während des Jahres 2019 habe sinngemäß dieselbe Regelung unter Benutzung der Oströhre bei Gegenverkehrsbetrieb gegolten. Für die Tunnelstrecke des Plabutschtunnels sei seit dem 3. Oktober 2011 vom für Verkehr zuständigen Bundesminister dauerhaft eine Überwachung mittels Section-Control-Messeinrichtung (im Folgenden kurz: SC) verordnet worden (BGBI II Nr. 321/2011). Er befahre diese Strecke auf dem Weg zwischen Wohnsitz und Arbeitsplatz praktisch an jedem Werktag. Vom 29. Jänner 2018 bis zum 2. März 2019 sei das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug in insgesamt 9 Fällen von der SC mit einer Geschwindigkeit zwischen 90 und 100 km/h gemessen, die Daten an die LPD übermittelt und dort jeweils ein Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn eingeleitet worden. Er erachte sich dadurch in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Achtung des Privatlebens (Art. 8 EMRK) und im Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG) als verletzt. Er habe durch die Zustellung einer Anonymverfügung der LPD vom 5. März 2018 am 9. März 2018 erstmals Kenntnis von dieser Datenverarbeitung erlangt. § 98a StVO 1960 ermächtige die die Behörde zur Erreichung der dort aufgezählten Ziele bei dringendem Erfordernis zur automatisationsunterstützten Feststellung einer Überschreitung einer ziffernmäßig festgesetzten zulässigen Höchstgeschwindigkeit, wobei die Messstrecke zu verordnen sei. Da eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 oder 80 km/h nicht ziffernmäßig festgesetzt worden sei, hätten seine Daten hier nicht mit Hilfe der SC verarbeitet werden dürfen. Weiters würden sich die SC-Messbalken nicht an den in der Verordnung BGBI II Nr. 321/2011 ( „zwischen km 174,60 und 184,89“ ) festgelegten Stellen, nämlich bei km 174,618 und 184,855, befinden. Aufgrund der geänderten Bedingungen während der Arbeiten im Plabutschtunnel sei der zuletzt zitierten, bereits im Jahre 2011 erlassenen Verordnung zumindest auf die Dauer der Gültigkeit der Verordnung der Beschwerdegegnerin betreffend Verkehrsführungs- und Verkehrszeichenpläne derogiert worden, und sei diese daher vorerst nicht mehr anwendbar. Darüber hinaus sei für das Erlassen von baustellenbedingten Verkehrsbeschränkungen durch Verordnung nach Ansicht des Beschwerdeführers die Beschwerdegegnerin zuständig, und diese hätte daher auch die SC-Messstrecke durch Verordnung festlegen müssen. Der Beschwerdeführer hat beantragt, die Verletzung seiner Rechte festzustellen, sowie, in eventu, seine bereits im Zuge von Bescheidbeschwerden an das Landesverwaltungsgericht Steiermark vorgebrachten Anträge auf Löschung der gewonnenen und verarbeiteten personenbezogenen Daten zu „veranlassen“ . Der Beschwerde waren mehrere Dokumente als Beweismittel angeschlossen, darunter eine Kopie der Verordnung der Beschwerdegegnerin vom 8. November 2017, GZ: ABT16-59496/2017-5, samt Anlagen (Plänen) sowie eine Kopie der gegen mehrere Straferkenntnisse der LPD erhobenen Bescheidbeschwerde(n).

3. Die Beschwerdegegnerin , von der Datenschutzbehörde entsprechend aufgefordert (Verfahrensanordnung vom 9. August 2019, GZ: DSB-D124.666/0002-DSB/2019), hat diesem Vorbringen in ihrer Stellungnahme vom 16. September 2019 Folgendes entgegengehalten: § 98a StVO 1960 schaffe die gesetzliche Regelung, nach der Daten mit Hilfe der SC für den Zweck der verkehrspolizeilichen Überwachung verarbeitet werden dürfen. Die Section-Control-Messstreckenverordnung Plabutschtunnel, BGBl. II Nr. 321/2011, lege die zu überwachende Wegstrecke fest. Damit würden die vom Gesetz geforderten Voraussetzungen für eine rechtmäßige Datenverarbeitung vorliegen. Dabei sei es „letztendlich unbeachtlich“ , ob die für die Gewährleistung der Verkehrssicherheit zuständige Behörde die innerhalb der Wegstrecke zulässige Höchstgeschwindigkeit mit z.B. 80 km/h oder 100 km/h festgelegt habe. Es würden bei der Beschwerdegegnerin keine Bedenken hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit dieser Verordnung bestehen. Derzeit seien sieben laufende Beschwerdeverfahren beim Landesverwaltungsgericht Steiermark anhängig. Die Fotos der SC würden Beweismittel in den angeführten Verwaltungsstrafverfahren darstellen, weshalb eine Löschung nicht möglich sei. Die Aufbewahrung dieser Beweismittel sei im Zusammenhang mit den Verjährungsbestimmungen des § 31 VStG und des § 43 VwGVG zu sehen. Daraus lasse sich der Schluss ziehen, dass, solange die Verjährung einer Tat nicht eingetreten ist, klarerweise die zum Beweis der begangenen Tat vorliegenden Beweismittel von der Behörde aufzubewahren sind. Die Beschwerde samt den gestellten Löschungsanträgen sei daher nicht berechtigt.

4. Der Beschwerdeführer hat darauf in seiner Stellungnahme vom 30. September 2019 zusammengefasst Folgendes erwidert: Die Verordnung der Beschwerdegegnerin vom 8. November 2017, GZ: ABT16-59496/2017-5, habe folgenden zulässige Höchstgeschwindigkeiten im Bereich der SC Plabutschtunnel festgelegt: Im Einrichtungsbetrieb werktags tagsüber 100 km/h in jeder Tunnelröhre, im Gegenverkehrsbetrieb nachts und an Wochenenden abschnittsweise 60 km/h bzw. 80 km/h in der jeweils entsprechend der Bauphase offenen Tunnelröhre. Durch die ASFINAG sei (unabhängig von der Bauphase und der Verkehrsführung im Einrichtungs- oder Gegenverkehrsbetrieb) seit Beginn der Arbeiten die SC derart eingestellt worden, dass stets auch Fahrgeschwindigkeiten von unter 100 km/h gemessen würden. Die damit gewonnenen personenbezogenen Daten würden der LPD übermittelt. Diese führe unter Verwendung dieser Daten Verwaltungsstrafverfahren bei Überschreitung einer Fahrgeschwindigkeit von 80 km/h durch, selbst wenn eine Fahrgeschwindigkeit von bis zu 100 km/h zulässig gewesen wäre. Durch eine historische und systematische Auslegung der relevanten Bestimmungen der StVO 1960 komme er weiters zu dem Schluss, dass für die Festlegung einer SC-Messstrecke und für die Festlegung einer kurzfristigen, etwa baustellenbedingten Geschwindigkeitsbeschränkung ein und dieselbe Behörde zuständig sei. Die vom für Verkehr zuständigen Bundesminister erlassene Verordnung BGBl. II Nr. 321/2011 sei daher von einem unzuständigen Organ erlassen worden. Wie bereits ausgeführt sei dieser Verordnung jedenfalls für die Dauer der baustellenbedingten Beschränkungen derogiert worden, damit fehle es an einer gemäß § 1 Abs. 2 DSG gesetzlich festgelegten Grundlage für die Datenverarbeitung. Durch die konkret durchgeführte Ankündigung der SC sei es Fahrzeuglenkern weder möglich, den örtlichen Beginn der Messung noch die dabei überwachte Höchstgeschwindigkeit unmissverständlich zu erkennen. Der SC-Einsatz sei somit auch hinsichtlich der durch § 98a Abs. 4 StVO 1960 gesetzlich vorgeschriebenen Ankündigung gesetzwidrig. Weiter hätten sich gemäß § 48 Abs. 7 DSG bzw. Art. 28 Abs. 10 DSGVO ASFINAG und LPD durch eigenmächtige Eingriff in die Zwecke (und Mittel) der Verarbeitung selbst zu Verantwortlichen gemacht. Für den Fall, dass die Datenschutzbehörde zu dem Schluss kommen sollte, dass der für Verkehr zuständige Bundesminister Verantwortlicher der gegenständlichen Datenverarbeitung sei, werde die Datenschutzbeschwerde in eventu auf diesen ausgedehnt.

5. Am 4. Oktober 2019 hat der Beschwerdeführer sein Vorbringen schriftlich ergänzt. Er berichtet in dieser Stellungnahme, dass ihm durch einen namentlich genannten Mitarbeiter der ASFINAG mündlich am Telefon bestätigt worden sei, dass sich die SC-Anlage im Eigentum der ASFINAG befinde, diese von der ASFINAG auch betrieben werde und die technische Einrichtung und Einstellung von Personal der von der ASFINAG beauftragten H*** Bildverarbeitungs G.m.b.H. (L***, Deutschland) durchgeführt würde. Die tatsächliche Messeinstellung der SC erfolge dabei auf Anweisung der „Landesverkehrsbehörde“ in Zusammenarbeit mit der Landesverkehrsabteilung der LPD und werde von der ASFINAG nicht beeinflusst. Die erhobenen Daten seien für die ASFINAG nicht ersichtlich und würden automatisiert an die LPD übermittelt. Es bestünde ein datenschutzrechtlicher Auftragsverarbeitervertrag mit der Beschwerdegegnerin (vertreten durch die Abt 16 des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung). Vorgelegt hat der Beschwerdeführer weiters eine Kopie der Verhandlungsschrift zur mündlichen Verhandlung am 27. September 2019 vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark (betreffend die gegen ihn geführten Verwaltungsstrafverfahren).

6. Am 18. Oktober 2019 hat die Datenschutzbehörde ein Amtshilfeersuchen an das Landesverwaltungsgericht Steiermark gerichtet (zu GZ: DSB-D124.317/0007-DSB/2019 unter ausdrücklicher Bezugnahme auch auf das gegenständliche Verfahren).

7. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2019 hat der Beschwerdeführer die Kopien einer Stellungnahme der ASFINAG Maut Service GmbH vom 18. Oktober 2019 an das Landesverwaltungsgericht Steiermark betreffend die Standorte der SC im Plabutschtunnel sowie seiner dazu abgegebenen Äußerung vom 22. Oktober 2019 der Datenschutzbehörde vorgelegt. Er hat weiters vorgebracht, die ASFINAG bestätige darin, dass nicht die gemäß Verordnung BGBI II Nr. 321/2011 festgelegte Messstrecke überwacht worden sei.

8. Mit Verfahrensanordnung der Datenschutzbehörde vom 25. Oktober 2019, GZ: DSB-D124.666/0007-DSB/2019, ist dem Beschwerdeführer zu den in diesem Zeitpunkt vorliegenden und nicht von ihm selbst stammenden Verfahrensergebnissen Parteiengehör eingeräumt worden.

9. Mit Erledigung vom 11. November 2019, GZlen: LVwG *2.4*-*57*/2019-3 (führend) und weitere, hat das Landesverwaltungsgericht Steiermark mitgeteilt, dass es eine Verordnungsanfechtung beim Verfassungsgerichtshof in Bezug auf die nicht gehörige Kundmachung der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 08.11.2017, GZ: ABT16-59496/2017-5, hinsichtlich des in Anlage 5. verordneten VZ-Plan „301401501/13-81/0-509/PITu/V1A-Verkehrsführung Bauphase 1 Südportal RV-Betrieb“ und des in Anlage 7. verordneten VZ-Plan „301401501/13-82/0-509/PITu/V1A- VERKEHRSLENKUNG-13 Verkehrsführung Bauphase 1 Nordportal RV-Betrieb“ im Bereich der Section Control-Messstrecke Plabutschtunnel, A9 Phyrn Autobahn, von km 174,60 bis km 184,89, Richtungsfahrbahn Voralpenkreuz, Bauphase 1, eingebracht habe. Angeschlossen waren mehrere Dokumente, darunter eine Kopie des an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Antrags.

10. Die Datenschutzbehörde hat daraufhin mit rechtskräftigem Bescheid vom 27. November 2019, GZ: DSB-D124.666/0008-DSB/2019, gemäß § 38 AVG das Beschwerdeverfahren bis zum Vorliegen einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs ausgesetzt.

11. Mit Schreiben vom 6. Mai 2021 hat der Beschwerdeführer die Weiterführung des Verfahrens beantragt. Er hat weiters in Kopie den Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 10. März 2021, GZ: V 95-96/2019-15 (Zurückweisung des Antrags des Landesverwaltungsgerichts Steiermark wie oben) und mehrere Erkenntnisse dieses Landesverwaltungsgerichts vorgelegt. Die von ihm angefochtenen Straferkenntnisse seien behoben und die Verwaltungsstrafverfahren eingestellt worden. Er halte seine Beschwerden und die an die Datenschutzbehörde gestellten Anträge aufrecht.

12. Mit Bescheid vom 2. Juni 2021, GZ: 2021-0.338.035, hat die Datenschutzbehörde den Aussetzungsbescheid wie oben aufgehoben.

13. Mit weiterer Stellungnahme vom 27. August 2021 hat der Beschwerdeführer, soweit für dieses Verfahren relevant, wiederum vorgebracht, dass die Überwachung mit Hilfe der SC nicht in der verordneten Weise (mit abweichend eingestellter überwachter Höchstgeschwindigkeit), somit gesetzwidrig durchgeführt werde und daher in sein Grundrecht auf Geheimhaltung eingreife.

B. Beschwerdegegenstand

14. Aus dem Vorbringen der Parteien ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand in diesem Verfahren die Frage ist, ob die Beschwerdegegnerin durch eine Datenverarbeitung mit Hilfe einer SC insbesondere im Laufe der Jahre 2018 und 2019 mehrfach ungerechtfertigt in das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Geheimhaltung seiner personenbezogenen Daten als Kraftfahrer und Autobahnbenützer eingegriffen hat. Nicht Gegenstand der Sache ist die Frage, ob der Beschwerdeführer aufgrund der Ergebnisse der Messungen der SC wegen einer oder mehrerer Verwaltungsübertretungen verfolgt oder bestraft werden durfte.

C. Sachverhaltsfeststellungen

15. Der Beschwerdeführer befährt als Lenker verschiedener Kraftfahrzeuge auf dem Weg von und zur Arbeit regelmäßig die Bundesstraße A9 (Pyhrn Autobahn) zwischen der Halbanschlussstelle Graz-Nord km 174,2 und der Anschlussstelle Graz-Webling km 184,9 durch den Plabutschtunnel im Gebiet der Landeshauptstadt Graz. In diesem Straßenabschnitt fanden in den Jahren 2018 und 2019 Umbau- und Sanierungsarbeiten statt, die eine zeitweise (spätabends/nachts und an Wochenenden) Sperre einer Tunnelröhre dieses zweiröhrigen Autobahntunnels erforderlich machten. Mit Verordnung der Beschwerdegegnerin vom 8.11.2017, GZ: ABT16-59496/2017-5 samt Anlagen (insbesondere Verkehrszeichenplänen), wurden daher Geschwindigkeitsbeschränkungen unter die sonst geltende Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h verfügt.

16. Seit dem Jahr 2011 wird die Höchstgeschwindigkeit im Plabutschtunnel zwischen km 174,60 und km 184,89 durch abschnittsbezogene Geschwindigkeitsüberwachung mittels SC überwacht. Die Beschwerdegegnerin bedient sich hierzu der ASFINAG als Auftragsverarbeiterin, die wiederum die H*** Bildverarbeitungs G.m.b.H. (L***, Deutschland) als weitere Auftragsverarbeiterin (technische Dienstleisterin) heranzieht. Es erfolgt eine vollautomatische Datenübermittlung an die LPD als Verwaltungsstrafbehörde, wenn die Messergebnisse den Verdacht einer Verwaltungsübertretung ergeben. Diese Anlage war auch zur Überwachung der in den Jahren 2018 und 2019 geltenden besonderen Geschwindigkeitsbeschränkungen im Einsatz.

17. Der Beschwerdeführer war und ist seit 2011 bis dato praktisch an Werktagen zweimal täglich Betroffener dieser Datenverarbeitung. Verarbeitet worden sind jeweils Bilddaten seines Fahrzeuges und seiner Person als Fahrzeuglenker in Verbindung mit dem Ergebnis der abschnittsbezogenen Geschwindigkeitsmessung (Durchschnittsgeschwindigkeit auf der Messstrecke, im Folgenden kurz: v). In insgesamt neun Fällen im Beschwerdezeitraum (29.01.2018, 15:22-15:29 Uhr, v = 92 km/h; 08.02.2018, 16:33-16:39 Uhr, v = 94 km/h; 13.02.2018, 16:36-16:43 Uhr, v = 93 km/h; 19.02.2018, 16:14-16:20 Uhr, v = 91 km/h; 07.03.2018, 17:50-17:56 Uhr, v = 95 km/h, 13.03.2018, 18:49-18:55 Uhr, v = 93 km/h; 30.06.2018, 17:31-17:37 Uhr, v = 97 km/h; 29.11.1018, 18:04-18:11 Uhr, v = 92 km/h und 02.03.2019, ca um 12:55 Uhr, v = 95 km/h.) sind seine Daten an die LPD übermittelt worden.

18. Beweiswürdigung : Diese Feststellungen, die zwischen den Parteien nicht strittig sind (strittig ist lediglich die Frage der Gültigkeit der durch Verordnung festgelegten Geschwindigkeitsbeschränkungen, etwa deren rechtmäßige Kundmachung durch Verkehrszeichen) stützen sich auf die Angaben des Beschwerdeführers und die von ihm vorgelegten Dokumente.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

D.1. Summe :

19. Die Beschwerde hat sich als nicht berechtigt erwiesen, da für die Datenverarbeitung mittels der SC eine durch Gesetz und Verordnung festgelegte Eingriffsermächtigung besteht, die Verarbeitung sich daher auf Rechtfertigungsgründe gemäß § 1 Abs. 2 DSG und Art. 6 Abs. 1 lit. c und e DSGVO stützen kann.

D.2. anzuwendende Rechtsvorschriften :

20. Das in § 1 DSG verankerte Grundrecht auf Geheimhaltung, nach dessen ersten Absatz jedermann, insbesondere im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, einen Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten hat, soweit daran ein schutzwürdiges Interesse besteht, beinhaltet den Schutz der betroffenen Person vor der Ermittlung ihrer Daten und der Weitergabe der über sie ermittelten Daten. Das Grundrecht auf Geheimhaltung gilt jedoch nicht absolut, sondern darf durch bestimmte, zulässige Eingriffe beschränkt werden.

21. Festzuhalten ist, dass im gegenständlichen Fall eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung nach § 1 Abs. 1 DSG zu prüfen ist und sich Beschränkungen dieses Anspruchs aus § 1 Abs. 2 DSG ergeben.

22. Gemäß § 1 Abs. 2 DSG sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung, soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, wobei bei Eingriffen einer staatlichen Behörde diese nur auf Grund von Gesetzen erfolgen dürfen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Gründen notwendig sind.

23. Die DSGVO und insbesondere auch die darin verankerten Grundsätze sind jedoch bei der Auslegung des Rechts auf Geheimhaltung jedenfalls zu berücksichtigen (vgl. dazu den Bescheid vom 4. Juli 2019, GZ: DSB-D123.652/0001-DSB/2019, RIS).

24. Gemäß Art. 4 Z 7 DSGVO bezeichnet „Verantwortlicher“ die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet; sind die Zwecke und Mittel dieser Verarbeitung durch das Unionsrecht oder das Recht der Mitgliedstaaten vorgegeben, so kann der Verantwortliche beziehungsweise können die bestimmten Kriterien seiner Benennung nach dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen werden.

25. Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO müssen personenbezogene Daten auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden („Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz“).

26. Gemäß Art. 6 Abs. 1 DSGVO ist die Verarbeitung personenbezogener Daten unter anderem dann rechtmäßig, wenn die Verarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der Verantwortliche unterliegt (lit. c) oder die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde (lit. e).

27. § 98a StVO 1960 hatte im Beschwerdezeitraum (Jänner 2018 bis 29. April 2019) zwei Fassungen. Vom 25. Mai 2018 bis 27. Dezember 2019 lautete er gemäß BGBl. I Nr.29/2018 samt Überschrift:

„Abschnittsbezogene Geschwindigkeitsüberwachung

§ 98a. (1) Wenn es zur Erhöhung oder Gewährleistung der Verkehrssicherheit oder zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe und zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt dringend erforderlich erscheint, darf die Behörde zur automationsunterstützten Feststellung einer Überschreitung einer ziffernmäßig festgesetzten zulässigen Höchstgeschwindigkeit bildverarbeitende technische Einrichtungen verwenden, mit denen die durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit eines Fahrzeuges auf einer festgelegten Wegstrecke gemessen werden kann. Diese technischen Einrichtungen umfassen jeweils alle Anlagenteile, die dem vorgenannten Zweck dienen. Die Messstrecke ist durch Verordnung festzulegen. Der Einsatz dieser technischen Einrichtungen ist der Landespolizeidirektion, in deren örtlichem Wirkungsbereich die festgelegte Messstrecke endet, sieben Tage vor seinem Beginn für Zwecke des Abs. 2 erster Satz mitzuteilen.

(2) Die Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich die festgelegte Messstrecke endet, hat die nach Abs. 1 ermittelten Daten der Landespolizeidirektion gemäß Abs. 1 auf Ersuchen für Zwecke des § 54 Abs. 4b Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, und der Strafrechtspflege zu übermitteln. Im Übrigen dürfen diese Daten über den Zeitpunkt der Feststellung der durchschnittlichen Fahrgeschwindigkeit auf einer festgelegten Wegstrecke hinaus nur im Überschreitungsfall und nur insoweit verwendet werden, als dies zur Identifizierung eines Fahrzeuges oder eines Fahrzeuglenkers erforderlich ist, und zwar ausschließlich für Zwecke eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Daten, die keine Überschreitungsfälle betreffen, sind unverzüglich und in nicht rückführbarer Weise zu löschen.

(3) Soweit die bildgebende Erfassung von Personen außer dem Fahrzeuglenker technisch nicht ausgeschlossen werden kann, sind diese Personen ohne unnötigen Verzug in nicht rückführbarer Weise unkenntlich zu machen.

(4) Beginn und Ende der mit einer technischen Einrichtung gemäß Abs. 1 überwachten Messstrecke sind anzukündigen.“

28. Davor lautete die Bestimmung gemäß BGBl. I Nr. 16/2009:

„Abschnittsbezogene Geschwindigkeitsüberwachung

§ 98a. (1) Wenn es zur Erhöhung oder Gewährleistung der Verkehrssicherheit oder zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe und zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt dringend erforderlich erscheint, darf die Behörde zur automationsunterstützten Feststellung einer Überschreitung einer ziffernmäßig festgesetzten zulässigen Höchstgeschwindigkeit bildverarbeitende technische Einrichtungen verwenden, mit denen die durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit eines Fahrzeuges auf einer festgelegten Wegstrecke gemessen werden kann. Diese technischen Einrichtungen umfassen jeweils alle Anlagenteile, die dem vorgenannten Zweck dienen. Die Messstrecke ist durch Verordnung festzulegen.

(2) Die dabei gewonnenen Daten dürfen über den Zeitpunkt der Feststellung der durchschnittlichen Fahrgeschwindigkeit auf einer festgelegten Wegstrecke hinaus nur im Überschreitungsfall und nur insoweit verwendet werden, als dies zur Identifizierung eines Fahrzeuges oder eines Fahrzeuglenkers erforderlich ist, und zwar ausschließlich für Zwecke eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Daten, die keine Überschreitungsfälle betreffen, sind unverzüglich und in nicht rückführbarer Weise zu löschen.

(3) Soweit die bildgebende Erfassung von Personen außer dem Fahrzeuglenker technisch nicht ausgeschlossen werden kann, sind diese Personen ohne unnötigen Verzug in nicht rückführbarer Weise unkenntlich zu machen.

(4) Beginn und Ende der mit einer technischen Einrichtung gemäß Abs. 1 überwachten Messstrecke sind anzukündigen.“

29. Gemäß § 1 der Section Control-Messstreckenverordnung Plabutschtunnel ist als Wegstrecke, auf der die Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit mit einer bildgebenden technischen Einrichtung, mit der die durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit eines Fahrzeugs auf dieser Wegstrecke gemessen wird, zu überwachen ist (Messstrecke), jeweils der Abschnitt zwischen km 174,60 und km 184,89 auf beiden Richtungsfahrbahnen der A 9 Pyhrn Autobahn festgelegt.

D.3. Passivlegitimation der Beschwerdegegnerin und Abgrenzung des Beschwerdegegenstands :

30. Die Passivlegitimation, das ist hier das Recht bzw. die Pflicht, als belangte Partei (Beschwerdegegner) an einem Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzbehörde teilzunehmen, ergibt sich aus der Verantwortlichenrolle, die wiederum aus der gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Zuständigkeit (gemäß Art. 11 Abs. 1 Z. 4 B-VG ist die Vollziehung des Straßenpolizeirechts Landessache) der Beschwerdegegnerin als Verwaltungsbehörde abzuleiten ist. Gemäß Art. 4 Z. 7 DSGVO sind hier „Zwecke und Mittel dieser Verarbeitung“ in Form der SC durch § 98a Abs. 1 StVO 1960 vorgegeben, sodass der „Behörde“ im Sinne der zitierten Bestimmung auch die Rolle des für Verarbeitung Verantwortlichen zufällt.

31. Gemäß § 94a Abs. 1 Satz 2 StVO 1960 ist die Landesregierung eines Bundeslandes „jedenfalls für die Handhabung der Verkehrspolizei (§ 94b Abs. 1 lit. a) auf Autobahnen zuständig“ . Gemäß der in § 94b Abs. 1 lit. a StVO 1960 enthaltenen Definition ist Verkehrspolizei „die Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften und die unmittelbare Regelung des Verkehrs durch Arm- oder Lichtzeichen“ . Die Beschwerdegegnerin kann dabei, insbesondere für die unmittelbare Regelung des Verkehrs, auf die ihr gemäß § 94a Abs. 2 StVO 1960 funktionell unterstellten, besonders geschulten Organe der Bundespolizei („Verkehrspolizisten“) zurückgreifen. Aus § 95 Abs. 1 lit. a StVO 1960 ergibt sich jedoch zweifelsfrei, dass der LPD hier, da es um eine Autobahn geht, keine behördliche Zuständigkeit für die Verkehrspolizei zukommt.

32. Von der Zuständigkeit zur Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften, wozu auch Beschränkungen der höchstzulässigen Geschwindigkeit zählen, ist die Zuständigkeit als Verwaltungsstrafbehörde zu unterscheiden. Die Verkehrspolizeibehörde , hier die Beschwerdegegnerin, sorgt für die Überwachung der Geschwindigkeitsbeschränkungen auf einer Autobahn, sammelt Daten, aus denen sich der Verdacht entsprechender Verwaltungsübertretungen ergibt, und übermittelt diese an die Verwaltungsstrafbehörde , als welche gemäß § 95 Abs. 1 lit. b StVO 1960 hier örtlich (Gemeindegebiet der Landeshauptstadt Graz) die LPD einzuschreiten hatte.

33. In dieser Beschwerdesache ist nur die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung von Daten des Beschwerdeführers für Zwecke der verkehrspolizeilichen Überwachung (Ermittlung/Erfassung, Speicherung und Übermittlung) zu prüfen. Die Frage, ob sich der Beschwerdeführer strafbar gemacht hat, ist, auch als Vorfrage, nicht von der Datenschutzbehörde zu prüfen, da die Rechtmäßigkeit der Überwachung , die stets allgemeiner Natur ist, nicht an die Frage der Strafbarkeit des Verhaltens im Einzelfall anknüpft. Jemand kann rechtmäßig überwacht worden sein, auch wenn er sich nicht strafbar gemacht hat. Die Datenverarbeitung durch die LPD für Zwecke der gegen den Beschwerdeführer eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren ist Gegenstand der zu Verfahrenszahl DSB-D124.317 anhängigen Datenschutzbeschwerdesache.

34. ASFINAG und LPD wurden in dieser Sache vom Beschwerdeführer ausdrücklich nicht belangt, das heißt nicht als Beschwerdegegner bezeichnet, sondern nur als „Beteiligte“ (wohl im Sinne des § 8 AVG, da sich der Gegenstand des Verfahrens auch auf sie bezieht) angeführt. Es besteht auch kein Anlass, das nunmehr für das Verkehrswesen zuständige Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) in das Verfahren einzubeziehen (siehe oben, Rz 4).

D.4. Rechtmäßigkeit der Überwachung und Geschwindigkeitsbeschränkungen :

35. Die Datenschutzbehörde kommt, anders als der Beschwerdeführer, zu dem Schluss, dass die Rechtmäßigkeit der Überwachung und der damit erfolgten Datenverarbeitung unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit einer durch Verordnung festgelegten Geschwindigkeitsbeschränkung zu betrachten und zu beurteilen ist. Nur für letztere Frage kann das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend behördliche Zuständigkeit, gesetzliche Rechtsgrundlage und verordnungsgemäße Kundmachung einer solchen Beschränkung durch Verkehrszeichen von entscheidender Bedeutung sein. Die SC verarbeitet Daten , auf Grundlage derer gemäß den geltenden Verkehrsvorschriften – deren Gültigkeit etwa eine fehlerfreie Kundmachung bedingt - zu prüfen ist, ob ein bestimmter Fahrzeuglenker eine Verwaltungsübertretung zu verantworten hat. Konsequenterweise sieht das Gesetz daher auch den Fall vor, dass die Behörde, die gemäß § 98a Abs. 1 StVO 1960 die Messtrecke festzulegen hat (= Teil der Ermächtigung zur Datenverarbeitung) eine andere sein kann als jene, die eine Geschwindigkeitsbeschränkung zu verfügen hat. Dies ist, anders als vom Beschwerdeführer mehrfach vorgebracht, keine Planwidrigkeit oder fehlerhafte Auslegung des Gesetzes, sondern Ausdruck einer gesetzlich gewünschten Aufgabentrennung. Daher ist die Gültigkeit der gesetzlichen Ermächtigung zur Datenverarbeitung auch unabhängig von der auf der Messstrecke jeweils einzuhaltenden Höchstgeschwindigkeit und deren Rechtsgrundlagen.

36. Die Eigenschaft als Betroffener der Datenverarbeitung mit Hilfe der SC kommt nämlich jeder Person, deren (Bild-) Daten erfasst wurden, unabhängig von der Frage zu, ob sie aufgrund des Ergebnisses der Datenverarbeitung einer Verwaltungsübertretung beschuldigt worden ist. Die vorliegende Beschwerde hätte daher auch eingebracht werden können und wäre zu behandeln gewesen, wenn kein einziges Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer anhängig gemacht worden wäre.

D.5. Rechtmäßigkeit der Überwachung :

37. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer SC als Mittel der Überwachung und der Datenverarbeitung hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Juni 2007, VfSlg 18146/2007, anerkannt.

38. Für die durchgeführte Datenverarbeitung mittels SC, deren Betroffener der Beschwerdeführer war (und ist), besteht durch § 98a Abs. 1 StVO 1960 iVm § 1 Section Control-Messstreckenverordnung Plabutschtunnel eine gültige und ausreichende Rechtsgrundlage. Als Autobahn-Verkehrspolizeibehörde hatte die Beschwerdegegnerin (unter anderem) für die Vollziehung dieser Rechtsvorschriften zu sorgen, die der Verkehrsüberwachung dienen. Die Datenverarbeitung war daher gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, die der Beschwerdegegnerin auferlegt ist.

39. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) hat weiters in jüngster Zeit klargestellt, dass die Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit ein von der Union anerkanntes Ziel im allgemeinen Interesse darstellt, das unter Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO fällt (EuGH, Urteil vom 22.6.2021, C 439/19, Rz 108 mwN).

40. Die Beschwerdegegnerin hat die Daten des Beschwerdeführers daher auf Grundlage einer gesetzlichen Ermächtigung, die einem Ziel von allgemeinem Interesse dient, und gemäß einem gesetzlichen Auftrag verarbeitet, was diese Verarbeitung durch gesetzliche Gründe (Art. 6 Abs. 1 lit. c und e DSGVO) rechtfertigt.

D.6. Schlussfolgerung :

41. Die Beschwerdegegnerin hat die Daten des Beschwerdeführers gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO rechtmäßig verarbeitet.

42. Die Beschwerde war daher gemäß Art. 24 Abs. 5 Satz 3 DSG als nicht berechtigt abzuweisen.

43. Auf den „in eventu“ , das heißt für den Fall, dass der Beschwerde im Umfang des Feststellungsantrags Folge gegeben werde, gestellten Antrag, die Löschung der verarbeiteten Daten zu veranlassen, muss bei diesem Ergebnis nicht eingegangen werden.

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