Spruch
W244 2297322-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Verena JEDLICZKA-MESSNER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch die AUER BODINGBAUER LEITNER STÖGLEHNER Rechtsanwälte OG, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 15.05.2024, Zl. 2023-0.225.596, betreffend besondere Hilfeleistung gemäß §§ 23a und 23b GehG zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz vom 10.11.2022 beantragte die Beschwerdeführerin die Gewährung eines Vorschusses vom Bund für Verdienstentgang, Schmerzengeld und Heilungskosten iHv insgesamt € 1.802,19 zuzüglich Zinsen als besondere Hilfeleistung gemäß § 23a und § 23b GehG. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit als Justizwachebeamtin durch eine im Maßnahmenvollzug untergebrachte Insassin verletzt worden sei. Es sei bereits ein Strafverfahren vor dem Landesgericht XXXX über die Unterbringung der Schädigerin in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs. 1 StGB geführt worden. Da die Schädigerin als zurechnungsunfähig eingestuft worden sei, sei ein Anschluss aufgrund privatrechtlicher Ansprüche im Verfahren unzulässig gewesen. Auch ein Zivilverfahren würde aufgrund der Zurechnungsunfähigkeit der Schädigerin nicht zum Erfolg führen. Es bestehe daher ein Anspruch auf Gewährung eines Vorschusses gemäß § 23b Abs. 4 GehG.
2. Mit nunmehr verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 15.05.2024 wies die Bundesministerin für Justiz (in der Folge: belangte Behörde) den Antrag vom 10.11.2022 ab. Begründend wurde auf das Wesentliche zusammengefasst ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 23b GehG nicht erfüllt seien, da zum einen keine gerichtliche Entscheidung über allfällige Ansprüche vorliege, die Schädigerin jedoch bekannt und weder abwesend noch flüchtig sei und zum anderen die Schädigerin zum Zeitpunkt der Tat gemäß § 11 StGB zurechnungsunfähig gewesen sei, somit nicht schuldhaft gehandelt habe und folglich im gegenständlichen Fall kein Fremdverschulden vorliege.
3. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 12.06.2024 Beschwerde und führte in dieser aus, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer besonderen Hilfeleistung insbesondere in Bezug auf § 23b Abs. 4 GehG sehr wohl erfüllt seien. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde werde in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und in den Gesetzesmaterialien nicht auf ein fehlendes Fremdverschulden, sondern auf eine fehlende Fremdeinwirkung abgestellt.
4. Mit Schriftsatz vom 27.03.2025 stellte die Beschwerdeführerin einen Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof.
5. Mit verfahrensleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom 01.04.2025 wurde das Bundesverwaltungsgericht aufgefordert, binnen drei Monaten die Entscheidung zu erlassen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin steht als Justizwachebeamtin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Die Beschwerdeführerin wurde am XXXX im Rahmen einer Amtshandlung im Dienst im forensisch-therapeutischen Zentrum XXXX von der Untergebrachten XXXX verletzt. Dabei erlitt die Beschwerdeführerin eine Prellung und Schwellung der rechten Hand, insbesondere des rechten Zeigefingers.
Die Beschwerdeführerin befand sich aufgrund dieser Verletzung von XXXX bis XXXX im Krankenstand. Der Unfall wurde von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB) als Dienstunfall gewertet.
XXXX leidet unter einer paranoiden Schizophrenie und einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung. Zum Vorfallszeitpunkt lag bei ihr aus psychiatrischer Sicht eine Zurechnungsunfähigkeit vor, aufgrund welcher sie nicht in der Lage war, das Unrecht ihres Handels zu erkennen oder einer entsprechenden Einsicht nach zu handeln.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 17.05.2022, Zl. XXXX , wurde XXXX in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs. 1 StGB eingewiesen. In diesem Urteil wurde keine Entscheidung über Ersatzansprüche der Beschwerdeführerin getroffen.
Ein Versuch der Geltendmachung der Ansprüche im Zivilrechtsweg wurde mangels Erfolgsaussichten nicht unternommen.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den im Akt einliegenden und aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes unbedenklichen Aktenteilen (s. v.a. die Beschwerde, den angefochtenen Bescheid, das Schreiben der BVAEB vom 23.04.2021, das psychiatrische Gutachten vom 14.12.2021 betreffend XXXX , das Urteil des Landesgerichts XXXX vom 17.05.2022 und die im Akt einliegenden medizinischen Unterlagen betreffend die Verletzungen der Beschwerdeführerin) und sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen, womit im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vorliegt.
3.1. Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1.1. Die hier maßgeblichen §§ 23a und 23b des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG) lauten wie folgt:
„Besondere Hilfeleistungen
§ 23a. Der Bund hat als besondere Hilfeleistung die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen, wenn
1. eine Beamtin oder ein Beamter
a) einen Dienstunfall gemäß § 90 Abs. 1 des Beamten-Kranken-und Unfallversicherungsgesetzes – B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, oder
b) einen Arbeitsunfall gemäß § 175 Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955,
in unmittelbarer Ausübung ihrer oder seiner dienstlichen Pflichten erleidet, und
2. dieser Dienst- oder Arbeitsunfall eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge hatte und
3. der Beamtin oder dem Beamten dadurch Heilungskosten erwachsen oder ihre oder seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist.
Vorschuss zur besonderen Hilfeleistung
§ 23b. (1) Der Bund leistet als besondere Hilfeleistung einen Vorschuss (vorläufige Übernahme von Ansprüchen), wenn
1. sich die Beamtin oder der Beamte im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 23a Z 1 an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten oder der Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird, oder
2. solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden.
(2) Ein Vorschuss nach Abs. 1 Z 1 und Z 2 ist höchstens bis zum 27-fachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 für Heilungskosten, Schmerzengeld sowie für jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu leisten.
(2a) Abweichend von § 23a Z 3 gebührt der Vorschuss auf Schmerzengeld auch dann, wenn die Erwerbsfähigkeit der oder des Bediensteten nicht durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist.
(3) Das Schmerzengeld und das Einkommen gemäß Abs. 2 umfassen auch die jeweils bis zur rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche anfallenden Zinsen.
(4) Ist eine gerichtliche Entscheidung über die Ansprüche gemäß Abs. 2 unzulässig, kann diese nicht erfolgen oder ist diese ohne Prüfung des Bestandes der Ansprüche erfolgt, hat die Dienstbehörde nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche die Heilungskosten sowie jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu ersetzen. Die Zahlung von Schmerzengeld ist nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche höchstens bis zum fünffachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 möglich. Die Gesamtkosten dürfen jedoch jene gemäß Abs. 2 nicht überschreiten.
(5) Die vorläufige Leistungspflicht des Bundes besteht nur insoweit, als die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl. Nr. 288/1972, gedeckt sind.
(6) Die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten gegen die Täterin oder den Täter gehen, soweit sie vom Bund bezahlt werden, durch Legalzession auf den Bund über.“
3.1.2. Die Erläuterungen zur Dienstrechts-Novelle 2018 (RV 196 BlgNR 26. GP, 9 f.) führen zu den §§ 23a und 23b GehG auszugsweise Folgendes aus:
„Zu § 23a GehG [...]:
Aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken über die Rechtsnatur der bislang als Auslobung gestalteten rechtlichen Ansprüche bei Dienst- und Arbeitsunfällen erfolgt die Eingliederung der Kernbestimmungen des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes-WHG, BGBl. Nr.177/1992, in das GehG. Unter einem erfolgt die Einarbeitung der Bestimmung des § 83c GehG.
[...]
Zu § 23b GehG:
Als besondere Hilfeleistungen für Bundesbedienstete ist die vorläufige Übernahme von Ansprüchen durch den Bund vorgesehen. Mit der Neuregelung übernimmt der Bund vorläufig einerseits Ansprüche, die im Zuge eines Straf- oder Zivilrechtsverfahrens nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche zuerkannt worden sind. Um weitere Streitigkeiten und mögliche finanzielle Nachteile hintanzuhalten, wird klargestellt, dass nur solche Entscheidungen Bindungswirkung entfalten, in denen der Bestand der geltend gemachten Ansprüche geprüft wurde. Darüber hinaus wird auch die Zahlung von Heilungskosten sowie jenes Einkommens, das der oder dem Bundesbediensteten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, wenn über die Zuerkennung solcher Ansprüche eine gerichtliche Entscheidung unzulässig ist oder nicht erfolgen kann, weil etwa der Täter unbekannt oder flüchtig ist, vom Bund bevorschusst. Damit wird auch dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, G 339/2015, vom 15.10.2016 Rechnung getragen. Gleichzeitig erfolgt neben einer Erweiterung des Anwendungsbereiches der Regelung auf alle Bundesbediensteten eine Implementierung des bisherigen § 83c.
[...]“
In den Gesetzesmaterialien zur Dienstrechts-Novelle 2002 (AB 1079 BIgNR 21. GP, 13) wird zur Vorgängerbestimmung des § 23b GehG, § 9 WHG, auszugsweise Folgendes ausgeführt:
„[...] Eine Vorschussleistung durch den Bund hingegen entfällt – bei Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen des § 4 WHG (Körperverletzung, Minderung der Erwerbsfähigkeit als Folge dieses in unmittelbarer Ausübung der exekutivdienstlichen Pflichten erlittenen Dienst- oder Arbeitsunfalls, Minderung der Erwerbsfähigkeit) – wenn der Täter des Verbrechens oder Vergehens nicht bekannt ist oder nicht vor Gericht gestellt werden kann, weil in diesem Fall das gerichtliche Verfahren bis zur künftigen Entdeckung oder Auffindung des Täters einzustellen ist und damit auch ein Abspruch über ein allfälliges Schmerzensgeld nicht möglich ist. Um nun auch Wachebediensteten, über deren bei Gericht geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch eine gerichtliche Entscheidung nicht zulässig ist (unbekannter Täter) oder nicht erfolgen kann (abwesender oder flüchtiger Täter), einen gewissen Ausgleich für entgangenes Schmerzensgeld und die im dienstlichen Einsatz erlittene Unbill gewähren zu können, ermächtigt diese Bestimmung die Dienstbehörden der Exekutivressorts zur Gewährung von Geldaushilfen bis zur Höhe des dreifachen Gehalts (einschließlich allfälliger Teuerungszulagen) der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V der Beamten der Allgemeinen Verwaltung aus diesem Anlass.“
3.1.3. § 23a GehG steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit § 23b GehG. Der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich wiederholt festgehalten, dass der in § 23b GehG genannte Vorschuss der in § 23a GehG als besondere Hilfeleistung angeführten „vorläufigen Übernahme von Ansprüchen“ entspricht. Die näheren Voraussetzungen für die Gewährung einer besonderen Hilfeleistung iSd § 23a GehG werden in § 23b GehG geregelt. Bereits daraus ergibt sich, dass die in § 23a GehG angesprochene vorläufige Übernahme von Ansprüchen nur bei Vorliegen der weiteren, in § 23b GehG normierten Voraussetzungen (vgl. insbesondere § 23b Abs. 1 Z 1 und Z 2 sowie Abs. 4 GehG) zu erbringen ist (vgl. u.a. VwGH 03.07.2020, Ro 2020/12/0005).
3.1.3.1. Unstrittig ist, dass im gegenständlichen Verfahren die Voraussetzungen des § 23a GehG vorliegen.
3.1.3.2. Die Voraussetzungen des § 23b Abs. 1 Z 1 und Z 2 GehG sind vorliegend nicht erfüllt:
Das Landesgericht XXXX hat in seinem Urteil keine Entscheidung über die Ersatzansprüche der Beschwerdeführerin getroffen, da in Verfahren zur Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 StGB gemäß § 430 Abs. 1 Z 5 StPO die Geltendmachung privatrechtlicher Ansprüche im Wege des Anschlusses im Strafverfahren ausgeschlossen ist. Ein Versuch der Geltendmachung der Ansprüche im Zivilrechtsweg wurde mangels Erfolgsaussichten nicht unternommen.
Die Beschwerdeführerin hat sich demnach weder an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche gegen die Schädigerin abgeschlossen wurde (§ 23b Abs. 1 Z 1 GehG), noch wurden ihr solche Ersatzansprüche im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen (§ 23b Abs. 1 Z 2 GehG).
3.1.3.3. Zu prüfen bleibt damit, ob gegenständlich die Gewährung eines Vorschusses nach § 23b Abs. 4 GehG in Betracht kommt.
§ 23b Abs. 4 GehG eröffnet die Möglichkeit der Prüfung des Bestandes der Ansprüche durch die Dienstbehörde nur für jene Fälle, in denen eine gerichtliche Entscheidung über die Ansprüche unzulässig ist, eine solche nicht erfolgen kann oder ohne Prüfung des Bestandes der Ansprüche erfolgt ist.
Bereits aus der in § 23a GehG gewählten Terminologie („vorläufige Übernahme von Ansprüchen“) folgt, dass es sich bei den vom Bund vorläufig übernommenen Ansprüchen notwendiger Weise um Ansprüche der Beamtin oder des Beamten gegenüber Dritten handelt. (VwGH 03.07.2020, Ro 2020/12/0005). Der Bund bietet als besondere Hilfeleistung die Möglichkeit an, die die Schädigerin oder den Schädiger treffende Verbindlichkeit zu übernehmen, um der oder dem Geschädigten einen zeitnahen Ausgleich allfälliger finanzieller Nachteile zu ermöglichen, die aus der Schadenszufügung entstanden sind. Die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten gegen die Schädigerin oder den Schädiger gehen, soweit sie vom Bund bezahlt werden, durch Legalzession auf den Bund über (vgl. § 23b Abs. 6 GehG).
Dass Fremdverschulden eine Voraussetzung für eine Hilfeleistung durch vorläufige Übernahme von Ansprüchen ist, ergibt sich zunächst schon daraus, dass die Hilfe durch Übernahme von Ansprüchen geleistet wird, was voraussetzt, dass derartige Ansprüche bestehen bzw. überhaupt denkbar sind (s. VwGH 27.04.2020, Ro 2019/12/0004).
Sowohl der Judikatur (vgl. u.a. VwGH 14.06.2021, Ro 2020/12/0009; 13.11.2014, 2011/12/0037) als auch den Gesetzmaterialien (vgl. in diesem Sinne auch die oben zitierten Materialien zur Dienstrechts-Novelle 2018, BGBl. Nr. 60/2018, RV 196 BlgNR 26. GP, 9 f.) ist zu entnehmen, dass nach § 23b Abs. 4 GehG eine gerichtliche Entscheidung dann unzulässig ist oder nicht erfolgen kann, wenn die Täterin oder der Täter unbekannt bzw. abwesend oder flüchtig ist. Die Hilfestellung wird demnach grundsätzlich dann gewährt, wenn ein Anspruch aus bestimmten Gründen nicht realisierbar ist. Es finden sich aber keinerlei Anhaltspunkte in den genannten gesetzlichen Bestimmungen oder Gesetzesmaterialien, dass die Hilfeleistung in Form eines Vorschusses auch dann gewährt werden sollte, wenn ein Anspruch von vornherein ausgeschlossen ist (s. VwGH 14.06.2021, Ro 2020/12/0009; 27.04.2020, Ro 2019/12/0004).
Nach § 430 Abs. 1 Z 5 StPO ist ein Anschluss mit privatrechtlichen Ansprüchen in einem Verfahren zur Unterbringung gemäß § 21 Abs. 1 StGB per se ausgeschlossen, da gemäß § 11 StGB jemand der „zur Zeit der Tat wegen einer Geisteskrankheit, wegen einer geistigen Behinderung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer anderen schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln,“ nicht schuldhaft handelt.
Da vorliegend die Schädigerin mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 17.05.2022 in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs. 1 StGB eingewiesen wurde, ist somit ein Anspruch gegen die Schädigerin auf der Grundlage des § 430 Abs. 1 Z 5 StPO von vornherein ausgeschlossen, weshalb die Hilfeleistung in Form eines Vorschusses nach §§ 23a und 23b GehG vor dem Hintergrund obiger Ausführungen insoweit nicht in Betracht kommt.
Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, dass zivilrechtlich ausnahmsweise auf Grundlage der §§ 1308 bis 1310 ABGB unter bestimmten Voraussetzungen Ersatzansprüche der oder des Geschädigten auch im Fall einer Zurechnungsunfähigkeit (iSd § 11 StGB) der Schädigerin oder des Schädigers bestünden, so ist ihr darin beizupflichten. Es liegt in einem solchen Fall allerdings an ihr, diese zivilrechtlichen Ansprüche vom zuständigen Gericht prüfen zu lassen. Werden die Ansprüche in der Folge durch das Gericht nicht zugesprochen, sind die Voraussetzungen des § 23b Abs. 4 GehG nicht erfüllt, zumal eine gerichtliche Entscheidung sowohl zulässig als auch möglich war. Es liegt also kein prozessuales Hindernis vor. Auf die Erfolgsaussichten kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die belangte Behörde daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführerin eine Hilfeleistung durch vorläufige Übernahme von Ansprüchen gemäß §§ 23a und 23b GehG nicht zusteht.
3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die unter 3.1. zitierte Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar. Dass diese Rechtsprechung allenfalls zu Vorgängerregelungen der in Frage stehenden Norm erging, schadet nicht, wenn es – wie hier – keiner neuen Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung bedarf, um die Vorschrift auszulegen, insbesondere, weil sie in den entscheidenden Teilen inhaltlich nicht relevant verändert worden ist (vgl. VwGH 21.1.2016, Ra 2015/12/0051).