JudikaturDSB

2021-0.568.642 – Datenschutzbehörde Entscheidung

Entscheidung
29. September 2021

Text

GZ: 2021-0.568.642 vom 29. September 2021 (Verfahrenszahl: DSB-D205.482)

[Anmerkung Bearbeiter: Namen und Firmen, Rechtsformen und Produktbezeichnungen, Adressen (inkl. URLs, IP- und E-Mail-Adressen), Aktenzahlen (und dergleichen), etc., sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

BESCHEID

SPRUCH

Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerden von Rudolf A*** (Erstbeschwerdeführer) und Irene A*** (Zweitbeschwerdeführerin), beide vom 8. Dezember 2019 (ha. eingelangt am 9. Dezember 2019), gegen die N* GmbH (Beschwerdegegnerin) wegen behaupteter Verletzung im Recht auf Geheimhaltung wie folgt:

1. Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen .

2. Die Anträge des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin auf Zuspruch des durch die Rechtsverletzung entstandenen Schadens werden zurückgewiesen .

Rechtsgrundlagen : Art. 4, Art. 6 Abs. 1 lit. f, Art. 51 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 lit. f sowie Art. 77 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1; §§ 1 Abs. 1, 18 Abs. 1, 24 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5 sowie 29 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF; §§ 17 Abs. 3 sowie 39 Abs. 2 des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF; § 151 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194/1994 idgF.

BEGRÜNDUNG

A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang

1. Mit verfahrenseinleitenden Eingaben vom 8. Dezember 2019 (ha. eingelangt am 9. Dezember 2019) behaupteten die Beschwerdeführer eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung. Die Verfahren wurden daraufhin gemäß § 39 Abs. 2 AVG zur gemeinsamen Behandlung verbunden.

2. Zur behaupteten Rechtsverletzung brachten die Beschwerdeführer vor, dass es sich völlig ihrer Kenntnis entziehe, wie die Beschwerdegegnerin an ihre persönlichen Daten gekommen sei. Es bestehe die Möglichkeit, dass diese aus dem ehemaligen Dienstverhältnis des Erstbeschwerdeführers bzw. der Kontoverbindung der Zweitbeschwerdeführerin bezogen worden seien. Den Eingaben waren die jeweiligen Auskunftsschreiben in Kopie angeschlossen.

3. Mit Erledigung vom 28. Mai 2020 forderte die Datenschutzbehörde die Beschwerdegegnerin zur Stellungnahme auf.

4. Mit Eingabe vom 10. Juni 2020 brachte die Beschwerdegegnerin vor, dass sie über die gewerbliche Befugnis eines Adressverlags- und Direktmarketingunternehmens verfüge. Auf Grundlage dessen habe sie die personenbezogenen Daten der Beschwerdeführer ermittelt. Eine Einwilligung sei nicht erforderlich. Aus den erteilten Auskünften sei ersichtlich, dass die Beschwerdegegnerin die Daten von anderen Adressverlagen erhalten habe. Die Datensätze der Beschwerdeführer seien aufgrund der Anfrage gesperrt und nicht mehr weitergegeben worden.

5. Mit Erledigung vom 10. November 2020 gewährte die Datenschutzbehörde den Beschwerdeführern Parteiengehör.

6. Seitens der Beschwerdeführer erfolgte keine weitere Stellungnahme.

7. Mit Erledigung vom 12. August 2021 forderte die Datenschutzbehörde die Beschwerdegegnerin zur Vorlage der von ihr angeführten Erklärungen der Datenlieferanten im Sinne von § 151 Abs. 4 und 5 GewO auf.

8. Mit Eingabe vom 20. August 2021 legte die Beschwerdegegnerin die angeforderten Unterlagen vor, welche aufgrund eines entsprechenden Antrags gem. § 17 Abs. 3 AVG von der Akteneinsicht ausgenommen und folglich den Beschwerdeführern im Rahmen des Parteiengehörs nicht übermittelt wurden.

B. Beschwerdegegenstand

Ausgehend von der verfahrenseinleitenden Eingabe ergibt sich als Beschwerdegegenstand die Frage, ob die Beschwerdegegnerin den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin dadurch im Recht auf Geheimhaltung gemäß § 1 Abs. 1 DSG verletzt hat, indem sie deren Adressdaten, konkret Anrede, Name, Geburtsdatum und Anschrift, aus den Kunden- und Interessentendateisystemen anderer Adress- und Direktmarketingunternehmen ermittelt hat.

C. Sachverhaltsfeststellungen

1. Infolge eines entsprechenden Antrags des Erstbeschwerdeführers erteilte die Beschwerdegegnerin am 2. April 2019 eine datenschutzrechtliche Auskunft, die sich wie folgt darstellte (Formatierung nicht 1:1 wiedergegeben, auszugsweise soweit verfahrensrelevant):

IHRE ANFRAGE UM AUSKUNFT NACH ART 15 DSGVO 2. April 2019

Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr,

gerne beantworten wir Ihre Anfrage, welche Daten über Sie verarbeitet werden.

Vorab zu Ihrer Information eine kurze Übersicht der Datenverarbeitungszwecke:

Datenverarbeitung zum Zweck der Beförderung und Zustellung von Sendungen

Diese Datenverarbeitung ist erforderlich, um die Beförderung und Zustellleistung in gewohnter

Qualität durchzuführen. Denn um Ihnen Sendungen, wie Briefe und Pakete, zuzustellen, verarbeitet die N* GmbH (nachfolgend auch „N*") Namen und Adresse sowie die weiteren

Daten der Sendung.

Datenverarbeitung zu eigenen Marketingzwecken

Die N* informiert umfassend über eigene Produkte und Dienstleistungen und verarbeitet zu

diesem Zweck Daten.

Datenverarbeitung im Rahmen des Adressverlages

Die N* verwendet Daten, soweit das rechtlich zulässig ist, im Rahmen ihrer Tätigkeit als

Adressverlag und bietet diese Geschäftskunden für Marketingzwecke an.

Datenverarbeitung zum Zweck der Bearbeitung Ihrer Anfragen

Wenn Sie sich an uns wenden, verarbeiten wir Daten, um Ihr Anliegen bearbeiten zu können.

Detailliertere Informationen und weitere Datenverarbeitungszwecke finden Sie unter:

n* gmbh.com***/datenschutz

Sie können bei Unrichtigkeiten oder Fehlern jederzeit gerne die Berichtigung Ihrer Daten

verlangen. Zusätzlich haben Sie auch in einigen Fällen ein Recht auf Daten-Portabilität und somit

auf Herausgabe Ihrer uns bekannt gegebenen personenbezogenen Daten in einem strukturierten,

gängigen und maschinenlesbaren Format. Sie können unter bestimmten Voraussetzungen die

Einschränkung der Verarbeitung sowie Löschung Ihrer personenbezogenen Daten verlangen oder

Widerspruch gegen die Verarbeitung einlegen. Wir möchten Sie informieren, dass die statistischen Hochrechnungen betreffend „mögliche Zielgruppe für Y***“ (soweit diese bei Ihnen überhaupt vorhanden sind) nach dieser Auskunft gelöscht werden.

Sie können eine eventuell erteilte Einwilligung jederzeit ohne Angabe von Gründen mit Wirkung für

die Zukunft widerrufen, Datenverarbeitungen bis zum Widerruf bleiben davon unberührt.

Für weitere Fragen nutzen Sie bitte unser Kontaktformular unter

https://www.n*.com/**kontakt

Wenn Sie sich per Post an uns wenden wollen oder wenn Ihnen unsere Information auf n*gmbh.com***/datenschutz nicht zugänglich ist, schreiben Sie bitte an:

N* GmbH Kundenservice

R***gasse 9*

1**0 Wien

Zusätzlich haben Sie eine Beschwerdemöglichkeit bei der österreichischen Datenschutzbehörde, Barichgasse 40-42, 1030 Wien.

Wir hoffen, dass wir Ihre Anfrage zu Ihrer Zufriedenheit erledigt haben. Weitere Informationen

über die Verwendung von Daten bei der N* GmbH finden Sie auf unserer Homepage

auf n*.com im Bereich Datenschutzhinweise. Im Anhang dürfen wir Ihnen vor dem Hintergrund der aktuellen Medienberichterstattung die Datenauskunft hinsichtlich Ihrer zu Marketingzwecken verarbeiteten Daten sowie in diesem Zusammenhang erstellter statistischer Hochrechnungen übermitteln.

N*

Gespeicherte Daten

Datenquelle: W*** Direkt GmbH

Lieferant der oben angeführten Daten ist:

W*** Direkt GmbH

***straße *

1*** Wien

E-Mail: office@w***.at

Geplante Speicherdauer:

Ist die Datenweitergabe gem. § 151 Gewerbeordnung zulässig, werden die Daten so lange verarbeitet, wie ihr Einsatz für

Marketingzwecke Dritter erfolgt oder bis Sie eine Löschung der Daten begehren. Haben Sie die Datenweitergabe an

Dritte gem. § 151 Gewerbeordnung untersagt, werden Ihr Name, Ihre Adresse und ggf. Ihr Geburtsdatum nur mehr dazu verwendet, um eine Datenweitergabe an Dritte auszuschließen. Diese Datenverwendung erfolgt so lange, bis Sie die Löschung Ihrer Daten wünschen.

Gespeicherte Daten

Datenquelle: Marketing ***XY AG

Lieferant dieser Daten ist:

Marketing ***XY AG

M***straße 9*

6*** L***

E-Mail: ** @xy***.at

Geplante Speicherdauer:

Die Daten werden 3 Monate gespeichert. Sobald ein Update von Marketing ***XY AG einlangt, werden die Daten

gelöscht und durch die Daten des Updates ersetzt.

Ihre Aufträge an die N* GmbH

Geplante Speicherdauer:

Bei Aufträgen, bei denen die Datenweitergabe gem. § 151 Gewerbeordnung zulässig ist, werden die Daten so lange verarbeitet, wie Ihr Einsatz für Marketingzwecke Dritter erfolgt oder Sie eine Löschung der Daten begehren. Der Auftrag dient als Nachweis, dass Sie gesetzeskonform informiert wurden und dass die Daten rechtmäßig verarbeitet werden. Haben Sie die Datenweitergabe gem. § 151 Gewerbeordnung untersagt, wird der Auftrag 3 Jahre nach Ende der Nachsendung gelöscht.

Haben Sie Aufträge erteilt, bei denen Sie nicht über eine Datenverwendung zu Marketingnutzung Dritter gem. § 151 Gewerbeordnung informiert worden sind, werden die Daten 3 Jahre nach Vertragsende gelöscht. Derartige Aufträge sind z.B. Abstellgenehmigungen oder Postvollmachten.

Zweck der Verarbeitung:

Ihre Daten werden zur ordnungsgemäßen Durchführung Ihres Auftrages und zum Nachweis, ob bzw. dass eine Nutzung gem. § 151 GewO zulässig ist, verarbeitet.

2. Infolge eines entsprechenden Antrags der Zweitbeschwerdeführerin erteilte die Beschwerdegegnerin im Mai 2019 eine datenschutzrechtliche Auskunft, die sich wie folgt darstellte (Formatierung nicht 1:1 wiedergegeben, auszugsweise soweit verfahrensrelevant):

IHRE ANFRAGE UM AUSKUNFT NACH ART 15 DSGVO Mai 2019

Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr,

gerne beantworten wir Ihre Anfrage, welche Daten über Sie verarbeitet werden.

Vorab zu ihrer Information eine kurze Übersicht der Datenverarbeitungszwecke:

Datenverarbeitung zum Zweck der Beförderung und Zustellung von Sendungen

Diese Datenverarbeitung ist erforderlich, um die Beförderung und Zustellleistung in gewohnter Qualität durchzuführen. Denn um Ihnen Sendungen, Briefe und Pakete, zuzustellen, verarbeitet die N* GmbH (nachfolgend auch „N*") Namen und Adresse sowie die weiteren Daten der Sendung.

Datenverarbeitung zu eigenen Marketingzwecken

Die N* informiert umfassend über eigene Produkte und Dienstleistungen und verarbeitet zu diesem Zweck Daten.

Datenverarbeitung im Rahmen des Adressverlages

Die N* verwendet Daten, soweit das rechtlich zulässig ist, im Rahmen ihrer Tätigkeit als Adressverlag und bietet diese Geschäftskunden für Marketingzwecke an.

Datenverarbeitung zum Zweck der Bearbeitung Ihrer Anfragen

Wenn Sie sich an uns wenden. verarbeiten wir Daten, um Ihr Anliegen bearbeiten zu können.

Detaillierte Informationen und weitere Datenverarbeitungszwecke finden Sie unter:

n*gmbh.com***/datenschutz

Sie können bei Unrichtigkeiten oder Fehlern jederzeit gerne die Berichtigung Ihrer Daten

verlangen. Zusätzlich haben Sie auch in einigen Fällen ein Recht auf Daten-Portabilität und somit

auf Herausgabe Ihrer uns bekannt gegebenen personenbezogenen Daten in einem strukturierten,

gängigen und maschinlesbaren Format. Sie können unter bestimmten Voraussetzungen die

Einschränkung der Verarbeitung sowie Löschung Ihrer personenbezogenen Daten verlangen oder

Widerspruch gegen die Verarbeitung einlegen. Wir möchten Sie informieren, dass die statistischen

Hochrechnungen betreffend „mögliche Zielgruppe für Y***“ (soweit diese bei Ihnen

überhaupt vorhanden sind) nach dieser Auskunft gelöscht werden.

Sie können eine eventuell erteilte Einwilligung jederzeit ohne Angabe von Gründen mit Wirkung für

die Zukunft widerrufen, Datenverarbeitungen bis zum Widerruf bleiben davon unberührt.

Für weitere Fragen nutzen Sie bitte unser Kontakformular unter www.n*@.kontakt.at.

Wenn Sie sich per Post an uns wenden wollen, oder wenn Ihnen unsere Informationen auf

n*.com/datenschutz*** nicht zugänglich sind, schreiben Sie bitte an:

N* GmbH Kundenservice

R***gasse 9*

1**0 Wien

Zusätzlich haben Sie eine Beschwerdemöglichkeit bei der österreichischen Datenschutzbehörde, Barichgasse 40-42, 1030 Wien.

Wir hoffen, dass wir Ihre Anfrage zu Ihrer Zufriedenheit erledigt haben. Weitere Informationen

über die Verwendung von Daten bei der N* GmbH finden Sie auf unserer Homepage

auf n* .com im Bereich Datenschutzhinweise. Im Anhang dürfen wir Ihnen vor dem Hintergrund der aktuellen Medienberichterstattung die Datenauskunft hinsichtlich Ihrer zu Marketingzwecken verarbeiteten Daten sowie in diesem Zusammenhang erstellter statistischer Hochrechnungen übermitteln.

Gespeicherte Daten

Datenquelle: W*** Direkt GmbH

² Ihrer Person zugeordnete Einkommensschätzung, errechnet auf Basis von statistischen Daten wie

Gemeindekaufkraft, Durchschnittseinkommen je regionalstatistischem Raster, Alter, Geschlecht und akademischem

Grad.

³ Personen haben je nach Lebensphase, in der sie sich befinden, unterschiedliche Gewohnheiten und Bedürfnisse.

Das Lebensphasenmodell gibt an, in welcher Lebensphase sich die Person befindet. Die Lebensphase wird auf Grund

Von Geschlecht, Alter, Nachnamen, weiteren im Haushalt lebenden Personen und Wohnumgebung errechnet.

Lieferant der oben angeführten Daten ist:

W*** Direkt GmbH

***straße *

1*** Wien

E-Mail: office@w***.at

Geplante Speicherdauer:

Ist die Datenweitergabe gem. § 151 Gewerbeordnung zulässig, werden die Daten so lange verarbeitet, wie ihr Einsatz für

Marketingzwecke Dritter erfolgt oder bis Sie eine Löschung der Daten begehren. Haben Sie die Datenweitergabe an

Dritte gem. § 151 Gewerbeordnung untersagt, werden Ihr Name, Ihre Adresse und ggf. Ihr Geburtsdatum nur mehr dazu verwendet, um eine Datenweitergabe an Dritte auszuschließen. Diese Datenverwendung erfolgt so lange, bis Sie die Löschung Ihrer Daten wünschen.

Beweiswürdigung: Die Feststellungen zu den Punkten C.1. und C.2. gründen auf den verfahrenseinleitenden Eingaben der Beschwerdeführer sowie den im Zuge dessen in Kopie vorgelegten Auskunftsschreiben, deren Echtheit und Richtigkeit von der Beschwerdegegnerin zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen wurden.

3. Mit Eingaben vom 8. Dezember 2019 (ha. eingelangt am 9. Dezember 2019) erhoben die Beschwerdeführer gegenständliche Beschwerden bei der Datenschutzbehörde.

Beweiswürdigung: Die Feststellung zu Punkt C.3. ergibt sich aus der Aktenlage.

4. Die Beschwerdegegnerin verfügt seit *5. Juni 19** über eine aufrechte Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gewerbes der Adressverlage und Direktmarketingunternehmen.

Beweiswürdigung: Die Feststellung zu Punkt C.4. gründet auf einem Auszug des Gewerbeinformationssystems Austria (GISA,) abgefragt durch die Datenschutzbehörde am 28. September 2021, GISA-Zahl: *47**361**.

5. Die Adressdaten der Beschwerdeführer, konkret Anrede, Vor- und Nachname, Geburtsdatum sowie Adresse, wurden der Beschwerdegegnerin aus einem Kunden- und Interessentendateisystem der Marketing***XY AG und/oder W***Direkt GmbH zur Verfügung gestellt.

Beweiswürdigung: Die Feststellungen zu Punkt C.5. gründen auf den Stellungnahmen der Beschwerdegegnerin sowie den im Rahmen der verfahrenseinleitenden Eingaben der Beschwerdeführer in Kopie vorgelegten Auskunftsschreiben.

6. Die Marketing***XY AG hat gegenüber der Beschwerdegegnerin im Sinne des § 151 Abs. 5 GewO erklärt, dass die Erhebung der Adressdaten, insbesondere Anrede, Name, Geburtsdatum sowie Anschrift, zu Marketingzwecken in geeigneter Weise gemäß § 151 GewO betrieben werde und keine Untersagung seitens der Betroffenen erfolgt sei (Unbedenklichkeitserklärung). Dieses Dokument wurde antragsgemäß iSv. § 17 Abs. 3 AVG von der Akteneinsicht ausgenommen.

7. Die W***Direkt GmbH hat gegenüber der Beschwerdegegnerin im Sinne des § 151 Abs. 5 GewO erklärt, dass die Erhebung der Adressdaten, insbesondere Anrede, Name, Geburtsdatum sowie Anschrift, zu Marketingzwecken in geeigneter Weise gemäß § 151 GewO betrieben werde und keine Untersagung seitens der Betroffenen erfolgt sei (Unbedenklichkeitserklärung). Dieses Dokument wurde antragsgemäß iSv. § 17 Abs. 3 AVG von der Akteneinsicht ausgenommen.

Beweiswürdigung: Die Feststellungen zu den Punkten C.6. und C.7. ergeben sich aus der Aktenlage.

8. Eine Einwilligung des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin in die Verarbeitung der unter den Punkten C.1. und C.2. angeführten Datensätze lag zu keinem Zeitpunkt vor. Auch erfolgte keine Untersagung der Verarbeitung zum Zwecke des Direktmarketings durch die Beschwerdeführer.

9. Nach Erteilung der Auskunft am 2. April 2019 bzw. im Mai 2019 durch die Beschwerdegegnerin erfolgte eine Sperrung der unter den Punkten C.1. und C.2. angeführten Datensätze und werden diese seit diesem Zeitpunkt nicht mehr an Dritte zum Zwecke des Direktmarketings weitergegeben.

Beweiswürdigung: Die zu den Punkten C.8. und C.9. getroffenen Feststellungen beruhen auf dem Vorbringen der Beschwerdegegnerin, welches von den Beschwerdeführern unbestritten blieb.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

D.1. Zur Zulässigkeit von „geheimen Beweismittel“

1.) Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zur Kenntnisnahme und Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme zu geben (Grundsatz der Einräumung von Parteiengehör, vgl. VwGH 27.03.1990, 89/08/0250).

2.) Im Ausnahmefall kann sich jedoch die Zulässigkeit einer Bescheidbegründung anhand von Beweismitteln, die von der Akteneinsicht ausgenommen sind, aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Oktober 2019, E 1025/2018, ergeben, wonach die Interessen von Verfahrensparteien auf Zugang zu verfahrensrelevanten Informationen mit den Interessen von Verfahrensparteien auf Schutz vertraulicher Angaben und Geschäftsgeheimnisse in Konkurrenz treten.

3.) Konkret führte der Verwaltungsgerichtshof aus (Hervorhebung durch Datenschutzbehörde):

„Weder das grundrechtlich durch Art. 6 EMRK im Rahmen des Prinzips der Waffengleichheit gewährleistete Recht auf Zugang zu Verfahrensakten noch das grundrechtlich insbesondere durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Geheimhaltung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen vermögen eine absolut geschützte Rechtsposition zu begründen. Vielmehr ist im Verwaltungsverfahren bzw. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren das Zugangsrecht zu entscheidungsrelevanten Informationen gegen das Recht anderer Verfahrensparteien auf Schutz ihrer vertraulichen Angaben und ihrer Geschäftsgeheimnisse abzuwägen. Der Grundsatz des Schutzes von vertraulichen Informationen und Geschäftsgeheimnissen muss so ausgestaltet sein, dass er mit den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes und der Wahrung der Verfahrensrechte der am Verfahren Beteiligten im Einklang steht und dass sichergestellt ist, dass insgesamt das Recht auf ein faires Verfahren beachtet wird.

[…]

Der Umstand, dass einzelne Aktenbestandteile nach § 17 Abs. 3 AVG von der Akteneinsicht ausgenommen werden, bedeutet vor diesem Hintergrund daher noch nicht zwingend, dass damit eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG einhergeht, wenn die Behörde die entsprechenden Aktenbestandteile dennoch heranzieht. Zwar stellt es den Grundsatz jedes rechtsstaatlich geordneten behördlichen Verfahrens dar, dass es keine geheimen Beweismittel geben darf (so jeweils fallbezogen VwGH 17.6.2004, 2003/03/0157; 25.9.2014, 2011/07/0006). In bestimmten, außergewöhnlichen Fällen kann es aber zur Wahrung der Grundrechte eines Dritten bzw. anderer Verfahrensbeteiligter oder zum Schutz wichtiger Interessen der Allgemeinheit erforderlich sein, den Parteien bestimmte Informationen vorzuenthalten, solange sichergestellt ist, dass sowohl die Behörde als auch das im Rechtsmittelweg angerufene Verwaltungsgericht über alle entscheidungserheblichen Unterlagen vollumfänglich verfügen (vgl. EuGH 14.2.2008, Rs. C-450/06, Varec SA; weiters Hanslik, aaO, 139 ff.). Die den Verfahrensparteien vorenthaltenen Informationen sind dabei auf das unbedingt notwendige Ausmaß zu beschränken und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die Entscheidungsgrundlagen so zu begrenzen, dass vorzuenthaltende Informationen zur Entscheidungsfindung nicht herangezogen werden müssen. Die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht haben dabei die ihrer Vorgangsweise zugrunde liegende Abwägung zwischen Geheimhaltungsanspruch und Recht auf Akteneinsicht und damit Transparenz der Entscheidungsgrundlage nachvollziehbar zu begründen, sodass die Verfahrensparteien diese zum Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Kontrolle bzw. einer Revision an den

Grundsätzlich sind damit auf dem Boden des § 17 AVG effektiver Rechtsschutz (VfSlg 13.699/1994) und wirksame Beschwerde (Art. 13 EMRK) gewährleistet.“

4.) Im vorliegenden Fall wurden die in den Feststellungen C.6. und C.7. genannten Dokumente („Unbedenklichkeitsbescheinigungen“) bzw. die darin enthaltenen (Detail-) Informationen aufgrund eines entsprechenden Antrags der Beschwerdegegnerin gem. § 17 Abs. 3 AVG von der Akteneinsicht bzw. Vorlage an die Beschwerdeführer ausgenommen. Die Berücksichtigung dieser Information durch die Datenschutzbehörde war jedoch insofern erforderlich, als dass das Vorliegen einer schriftlichen „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ eine wesentliche Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Verarbeitung iSd § 151 GewO darstellt (vgl. Punkt D.2.).

5.) Dabei wäre es nicht möglich gewesen, die von der Akteneinsicht bzw. vom Parteiengehör ausgenommenen Beweismittel den Beschwerdeführern zu übermitteln, ohne dadurch vom Geheimhaltungsinteresse der Beschwerdegegnerin umfasste Informationen über ihre Geschäftsbeziehungen zu Dritten (Geschäftsgeheimnisse) offenzulegen.

6.) Gleichzeitig erweist sich das Interesse der Beschwerdeführer an der Kenntnis des gesamten Dokumentinhalts als insofern vermindert, als dass die Tatsache, dass die Erklärungen vorliegen, den Beschwerdeführern bekannt ist und somit die Vorenthaltung von Detailinformationen keine wesentliche Einschränkung der für die Beschwerdeführer maßgeblichen Verfahrenstransparenz darstellt. Im Übrigen war die rechtliche Würdigung der Erklärungen ohnedies amtswegig durch die Datenschutzbehörde vorzunehmen.

7.) Eine Abwägung dieser widerstreitenden Interessen im vorliegenden Fall führte daher dazu, dass diese Beweismittel den Beschwerdeführern nicht zugänglich gemacht werden konnten.

D.2. Zum Beschwerdegegenstand und zur Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung (Spruchpunkt 1)

8.) Die Beschwerdeführer behaupteten eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass die Beschwerdegegnerin ihre „persönlichsten“ Daten unrechtmäßig aus einem ehemaligen Dienstverhältnis bzw. Bankkontovertrag ermittelt habe.

9.) Aufgrund dieses Vorbringens war seitens der Datenschutzbehörde davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer in erster Linie die rechtswidrige Verarbeitung der Adressdaten – Anrede, Name, Geburtsdatum sowie Anschrift – monierten und sich folglich der Prüfungsgegenstand auf diese Datenkategorie beschränkte. Die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Wahrheitsforschung geht nämlich nicht so weit, dass sie in jede denkbare Richtung Ermittlungen durchzuführen hätte, sondern sie besteht nur insoweit, als Anhaltspunkte aus den Akten (etwa das Vorbringen der Partei [VwSlg 13.227 A/1990]) dazu Veranlassung geben (VwGH 4.4.2002, 2002/08/0021).

10.) Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, verfügt die Beschwerdegegnerin über eine aufrechte Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gewerbes der Adressverlage und Direktmarketingunternehmen. § 151 GewO trifft neben der DSGVO sowie dem DSG zusätzliche gewerberechtliche Vorschriften über die Verwendung personenbezogener Daten im Rahmen von Marketingzwecken Dritter durch die zur Ausübung des Gewerbes der Adressverlage und Direktmarketingunternehmen Berechtigte. Als „Sonderdatenschutzrecht“ (vgl. Risz in Ennöckl/N. Raschauer/Wessely , GewO § 151 Rn. 9 mwH) enthält die Bestimmung Regelungen, unter welchen Voraussetzungen Adressverlage und Direktmarketingunternehmen personenbezogene Daten ermitteln und verwenden dürfen.

11.) Der Direktwerbeunternehmer muss über Daten betreffend die ausgewählten Zielgruppen verfügen, um seinen Unternehmenszweck erreichen zu können. Dies liegt auch im Interesse der Gewerbetreibenden, die einen Direktwerbeunternehmer mit der Durchführung von Werbeaktionen beauftragen. Es muss daher der Datenfluss zwischen Gewerbetreibendem und Direktwerbeunternehmen, und zwar in beiderlei Richtung, ermöglicht werden, allerdings mit der Beschränkung, dass die Übermittlung von Daten stets an den Zweck der Durchführung von Werbeaktionen gebunden bleibt (vgl. Gruber/Paliege-Barfuß , GewO 7 , § 151, Rn. 6)

12.) Liegt - wie gegenständlich - keine Einwilligung der betroffenen Personen (Art. 4 Z 11 DSGVO) zur Übermittlung ihrer Daten für Marketingzwecke Dritter vor, dürfen Adressverlage und Direktmarketingunternehmen ausschließlich die in § 151 Abs. 5 erster Satz GewO taxativ aufgezählten Daten aus einem Kunden- und Interessentendateisystem eines Dritten ermitteln. Voraussetzung ist überdies, dass der Inhaber des Dateisystems dem Gewerbetreibenden gegenüber schriftlich unbedenklich erklärt hat , dass die betroffenen Personen in geeigneter Weise über die Möglichkeit informiert wurden, die Übermittlung ihrer Daten für Marketingzwecke Dritter zu untersagen, und dass keine Untersagung erfolgt ist (Unbedenklichkeitserklärung).

13.) Die Beschwerdegegnerin hat als Gewerbetreibende aus dem Kunden- und Interessentendateisystem der „Marketing***XY AG“ bzw. „W***Direkt GmbH“ die beschwerdegegenständlichen Adressdaten der Beschwerdeführer erhalten. Da überdies – wie festgestellt - die für die rechtmäßige Verarbeitung erforderlichen Unbedenklichkeitserklärungen vorliegen, erwies sich die Verarbeitung der Adressdaten Anrede, Name, Geburtsdatum sowie Anschrift im Rahmen von Marketingzwecken auch ohne ausdrückliche Einverständnis als zulässig und erwiesen sich die Beschwerden im Ergebnis als unbegründet (vgl. dazu auch den Bescheid vom 18. April 2019, GZ: DSB-D123.986/0003-DSB/2019).

14.) Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

D.3. Zur Zurückweisung der Anträge auf Zuspruch des entstandenen Schadens (Spruchpunkt 2)

15.) Die Beschwerdeführer beantragten überdies den Zuspruch einer angemessenen Entschädigung für den ihnen (behauptetermaßen) entstandenen Schaden.

16.) Gemäß § 29 Abs. 1 DSG hat jede betroffene Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO oder gegen das DSG ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen nach Art. 82 DSGVO.

17.) Es ist jedoch festzuhalten, dass gemäß § 29 Abs. 2 DSG für Klagen auf Schadenersatz in erster Instanz das mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtsachen betraute Landesgericht zuständig ist.

18.) Aufgrund der Unzuständigkeit der Datenschutzbehörde war spruchgemäß zu entscheiden.

Rückverweise