JudikaturDSB

2021-0.816.492 – Datenschutzbehörde Entscheidung

Entscheidung
Datenschutzrecht
16. Dezember 2021

Text

GZ: 2021-0.816.492 vom 16. Dezember 2021 (Verfahrenszahlen: DSB-D124.3435 und DSB-D062.968)

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BESCHWERDEVORENTSCHEIDUNG

SPRUCH

Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde [Anmerkung Bearbeiter/in: gemeint: Beschwerde, Bescheidbeschwerde oder Amtsbeschwerde] des Bundesministeriums für Inneres (Beschwerdeführer) vom 27.10.2021 gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 5. Oktober 2021, GZ D124.33435, 2021-0.658.855 (angefochtener Bescheid), wie folgt:

- Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird dahingehend abgeändert , dass er wie folgt zu lauten hat:

1. Der Beschwerde der Beschwerdeführerin wird stattgegeben und es wird festgestellt , dass der Beschwerdegegner die Beschwerdeführerin dadurch im Recht auf Auskunft verletzt hat, indem er die Auskunft vom 19.10.2020 nicht per E-Mail an die Beschwerdeführerin zugestellt hat.

2. Dem Beschwerdegegner wird aufgetragen , innerhalb einer Frist von zwei Wochen dem Auskunftsbegehren der Beschwerdeführerin dadurch zu entsprechen, indem die Auskunft an ihre elektronische Zustelladresse zugestellt wird.

Rechtsgrundlagen § 18 Abs. 1, § 24 Abs. 1 und Abs. 5, § 33 Abs. 2 Z 2 und § 44 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF; §§ 2, 8, 21, 23, 28, 30, 37a des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl 1982/200 idgF.

BEGRÜNDUNG

A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang

1. Die nunmehr mitbeteiligte Partei und Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens, Dr. Sonja A***, führte in ihrer verfahrenseinleitenden (an die Datenschutzbehörde gerichteten) Beschwerde vom 30.12.2020 aus, dass sie am 10.10.2020 einen Antrag auf Auskunft an den nunmehrigen Beschwerdeführer Bundesminister für Inneres (BMI) gestellt habe. Am 22.10.2020 sei sie vom Beschwerdeführer darüber informiert worden, dass an der „ von Ihnen bekannt gegebenen Abgabestelle in **** P***hausen, B***straße 4* wegen Ortsabwesenheit keine Zustellung erfolgen konnte “. Die mitbeteiligte Partei brachte weiters vor, dass es richtig sei, dass sie ortsabwesend gemeldet sei, weil sie sich im Ausland befinde und sie in Österreich keinen Wohnsitz mehr habe. Sie habe am Antragsformular aber ausdrücklich angegeben, dass sie die Auskunft per E-Mail bekommen wolle. Gemeinsam mit der Beschwerde legte die mitbeteiligte Partei die der Beschwerde vorangegangene E Mail-Korrespondenz mit dem Beschwerdeführer vor.

2. Der nunmehrige Beschwerdeführer (und Beschwerdegegner des Ausgangsverfahrens) führte - soweit relevant, hier wiedergegeben - aus, dass die mitbeteiligte Partei per E-Mail vom 10.10.2020 einen Antrag auf Auskunft an ihn gestellt habe. Als Nachweis ihrer Identität habe die mitbeteiligte Partei die Kopie eines Reisepasses übermittelt, jedoch ihre Identität nicht mittels Bürgerkarte nachgewiesen. Der Beschwerdeführer habe daraufhin den Auskunftsantrag der mitbeteiligten Partei erledigt und die Zustellung der inhaltlichen Auskunft an die Meldeadresse der mitbeteiligten Partei mittels RSa-Brief veranlasst. In Folge sei der Beschwerdeführer darüber informiert worden, dass die mitbeteiligte Partei an der von ihr bekannt gegebenen Adresse „**** P***hausen, B***straße 4*“ als ortsabwesend gelte. Der Beschwerdeführer habe die mitbeteiligte Partei in Folge per E-Mail vom 22.10.2020 aufgefordert, eine Abgabestelle iSd § 2 Z 4 ZustGesetz anzugeben oder einen Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen. Mit E Mail vom 09.11.2020 habe der Beschwerdeführer die mitbeteiligte Partei nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass die Zustellung einer datenschutzrechtlichen Auskunft nur mit Zustellnachweis zu eigenen Handen des Empfängers gemäß § 21 ZustG oder elektronisch mit Zustellnachweis durch Zustellsysteme gemäß § 28 Abs. 3 Z 1 (zugelassener Zustelldienst gemäß § 30 ZustG) und Z 3 (elektronischer Rechtsverkehr gemäß den §§ 89a GOG) sowie gemäß § 37a zweiter Satz ZustG zulässig sei. In diesem Zusammenhang verwies der Beschwerdeführer auch auf § 5 Abs. 1a der Verordnung der Bundesministerin für Justiz über den Elektronischen Rechtsverkehr (ERV 2006), wonach „Fax und E-Mail (…) keine zulässigen Formen des elektronischen Rechtsverkehrs im Sinne dieser Verordnung (sind)“. Gemäß § 37a zweiter Satz müsse - so der Beschwerdeführer weiter - im Fall einer Zustellung zu eigenen Handen die Identität mittels Bürgerkarte nachgewiesen werden. Da die mitbeteiligte Partei ihre Identität aber nicht mittels Bürgerkarte nachgewiesen habe, habe keine elektronische Zustellung gemäß § 28 Abs. 4 iVm § 37a zweiter [Anmerkung Bearbeiter/in: ergänze: „Satz“] ZustG erfolgen können. Der Beschwerdeführer habe die Zustellung der inhaltlichen Auskunft mittels RSa-Brief an die Zustelladresse der mitbeteiligten Partei veranlasst, diese gelte aber an der von ihr bekannt gegebenen Adresse als „ortsabwesend“. Der Beschwerdeführer beantrage daher die Abweisung der Beschwerde.

3. Der Beschwerdeführer führte mit weiterer Stellungnahme vom 13.04.2021 aus, dass er einen neuerlichen Zustellversuch mit Zustellnachweis zu eigenen Handen an dem seit 03.02.2021 bestehenden Hauptwohnsitz der mitbeteiligten Partei, „ **** R***tal, I***weg *5/*7 “, unternommen habe. Sobald der Rückschein vorliege, werde der Beschwerdeführer der Datenschutzbehörde mitteilen, ob die Zustellung erfolgreich gewesen sei oder die mitbeteiligte Partei wieder als „ortsabwesend“ gelte. Es stehe außer Streit, dass weder das DSG noch die DSGVO zwingend eine eigenhändige Zustellung bzw. eine Zustellung mittels Bürgerkarte vorsehen würden, jedoch würden sich Zustellungen durch Behörden nach §§ 21 und 22 AVG richten. § 21 AVG lege fest, dass Zustellungen nach dem ZustGesetz vorzunehmen seien und § 22 AVG lege fest, dass bei Vorliegen wichtiger Gründe mit Zustellnachweis zuzustellen sei. Bei Vorliegen besonders wichtiger Gründe oder wenn es gesetzlich vorgesehen sei, habe die Zustellung zu eigenen Handen zu erfolgen. Der Beschwerdeführer habe im Datenschutz-Grundsatzerlass vom 23.05.2018, GZ BMI LR1200/0074 III/7/a/2018, unter Punkt 13.10 angeordnet: „ Die inhaltliche Erledigung eines Antrages auf Auskunft ist dem Betroffenen zu eigenen Handen („RSa-Brief“) gemäß § 21 ZustGesetz zuzustellen, um Verletzungen des Grundrechts auf Datenschutz hintanzuhalten .“ Der Beschwerdeführer gehe vom Vorliegen eines wichtigen Grundes iSd § 22 erster Satz AVG aus, wenn ein erhöhtes Bedürfnis nach einem Nachweis der Zustellung bestehe, was bei der Erteilung von strafrechtsrelevanten Daten gemäß § 44 DSG und der diesbezüglichen Beschwerdemöglichkeit gemäß § 32 Abs. 1 Z 4 iVm § 24 DSG der Fall sei. Besonders wichtige Gründe iSd § 22 zweiter Satz AVG lägen darin, dass mit einer Zustellung zu eigenen Handen verhindert würde, dass ein allenfalls an der Abgabestelle anwesender Ersatzempfänger – im Fall der Abwesenheit des Empfängers an der Abgabestelle – Kenntnis von personenbezogenen strafrechtsrelevanten Daten des Empfängers erlange. Eine elektronische Zustellung durch eine österreichische Behörde dürfe ausschließlich iSd 3. Abschnittes des ZustG erfolgen. Elektronische Zustellungen mit Zustellnachweis seien gemäß § 28 Abs. 4 ZustG ausschließlich durch Zustellsysteme gemäß § 28 Abs. 3 Z 1 und 3 sowie im Fall des § 37a zweiter Satz des ZustG zulässig. Gemäß § 37a zweiter Satz ZustG sei bei Zustellung mit Zustellnachweis die Identität mittels Bürgerkarte nachzuweisen. Die mitbeteiligte Partei habe ihre Identität aber nicht mit Bürgerkarte nachgewiesen, weshalb der Beschwerdeführer die Auskunft nicht elektronisch übermitteln habe dürfen. Der Beschwerdeführer habe bislang zwei Zustellversuche an die Zustelladresse der mitbeteiligten Partei vorgenommen. Es werde die Abweisung der (an die Datenschutzbehörde gerichteten) Beschwerde beantragt.

4. Mit ergänzender Stellungnahme vom 20.04.2021 führte der Beschwerdeführer unter Vorlage des postalischen Rückscheines aus, dass der mitbeteiligten Partei die inhaltliche Auskunft vom 19.10.2020 nicht zugestellt habe werden können, weil diese an der Adresse „**** R***tal, I***weg *5/*7“ als ortsabwesend gelte. Abschließend führte der Beschwerdeführer aus, dass der Grundsatz, dass nach Möglichkeit die Auskunft in gleicher Form erteilt werden solle, in der der Antrag gestellt worden sei, nur gelte, wenn dem keine besonderen Gründe entgegenstünden. Diese lägen aber in Form des § 54 DSG, § 22 AVG und des ZustG vor.

5. Mit angefochtenem Bescheid vom 05.10.2021 gab die Datenschutzbehörde mit Spruchpunkt 1. der verfahrenseinleitenden Beschwerde der mitbeteiligten Partei statt und stellte fest, dass der Beschwerdeführer die mitbeteiligte Partei dadurch im Recht auf Auskunft verletzt hat, indem er nicht alle ihm zur Verfügung stehenden Maßnahmen ausgeschöpft hat, um der mitbeteiligten Partei die Auskunft zuzustellen. Mit Spruchpunkt 2 trug die Datenschutzbehörde dem Beschwerdeführer auf, der mitbeteiligten Partei die Auskunft vom 19.10.2020 durch Hinterlegung bei der Behörde selbst gemäß § 8 iVm § 23 ZustG zuzustellen.

6. Mit Schreiben vom 27.10.2021 erhob der Beschwerdeführer Bescheidbeschwerde gegen diesen Bescheid. Zusammengefasst führte er aus, dass der angefochtene Bescheid aus mehreren Gründen rechtswidrig sei.

Erstens habe der Beschwerdeführer sehr wohl durch Hinterlegung in der Behörde zugestellt: In diesem Zusammenhang verwies der Beschwerdeführer auf das Erkenntnis des VwGH vom 22.01.2014, 2013/22/0313, wonach die Behörde von § 8 Abs. 2 ZustG erst dann Gebrauch machen dürfe, wenn die Behörde durch zumindest „einfache Hilfsmittel“ versucht habe, eine neue Abgabestelle auszuforschen. In Übereinstimmung mit dieser Judikatur habe der Beschwerdeführer zunächst versucht, die Auskunft vom 19.10.2020 an die damalige Meldeadresse der mitbeteiligten Partei in **** P***hausen, B***straße 4*, zuzustellen. Als die Auskunft als unbehoben und mit der Bemerkung, dass die mitbeteiligte Partei an der genannten Adresse ortsabwesend sei, an den Beschwerdeführer retourniert worden sei, habe dieser im April 2021 durch einfache Hilfsmittel - durch Einholung einer Auskunft aus dem Zentralen Melderegister - eine neue Abgabestelle der mitbeteiligten Partei in **** R***tal, I***weg *5/*7, ermittelt und einen neuerlichen Zustellversuch an dieser Adresse veranlasst. Erst nachdem auch dieser zweite Zustellversuch - wieder wegen Ortsabwesenheit - fehlgeschlagen sei, habe er die Auskunft im Bereich des BMI (Referat III/7/a) für die mitbeteiligte Partei zur Abholung bereitgehalten. Hätte der Beschwerdeführer der mitbeteiligten Partei die Auskunft vom 19.10.2020 bereits unmittelbar nach Kenntniserlangung von der neuen Abgabestelle durch Hinterlegung bei der Behörde selbst gemäß § 8 Abs. 2 iVm § 23 ZustG zugestellt, so hätte er noch nicht alle zur Verfügung stehenden Mittel für eine gesetzeskonforme Zustellung ausgeschöpft.

Zweitens habe die Datenschutzbehörde rechtswidrigerweise einen Sachverhalt – nämlich den Zustellversuch des Beschwerdeführers im April 2021 - beurteilt, der sich jedoch erst nach Beschwerdeeinbringung am 30.12.2020 ereignet habe. Im Hinblick auf § 34 Abs. 5 iVm 24 Abs. 2 Z 3 DSG könne der Beschwerdeführer die mitbeteiligte Partei aber nur im Zusammenhang mit einem Sachverhalt, der sich vor der Erhebung der verfahrenseinleitenden Beschwerde am 30.12.2020 ereignet habe, in ihrem Recht auf Auskunft verletzen.

Drittens habe die Datenschutzbehörde nicht darüber abgesprochen, ob der Beschwerdeführer die Auskunft per einfachem Mail zustellen hätte müssen, da die mitbeteiligte Partei dies verlangt habe.

7. Die Datenschutzbehörde forderte die mitbeteiligte Partei mit Schreiben vom 05.11.2021 zur Stellungnahme auf, da der Bescheidbeschwerde des Beschwerdeführers entnommen werden könne, dass der Beschwerdeführer die verfahrensgegenständliche Auskunft vom 19.10.2020 offenbar bereits durch Hinterlegung bei der Behörde selbst (gemäß § 8 Abs. 2 iVm § 23 ZustG) zugestellt habe. Da es sich dabei um eine Tatsache bzw. einen neuen Beweis handle, wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 10 VwGVG Gelegenheit gegeben, sich dazu zu äußern.

8. Die mitbeteiligte Partei führte mit Schreiben vom 08.11.2021 aus, dass sie zum Zeitpunkt einer aufrechten Meldung in Österreich gesetzeskonform gehandelt habe, da sie dazu verpflichtet sei, ihre Ortsabwesenheit postalisch einzurichten. Sonst würde nämlich eine behördlich eingeschriebene Postsendung nach Einwurf der Benachrichtigung der Post als zugestellt gelten, egal ob man sie behoben oder nie eine Benachrichtigung der Post erhalten habe. Zudem sei ihr Recht auf Auskunft insofern verletzt worden, weil sie Auskunft nicht - wie verlangt - per E-Mail zugestellt bekommen habe.

B. Beschwerdegegenstand

Beschwerdegegenstand ist die Frage, ob der Beschwerdeführer die mitbeteiligte Partei im Recht auf Auskunft verletzt hat, indem er ihr nicht alle Mittel ausgeschöpft hat, um ihr die Auskunft vom 19.10.2020 zuzustellen, worunter auch eine Zustellung per E-Mail fällt.

C. Sachverhaltsfeststellungen

1. Die mitbeteiligte Partei übermittelte am 10.10.2020 per E-Mail einen mit 01.10.2020 datierten Antrag auf Auskunft gemäß § 44 DSG an den Beschwerdeführer, die alle polizeilichen Eintragungen, EKIS-Abfragen (Anmerkung: „Elektronisches Kriminalpolizeiliches Informationssystem“) und GREKO (Anmerkung: „Grenzkontrollstellen“) enthalten sollte. Gemeinsam mit dem Antrag übermittelte die mitbeteiligte Partei eine Kopie ihres Reisepasses. Die mitbeteiligte Partei wünschte, die Auskunft elektronisch zu erhalten.

Beweiswürdigung : Dass die mitbeteiligte Partei einen Antrag auf Auskunft gestellt hat, ist unbestritten. Dass der Antrag auf Auskunft alle polizeilichen Eintragungen, EKIS-Abfragen und GREKO enthalten soll, dass die mitbeteiligte Partei eine elektronische Übermittlung der Auskunft wünscht und dass die mitbeteiligte Partei eine Kopie ihres Reisepasses übermittelt hat, ergibt sich aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Antrag auf Auskunft der mitbeteiligten Partei.

2. Der Beschwerdeführer erledigte den Auskunftsantrag der mitbeteiligten Partei mit Schreiben vom 19.10.2020 und veranlasste die Zustellung an die von der mitbeteiligten Partei auf ihrem Auskunftsantrag bekannt gegebene Meldeadresse „**** P***hausen, B***straße 4*“ mittels RSa-Brief.

Beweiswürdigung : Dies ergibt sich aus dem übereinstimmenden Parteienvorbringen. Dass die Adresse „**** P***hausen, B***straße 4*“ von der mitbeteiligten Partei bekannt gegeben wurde, ergibt sich insbesondere aus dem – vom Beschwerdeführer – vorgelegten Antrag auf Auskunft der mitbeteiligten Partei. Dass die mitbeteiligte Partei an der Adresse „**** P***hausen, B***straße 4*“ ab 03.09.2020 gemeldet war, ergibt sich aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten ZMR-Auszug (abgerufen am 25.11.2020) zur mitbeteiligte Partei.

3. Die Post informierte den Beschwerdeführer durch Retournierung der Auskunft, dass die mitbeteiligte Partei an der Adresse „**** P***hausen, B***straße 4*“ ortsabwesend ist.

Beweiswürdigung : Dies ergibt sich durch eine vom Beschwerdeführer vorgelegte Kopie der retournierten Postsendung, auf der sich der Vermerk „Ortsabwesend bis 9.9.2021“ findet.

4. Der Beschwerdeführer unternahm einen neuerlichen Zustellversuch mit RSa-Brief an dem seit 03.02.2021 bestehenden Hauptwohnsitz der mitbeteiligten Partei, „**** R***tal, I***weg *5/*7“.

Beweiswürdigung : Dass die mitbeteiligte Partei seit 03.02.2021 der Adresse „**** R***tal, I***weg *5/*7“ gemeldet war, ergibt sich aus einem - vom Beschwerdeführer vorgelegten - ZMR-Auszug (abgerufen am 09.04.2021). Dass der Beschwerdeführer einen neuerlichen Zustellversuch an diese Adresse unternommen hat, ergibt sich aus einer - vom Beschwerdeführer vorgelegten - Kopie des RSa-Briefes, der an „Dr. Sonja A***, I***weg *5/*7, **** R***tal“ adressiert ist.

5. Die Post informierte den Beschwerdeführer durch Retournierung der Auskunft, dass die mitbeteiligte Partei an der Adresse „**** R***tal, I***weg *5/*7“ ortsabwesend ist.

Beweiswürdigung : Dies ergibt sich aus einer vom Beschwerdeführer vorgelegten Kopie der retournierten Postsendung, auf der sich der Vermerk „Ortsabwesend“ findet.

6. Der Beschwerdeführer übermittelte der mitbeteiligten Partei die beantragte Auskunft nicht per E Mail.

Beweiswürdigung : Dies ergibt aus dem übereinstimmenden Parteienvorbringen.

7. Nach dem zweiten - wegen Ortsabwesenheit der mitbeteiligten Partei - erfolglosen Zustellversuch, stellte der Beschwerdeführer der mitbeteiligten Partei die Auskunft vom 19.10.2020 durch Hinterlegung im BMI (Referat III/7/a) gemäß § 8 Abs. 2 iVm § 23 ZustG zu.

Beweiswürdigung : Dies ergibt sich aus dem nachvollziehbaren und glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers vom 27.10.2021.

8. Die mitbeteiligte Partei ist auf unbestimmte Zeit im Ausland aufhältig. Sie hat trotz Aufforderung des Beschwerdeführers keinen Zustellbevollmächtigten in Österreich benannt.

Beweiswürdigung : Dies ergibt sich aus einem an den Beschwerdeführer gerichteten E-Mail der mitbeteiligten Partei vom 09.11.2020 („(...)Ich bin im Ausland und bleibe hier auf unbestimmt Zeit, dass kann auch einige Jahre sein. Eine Zustelladresse wird es in Österreich definitiv nie wieder geben. Es gibt in Österreich weder eine Zustelladresse noch einen Zustellbevollmächtigten (…))“. Dieses E-Mail wurde sowohl von der mitbeteiligten Partei als auch vom Beschwerdeführer vorgelegt. Dass der Beschwerdeführer die mitbeteiligte Partei ersucht hat, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, ergibt sich aus einem E-Mail des Beschwerdeführers an die mitbeteiligte Partei vom 09.11.2020 um 08:** Uhr, welches der Beschwerdeführer vorgelegt hat.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. Im vorliegenden Fall gelangt das 3. Hauptstück (in den §§ 36 – 61) des DSG, mit welchem die Richtlinie (EU) 2016/680 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten (im Folgenden: Datenschutz-Richtlinie für den Bereich Justiz und Inneres) umgesetzt wurde, zur Anwendung, was seitens der Verfahrensparteien auch nicht bestritten wurde.

Gemäß § 44 DSG hat jede betroffene Person das Recht, vom Verantwortlichen Auskunft darüber zu erhalten, ob er ihre personenbezogenen Daten verarbeitet. Bejahendenfalls hat die betroffene Person das Recht, die Informationen gemäß § 44 Abs. 1 Z 1 bis 7 DSG zu erhalten.

Die Datenschutz-Richtlinie für den Bereich Justiz und Inneres legt weiters Folgendes in ihrem Art. 12 Abs. 1 letzter Satz fest: „Die Übermittlung der Informationen erfolgt in einer beliebigen geeigneten Form, wozu auch die elektronische Übermittlung zählt. Grundsätzlich übermittelt der Verantwortliche die Informationen in derselben Form, in der er den Antrag erhalten hat.“

Art. 12 Abs. 1 letzter Satz der Datenschutz-Richtlinie für den Bereich Justiz und Inneres wurde wie folgt in § 42 Abs. 4 letzter Satz DSG umgesetzt: „Stellt die betroffene Person den Antrag elektronisch, so ist sie nach Möglichkeit auf elektronischem Weg zu unterrichten, sofern sie nichts Anderes angibt.“

Ergänzend ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass Art. 12 Abs. 3 letzter Satz DSGVO - wenngleich diese Bestimmung hier nicht anzuwenden ist - denselben Wortlaut hat wie § 42 Abs. 4 letzter Satz DSG.

Wird nun - wie im vorliegenden Fall - ein Auskunftsbegehren gestellt, so muss der Verantwortliche alle erforderlichen Anstrengungen unternehmen, damit die erteilte Auskunft der betroffenen Person tatsächlich zukommt.

2. Gegenständlich sei es nach Ansicht des Beschwerdeführers erforderlich gewesen, die Auskunft zu eigenen Handen zuzustellen. Dies begründet der Beschwerdeführer damit, dass er eine Behörde ist und daher § 21 AVG für ihn gelte, wonach Zustellungen nach dem ZustG vorzunehmen seien. Des Weiteren gelte auch § 22 AVG für ihn, dessen erster Satz festlege, dass eine schriftliche Ausfertigung mit Zustellnachweis zuzustellen sei, wenn wichtige Gründe hiefür vorliegen. Der ebenfalls einschlägige zweite Satz des § 22 AVG laute, dass bei Vorliegen besonders wichtiger Gründe oder wenn es gesetzlich vorgesehen sei, die Zustellung zu eigenen Handen des Empfängers zu bewirken sei. Der Beschwerdeführer führte im Verfahren D124.3435 vor der Datenschutzbehörde aus, dass Auskünfte des BMI regelmäßig strafrechtlich relevante Daten beinhalten würden, mit denen sorgsam umgegangen werden müsse. Der Beschwerdeführer gehe deshalb davon aus, dass ein „besonders wichtiger Grund“ im Sinn des zweiten Satzes des § 22 AVG vorliege, weshalb solche Auskünfte postalisch zu eigenen Handen (dh mittels RSa-Brief) gemäß § 21 ZustG („Zustellung zu eigenen Handen“) zugestellt werden müssten. Wolle der Beschwerdeführer hingegen nicht postalisch, sondern elektronisch zustellen, so müsse er den 3. Abschnitt des ZustG („Elektronische Zustellung“) einhalten. § 28 Abs. 4 ZustG lege wiederum fest, dass elektronische Zustellungen mit Zustellnachweis ausschließlich durch Zustellsysteme gemäß § 28 Abs. 3 Z 1 und 3 sowie im Fall des § 37a zweiter Satz ZustG zulässig seien. Dass eine elektronisch zu erteilende Auskunft des Beschwerdeführers gemäß § 44 DSG nur mit Zustellnachweis (und nicht mit einfachem E-Mail) zuzustellen sei, ergebe sich daraus, dass es sich bei den zu beauskunftenden Daten um strafrechtlich relevante Daten handle, mit denen sorgsam umgegangen werden müsse. Dies stelle jedenfalls einen wichtigen Grund im Sinn des ersten Satz des § 22 AVG dar, der Behörden eben zu einer Zustellung mit Zustellnachweis verpflichte. Nun sei gemäß § 37a zweiter Satz ZustG, die eine Form der Zustellung mit Zustellnachweis darstelle, die Identität mittels Bürgerkarte nachzuweisen. Da die mitbeteiligte Partei ihre Identität aber nicht mit Bürgerkarte nachgewiesen habe, habe der Beschwerdeführer die Auskunft vom 19.10.2020 auch nicht per einfachem Mail an die mitbeteiligte Partei zustellen dürfen.

3. Wenn der Beschwerdeführer ausführt, dass er als Behörde das AVG und in weiterer Folge auch das ZustG anzuwenden habe, so ist ihm prinzipiell zuzustimmen, jedoch darauf zu hinzuweisen , dass der Beschwerdeführer auch das 3. Hauptstück des DSG anzuwenden hat: Nun wurde im 3. Hauptstück des DSG die Datenschutz-Richtlinie für den Bereich Justiz und Inneres innerstaatlich umgesetzt, die von den für die Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten zuständigen Behörden , somit auch vom Beschwerdeführer als oberste „Sicherheitsbehörde“, anzuwenden ist. Da das AVG und das ZustG von Verwaltungsbehörden im Allgemeinen anzuwenden ist, das 3. Hauptstück des DSG jedoch nur von den für die Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten zuständigen Behörden, stellt das 3. Hauptstück des DSG in Bezug auf das AVG und das ZustG eine „ lex specialis “ dar.

Einschlägig ist im vorliegenden Fall somit § 42 Abs. 4 letzter Satz DSG: „Stellt die betroffene Person den Antrag elektronisch, so ist sie nach Möglichkeit auf elektronischem Weg zu unterrichten, sofern sie nichts Anderes angibt.“

§ 42 Abs. 4 letzter Satz DSG ist im Lichte von Art. 12 Abs. 1 der Datenschutz-Richtlinie für den Bereich Justiz und Inneres auszulegen. Wie bereits ausgeführt, verlangt Art. 12 Abs. 1, dass die Übermittlung – u.a. – einer Auskunft in einer beliebigen geeigneten Form erfolgt, wozu auch die elektronische Übermittlung zählt, wobei grundsätzlich der Verantwortliche die Informationen in derselben Form, in der er den Antrag erhalten hat, übermittelt.

Somit postuliert Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie, dass die Übermittlung einer Auskunft als Grundsatz in derselben Form zu erfolgen hat, in welcher der Verantwortliche den Antrag auf Auskunft erhalten hat. Eine Abweichung von diesem Grundsatz bedarf folglich einer Begründung.

Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass der Wortlaut von Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie, welche – wie bereits dargelegt – die Verarbeitung von „Strafdaten“ regelt, über jenen von Art. 12 Abs. 1 DSGVO hinausgeht :

Art. 12 Abs. 1 DSGVO normiert, dass die Übermittlung der Informationen schriftlich oder in anderer Form, gegebenenfalls auch elektronisch , zu erfolgen hat. Nach Art. 12 Abs. 3 DSGVO ist die betroffene Person nach Möglichkeit auf elektronischem Weg zu unterrichten, sofern sie nichts Anderes angibt. Anders als Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie ist die elektronische Übermittlung somit im Anwendungsbereich der DSGVO nicht als Grundsatz normiert.

Daraus kann jedenfalls der Schluss gezogen werden, dass sich der Unionsgesetzgeber bewusst im Anwendungsbereich der Datenschutz-Richtlinie für den Bereich Justiz und Inneres, obwohl sie vom Wesen her die Verarbeitung „sensiblerer Informationen“ – nämlich Informationen über Straftaten – zum Gegenstand hat, für den Grundsatz – und nicht bloß für die Option – einer Übermittlung auf jenem (elektronischen) Weg entschied, auf welchem der Verantwortliche den Antrag erhalten hat.

Der Datenschutz-Richtlinie für den Bereich Justiz und Inneres ist nicht zu entnehmen, dass der Unionsgesetzgeber eine bestimmte (gesicherte) Form der Übermittlung im Sinn hatte, wofür auch der Wortlaut von Art. 12 Abs. 1 letzter Satz („in der derselben Form, in der er den Antrag erhalten hat“) spricht.

Im Übrigen verlangt auch der österreichische Gesetzgeber in vergleichbaren Fällen nicht zwingend eine bestimmte Form der Zustellung, insbesondere eine eigenhändige Zustellung:

Gemäß §§ 47 und 48 VStG kann die Behörde bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen in einem abgekürzten Verfahren Strafverfügungen erlassen. Diese enthalten den Vorwurf einer strafbaren Handlung (Verwaltungsübertretung) und können somit – der Rechtsprechung des EuGH folgend (siehe dazu das Urteil vom 22. Juni 2021, C-439/19, Rz 77 ff) – durchaus als „Strafdaten“ iSd Art. 10 DSGVO und somit auch als „Straftat“ iSd Datenschutz-Richtlinie für den Bereich Justiz und Inneres (siehe dazu deren ErwGr. 13) qualifiziert werden.

Während bis zur Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 Strafverfügungen gemäß § 48 Abs. 2 VStG „zu eigenen Handen“ zuzustellen waren, ist dies seit dieser Novelle nicht mehr vorgesehen. Die Erläuterungen dazu (2009 der Beilagen XXIV. GP S. 22) führen aus, dass die Eigenhandzustellung „im Interesse der Kostenersparnis entfallen“ soll.

Als weiteres Bespiel, wonach auch die Zustellung „sensibler Daten“ nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO per E Mail zulässig ist, findet sich in § 27 Abs. 12b GTelG 2012 (idF BGBl. I Nr. 34/2021).

Zusammenfassend lässt sich somit – entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers – festhalten, dass weder unionsrechtliche Grundlagen, noch vergleichbare innerstaatliche gesetzliche Grundlagen zwingend verlangen, dass Informationen, die gegebenenfalls auch „Strafdaten“ oder sogar besondere Kategorien personenbezogener Daten nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO enthalten, eigenhändig und keinesfalls per E-Mail zuzustellen sind.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, dass er gemäß § 21 AVG an das ZustG gebunden sei, so ist dem nicht entgegenzutreten. Dabei übersieht er jedoch, dass auch das ZustG einer Zustellung per E Mail nicht entgegensteht (§ 28 Abs. 3 iVm § 37 Abs. 1 und § 2 Z 5 ZustG) und – wie oben dargelegt – die Zustellung einer Auskunft nicht zwingend nach den Vorgaben des § 22 AVG zu erfolgen hat.

4. Der mitbeteiligten Partei, die ihren Auskunftsantrag elektronisch per E-Mail gestellt hat und die ausdrücklich wünschte, die Auskunft elektronisch zu erhalten, hätte diese in Übereinstimmung mit § 42 Abs. 4 letzter Satz DSG daher elektronisch erhalten müssen. Da der Beschwerdeführer die Auskunft jedoch nicht elektronisch an die mitbeteiligte Partei übermittelt hat, hat er sie in ihrem Recht auf Auskunft verletzt.

Abschließend ist auf die Bestimmung des § 44 Abs. 7 DSG zu verweisen, wonach der Verantwortliche zur Bestätigung der Identität der Person, die - wie im gegenständlichen Fall - einen Antrag gemäß § 44 DSG gestellt hat, erforderliche zusätzliche Informationen verlangen kann. Ergänzend ist hier auch das Erkenntnis des VwGH vom 04.07.2016, Ra 2016/04/0014, anzuführen, das zwar zur alten Rechtslage des DSG 2000 erging, dessen Wertung aber für die aktuelle Rechtslage übernommen werden kann:

„Die Bestimmung des § 26 DSG 2000 hat den klar erkennbaren Zweck, einem Missbrauch des Auskunftsrechts zur Informationsbeschaffung durch Dritte einen Riegel vorzuschieben. Ein Auftraggeber darf ohne Vorliegen eines Identitätsnachweises keine Daten an den Auskunftswerber - von dem er in diesem Moment nur annehmen kann, dass er tatsächlich der Betroffene ist - übermitteln, weil er sonst das Datengeheimnis gemäß § 15 Abs. 1 DSG 2000 verletzen könnte. Der Nachweis der Identität hat in der Form zu erfolgen, die es dem Auftraggeber ermöglicht, die Identität des Auskunftswerbers mit der Person zu überprüfen, deren Daten Gegenstand der Auskunft sein sollen. Im Hinblick auf die Zielsetzung des Gesetzes und zur Verhinderung von Missbrauch ist ein hoher Grad an Verlässlichkeit hinsichtlich des Identitätsnachweises zu fordern (Hinweis E vom 9. September 2008, 2004/06/0221, mwN).“

Da der Beschwerdeführer - wie festgestellt - zwei Zustellversuche zu eigenen Handen der mitbeteiligten Partei vorgenommen hat, hegte er offenbar keine Zweifel an der Identität der mitbeteiligten Partei, weshalb eine Übermittlung der Auskunft per E-Mail an die mitbeteiligte Partei auch aus diesem Grund erfolgen hätte können.

Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des VwGH eine eigenhändige Zustellung nicht das Erfordernis einer vorhergehenden Identitätsprüfung zu ersetzen vermag (VwSlg. 17.515 A/2008).

Nach dem Gesagten war spruchgemäß zu entscheiden.

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