Spruch
W257 2238487-1/2Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Herbert MANTLER, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Gerhard POSCH, Hauptstraße 12, 4563 Micheldorf, gegen den Bescheid des Leiters der Direktion 1 Einsatz Personalabteilung im Bundesministerium für Landesverteidigung vom 05.07.2024, Zl. XXXX , beschlossen:
A)
Das Verfahren über die Beschwerde wird gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in den zu den Zln. Ro 2024/12/0041 und Ro 2024/12/0042 anhängigen Verfahren ausgesetzt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer stellte am 05.02.2015 einen Antrag auf Neufestsetzung seiner besoldungsrechtlicheren Stellung und Berücksichtigung der von dem 18. Geburtstag zurückliegenden Vordienstzeiten. Mit Bescheid vom 23.06.2015 wurde der Antrag von der damals zuständigen Dienstbehörde, dem Streitkräftekommando als unzulässig zurückgewiesen. Dagegen wurde Beschwerde erhoben. Das BVwG setzte zuerst das Verfahren am 14.12.2015 mit Beschluss aus und hob mit Beschluss vom 10.11.2016 Zl. W122 2111783-1/3E wurde der Bescheid vom 23.06.2015 aufgehoben. Mit Bescheid vom 28.10.2020 der belangten Behörde wurde dem Antrag des Beschwerdeführers entsprochen und XXXX festgelegt. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Zusammengefasst erachtete sich der Beschwerdeführer durch die 2. Dienstrechts-Novelle 2019, welche die Behörde anwendete, weiterhin diskriminiert. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts wurde das Beschwerdeverfahren bis zur Entscheidung des VwGH in dem zur Zahl Ra 2020/12/0068 anhängigen Verfahren ausgesetzt.
Mit Urteil des EuGH vom 20.04.2023, Landespolizeidirektion Niederösterreich und Finanzamt Österreich, C-650/21, antwortete dieser auf die vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Fragen, dass die Gleichbehandlungsrichtlinie einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Einstufung eines Beamten auf der Grundlage seines Besoldungsdienstalters in einem alten Besoldungssystem erfolgt, das für diskriminierend befunden wurde, weil dieses System für die Zwecke der Bestimmung des Besoldungsdienstalters nur die Berücksichtigung der anrechenbaren Vordienstzeiten erlaubte, die nach Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegt wurden und damit vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegte Vordienstzeiten ausschloss, soweit diese Regelung eine Korrektur der ursprünglich ermittelten anrechenbaren Vordienstzeiten durch Ermittlung eines Vergleichsstichtags vorsieht, bei dem für die Zwecke der Bestimmung des Besoldungsdienstalters nunmehr vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegte anrechenbare Vordienstzeiten berücksichtigt werden, wenn zum einen hinsichtlich der nach dem 18. Geburtstag zurückgelegten Zeiten nur die zur Hälfte zu berücksichtigenden „sonstigen Zeiten“ berücksichtigt werden und zum anderen diese „sonstigen Zeiten“ von drei auf sieben Jahre erhöht werden, jedoch nur insoweit berücksichtigt werden, als sie vier Jahre übersteigen. Darüber hinaus ist der Grundsatz der Rechtsicherheit dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die für Beamte, bei denen am Tag der Kundmachung einer Gesetzesänderung des Besoldungssystems ein Verfahren zur Neufestsetzung ihrer besoldungsrechtlichen Stellung anhängig war, vorsieht, dass die Bezüge nach den neuen Bestimmungen über den Vergleichsstichtag neu ermittelt werden, so dass eine Diskriminierung wegen des Alters nicht beseitigt wird, wohingegen eine solche Ermittlung nicht für Beamte vorgenommen wird, bei denen ein zuvor eingeleitetes Verfahren mit gleichem Gegenstand bereits durch eine rechtskräftige Entscheidung abgeschlossen war, die auf einem Stichtag beruht, der nach dem alten Besoldungssystem, dessen vom nationalen Richter für diskriminierend befundene Bestimmungen in unmittelbarer Anwendung des unionsrechtlichen Grundsatzes der Gleichbehandlung unangewendet blieben, günstiger festgesetzt wurde.
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.07.2023, Ra 2020/12/0068, entschied dieser in einer Rechtssache über die Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters unter Bezugnahme auf das letztgenannte EuGH-Urteil, dass die vom Gesetzgeber in der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 gewählte Methode der Anknüpfung am altersdiskriminierend ermittelten Besoldungsdienstalter für die Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters die Diskriminierung wegen des Alters nicht beseitigt hat. Dabei wies er darauf hin, dass das Verwaltungsgericht allfällige Tatsachen, aus denen sich Gründe für eine Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung ergäben nach Erörterung mit den Parteien festzustellen habe.
Mit BGBl. Nr. I 137/2023 änderte der Gesetzgeber die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 169f und 169g GehG, wobei die Novelle mit 16.11.2023 in Kraft trat.
Mit Beschluss des BVwG vom 15.01.2024, Zl. W257 2238487-1/9E, wurde der Bescheid vom 19.03.2020 gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.
Mit dem hier bekämpften Bescheid wurde unter Spruchpunkt 1. das Besoldungsdienstalter zum Ablauf des 28.02.2015 mit XXXX Tagen festgesetzt und mit Spruchpunkt 2. Festgelegt, dass der Anspruch ab dem 11.11.2011 nicht verjährt sei.
Dagegen wurde rechtsfreundlich vertreten mit Schriftsatz vom 30.07.2024 vollumfängliche Beschwerde erhoben. Darin wurde moniert, dass der EuGH in der Entscheidung vom 20.4.2023 vorsieht, dass anhängige Verfahren nach den neuen Bestimmungen über den Vergleichsstichtag zu ermitteln sind dagegen rechtskräftige abgeschlossene Verfahren, welche vor dem 08.07.2019 (Inkrafttreten der 2. Dienstrechtsnovelle 2019) begünstigt werden. Der Beschwerdeführer habe aber den Antrag bereits am 05.02.2015 eingebracht, lange vor dem 08.07.2019. Nunmehr hat die Behörde die 42,86% anzuwenden gehabt, dies den Beschwerdeführer weiterhin diskriminiere. Der Beschwerdeführer dürfe nicht schlechter gestellt werden als jene Beamten bei denen das Verfahren bereits abgeschlossen sei.
Der Verwaltungsakt langte am 07.08.2024 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde entsprechend der Geschäftsverteilung der Gerichtsabteilung W257 zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Aussetzung des Verfahrens:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt im vorliegenden Verfahren Einzelrichterzuständigkeit vor.
Nach § 34 Abs. 3, erster Absatz, VwGVG kann das Verwaltungsgericht ein Verfahren über eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG mit Beschluss aussetzen, wenn
1. vom Verwaltungsgericht in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartenden Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen ist und gleichzeitig beim Verwaltungsgerichtshof ein Verfahren über eine Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss eines Verwaltungsgerichtes anhängig ist, in welchem dieselbe Rechtsfrage zu lösen ist, und
2. eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Lösung dieser Rechtsfrage fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gleichzeitig hat das Verwaltungsgericht dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 3, zweiter Absatz, VwGVG das Aussetzen des Verfahrens unter Bezeichnung des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahrens mitzuteilen. Eine solche Mitteilung hat zu entfallen, wenn das Verwaltungsgericht in der Mitteilung ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu bezeichnen hätte, das es in einer früheren Mitteilung schon einmal bezeichnet hat. Mit der Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes an das Verwaltungsgericht gemäß § 44 Abs. 2 VwGG ist das Verfahren fortzusetzen. Das Verwaltungsgericht hat den Parteien die Fortsetzung des Verfahrens mitzuteilen.
Aus den Erläuterungen zu § 34 VwGVG geht hervor, dass ein Verfahren ausgesetzt werden kann, wenn bei einem Verwaltungsgericht in einer erheblichen Zahl von anhängigen oder zu erwartenden Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen ist, die in einem – gleichzeitig anhängigen – Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu lösen ist. Zweck dieser Bestimmung ist es daher, aus Gründen der Prozessökonomie zu vermeiden, dass die gleiche Rechtsfrage nebeneinander in mehreren Verfahren erörtert werden muss. Die Aussetzung soll eine Maßnahme der Vereinfachung des Verfahrens sein und auch die Parteien vor der Einbringung unnötiger Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof bewahren (s. RV 2009 BlgNR 24. GP, 8).
Wenn daher ein Verwaltungsgericht, während vor dem Verwaltungsgerichtshof ein Verfahren zur Klärung einer bestimmten Rechtsfrage anhängig ist, Verfahren, bei denen die gleichen Rechtsfragen strittig sind, aussetzt (und nicht durch Erlassung weiterer Entscheidungen mehrfache Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof „verursacht“), dient die Aussetzung auch Parteiinteressen (Wegfall des Kostenrisikos in Bezug auf allfällig zu ergreifende Rechtsmittel an den Verwaltungsgerichtshof) sowie letztlich auch der Entlastung des Verwaltungsgerichtshofes.
Durch die Aussetzung eines Verfahrens soll die Funktionsfähigkeit des Verwaltungsgerichtes bei einer großen Zahl gleichgelagerter Beschwerden gewährleistet sein, indem auf einen beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen „leading case“ gewartet und so dessen Rechtsansicht eingeholt werden kann. Darüber hinaus wird der Verwaltungsgerichtshof selbst vor einer potentiell massenhaften Revisionseinbringung geschützt (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2, 2018, Anm. 14 zu § 34 VwGVG).
Beim Bundesverwaltungsgericht sind aktuell bereits über 70 gleichgelagerte Verfahren zur Klärung derselben Rechtsfrage anhängig. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Verfahren bereits entsprechend der aktuellen Rechtslage entschieden (BVwG 31.07.2024, Zl. W122 2287930-1/5E). Beim Verwaltungsgerichtshof sind zu diesem Erkenntnis die im Spruch genannten Verfahren, denen dieselbe Rechtsfrage wie dem hier vorliegenden Verfahren (konkret die Frage der Unionsrechtskonformität der nunmehr in Kraft stehenden Bestimmungen betreffend die Festsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung) zugrunde liegt, anhängig. Eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bezüglich dieser Rechtsfrage, deren Klärung auch für das vorliegende Verfahren relevant ist, liegt bislang nicht vor.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.