JudikaturBVwG

W265 2314686-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
03. September 2025

Spruch

W265 2306067-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde XXXX MA, geb., gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 26.05.2025, betreffend die Abweisung des Antrages auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird mit der Maßgabe bestätigt, dass die Zitierung des Grades der Behinderung im Spruch entfällt.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin stellte am 28.02.2025 einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (auch Sozialministeriumservice, in der Folge belangte Behörde) und legte ein Konvolut an medizinischen Befunden vor.

2. Die belangte Behörde holte zur Überprüfung des Antrages ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 22.04.2025 erstatteten Gutachten vom 23.04.2025 (vidiert am 24.04.2025) stellte die medizinische Sachverständige bei der Beschwerdeführerin die Funktionseinschränkung „Encephalomyelitis disseminata, Position 04.08.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung (EVO), Grad der Behinderung (GdB) 30 % und einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 v.H. fest.

3. Die belangte Behörde übermittelte der Beschwerdeführerin dieses Sachverständigengutachten mit Schreiben vom 30.04.2025 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte dieser eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein.

4. Die Beschwerdeführerin gab mit Schreiben vom 15.05.2025 eine Stellungnahme ab. Darin führte sie im Wesentlichen aus, dass sie ihre Erkrankung Multiple Sklerose im Gutachten gewürdigt sehe, allerdings erkenne sie nicht, dass ihre anderen Gebrechen, die sie vorgebracht und mit Arztberichten belegt habe, ebenfalls miteingeschlossen worden seien. Deshalb wolle sie auf ihre Einschränkungen im privaten und beruflichen Alltag näher eingehen: Gehstrecken über 400 m seien für sie sehr beschwerlich und nicht ohne Hilfe möglich. Sie verliere oft das Gleichgewicht beim Gehen und müsse sich abstützen oder gar setzen. An vielen Tagen schwanke sie stark und leide an Schwindel. Dies habe ein Facharzt im Befund auch hervorgehoben. Sie leide fortgesetzt an starker Fatigue, sie sei selbst am Morgen nach durchschlafender Nacht wieder todmüde. Ein Arbeitstag von acht Stunden sei für sie nicht mehr durchhaltbar. Deshalb habe sie ihren Arbeitsgeben bereits im letzten Jahr um Reduzierung der Arbeitszeit von 40 auf 36 Arbeitsstunden/Woche gebeten. Selbst dies habe keine Linderung gebracht. Hinzu komme, dass sie gerade auch ihre berufliche Arbeit in einem so langsamen Rhythmus erledige, sodass sie ihren Kollegen und Vorgesetzten zur Belastung geworden sei, wodurch sie von ihrem Arbeitgeber zum 30.06.2025 zur einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses bewegt worden sei. Im Bescheid würde sie sich wünschen, dass auch ihre starke psychische Mitbelastung im Form von Ängsten, innerer Unruhe, Stimmungsschwankungen entsprechend berücksichtigt würden. Sie sei bereits in den Jahren 2014 bis 2026 in Paris und Wien in psychologischer Behandlung wegen depressiver Stimmungen und Angststörungen gewesen, die sich seither verschlimmert hätten.

5. Die befasste medizinische Sachverständige gab über Ersuchen der belangten Behörde zum Vorbringen der Beschwerdeführerin eine Stellungnahme ab. In ihrer Stellungnahme vom 22.05.2025 führte die medizinische Sachverständige Folgendes aus:

„Zu den Einwendungen der Antragstellerin ist folgendes festzuhalten. Die im Befund Dr. XXXX vom 9.1.2025 im psychischen Status festgehaltenen Symptome der Fatigue sowie der mnestischen und kognitiven Beeinträchtigung wurden in der Einschätzung der Position 1 mit berücksichtigt. Bezüglich der Diagnose Depression gibt es keine Verlaufsbefunde. Keine Bestätigungen für Psychotherapie oder stationäre Aufenthalte diesbezüglich, das heißt die therapeutische Bandbreit ist nicht ausgeschöpft. Die von der Antragstellerin in ihrem Brief erwähnten psychologischen Behandlungen 2014-2016 in Wien und Paris sind durch Befunde nicht belegt und auch keine Brückenbefunde vorliegend. Die angegebenen Beschwerden wurden sehr wohl in der Einschätzung von Leiden 1 berücksichtigt. Die von der Antragstellerin angegebenen anderen Gebrechen wurden berücksichtigt. Lediglich MRT-Befunde des Neurokraniums und der Wirbelsäule vorliegend, die MS spezifische Veränderungen beschreiben, jedoch ohne Befunddynamik. Die Einstufung des Grades der Behinderung wurde auch dem MS spezifischen Score EDSS 2,5 entsprechend vorgenommen. Die angegebene Überlastung bei der Bewältigung der Arbeits-, und Alltagstätigkeiten wurde in der Einschätzung mit der Einstufung mit einer Stufe über dem unteren Rahmensatz, bereits mit Konzentration und Gedächtnisproblemen gewürdigt. Es ergibt sich somit keine Änderung der bereits getroffenen Einschätzung.“

6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26.05.2025 wies die belangte Behörde den am 28.02.2025 eingelangten Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten ab. Der Grad der Behinderung betrage 30 v.H. Die belangte Behörde stellte begründend fest, dass die Beschwerdeführerin mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nicht erfüllen würde. Die belangte Behörde schloss dem Bescheid das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten samt ergänzender Stellungnahme in Kopie an.

7. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 30.05.2025 Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, dass sie bereits in ihrer ersten Stellungnahme auf zahlreiche Einschränkungen hingewiesen habe. Im aktuellen Bescheid könne sie nicht erkennen, dass ihre Argumente in irgendeiner Form berücksichtigt oder im ärztlichen Bericht erwähnt worden seien. In Ergänzung zu ihrer ersten Stellungnahme wolle sie betonen, dass sie sich durch die aktuelle Einstufung nicht angemessen bewertet fühle, vor allem, was die Auswirkungen ihrer psychischen Belastung, Fatigue, Konzentrationsprobleme und kognitive Einschränkungen betreffe. Ihr sei bewusst, dass die Beurteilung nach einem standardisierten Schema erfolge, das sich an objektiven Kriterien orientiere. Diese Kriterien seien sicher wichtig, jedoch würden sie nicht alle Aspekte der Lebensrealität bei chronischen neurologischen Erkrankungen wir der Multiplen Sklerose widerspiegeln. Trotz aller Bemühungen sei sie nicht mehr Vollzeit arbeitsfähig. Ihr Arbeitsverhältnis sei daher zum 30.06.2025 einvernehmlich beendet worden. Das zeige deutlich, dass ihre Einschränkungen nicht mehr als leicht einzustufen seien.

8. Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 20.06.2025 vor, wo dieser am 23.06.2025 einlangte.

9. Das Bundesverwaltungsgericht holte am 28.08.2025 einen Auszug aus dem AJ-WEB Auskunftsverfahren, wonach die Beschwerdeführerin Arbeitslosengeld bezieht, und einen Auszug aus dem zentralen Melderegister ein, wonach die Beschwerdeführerin deutsche Staatsbürgerin ist und ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist deutsche Staatsbürgerin und hat ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland. Die Beschwerdeführerin bezieht seit 01.07.2025 Arbeitslosengeld.

Sie brachte am 28.02.2025 den gegenständlichen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten beim Sozialministeriumservice ein.

Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Anamnese:

Verbrennung rechter Oberarm mit Hauttransplantation aus dem rechten Glutealbereich ca. 2002 AE

MS Erstmanifestation 2010 Derzeitige Beschwerden:

Ich bin leicht depressiv, leide unter Vergesslichkeit. Deshalb habe ich auch die Kündigung per 30.6. bekommen. Ich bin ständig gestresst und traurig.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Tecfidera 240 mg, Mirtazapin, Cerebokan.

Sozialanamnese:

Tätigkeit in einer Anwaltskanzlei, lebt mit ihrem Mann und einer 14-jährigen Tochter. Wohnung mit Lift.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Klinik Floridsdorf 28.2.2025: Multiple Sklerose, klagt über massive Fatigue Konzentrations- und Gedächtnisstörungen. Vollzeitbeschäftigung, damit sehr belastet. Kein rezenter Schub. Gehstrecke 2 km dann Pause nötig.

Planung diverse Impfungen vor Umstellung der Therapie.

Urge-Symptomatik, Hypästhesien beide Fingerspitzen und Fußsohle links EDSS 2,5

MRT Neurokranium Imaging 9.11.2024: Supra und infratentorielle Mitbeteiligung, Verlauf unverändert, keine neuen Herdbefunde.

MRT der Halswirbelsäule Imaging 30.10.2024: Im Vergleich zu 12/2023 unveränderte Darstellung der bekannten intramedullären Demyelinisierungsherde entlang des zervikalen Myelons.

MRT der gesamten Wirbelsäule Imaging 6.12.2023: Bekannte multiple spinale Demyelinisierungsherde, neu hinzugekommen 2 Herde auf Höhe C7 und Th10. Sonst keine Befunddynamik.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

gut

Größe: 163,00 cm Gewicht: 50,00 kg Blutdruck: 110/70 Klinischer Status - Fachstatus:

Caput: Unauffälliges Sehvermögen, unauffälliges Hörvermögen Collum: Unauffällig

Cor: Herzaktion rhythmisch rein normofrequent Pulmo: Vesikuläratmen bds.

Abdomen: Keine Resistenzen, Leber und Milz nicht tastbar.

Obere Extremität: Alle Gelenke altersgemäß frei beweglich, Nacken und Schürzengriff bds. ausführbar. Grobe Kraft seitengleich. Sensibilität seitengleich. Hypästhesie im Bereich der Fingerspitzen.

Ausgedehnte Narbe im Bereich des rechten Oberarmes und des rechten Schulterblattes nach Verbrennung, Hautdeckung und damit Narbenbildung rechts gluteal.

Untere Extremität: Alle Gelenke altersgemäß frei beweglich, Sensibilität seitengleich unauffällig, Fersen und Zehenstand bds. ausführbar. Einbeinstand unsicher bds. ausführbar. Hypästhesie Fußsohle li.

Wirbelsäule: In allen Abschnitten frei beweglich, FBA 30 cm.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Ohne Gehhilfen insgesamt sicheres Gangbild. Das Aufstehen und Setzen ohne Anhalten am Mobiliar, ebenso der Lagewechsel auf der Untersuchungsliege. Das Ankleiden und Auskleiden zur Gänze selbstständig.

Bei der Beschwerdeführerin besteht folgende Funktionseinschränkung, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern wird:

1. Encephalomyelitis disseminata

Bei der Beschwerdeführerin liegt zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt kein Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführerin beruhen auf einem vom Bundesverwaltungsgericht am 23.06.2025 eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister. Die Feststellung zum Bezug von Arbeitslosengeld beruhen auf einem vom Bundesverwaltungsgericht am 28.08.2025 eingeholten Auszug aus dem AJ Web.

Die Feststellung zur gegenständlichen Antragstellung gründet sich auf den Akteninhalt.

Die Feststellung, dass bei der Beschwerdeführerin zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt kein Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. vorliegt, gründet sich auf das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 23.04.2025 (vidiert am 24.04.2025) basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 22.04.2025 samt ergänzender Stellungnahme vom 22.05.2025.

Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die medizinische Gutachterin setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen; die Gesundheitsschädigungen sind nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Insoweit die Beschwerdeführerin in der Beschwerde vorbringt, dass sie sich durch die aktuelle Einstufung nicht angemessen bewertet fühle, vor allem, was die Auswirkungen ihrer psychischen Belastung, Fatigue, Konzentrationsprobleme und kognitive Einschränkungen betreffe, so ist dem entgegen zu halten, dass die im Befund Dr. XXXX vom 9.1.2025 im psychischen Status festgehaltenen Symptome der Fatigue sowie der mnestischen und kognitiven Beeinträchtigung in der Einschätzung der Position 1 mitberücksichtigt wurden. Die MRT-Befunde des Neurokraniums und der Wirbelsäule beschreiben zwar MS spezifische Veränderungen, sind jedoch ohne Befunddynamik. Die Einstufung des Grades der Behinderung wurde seitens der medizinischen Gutachterin dem MS spezifischen Score EDSS 2,5 entsprechend vorgenommen. Die angegebene Überlastung bei der Bewältigung der Arbeits- und Alltagstätigkeiten wurde ebenfalls in der Einschätzung mit der Einstufung mit einer Stufe über dem unteren Rahmensatz unter Berücksichtigung von Konzentrations- und Gedächtnisproblemen gewürdigt.

Hinsichtlich des Vorbringens der Beschwerdeführerin, dass das depressive Beschwerdebild nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, ist auszuführen, dass es bezüglich der Diagnose Depression keine Verlaufsbefunde gibt. Es wurden weder Bestätigungen für Psychotherapie noch stationäre Aufenthalte in Vorlage gebracht, demzufolge ist die therapeutische Bandbreite nicht ausgeschöpft. Auch die von der Beschwerdeführerin in der Stellungnahme vom 15.05.2025 erwähnten psychologischen Behandlungen 2014-2016 in Wien und Paris sind weder durch Befunde belegt noch liegen Brückenbefunde vor. Die damit einhergehenden Beschwerden wurden seitens der medizinischen Gutachterin in der Einschätzung von Leiden 1 sehr wohl berücksichtigt.

Die Beschwerdeführerin ist mit dem Beschwerdevorbringen dem medizinischen Sachverständigengutachten nicht ausreichend und insbesondere nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es der Antragstellerin, so sie der Auffassung ist, dass ihre Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093). Sie gab insbesondere auch im Rahmen des Parteiengehörs keine Stellungnahme zum Sachverständigengutachten vom 29.11.2024 ab.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des eingeholten Sachverständigengutachtens samt ergänzender Stellungnahme. Diese werden daher der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens ist die Frage, ob der Beschwerdeführer die Voraussetzungen der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nach dem Behinderteneinstellungsgesetz erfüllt, oder nicht.

2. Zur Entscheidung in der Sache

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes-BEinstG, BGBl. Nr. 22/1970 idgF lauten:

„Begünstigte Behinderte

§ 2 (1) Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH. Österreichischen Staatsbürgern sind folgende Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH gleichgestellt:

1. Unionsbürger, Staatsbürger von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, Schweizer Bürger und deren Familienangehörige,

2. Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind,

3. Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern gleichzustellen sind.

4. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 72/2013)

(2) Nicht als begünstigte Behinderte im Sinne des Abs. 1 gelten behinderte Personen, die

a) sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder

b) das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen oder

c) nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften Geldleistungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. Ruhegenüsse oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters beziehen und nicht in Beschäftigung stehen oder

d) nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) nicht in der Lage sind.

(3) Die Ausschlussbestimmungen des Abs. 2 lit. a gelten nicht für behinderte Personen, die als Lehrlinge in Beschäftigung stehen, eine Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolvieren, an einer Hebammenakademie oder einer entsprechenden Fachhochschule ausgebildet werden oder zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, eine abgeschlossene Hochschulausbildung erfordernden Beruf nach Abschluss dieser Hochschulausbildung beschäftigt werden und die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen.

Behinderung

§ 3 Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Feststellung der Begünstigung

§ 14 (1) Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt der letzte rechtskräftige Bescheid über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH

a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002, oder des Bundesverwaltungsgerichtes;

b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. das Urteil eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;

c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales) in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;

d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).

Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten (§ 2) auf Grund der in lit. a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft des jeweiligen Bescheides bzw. Urteiles folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten angehören zu wollen.

(2) Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung des Bescheides folgt, mit dem der Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird.“

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

"Behinderung

§ 1 Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2 (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3 (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4 (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

...“

Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung (EVO) und deren Anlage einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.

Beim Leiden 1 handelt es sich um die Encephalomyelitis disseminata, welche die medizinische Sachverständige richtig eine Stufe über dem unteren Rahmensatz nach Position 04.08.01 der Anlage der EVO mit einem GdB von 30 % einstufte, da leichte Sensibilitätsstörung im Fingerspitzenbereich und chronische Müdigkeit, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme.

Wie oben unter Punkt 2. (Beweiswürdigung) ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 23.04.2025 (vidiert am 24.04.2025), beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 22.04.2025 samt ergänzender Stellungnahme vom 22.05.2025 zu Grunde gelegt.

Bei der Beschwerdeführerin liegt mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. aktuell kein Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. vor. Im gegenständlichen Fall sind daher die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 BEinstG, wonach begünstigte Behinderte österreichische Staatsbürger bzw. im vorliegenden Fall Unionsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. sind, derzeit nicht gegeben.

Was den Umstand betrifft, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin spruchgemäß mit 30 v.H. festgestellt hat, ist auf den ausdrücklichen Wortlaut des § 14 Abs. 2 1. Satz BEinstG und die dazu ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dem Gesetz nicht entnommen werden kann, dass der Grad der Behinderung auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 BEinstG, also wenn der Grad der Behinderung mit weniger als 50 v.H. eingeschätzt wird, bescheidmäßig festzustellen ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.04.2012, Zl. 2010/11/0173).

Die Beschwerde war daher mit der Maßgabe als unbegründet abzuweisen, dass die Zitierung des Grades der Behinderung im Spruch entfällt.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und insbesondere aus dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 23.04.2025 (vidiert am 24.04.2025), welches auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin beruht, und der ergänzende Stellungnahme, welche auf alle Einwände und die im Verfahren vorgelegten Atteste der Beschwerdeführerin in fachlicher Hinsicht eingeht, und welchem die Beschwerdeführerin nicht substantiiert entgegengetreten ist. Die Beschwerdeführerin hat keine mündliche Beschwerdeverhandlung beantragt. Die Beschwerdeführerin hat keine aktuellen medizinischen Befunde vorgelegt, welche eine andere Einschätzung der Leiden und Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin bedingen würden. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.