DSB-D122.347/0005-DSB/2015 – Datenschutzbehörde Entscheidung
Text
GZ: DSB-D122.347/0005-DSB/2015 vom 8. Oktober 2015
[Anmerkung Bearbeiter: Namen und Firmen, Rechtsformen und Produktbezeichnungen, Adressen (inkl. URLs, IP- und E-Mail-Adressen), Aktenzahlen (und dergleichen), etc., sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
BESCHEID
SPRUCH
Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde des minderjährigen Kevin N*** (Beschwerdeführer), vertreten durch seine Eltern Doris und Andreas N***, vom 4. Mai 2015, verbessert am 20. Mai 2015, gegen den Stadtschulrat für Wien als Schulbehörde wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung in Folge der Veröffentlichung eines Fotos des Beschwerdeführers auf der Website der öffentlichen Volksschule ****straße *5, 1*** Wien (im Folgenden auch kurz: P***schule) wie folgt:
Der Beschwerde wird Folge gegeben und es wird festgestellt , dass der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer dadurch in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt hat, dass ohne Vorliegen einer Zustimmung der Eltern vom 1. März 2015 bis zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt nach dem 27. April 2015 eine Veröffentlichung eines Fotos des minderjährigen Beschwerdeführers auf der Webseite der öffentlichen Volksschule ****straße *5, 1*** Wien , (http://p***.schule.wien.at/galerie/) erfolgte.
Rechtsgrundlagen : §§ 1 Abs. 1 und 2, § 4 Z 14, § 8 Abs. 2 Z 2 und § 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I 165/1999 idgF, iVm § 3 Abs. 1 Z 1 und § 4 Abs. 1 des Bundes-Schulaufsichtsgesetzes, BGBl. Nr. 240/1962 idgF.
BEGRÜNDUNG
A. Vorbringen der Parteien
Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass gegen den ausdrücklichen Wunsch seiner Eltern ein Klassenfoto auf der Webseite der P***schule veröffentlicht worden sei, das den Beschwerdeführer zeige.
Nach Aufforderung durch die Datenschutzbehörde, die auch dem Beschwerdegegner zur Kenntnis gelangt ist (siehe den Aktenvermerk vom 23. Juni 2015 in GZ: DSB-D122.347/0003-DSB/2015), nahm die Leitung der P***schule mit Schreiben vom 29. Juni 2015 zu den Vorwürfen Stellung und gestand diese zu. Es sei einem dienstlichen Auftrag, das Gesicht des Beschwerdeführers auf dem Klassenfoto unkenntlich zu machen, nicht nachgekommen worden. Das Foto sei mittlerweile von der Homepage genommen worden.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob Klassenfotos gegen den ausdrücklichen Willen der Eltern im Internet veröffentlicht werden dürfen.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Am 1. Dezember 2014 unterfertigten die Eltern des minderjährigen Beschwerdeführers (Geburtsdatum: 24. Oktober 2006), Doris und Andreas N***, ein von der Schule ausgeteiltes „Notfalldatenblatt“ , das folgende Frage enthielt: „Ich erkläre mich damit einverstanden, dass Bilder, auf denen mein Kind zu sehen ist, im Rahmen von Öffentlichkeitsarbeit (z.B. Homepage, Zeitung, TV) zur Ansicht gelangen.“
Diese Frage wurde von den Eltern durch Setzen eines Kreuzes mit „Nein“ beantwortet.
Am 24. April 2015 erfuhren die Eltern des Beschwerdeführers, dass trotzdem ein Foto ihres Sohnes auf der Schulhomepage veröffentlicht wurde.
Die Schulhomepage (mit der Web-Adresse (URL) http://p***.schule.wien.at) wird vom der Stadt Wien (als Schulerhalter) als Dienstleister in einer Sub-Domain der Top-Level-Domain http://www.wien.at gehostet. Im Impressum scheint die Leitung der Schule als Verantwortliche auf. Die P***schule ist jedoch, im Gegensatz zum Beschwerdegegner (DVR: 0064131), nicht als datenschutzrechtlicher Auftraggeber im von der Datenschutzbehörde geführten Datenverarbeitungsregister (DVR) eingetragen.
Das beanstandete Foto ist nach dem 27. April 2015 von der Schulhomepage gelöscht worden.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf den Schreiben aus den Verfahrensakten zu Zl. DSB-D122.347, dem unbestrittenen Vorbringen der Parteien und Recherche auf der Webseite der P***schule. Eine am 7. Oktober 2015 vorgenommene Überprüfung der Website der Schule (Screenshot einliegend zu GZ: DSB-DSB-D122.347/0005-DSB/2015) hat bestätigt, dass in der „Galerie“ derzeit keine Klassenfotos veröffentlicht werden.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
1. Zur auftraggeberischen Verantwortung für die Datenverwendung öffentlicher Schulen
Die Beschwerde richtete sich formal gegen die P***schule. Nach einer Entscheidung der früheren Datenschutzkommission aus dem Jahr 2004 (Bescheid vom 2. 11. 2004, K120.941/0012-DSK/2004, RIS) sind „Handlungen einer nach außen hin nicht rechtswirksam errichteten Bildungseinrichtung“ datenschutzrechtlich der Schulbehörde zuzurechnen. Im Sinne der zitierten Entscheidung ist die P***schule eine unselbständige, nicht rechtswirksam errichtete Bildungsanstalt öffentlichen Rechts. Sie ist auch, wie im Sachverhalt festgestellt, nicht ins DVR eingetragen worden. Die datenschutzrechtliche Verantwortung liegt daher hier, da nicht gesetzlich ausdrücklich anderes bestimmt ist, gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 und § 4 Abs. 1 des Bundes-Schulaufsichtsgesetzes, BGBl. Nr. 240/1962 idF BGBl. I Nr. 48/2014, beim Beschwerdegegner als Schulbehörde. Das Beschwerdevorbringen war daher (vgl. die Wendung „soweit dies zumutbar ist“ in § 31 Abs. 3 Z 2 DSG 2000, der Bestimmung über die Pflicht des Beschwerdeführers zur Bezeichnung des Beschwerdegegners) entsprechend umzudeuten.
2. in der Sache selbst
Die Veröffentlichung des Bildes eines Schulkindes auf einer Schulhomepage ist eine Verwendung personenbezogener Daten (Bilddaten) gemäß § 4 Z 1 DSG 2000, an denen ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse besteht.
Die Datenverwendung durch Schulen ist gesetzlich (Bundes-Schulaufsichtsgesetz, SchUG, SchOG) nur kursorisch geregelt. Mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung zur Verarbeitung und Übermittlung von Bilddaten der Schüler für den Zweck der Gestaltung einer Schulhomepage, kommt hier für einen solchen Eingriff in das Grundrecht auf Geheimhaltung nur eine – jederzeit widerrufbare - Zustimmung des Betroffenen gemäß § 4 Z 14 und § 8 Abs. 1 Z 2 DSG 2000 in Betracht.
Diese Zustimmung ist jedoch, wie laut Sachverhalt feststeht, von den Eltern des Beschwerdeführers nie wirksam erteilt worden.
Der Beschwerde war daher spruchgemäß Folge zu geben.