W606 2311017-1/10E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Thomas ZINIEL, LL.M., BSc über den Antrag der XXXX , vertreten durch RA MMag. Dr. Claus CASATI, Mariahilfer Straße 1b/17, 1060 Wien, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren „ XXXX “ auf Basis des Prüfsystems „ XXXX “, bekanntgemacht im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union am XXXX , Nr. XXXX , der Auftraggeberin XXXX , vertreten durch die XXXX vertreten durch die Schramm Öhler Rechtsanwälte GmbH, Bartensteingasse 2, 1010 Wien:
A)
Dem Antrag, es der Auftraggeberin „bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über den […] Antrag auf Nichtigerklärung des Abschlusses der Rahmenvereinbarung und/oder Zuschlagsentscheidung vom XXXX [… zu untersagen], einen Auftrag im Vergabeverfahren […] zu erteilen”, wird stattgegeben.
Der XXXX wird für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt, im Vergabeverfahren „ XXXX “ die Rahmenvereinbarung abzuschließen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Auftraggeberin XXXX vertreten von der vergebenden Stelle XXXX , führt unter der Bezeichnung „ XXXX “ ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung durch. Es handelt sich um einen Lieferauftrag; der CPV-Code (Haupteinstufung) lautet XXXX . Die Bekanntmachung erfolgte im Wege des Prüfsystems „ XXXX “, das am XXXX unter der Nr. XXXX unionsweit im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union bekanntgemacht wurde.
1.2. Am XXXX erfolgte die Einladung zur Erstangebotslegung. Am XXXX wurden Bieterinnen zur Letztangebotslegung eingeladen, wobei die Angebotsfrist am XXXX endete. Die Antragstellerin gab ein Letztangebot ab.
Am XXXX wurde den Bieterinnen die Mitteilung der Entscheidung, mit welchem Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, elektronisch übermittelt. Die Antragstellerin ist nicht für den Abschluss der Rahmenvereinbarung in Aussicht genommen. Das Schreiben ist auf S. 1 mit „Beabsichtigter Abschluss der Rahmenvereinbarung“, auf S. 2 mit „Mitteilung der Zuschlagsentscheidung“ überschrieben. Der Zuschlag wurde noch nicht erteilt und das Vergabeverfahren wurde auch nicht widerrufen.
1.3. Der geschätzte Auftragswert überschreitet den Wert von EUR 443.000,-. Die genaue Höhe des geschätzten Auftragswerts ergibt sich weder aus der unionsweiten Bekanntmachung noch aus den von der Auftraggeberin zur Verfügung gestellten Teilnahmeunterlagen. Der geschätzte Auftragswert ist für interessierte Unternehmerinnen auch auf anderem Weg nicht (verfahrens-)öffentlich einsehbar. Die Antragstellerin geht von einem Überschreiten des Schwellenwertes um das 20-fache aus.
1.4. Die Antragstellerin entrichtete Pauschalgebühren in Höhe von EUR XXXX für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung sowie den Nachprüfungsantrag.
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorliegenden Akten einschließlich des vorgelegten Vergabeakts sowie im Besonderen alle eingebrachten Schriftsätze.
Im Einzelnen ergeben sich die getroffenen Feststellungen aus folgenden beweiswürdigenden Erwägungen:
2.1. Die Feststellungen gemäß Pkt. 1.1. folgen sowohl aus der unionsweiten Bekanntmachung, deren Inhalt unstrittig ist, als auch aus den Angaben der Auftraggeberin im Rahmen der Erteilung allgemeiner Auskünfte zum Vergabeverfahren vom XXXX .
2.2. Die Feststellungen gemäß Pkt. 1.2. folgen aus den Angaben der Auftraggeberin im Rahmen der Erteilung allgemeiner Auskünfte zum Vergabeverfahren vom XXXX . Die angefochtene Entscheidung war überdies dem Antrag als Beilage ./A angeschlossen.
2.3. Dass der geschätzte Auftragswert den Wert von EUR 443.000,- (vgl. § 185 Abs. 1 Z 2 BVergG 2018 idF BGBl. II Nr. 374/2023) übersteigt, ergibt sich aus dem geschätzten Auftragswert gemäß den Angaben der Auftraggeberin im Rahmen der Erteilung allgemeiner Auskünfte zum Vergabeverfahren vom XXXX . Dass der geschätzte Auftragswert von der Auftraggeberin in (verfahrens-)öffentlichen – für interessierte Unternehmerinnen zugänglichen – Unterlagen nicht bekanntgegeben wurde, belegt nicht zuletzt der Umstand, dass die Auftraggeberin am XXXX den Antrag gestellt hat, den geschätzten Auftragswert von der Akteneinsicht durch die Antragstellerin auszunehmen. Dass die Antragstellerin von einem entsprechenden Überschreiten des Schwellenwertes ausgeht, ergibt sich aus S. 6 ihres Antrags vom XXXX .
2.4. Die Feststellung gemäß Pkt. 1.4. beruht auf dem verwaltungsgerichtlichen Akt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Rechtslage:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018), BGBl. I Nr. 65/2018 idF BGBl. I Nr. 100/2018, lauten:
„Einstweilige Verfügungen
Antragstellung
§ 350. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
(2) Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat zu enthalten: 1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse, 2. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie des Vorliegens der in § 342 Abs. 1 genannten Voraussetzungen, 3. die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit, 4. die genaue Darlegung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen, 5. die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und 6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.
(3) […]
(7) Ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist unzulässig, wenn trotz Aufforderung zur Verbesserung der Antrag nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde.
Erlassung der einstweiligen Verfügung
§ 351. (1) Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das Bundesverwaltungsgericht die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
(2) Ein entgegen einer Anordnung in einer einstweiligen Verfügung erteilter Zuschlag, erfolgter Abschluss einer Rahmenvereinbarung bzw. erklärter Widerruf des Vergabeverfahrens ist absolut nichtig bzw. unwirksam.
(3) Mit einer einstweiligen Verfügung können das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
(4) In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.
(5) Einstweilige Verfügungen sind sofort vollstreckbar.“
3.2. Zur Zulässigkeit:
Da das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt worden ist, ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 334 Abs. 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen der Auftraggeberin und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig. Das Bundesverwaltungsgericht geht vorläufig davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen. Der Nachprüfungsantrag wurde rechtzeitig eingebracht. Er enthält alle in § 344 Abs. 1 BVergG 2018 geforderten Inhalte.
Über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entscheidet gemäß § 328 Abs. 1 BVergG 2018 iVm § 6 BVwGG das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter.
3.3. Zu A) I. Zur Erlassung der einstweiligen Verfügung:
3.3.1. Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 351 Abs. 1 BVergG 2018 sowie auch im Hinblick auf die zu verfügende einstweilige Maßnahme ist zunächst darauf Bedacht zu nehmen, dass von Seiten der Auftraggeberin die Fortsetzung des Vergabeverfahrens beabsichtigt ist. Es kann aus der Sicht des Provisorialverfahrens nicht ausgeschlossen werden, dass die von der Antragstellerin relevierten Rechtswidrigkeiten zumindest teilweise zutreffen und sie daher ein Recht hat, an einem sodann rechtmäßigen Verfahren erfolgreich teilnehmen zu können. Aufgrund der behaupteten Rechtswidrigkeiten droht ihr der Entgang des Abschlusses der Rahmenvereinbarung mit allen daraus erwachsenden Nachteilen.
Die Erfolgsaussichten des Hauptantrags sind dabei im Provisorialverfahren nicht zu prüfen (vgl. zB VwGH 04.11.2013, AW 2013/04/0045). Sie gehören nicht zu den Kriterien, die die für Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge zuständige Instanz berücksichtigen muss oder kann, wenn sie über einen Antrag auf vorläufige Maßnahmen gemäß Art. 2 Abs. 1 lit. a Richtlinie 89/665/EWG entscheidet; die Rechtsmittelrichtlinie untersagt eine solche Berücksichtigung jedoch auch nicht. Sie sind nach Maßgabe der innerstaatlichen Vorschriften unter Beachtung des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes zu berücksichtigen (vgl. EuGH 09.04.2003, Rs. C-424/01, CS Austria, Rz 29 ff.). Erfasst sind jedenfalls Fälle, in denen der Nachprüfungsantrag formal unzulässig ist. Dieser Umstand dürfte gegenständlich jedoch nicht vorliegen (vgl. aber zur Senatszuständigkeit für Nachprüfungsanträge § 328 BVergG 2018). Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung kann aber angesichts der kurzen Entscheidungsfrist im Provisorialverfahren nicht abschließend geklärt werden, vielmehr ist sie Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens.
3.3.2. Mit der vorliegenden einstweiligen Verfügung müssen daher – bei Nichtüberwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 351 Abs. 1 BVergG 2018 – die Maßnahmen getroffen werden, die eine spätere den Grundprinzipien des Vergaberechts entsprechende Teilnahme am Vergabeverfahren über die ausgeschriebenen Leistungen und den Abschluss der Rahmenvereinbarung ermöglichen. Zur wirksamen Sicherung dieser möglicherweise bestehenden Ansprüche muss daher das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Stand gehalten werden, der auch eine allfällige spätere Entscheidung über den Abschluss der Rahmenvereinbarung an das Angebot der Antragstellerin ermöglicht (siehe zum Zweck einer einstweiligen Verfügung auch ErläutRV 69 BlgNR XXVI. GP, 203).
Im Rahmen der Interessenabwägung ist darüber hinaus auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes hinsichtlich des Vorrangs des primären – durch Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen der Auftraggeberinnen zu gewährleistenden – Rechtsschutzes (vgl. mwN EuGH 14.07.2022, Rs. C-274/21 ua., EPIC Financial Consulting, Rz 94) Bedacht zu nehmen. Der Verfassungsgerichtshof führte zudem aus, dass ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel auch in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an die tatsächliche Bestbieterin, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll, liegt (vgl. VfGH 15.10.2001, B 1369/01; 01.08.2002, B 1194/02).
3.3.3. Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Anträge der Antragstellerin gebunden. Es können nur beantragte Maßnahmen angeordnet werden. Dem steht aber eine Auslegung der Anträge nicht entgegen (vgl. Reisner, in Gölles/Casati [Hrsg.], BVergG 2018 [Lfg. 2022], § 351 BVergG 2018, Rz 13; vgl. in diesem Zusammenhang auch VfGH 01.03.2022, E 1531/2021). Sobald ein Nachprüfungsantrag fristgerecht gestellt worden ist, kann auch eine einstweilige Verfügung jederzeit bis zum Abschluss des Nachprüfungsverfahrens beantragt werden (vgl. mwN Madl, Rechtsschutz, in Heid/Reisner [Hrsg.], Handbuch Vergaberecht [1. Lfg., 2024], Rz 358).
Ausweislich der Definition in Art. 1 Abs. 1 UAbs. 2 der RL 92/13/EWG idF der RL 2014/23/EU umfassen Aufträge im Sinne dieser Richtlinie „Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge, Bau- und Dienstleistungskonzessionen, Rahmenvereinbarungen und dynamische Beschaffungssysteme“ (vgl. auch EuGH 17.06.2021, Rs. C-23/20, Simonsen Weel, Rz 84; VwGH 26.09.2022, Ra 2021/04/0005). Wenn die Antragstellerin vor diesem Hintergrund die Erlassung einer einstweiligen Verfügung beantragt, der Auftraggeberin zu untersagen, einen „Auftrag“ im gegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen, lässt sich dies ohne weiters dahingehend auslegen, dass sie die Untersagung des Abschlusses der Rahmenvereinbarung begehrt.
3.3.4. Die Interessen der Antragstellerin bestehen im Wesentlichen in der Abwendung des drohenden Schadens, der weiteren Teilnahme am Vergabeverfahren und letztlich der Zuschlagserteilung. Am Vorliegen dieses drohenden Schadens besteht dem Grunde nach kein Zweifel. Die entsprechende Behauptung der Antragstellerin ist plausibel, ins Einzelne gehende (genaueste) Darlegungen sind nicht geboten (vgl. VwSlg. 18.158 A/2011; VwGH 29.01.2018, Ra 2016/04/0005).
Die Auftraggeberin sprach sich gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung aus und verwies auf ein bestehendes öffentliches Interesse an einer fristgerechten Abwicklung des Vergabeverfahrens.
3.3.5. Stellt man daher im vorliegenden Fall die Interessen der Antragstellerin den öffentlichen Interessen sowie den Interessen der Auftraggeberin gegenüber und berücksichtigt die Interessen der sonstigen Bewerberinnen iSv § 351 Abs. 1 BVergG 2018, ergibt sich, dass im gegenständlichen Fall vom grundsätzlichen Überwiegen der für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen auszugehen ist. Dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, nämlich der Ermöglichung der Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren und dem Abschluss der Rahmenvereinbarung mit der allenfalls obsiegenden Antragstellerin, ist durch die entsprechende Maßnahme Genüge zu leisten. Ungeachtet eines gesetzlichen Auftrags ist die Auftraggeberin verpflichtet, die Dauer von Nachprüfungsverfahren bei ihrer Zeitplanung zu berücksichtigen. Eine besondere Dringlichkeit hat die Auftraggeberin behauptet, jedoch nicht näher belegt. Aus diesen Umständen kann daher nicht geschlossen werden, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt nunmehr eine derartige besondere Dringlichkeit besteht, als dass die Dauer des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens nicht abgewartet werden könnte. Durch die angeordnete Maßnahme wird im Übrigen der Auftraggeberin nicht die Fortsetzung des Vergabeverfahrens an sich, gleichwohl dies nach § 351 Abs. 3 BVergG 2018 eine im Gesetz grundsätzlich vorgesehene Maßnahme ist, untersagt.
3.3.6. Zweck einer einstweiligen Verfügung ist es demnach, die der Antragstellerin bei Zutreffen ihres Vorbringens drohenden Schäden und Nachteile abzuwenden, indem der denkmögliche Anspruch auf Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren dadurch wirksam gesichert wird, dass das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten wird, der einen Abschluss der Rahmenvereinbarung mit der Antragstellerin ermöglicht. Gemäß § 351 Abs. 3 BVergG 2018 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen der Auftraggeberin vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste zum Ziel führende Maßnahme zu verfügen.
Ohne Erlassung der einstweiligen Verfügung im begehrten Umfang wäre die Auftraggeberin daher in der Lage, das Vergabeverfahren mit dem Abschluss der Rahmenvereinbarung fortzusetzen und zugleich zu beenden. Durch die angeordnete Maßnahme wird aber sichergestellt, dass dies nicht eintreten kann, sodass auch das Ergebnis des Nachprüfungsverfahrens nicht vorweggenommen, sondern ausreichend abgesichert wird. Für den Fall, dass die angefochtene Entscheidung im Nachprüfungsverfahren für nichtig erklärt werden sollte, obliegt es gemäß § 347 Abs. 3 BVergG 2018 der Auftraggeberin, in dem betreffenden Vergabeverfahren mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesverwaltungsgerichts entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
3.3.7. Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht. Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. Eine Begrenzung der Dauer der angeordneten Maßnahme könnte mit einer besonderen Dringlichkeit der Auftraggeberin begründet werden, wurde aber nicht belegt. § 351 Abs. 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt jedoch keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist.
Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung derzeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichts davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt.
3.4. Zur Zulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab. Die zu verfügenden Maßnahmen infolge einer Interessenabwägung im Einzelfall weisen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auch keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung auf. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden