JudikaturDSB

2021-0.637.047 – Datenschutzbehörde Entscheidung

Entscheidung
28. September 2021

Text

GZ: 2021-0.637.047 vom 28. September 2021 (Verfahrenszahl: DSB-D202.291)

[Anmerkung Bearbeiter: Dieser Bescheid wird als unbearbeiteter Klartext veröffentlicht. Es handelt sich bei den Betroffenen um Staatsorgane bzw. eine Körperschaft öffentlichen Rechts, deren Namen auch aus zitierten Rechtsvorschriften abgeleitet werden können. Eine sinnvolle Pseudonymisierung dieser gemäß § 23 Abs. 2 DSG zu veröffentlichenden Entscheidung war daher nicht möglich.]

BESCHEID

SPRUCH

Die Datenschutzbehörde entscheidet über den Antrag des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (Antragsteller) vom 30. August 2021 auf Erteilung der Genehmigung zur Übermittlung personalisierter Mailadressen an ein Evaluierungsinstitut gem. § 8 Abs. 4 DSG wie folgt:

- Der Antrag wird zurückgewiesen .

Rechtsgrundlagen : § 8 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF.

BEGRÜNDUNG

A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang

1. Der Antragsteller beantragte mit Schreiben vom 30. August 2021 eine Genehmigung gestützt auf § 8 Abs. 4 DSG, um personalisierte E-Mail-Adressen einem Evaluierungsinstitut zu Zwecken einer Befragung im Zusammenhang mit dem Förderungsprogramm „Härtefallfonds“ zur Verfügung zu stellen.

Das Förderungsprogramm „Härtefallfonds“ unterstütze finanziell Ein-Personen-Unternehmer, Kleinstunternehmer und freie Dienstnehmer bei der Bewältigung der Covid-19-Krise. Seit März 2020 seien rund 2 Milliarden Euro an Fördergeldern an etwa 230.000 Personen ausbezahlt worden.

Um die Wirkungen des Härtefallfonds sowie die Zufriedenheit mit dem Förderungsprogramm entsprechend einer Empfehlung des Rechnungshofes evaluieren zu können, sei eine Wirkungsanalyse notwendig, welche durch die Beauftragung eines Evaluierungsinstituts durchgeführt werden sol.

Als Forschungsfragen seien etwa

- „wieviel Prozent der Fördernehmer, die eine Förderung erhalten haben, sind nach wie vor am Markt tätig“,

- „wie zufrieden sind die Fördernehmer mit der Förderung“,

- „wurden die Ziele der Bundesregierung erfüllt“,

sowie ähnliche gelagerte Fragestellungen geplant.

2. Mit Schreiben vom 10. September 2021 führte der Antragsteller aus, dass es im gegenständlichen Zusammenhang nicht gesichert sei, ob die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 DSG vorliegen würden, da die Übermittlung von Daten an ein Evaluierungsinstitut zur Durchführung einer Zufriedenheitsanalyse im Zusammenhang mit der Abwicklung des Härtefallfonds nicht unmittelbar eindeutig im „öffentlichen Interesse“ begründet sei. Die einschlägige Judikatur und die darin bejahte Zulässigkeit der Datenweitergabe ohne Einwilligung sei nicht eindeutig auf diesen Fall übertragbar. Daher wäre bei Nichtvorliegen des öffentlichen Interesses eine Genehmigung im Sinne des § 8 Abs. 4 DSG durch die Datenschutzbehörde erforderlich.

B. Sachverhaltsfeststellungen

Das Vorbringen des Antragstellers wird den Sachverhaltsfeststellungen zu Grunde gelegt.

C. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

C.1. Anwendbare Rechtsvorschriften

§ 8 DSG lautet samt Überschrift wie folgt (Hervorhebungen durch die Datenschutzbehörde):

Zurverfügungstellung von Adressen zur Benachrichtigung und Befragung von betroffenen Personen

§ 8. (1) Soweit gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, bedarf die Übermittlung von Adressdaten eines bestimmten Kreises von betroffenen Personen zum Zweck ihrer Benachrichtigung oder Befragung der Einwilligung der betroffenen Personen.

(2) Wenn allerdings eine Beeinträchtigung der Geheimhaltungsinteressen der betroffenen Personen angesichts der Auswahlkriterien für den Betroffenenkreis und des Gegenstands der Benachrichtigung oder Befragung unwahrscheinlich ist , bedarf es keiner Einwilligung, wenn

1. Daten desselben Verantwortlichen verarbeitet werden oder

2. bei einer beabsichtigten Übermittlung der Adressdaten an Dritte

a) an der Benachrichtigung oder Befragung auch ein öffentliches Interesse besteht oder

b) keiner der betroffenen Personen nach entsprechender Information über Anlass und Inhalt der Übermittlung innerhalb angemessener Frist Widerspruch gegen die Übermittlung erhoben hat.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor und würde die Einholung der Einwilligung der betroffenen Personen gemäß Abs. 1 einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, ist die Übermittlung der Adressdaten mit Genehmigung der Datenschutzbehörde gemäß Abs. 4 zulässig, falls die Übermittlung an Dritte

1. zum Zweck der Benachrichtigung oder Befragung aus einem wichtigen Interesse des Betroffenen selbst,

2. aus einem wichtigen öffentlichen Benachrichtigungs- oder Befragungsinteresse oder

3. zur Befragung der betroffenen Personen für wissenschaftliche oder statistische Zwecke

erfolgen soll.

(4) Die Datenschutzbehörde hat auf Antrag eines Verantwortlichen, der Adressdaten verarbeitet, die Genehmigung zur Übermittlung zu erteilen, wenn der Antragsteller das Vorliegen der in Abs. 3 genannten Voraussetzungen glaubhaft macht und überwiegende schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen der betroffenen Personen der Übermittlung nicht entgegenstehen. Die Datenschutzbehörde hat die Genehmigung an die Erfüllung von Bedingungen und Auflagen zu knüpfen, soweit dies zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen notwendig ist.

(5) Die übermittelten Adressdaten dürfen ausschließlich für den genehmigten Zweck verarbeitet werden und sind zu löschen, sobald sie für die Benachrichtigung oder Befragung nicht mehr benötigt werden.

(6) Sofern es gemäß den vorstehenden Bestimmungen zulässig ist, Namen und Adresse von Personen, die einem bestimmten Betroffenenkreis angehören, zu übermitteln, dürfen auch die zum Zweck der Auswahl der zu übermittelnden Adressdaten notwendigen Verarbeitungen vorgenommen werden.

C.2. In der Sache

Aus der Datenschutzerklärung hinsichtlich des Förderprogrammes „Härtefallfonds“ ergibt sich, dass dieses in gemeinsamer datenschutzrechtlicher Verantwortung gemäß Art 26 DSGVO zwischen dem Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW – also dem Antragsteller) Stubenring 1, 1010 Wien, und der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien, abgewickelt wird.

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass personalisierte E-Mail-Adressen, welche durch den/die Verantwortlichen verarbeitet werden, für die Durchführung einer von d beauftragten Wirkungsanalyse an ein Evaluierungsinstitut übermittelt werden sollen.

Nach § 8 Abs. 2 DSG bedarf es keiner Einwilligung einer betroffenen Person oder einer Genehmigung durch die Datenschutzbehörde, wenn angesichts der Auswahlkriterien für den Betroffenenkreis und des Gegenstands der Benachrichtigung oder Befragung eine Beeinträchtigung der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen unwahrscheinlich ist und entweder Daten desselben Verantwortlichen verarbeitet werden oder – bei der beabsichtigten Übermittlung der Adressdaten an Dritte – an der Befragung ein öffentliches Interesse besteht oder keiner der betroffenen Personen nach entsprechender Information über Anlass und Inhalt der Übermittlung innerhalb angemessener Frist Widerspruch gegen die Übermittlung erhoben hat.

Im vorliegenden Fall sollen personalisierte E-Mail-Adressen verarbeitet und übermittelt werden, die im Zuge der Abwicklung des Förderungsprogrammes „Härtefallfonds“ von den Verantwortlichen verarbeitet wurden. Eine Beeinträchtigung der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen ist unwahrscheinlich, zumal keine besonderen Kategorien personenbezogener Daten verarbeitet werden sollen und entsteht kein Anschein einer Auswahl anhand sensibler Datenarten. Vielmehr sollen alle Förderteilnehmer befragt werden. Die Daten der Betroffenen wurden zudem bereits im gesetzlich – im „Bundesgesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds (Härtefallfondsgesetz)“ – festgelegten Ausmaß und iZm den im Rahmen der Förderantragsstellung von den Betroffenen übermittelten Informationen verarbeitet. Die grundsätzliche Verarbeitung durch die Verantwortlichen ist für die Betroffenen daher zumindest nicht unvorhersehbar.

Es handelt sich gegenständlich, wie festgestellt, bei den zu verarbeitenden personenbezogenen Daten um solche desselben Verantwortlichen , weshalb gegenständlich § 8 Abs. 2 Z 1 DSG einschlägig ist.

Der Vollständigkeit halber sei zusätzlich angeführt, dass auch eine Subsumption unter § 8 Abs. 2 Z 2 DSG zu einer Zurückweisung geführt hätte, da aus Sicht der Datenschutzbehörde sowohl eine Information an die Betroffenen iSd § 8 Abs. 2 Z 2 lit. b DSG ergehen hätte können, als auch ein öffentliches Interesse iSd § 8 Abs. 2 Z 2 lit. a DSG vorliegt. Ein öffentliches Interesse ist dann indiziert, wenn sich Verarbeitungen mit Themen beschäftigen, die für die Gesellschaft insgesamt von wichtiger Bedeutung sind (vgl. dazu Löffler in Knyrim , DatKomm Art. 89 DSGVO, Rz 76). Ein solches Interesse ist bei der Evaluierung der Wirkung von Maßnahmen, welche mit erheblichen öffentlichen Ressourcen finanziert werden und auch gesamtwirtschaftliche Auswirkungen haben sollen, anzunehmen. Es werden statistische Grundlagen benötigt, um die zukünftige Gestaltung von ähnlichen Förderprogrammen, einschließlich der notwendigen Aufbringung finanzieller Mittel, mit der gebotenen Zuverlässigkeit und Effektivität planen und durchführen zu können (vgl. in diesem Sinne etwa DSK vom 21.04.2006, GZ: K202.045/0004-DSK/2006). In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass die gegenständliche Evaluierung explizit vom Rechnungshof empfohlen wurde (siehe Bericht des Rechnungshofes Härtefallfonds – Förderabwicklung, abrufbar unter https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Bund2021_29_Haertefallfonds_Foerderabwicklung.pdf, S 108).

Im Ergebnis sind jedoch schon die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Z 1 DSG erfüllt, weshalb der Antrag spruchgemäß zurückzuweisen war.

Eine Aufforderung zur Gebührenentrichtung entfällt im Hinblick auf § 2 des Gebührengesetzes 1957.

Rückverweise