JudikaturBVwG

W207 2273317-2 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
29. Oktober 2024

Spruch

W207 2273317-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU), gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.07.2024, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: 1323146406/232076504, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger sunnitisch-muslimischen Glaubens und Angehöriger der arabischen Volksgruppe, reiste spätestens am 06.09.2022 illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellte am selben Tag den ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Am 08.09.2022 fand eine Erstbefragung durch die Sicherheitsbehörden statt; zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, wegen eines Rekrutierungsversuches Angst davor zu haben, zum Militärdienst eingezogen zu werden

Am 09.05.2023 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA; in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) statt, in der er seine Fluchtgründe und Rückkehrbefürchtungen näher darlegte. Dabei gab er an, sein Herkunftsort sei der ca. XXXX von Idlib gelegene Ort XXXX , dieser Ort sei im Jahr 2017 bombardiert und mit chemischen Waffen angegriffen worden. Im Jahr 2013 sei er zwei Mal verhaftet worden, zudem müsse er den Militärdienst leisten, dafür habe er auch eine Bestätigung, er wolle jedoch keine Waffen tragen, am Kampf teilnehmen oder Menschen ermorden; es herrsche Bürgerkrieg und wolle er daran nicht teilnehmen.

Der Beschwerdeführer legte einen syrischen Personalausweis im Original sowie Auszüge aus dem syrischen Personenregister und Familienregister, eine Eheschließungsurkunde und ein unleserliches Schriftstück, versehen mit einem Briefkopf des syrischen Justizministeriums, welches den Angaben des Beschwerdeführers zu Folge ein Beleg für einen Rekrutierungsversuch der Armee der syrischen Zentralregierung sein solle, vor.

Mit Bescheid des BFA vom 10.05.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), dem Beschwerdeführer jedoch gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde zu Spruchpunkt I dieses Bescheides soweit wesentlich ausgeführt, dass die Angaben des Beschwerdeführers grundsätzlich als unwahr anzusehen gewesen seien, wodurch die behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden hätten können, folglich deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen gewesen wären. Es sei daher nicht glaubhaft, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Verfolgung drohe.

(Lediglich) gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides vom 10.05.2023 erhob der Beschwerdeführer am 02.06.2023 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Im Rahmen des Beschwerdeschriftsatzes wurde zusammengefasst ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer zunächst bereits Verfolgung aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung drohe; erstmalig wurde im Rahmen dieses Beschwerdeschriftsatzes zudem vorgebracht, dass der Beschwerdeführer ab dem Jahr 2011 bis zu dessen Ausreise im Jahr 2021 an Demonstrationen gegen das Regime teilgenommen habe und auch seit seiner Einreise in Österreich an Demonstrationen gegen das syrische Regime teilnehme.

Am 28.07.2023 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch statt. Im Rahmen dieser mündlichen Verhandlung führte der Beschwerdeführer u.a. aus, er habe vom Jahr 2017 gemeinsam mit seiner Familie bis zu seiner im Jahr 2021 erfolgten Auseise aus Syrien nach Bombardierungen nicht mehr in XXXX , sondern in dem XXXX von Idlib gelegenen Ort XXXX gelebt. Dort habe die syrische Zentralregierung nicht auf ihn zugreifen können, da dieser Ort unter der Kontrolle der FSA, nicht aber unter der Kontrolle der syrischen Zentralregierung stehe.

Mit Erkenntnis vom 29.08.2023 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des BFA vom 10.05.2023 erhobene Beschwerde als unbegründet ab.

Begründend wurde in diesem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes im Hinblick auf die damals beschwerdegegenständliche Frage (ausschließlich) der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des damals angefochtenen Bescheides im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer stamme ursprünglich aus der Stadt XXXX , habe aber seit 2017 mit seiner gesamten Familie in XXXX , beides im Gouvernement Idlib, gelebt. Die Stadt XXXX stehe seit 2019 unter Kontrolle des syrischen Regimes, XXXX unter der Kontrolle der FSA und HTS (ehem. Al-Nusra Front). Die engsten Bindungen des Beschwerdeführers würden zu XXXX bestehen und habe er dort auch als Autohändler gearbeitet. Der Beschwerdeführer sei verheiratet und Vater von zwei Töchtern und einem Sohn. Seine Ehefrau lebe mit den drei Kindern in der Türkei. Seine Eltern und seine Geschwister würden in XXXX wohnen, sein Vater arbeite als Automechaniker. Seine in XXXX lebende Familie ist von keinen individuellen Problemen betroffen. Der Beschwerdeführer habe von XXXX aus legal als Autohändler gearbeitet und hierfür auch einen offiziellen Händlerausweis besessen, der es ihm ermöglicht habe, sich in Idlib frei zu bewegen und legal in die Türkei einzureisen. Als Herkunftsregion des Beschwerdeführers sei – mit näherer Begründung, u.a. habe sich das gesamte Familienleben des Beschwerdeführers dort zugetragen, alle seine Kinder seien dort, ausgehend von dem Vorbringen, seine Familie sei 2017 nach XXXX gezogen, geboren - daher XXXX und dessen nähere Umgebung anzusehen. Die Herkunftsregion stehe nicht unter der Kontrolle der syrischen Zentralregierung.

Der Beschwerdeführer habe seinen verpflichtenden Wehrdienst bei der syrischen Armee bisher noch nicht abgeleistet. Er habe niemals ein Militärbuch oder einen Einberufungsbefehl erhalten. Er sei in seiner Herkunftsregion nicht der Gefahr ausgesetzt, zum verpflichtenden Wehrdienst in der syrischen Armee einberufen zu werden. Das syrische Regime habe keinen Zugriff auf die von der FSA/HTS kontrollierte Herkunftsregion des Beschwerdeführers. Dem Beschwerdeführer sei die Einreise in dieses Gebiet über einen nicht von der syrischen Regierung kontrollierten Grenzübergang (Bab Al-Salam) möglich.

Der Beschwerdeführer sei auch von keiner oppositionellen Gruppierung dazu verhalten oder gezwungen worden, an Kampfhandlungen teilzunehmen oder sich sonst an oppositionellen Aktivitäten zu beteiligen.

Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Syrien an Demonstrationen teilgenommen, er diese organisiert oder er sich sonst je politisch auf eine Art und Weise betätigt hätte, die geeignet gewesen wäre, die Aufmerksamkeit staatlicher Stellen auf ihn zu lenken.

Der Beschwerdeführer sei nicht politisch tätig gewesen, sei nicht Mitglied einer oppositionellen Gruppierung und sei auch sonst nicht in das Blickfeld der syrischen Regierung oder anderer Konfliktparteien geraten. Er habe in Syrien keine Straftaten begangen.

Beweiswürdigend wurde im Wesentlichen und hier verkürzt wiedergegeben ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Syrien noch keinen Militärdienst abgeleistet habe, ergebe sich anhand seiner diesbezüglich gleichbleibenden Angaben im Rahmen der Befragungen vor der Polizei, dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht. Der Beschwerdeführer habe glaubhaft angegeben, dass er kein Militärbuch erhalten habe, da er sich immer in Gebieten aufgehalten habe, auf die syrische Regierungsstellen keinen Zugriff gehabt habe. Ansonsten seien weite Teile des Vorbringens des Beschwerdeführers als unglaubwürdig anzusehen. Den von ihm behaupteten bereits erfolgten Rekrutierungsversuch habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen können, weil er zu den Umständen einer Rekrutierung befragt keine substantiierten Angaben machen habe können. Auch das dem BFA vorgelegte Schriftstück sei, abgesehen vom Briefkopf, der das Justizministerium ausweisen solle, unleserlich gewesen. Ein tatsächlicher Zusammenhang zwischen dem Inhalt dieses Schriftstückes und einem angeblichen Rekrutierungsversuch habe nicht erkannt werden können, der Beschwerdeführer habe diesbezüglich auch keine Aufklärung im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG bewirken können.

Der Beschwerdeführer sei aber grundsätzlich noch im wehrfähigen Alter. Laut seinen eigenen Angaben sei er aber nie vom syrischen Regime aufgefordert oder sonst veranlasst worden, seinen Wehrdienst anzutreten, da er sich auch nie im Einflussbereich staatlicher Stellen befunden habe. Auch aus den Länderberichten gehe klar hervor, dass sich das Gouvernement Idlib außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung befinde, die dort keine Personen einberufen könne [mit Ausnahme einiger südwestlicher Sub-Distrikte (Nahias) des Gouvernements, die unter Regierungskontrolle stünden. Seitens der HTS habe er nie etwas zu befürchten gehabt, da diese nur Freiwillige rekrutieren würde; auch der Umstand, dass sein in Syrien aufhältiger Bruder im wehrpflichtigen Alter sei und bislang von keiner Seite zwangsrekrutiert worden sei, bestätige diese Einschätzung. Folglich sei in Bezug auf den Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt nicht vom Bestehen einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit auszugehen gewesen, zum Wehrdienst bei der staatlichen syrischen Armee eingezogen oder von einer oppositionellen Gruppierung zur Teilnahme an Kampfhandlungen zwangsrekrutiert zu werden. Dass die in XXXX (Idlib) lebenden Familienmitglieder des Beschwerdeführers keiner – über die allgemeinen Bürgerkriegswirren hinausgehenden – individuellen Bedrohung ausgesetzt seien, ergebe sich insbesondere aus den eigenen Aussagen des Beschwerdeführers hierzu im Rahmen dessen Befragung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Dass der Beschwerdeführer erst im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgebracht habe, politisch aktiv gewesen zu sein, namentlich auf Seiten der „Opposition“ an diversen Demonstrationen teilgenommen zu haben, sei als Steigerung seines Vorbringens und daher als nicht glaubhaft zu werten. Die vorgelegten Beweismittel in Form von Fotos hätten ebenso nicht zu überzeugen vermocht. Insgesamt lägen dem Bundesverwaltungsgericht drei schwarz-weiß Aufnahmen vor. Eine davon zeige zwei Männer mit Fahnen, im Hintergrund befänden sich ebenfalls einige Personen; ob es sich hierbei allerdings um eine Demonstration handle, habe nicht eindeutig geklärt werden können. Auch sei zweifelhaft, ob es sich bei einem der zwei Männer tatsächlich um den Beschwerdeführer handle, da eine Ähnlichkeit kaum erkennbar sei. Die anderen beiden Aufnahmen zeigten den Beschwerdeführer mit Freunden, wie sie abends am Stephansplatz in Wien inmitten von Touristen gegenseitig Fotos von einander machten, wobei der Beschwerdeführer die Fahne einmal hochhalte und einmal um die Schultern gelegt hat. Ob es sich hierbei jedoch tatsächlich um eine politisch motivierte Demonstration oder lediglich um eine Fotosession unter Freunden handelt, sei nicht ersichtlich.

Der Beschwerdeführer könne sein Herkunftsgebiet XXXX (Idlib) grundsätzlich ohne Kontakt zum syrischen Regime über den syrisch-türkischen Grenzübergang Bab al-Salam erreichen, sodass ihm keine asylrelevante Verfolgung durch das syrische Regime beim Grenzübertritt drohe. Da der Beschwerdeführer im Fall der – hypothetischen – Rückkehr damit nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit Vertretern des syrischen Regimes in Kontakt treten würde, bestehe schon aus diesem Grund keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit, dass dem Beschwerdeführer asylrelevante Verfolgung durch das syrische Regime – insbesondere im Kontext der vorgebrachten Wehrdienstverweigerung – drohe.

Dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.08.2023 wurde der damaligen Rechtsvertretung des Beschwerdeführers im elektronischen Rechtsverkehr am 29.08.2023 zugestellt; dieses erste Asylverfahren ist daher rechtskräftig abgeschlossen.

Am 10.10.2023 stellte der Beschwerdeführer in Österreich neuerlich einen - den nunmehr gegenständlichen - Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der ebenfalls am 10.10.2023 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer auf die Frage, dass sein Asylverfahren bereits rechtskräftig entschieden worden sei, weshalb er nun neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz stelle, an, er sei „vor einem Monat“ mittels Einberufungsbefehls zum Militärdienst einberufen worden. Das seien alle seine Ausreise-, Flucht- oder Verfolgungsgründe. Bei einer Rückkehr nach Syrien befürchte er „den Krieg“

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch am 28.05.2024 gab der Beschwerdeführer zu den Gründen für die neuerliche Asylantragstellung Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - an:

„[……]

A: Ich habe jetzt neue Beweismittel, womit ich beweise, dass ich aus XXXX stamme und im Falle einer Rückkehr muss ich dort leben. Dort ist die Regierung an der Macht.

Können Sie für das Verfahren essentielle Beweismittel in Vorlage bringen, welche für das gegenständliche Verfahren von Bedeutung sind?

A: Ich lege folgendes vor:

− Meldebestätigungen der Familie, Beweis, dass er aus XXXX kommt, Ausstellungsdatum ist der 22.04.2024.

− Fotos von Demonstrationen vom 08.10.2023 und 19.03.2023 am Stephansplatz − Einberufungsbefehl mit Ausstellungsdatum 27.11.2023, Beweis dass er seit

01.01.2016 den Wehrdienst versäumt hat.

F: Schildern Sie mir bitte jetzt Ihre neuen Fluchtgründe!

A: Meine Eltern leben jetzt wieder in XXXX . Das war der Lebensmittelpunkt meiner Familie. Wir waren nur eine kurze Zeit in XXXX . Sie haben den Einberufungsbefehl erhalten, damit beweise ich, dass ich nicht beim Militär war und in Syrien gesucht werde. Mit der Meldebestätigung, die ich heute abgegeben habe, kann ich beweisen, dass mein Lebensmittelpunkt in XXXX nun ist. Im Jänner 2024 waren die Soldaten bei uns zu Hause. Sie waren mehrmals bei uns zu Hause. Sie haben mich gesucht und wollten mich einberufen. Weil ich auch an Demonstrationen teilgenommen habe, wollten Sie mich festnehmen. Weiters habe ich auch in Österreich an Demos teilgenommen. Die Demos in Österreich wurden aufgenommen. Es gibt auch Personen, die an Demos in Österreich teilnehmen die aber für die syrische Regierung arbeiten. Die Aufnahmen und Fotos werden an die Regierung weitergeleitet. Daher habe ich Angst verhaftet zu werden. Im Falle einer Rückkehr, muss ich in XXXX leben. Da die Regierung dort an der Macht ist werde ich sofort einberufen oder mit Konsequenzen rechnen müssen. Ich werde dort als Verräter gesehen. Sie werden mich inhaftieren und mir politische Gesinnung unterstellen, weil ich auch im Ausland an Demos teilgenommen habe und gegen das Regime bin. Ich möchte in Syrien keine Waffen tragen und keine anderen Syrer töten.

F: Seit wann genau lebt Ihre Familie wieder in XXXX ?

A: Seit September 2023.

F: Weshalb ist Ihre Familie wieder nach XXXX gezogen?

A: Wir stammen eigentlich aus XXXX und weil wir dort in XXXX nichts hatten sind wir nach XXXX zurückgekehrt.

F: Wer lebt jetzt aller in XXXX ?

A: Meine Eltern und meine zwei Brüder. Die sind noch minderjährig.

F: Haben Ihre Eltern nicht die Befürchtung, dass ihre Brüder auch bald zum Militärdienst eingezogen werden würden?

A: Sie werden auch bald ausreisen.

Vorhalt: Im Erkenntnis des BVwG vom 29.08.2023 wurde Ihr Vorbringen bezüglich der Teilnahme an Demonstrationen (in Syrien als auch in Österreich) als Steigerung des Vorbringens und als nicht glaubhaft bewertet.

A: Ich habe aber Fotos hier. Letztes mal habe ich am 10.03.2024 an einer Demonstration in Österreich teilgenommen. Das ist schon 13 Jahre seitdem der Krieg ausbrach.

Deswegen haben wir demonstriert.

F: Welche Rolle hatten Sie bei den Demonstrationen?

A: Ich habe nur teilgenommen. Auf einem Schild steht: „Egal welche Versuche, damit die Verhältnisse mit der kriminellen Regierung wieder normal sind, ist das ein Verrat gegen das Menschrecht und somit unterstützen wir die Iraner und Russen damit sie in Damaskus weitermachen.“ Ich bin komplett gegen das syrische Regime. Ich werde als Verräter gesehen. Im Falle einer Rückkehr werde ich vom Geheimdienst inhaftiert oder festgenommen, weil ich an Demos teilgenommen habe. Die Demos sind auf den sozialen Medien zu sehen. Im Falle einer Rückkehr werde ich inhaftiert und umgebracht. Außerdem habe ich meinen Wehrdienst nicht abgeleistet. Ich habe mehrere Einberufungsbefehle erhalten und bin nicht zum Militär gegangen. Daher wird das Militärgericht mich suchen und ich muss mit Konsequenzen rechnen.

F: Warum sollte das Regime Kenntnis von den Demonstrationen an denen Sie als einfacher Demonstrant teilgenommen haben?

A: In Syrien wurden sehr viele Demonstranten festgenommen. Höchstwahrscheinlich haben diese Namen angegeben, die an Demonstrationen teilgenommen haben. In Österreich gibt es Leute, die für die Regierung arbeiten und die schicken das weiter an die Regierung. Es sind auch viele Freunde festgenommen worden in Syrien und sie haben mich sicher verraten. Unter Folter nehme ich an.

F: Könnten Sie sich vom Wehrdienst in Syrien freikaufen?

A: Man kann dem syrischen Regime nicht vertrauen. Nachdem man das Geld zahlt und sich freikauft, wird man trotzdem einberufen. Man wird dann inhaftiert und gefoltert wegen der illegalen Ausreise, und der Teilnahme an Demonstrationen und weil man den Wehrdienst nicht abgeleistet hat vor der Ausreise. Außerdem möchte ich die Regierung nicht unterstützen. Mit dem Geld kaufen sie Waffen und es werden auch unschuldige Personen getötet.

F: Wer hat jetzt die Kontrolle über Ihre Herkunftsregion?

A: Das syrische Regime.

F: Die VP wird hinsichtlich des Neuerungsverbotes im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG belehrt. Haben Sie das verstanden?

A: Habe ich verstanden.

F: Konnten Sie sich bei dieser Einvernahme konzentrieren? Haben Sie die Dolmetscher einwandfrei verstanden?

A: Ja.

F: Möchten Sie noch irgendetwas angeben?

A: Nein.“

Mit Spruchpunkt I. des nunmehr angefochtenen Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.07.2024 wurde der (Folge)Antrag auf internationalen Schutz vom 10.10.2023 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Mit Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 10.10.2023 auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Begründend wurde zu Spruchpunkt I. (Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG) im Wesentlichen ausgeführt, das erste Asylverfahren sei mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.08.2023 betreffend den Asylstatus rechtskräftig abgewiesen worden. Seit der letzten inhaltlichen Entscheidung vom 29.08.2023 (BVWGErkenntnis; GZ W292 2273317-1/5E ) habe sich weder die Situation in Syrien maßgeblich geändert, noch liege eine wesentliche Änderung der Umstände die Person des Beschwerdeführers betreffend vor. Der Beschwerdeführer stütze den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz auf die gleichen Fluchtgründe, die er bereits im vorigen Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz geltend gemacht habe; er habe keine neuen Gründe geltend gemacht.

Im nunmehrigen Folgeantragsverfahren habe der Beschwerdeführer in der Erstbefragung am 10.10.2023 vor der LPD ausgeführt, dass er vor einem Monat zum Wehrdienst mittels Einberufungsbefehls einberufen worden sei; dergleichen habe der Beschwerdeführer auch schon im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vorgebracht. Das Vorbringen, dass er aufgrund der Teilnahme an Demonstrationen seine oppositionelle Gesinnung gegenüber dem syrischen Regime ausgedrückt habe, stelle ebenfalls keine Änderung im Sachverhalt dar. Die Teilnahme an regierungskritischen Demonstrationen sei bereits Gegenstand des Erkenntnisses im Erstverfahren gewesen. Es könne insgesamt daher darin kein neuer Sachverhalt erblickt werden, sondern es sei im gegenständlichen Verfahren lediglich versucht worden, die im ersten Asylverfahren vorgebrachten und für unglaubhaft befundenen Fluchtgründe durch zusätzliche Beweismittel zu stützen. Jedoch könne bei den vorgelegten Dokumenten nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass es sich dabei um echte Dokumente bzw. um inhaltlich richtige Dokumente handle, wie mehrere – näher zitierte – Quellen, u.a. die „ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien: Gefälschte Dokumente bzw. echte Dokumente mit wahrheitswidrigem Inhalt (insb. Militär- u. Personalausweise, Strafregister-, Personenstands- und Familienbuchauszüge); Häufigkeit, Erlangung, Vorgehensweise, Preis, Bezahlung, Aushändigung durch Schlepper) [a-12196] vom 03.08.2023“ - der kurz zusammengefasst im Wesentlichen zu entnehmen ist, dass in Syrien gegen entsprechende Bezahlung echte und gefälschte syrische Dokumente jeglichen (unrichtigen) Inhalts erhältlich sind –, darlegen würden. Gefälscht würden diesen Quellen zu Folge beispielsweise Personenstandsdokumente, darunter Ehezertifikate sowie Vaterschaftsnachweise, Identitätsnachweise, Vertretungsvollmachten, bildungsrelevante Dokumente und Führerscheine sowie mit dem Militärdienst in Zusammenhang stehende Dokumente und Strafregisterauszüge. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers komme kein glaubhafter Kern zu. Der zeitliche Abstand zwischen den beiden Asylverfahren von nur rund zwei Monaten lege vielmehr nahe, dass der Beschwerdeführer in erster Linie mit dem Ausgang seines ersten Asylverfahrens nicht einverstanden gewesen sei. Die belangte Behörde traf in diesem Bescheid umfangreiche Länderfeststellungen zu Syrien, basierend auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien vom 27.03.2024 (LIB, Version 11).

(Lediglich) gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer, nunmehr wieder vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU GmbH), fristgerecht Beschwerde.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht am 08.10.2024 zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer führt den im Spruch angeführten Namen und das im Spruch angeführte Geburtsdatum. Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, er bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und gehört der arabischen Volksgruppe an. Seine Muttersprache ist Arabisch.

Der unter I. beschriebene Verfahrensgang steht fest. Festgestellt wird in diesem Zusammenhang, dass dem Beschwerdeführer aktuell der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt.

Festgestellt wird, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen seines nunmehrigen zweiten Antrages auf internationalen Schutz vom 10.10.2023, er sei zum Militärdienst bei der syrischen Armee einberufen worden und werde deshalb gesucht, bereits im ersten Asylverfahren erstattet wurde und bereits Gegenstand der Beurteilung in diesem ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren war und in diesem als nicht glaubhaft beurteilt wurde. Selbiges gilt im Hinblick auf das Vorbringen, der Beschwerdeführer habe an diversen Demonstrationen – auch in Österreich – teilgenommen und werde deshalb von der syrischen Zentralregierung gesucht.

Nicht festgestellt werden kann, dass die Familie des Beschwerdeführers nach Abschluss des ersten Asylverfahrens in einen von der syrischen Zentralregierung kontrollierten Teil Syriens gezogen wäre und dass der Beschwerdeführer daher eine neue, von der syrischen Zentralregierung kontrollierte Herkunftsregion aufweist. Festgestellt wird in diesem Zusammenhang, dass als Herkunftsregion ebenso wie im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren unverändert die Stadt XXXX und deren nähere Umgebung anzusehen ist.

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers – die diesbezüglichen von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vom 17.07.2024 getroffenen, nach wie vor aktuellen Länderfeststellungen (basierend auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien, Version 11, Stand 27.03.2024), werden zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben - kann nicht festgestellt werden, dass gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen eine entscheidungserhebliche Änderung, die konkret die Person des Beschwerdeführers betreffen bzw. sich auf diese individuell auswirken würde, eingetreten ist. Festgestellt wird in diesem Zusammenhang, dass die nach wie vor aktuelle Herkunftsregion des Beschwerdeführers nach wie vor nicht unter der Kontrolle der syrischen Zentralregierung steht.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers stützen sich auf dessen Angaben und die entsprechenden Feststellungen im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem unbedenklichen verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Verfahrensakt. Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer aktuell der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt, stützt sich auf den Umstand, dass mit Bescheid des BFA vom 15.07.2024 die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers für subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 8 Abs. 4 AsylG für 2 Jahre verlängert wurde.

Die Feststellung, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen seines nunmehrigen zweiten Antrages auf internationalen Schutz vom 10.10.2023, er sei zum Militärdienst bei der syrischen Armee einberufen worden und werde deshalb gesucht, bereits im ersten Asylverfahren erstattet wurde und bereits Gegenstand der Beurteilung in diesem ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren war, gründet sich auf den oben wiedergegebenen Inhalt des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.08.2023.

In diesem Zusammenhang führte das Bundesverwaltungsgericht in seinem rechtskräftigen Erkenntnis aus, der Beschwerdeführer stamme zwar ursprünglich aus der Stadt XXXX , habe aber seit 2017 mit seiner gesamten Familie in XXXX , beides im Gouvernement Idlib, gelebt. Als (neue) Herkunftsregion des Beschwerdeführers sei XXXX und dessen nähere Umgebung anzusehen. Die Herkunftsregion stehe nicht unter der Kontrolle der syrischen Zentralregierung. Das syrische Regime habe keinen Zugriff auf die von der FSA/HTS kontrollierte Herkunftsregion des Beschwerdeführers. Auch wenn der Beschwerdeführer grundsätzlich noch im wehrfähigen Alter sei, sei er nie vom syrischen Regime aufgefordert oder sonst veranlasst worden, seinen Wehrdienst anzutreten, da er sich auch nie im Einflussbereich staatlicher Stellen befunden habe. Auch aus den Länderberichten gehe klar hervor, dass sich das Gouvernement Idlib außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung befinde, die dort keine Personen einberufen könne [mit Ausnahme einiger südwestlicher Sub-Distrikte (Nahias) des Gouvernements, die unter Regierungskontrolle stünden. Folglich sei in Bezug auf den Beschwerdeführer nicht vom Bestehen einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit auszugehen, zum Wehrdienst bei der staatlichen syrischen Armee eingezogen zu werden.

Der Beschwerdeführer brachte im nunmehrigen Folgeantragsverfahren allerdings – als Neuerung zu seinem Vorbringen im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren – vor, er stamme aus XXXX , was er mittels der vorgelegten Meldebestätigungen beweisen könne, nun sei seine Familie zwischenzeitlich wieder nach XXXX in die ursprüngliche Herkunftsregion zurückgekehrt, daher habe er nunmehr eine andere Herkunftsregion als im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren, in der die syrischen Zentralregierung die Kontrolle habe, in der er im Falle einer Rückkehr nach Syrien leben müsste und in der er nunmehr rekrutiert werden könne und einen Einberufungsbefehl erhalten und zudem wegen der Teilnahme an Demonstrationen verfolgt werde. Als Beleg für dieses Vorbringen hinsichtlich des Vorliegens einer neuen Herkunftsregion legte der Beschwerdeführer im nunmehrigen Folgeantragsverfahren Meldebestätigungen der Familie, Ausstellungsdatum 22.04.2024, mit Meldungen in XXXX und einen Einberufungsbefehl mit Ausstellungsdatum 27.11.2023 vor, diesen als Beweis dafür, dass er seit 01.01.2016 den Wehrdienst versäumt habe.

Abgesehen von dem Umstand, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Erstbefragung nach seiner Folgeantragstellung am 10.10.2023 den nunmehr behaupteten Umzug seiner Familie in seine von der syrischen Zentralregierung kontrollierte Geburtsstadt mit keinem Wort erwähnte, kommt diesem Umzug in die neue (respektive ursprüngliche) Herkunftsregion – auch unter Bedachtnahme auf die vorgelegten Meldebestätigungen – auch aus folgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu, wobei – wie der Vollständigkeit halber zu betonen ist - seitens des Bundesverwaltungsgerichtes gar nicht in Abrede gestellt wird, dass der Beschwerdeführer ursprünglich aus der Stadt XXXX stammt:

Im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 28.07.2023 hinsichtlich seines etwa vierjährigen Aufenthaltes und des Aufenthaltes seiner Familie in XXXX bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Jahr 2021 und zu den Gründen für diesen Aufenthalt dort u.a. Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen auszugsweise wiedergegeben – an (R=Richter, BF=Beschwerdeführer, RV=Rechtsvertretung des Beschwerdeführers):

R: Wo lebt Ihre Familie in Syrien?

BF: In Idlib, XXXX .

R: Also nicht in XXXX ?

BF: Nein, da dies unter der Kontrolle der Regierung ist.

R: Das heißt, ihr Vater, Ihre Mutter, Ihre beiden Brüder und Ihre Schwester leben nicht in XXXX ?

BF: Nein.

R: Wo sind Sie aufgewachsen?

BF: In XXXX .

R: Haben Sie immer dort gelebt?

BF: Überwiegend dort. Wir sind auch nach XXXX gezogen. Vor allem, nachdem wir durch chemische Angriffe angegriffen wurden.

R: Wo liegt XXXX ?

BF: In Idlib.

R: Nennen Sie mir Ihre letzte Adresse in Syrien, wo sie sich vor Antritt der Flucht aufgehalten haben.

BF: In XXXX habe ich gelebt.

R: Das ist ein Stadtteil von Idlib?

BF: Ja.

R: Wie weit ist das von XXXX entfernt?

BF: Das kann ich Ihnen nicht sagen, genau weiß ich es nicht.

R: Wann haben Sie Syrien verlassen?

BF: Das war ungefähr im Oktober 2021, wobei ich mir nicht sicher bin, ob es tatsächlich im Oktober war. Aber es war sicher im Jahr 2021.

[…..]

R: In Ihren bisherigen Angaben haben Sie bisher immer angegeben, in XXXX gelebt zu haben. Der Ort, den Sie jetzt nagegeben haben, liegt sehr weit XXXX von Idlib. Wie kommt es zu diesem Widerspruch?

BF: Nein, ich habe während der Befragung angegeben, dass ich 2017 nach den Angriffen XXXX Richtung XXXX verlassen zu haben. Ich habe angegeben, dass wir als Familie nach diesen chemischen Angriffen seitens der syrischen Regierung XXXX verlassen haben.

RV: Bei der Einvernahme vor dem BFA und in der Beschwerde wurde dies auch dargelegt.

R: Wie haben Sie Syrien verlassen?

BF: Von Azaz aus in die Türkei. Das liegt im Umland von Aleppo und ist unter Kontrolle der FSA.

R: Wie weit ist dieser Ort von XXXX entfernt?

BF: XXXX mit dem Auto und ist unter Kontrolle der FSA.

R: Wann haben Sie sich zuletzt in einem Gebiet aufgehalten, das unter Regierungskontrolle liegt?

BF: Als ich in der 9. Schulstufe war, in Hama.

R: In welchem Jahr war das?

BF: Ich weiß es nicht genau, ich glaube 2012/2013 – ich kann mich nur erinnern, dass es in der 9. Schulstufe war.

R: Und dann haben Sie bis 2017 in XXXX gelebt?

BF: Ja.

R: Unter wessen Kontrolle stand XXXX , als Sie dort waren?

BF: Unter der Kontrolle der FSA.

[…..]

BF: Als ich in XXXX gelebt habe, war es nicht unter Kontrolle der syrischen Regierung. Als es durch die zuvor genannten chemischen Angriffe im Jahr 2017 angegriffen wurde, haben ich und die Einwohner von XXXX die Ortschaft verlassen. Ich bin damals in Orte geflüchtet, die nicht unter Kontrolle der syrischen Regierung waren, um nicht von ihnen angehalten zu werden.

[…..]

R: Laut Ihren Angaben im Rahmen der Befragung vor dem BFA vom 10.05.2023 leben zwei Ihrer Brüder, namentlich

- Bruder XXXX , 2005 geboren, ledig,

- Bruder XXXX , 2007 geboren, ledig,

in Syrien.

Demnach ist Ihr Bruder Ahmed im wehrpflichtigen Alter, hat er den Wehrdienst angetreten bzw. leistet er den Wehrdienst in Syrien ab?

BF: Nein, da er in XXXX lebt und XXXX ist derzeit unter Kontrolle der FSA. Die syrische Regierung ist dort nicht präsent.“

Diese Ausführungen zeigen, dass es für den Beschwerdeführer und seine Familie seinem Vorbringen zu Folge – insbesondere auch im Hinblick auf den bzw. die Brüder des Beschwerdeführers - von entscheidender Bedeutung gewesen sei, nicht in einem von der syrischen Zentralregierung kontrollierten Gebiet aufhältig zu sein, damit die Söhne der Familie bei Erreichen des wehrfähigen Alters nicht zum Wehrdienst eingezogen würden.

Nun gab der Beschwerdeführer aber im nunmehrigen Folgeantragsverfahren auf die Frage, warum denn nun seine Familie nach rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens in ein von der syrischen Zentralregierung kontrolliertes Gebiet umgezogen sei, Folgendes an:

„F: Seit wann genau lebt Ihre Familie wieder in XXXX ?

A: Seit September 2023.

F: Weshalb ist Ihre Familie wieder nach XXXX gezogen?

A: Wir stammen eigentlich aus XXXX und weil wir dort in XXXX nichts hatten sind wir nach XXXX zurückgekehrt.

F: Wer lebt jetzt aller in XXXX ?

A: Meine Eltern und meine zwei Brüder. Die sind noch minderjährig.

F: Haben Ihre Eltern nicht die Befürchtung, dass ihre Brüder auch bald zum Militärdienst eingezogen werden würden?

A: Sie werden auch bald ausreisen.“

Das Vorbringen, seine beiden Brüder seien noch minderjährig, entspricht jedenfalls in Bezug auf den im Jahr 2005 geborenen Bruder nicht den Tatsachen. Dieser ist aktuell 19 Jahre alt und war im September 2023 – dem Zeitpunkt der behaupteten Übersiedlung in ein von der syrischen Zentralregierung kontrolliertes Gebiet – 18 Jahre alt und damit auch zu diesem Zeitpunkt bereits wehrpflichtig. Der im Jahr 2007 geborene Bruder mag zwar tatsächlich noch minderjährig sein, jedoch treffen auch ihn im Alter von 17 Jahren bereits die Vorbereitungspflichten für die Wehrpflicht wie die Musterung und die Abholung des Wehrbuches. Unter diesem Aspekt ist eine Übersiedlung der Familie in ein von der syrischen Zentralregierung kontrolliertes Gebiet gerade bei Erreichen der Wehrpflicht der beiden Brüder des Beschwerdeführers als nachhaltig unwahrscheinlich und daher nicht als glaubhaft anzusehen. Die Erklärung für die behauptetet Übersiedlung der Familie ausgerechnet in eine von der syrischen Zentralregierung kontrollierte Region, sie hätten in XXXX „nichts gehabt“, vermag nicht zu überzeugen, weil sie zum einen nicht im Einklang mit den im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren diesbezüglich getroffenen Feststellungen zu den dortigen Lebensumständen der Familie und zum anderen in unauflösbarem Widerspruch zu den behaupteten Verfolgungsbefürchtungen steht.

Aber auch ein anderer Aspekt im Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Folgeantragstellung ist nicht glaubhaft: so gab er in der Erstbefragung am 10.10.2023 an, dass er „vor einem Monat“ – davon ausgehend also ungefähr Anfang September 2023 - zum Wehrdienst mittels Einberufungsbefehls einberufen worden sei. In der Einvernahme durch das BFA am 28.05.2024 legte er als Beleg einen Einberufungsbefehl mit Ausstellungsdatum 27.11.2023 (laut Beschwerde vom 08.10.2023) vor, was (beides) mit der der Behauptung, er habe Anfang September 2023 einen Einberufungsbefehl erhalten, nicht in Einklang steht. Zudem erscheint erstaunlich, dass der Beschwerdeführer bereits bei seiner Folgeantragstellung am 10.10.2023 in Kenntnis eines erst nachfolgend am 17.11.2023 ausgestellten Einberufungsbefehls gewesen sein will.

Der Beurteilung der belangten Behörde, dem im Folgeantragsverfahren erstatteten Vorbringen komme kein glaubhafter Kern zu, ist daher zuzustimmen. Vielmehr ist es als wahrscheinlich anzusehen, dass sich der Beschwerdeführer nach rechtskräftigem negativen Abschluss des ersten Asylverfahrens, in dem dargelegt wurde, dass das syrische Regime keinen Zugriff auf die von der FSA/HTS kontrollierte Herkunftsregion des Beschwerdeführers habe und daher eine Rekrutierung durch die syrische Armee als nicht maßgeblich wahrscheinlich anzusehen sei, eine für ihn vorteilhaftere Argumentationslinie zurechtlegte und nunmehr eine unter der Kontrolle der syrischen Zentralregierung stehende Herkunftsregion als neue Herkunftsregion angab, in der eine Einziehung durch die syrische Zentralregierung grundsätzlich zumindest möglich wäre.

Vor diesem Hintergrund sowie in Zusammenschau mit der von der belangten Behörde ins Verfahren eingeführten „ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien: Gefälschte Dokumente bzw. echte Dokumente mit wahrheitswidrigem Inhalt (insb. Militär- u. Personalausweise, Strafregister-, Personenstands- und Familienbuchauszüge); Häufigkeit, Erlangung, Vorgehensweise, Preis, Bezahlung, Aushändigung durch Schlepper) [a-12196] vom 03.08.2023“ - der kurz zusammengefasst im Wesentlichen zu entnehmen ist, dass in Syrien gegen entsprechende Bezahlung echte und gefälschte syrische Dokumente jeglichen (unrichtigen) Inhalts erhältlich und im Umlauf sind -, kommt auch den vom Beschwerdeführer im nunmehrigen Folgeantragsverfahren vorgelegten Dokumenten wie den Meldebestätigungen sowie dem mit 17.11.2023 datierten Einberufungsbefehl kein maßgeblicher Beweiswert zu.

Selbst wenn es sich aber bei den nun vorgelegten Meldebestätigungen hypothetisch um echte Dokumente handeln würde, wäre damit jedoch keine Aussage über deren inhaltliche Richtigkeit getroffen, zumal eine Meldung unter einer Adresse keineswegs bedeuten muss, dass die gemeldete Person unter der Meldeadresse auch tatsächlich aufhältig ist. Wie bereits dargelegt, kann in Anbetracht der dargelegten Unplausibilitäten im Vorbringen des Beschwerdeführers, die er nicht aufzuklären vermochte, nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Familie des Beschwerdeführers nach rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens tatsächlich in ein von der syrischen Zentralregierung kontrolliertes Gebiet umgesiedelt – und daher nunmehr unter einer Meldeadresse in der von der syrischen Zentralregierung kontrollierten Stadt XXXX tatsächlich aufhältig - ist, wenn diese Familie doch nichts mehr befürchtet als eine Rekrutierung der Söhne der Familie durch die syrische Armee bzw. eine Verfolgung aus unterstellter oder tatsächlicher politischer oppositioneller Gesinnung wegen der Teilnahme eines oder mehrerer Söhne an Demonstrationen gegen die syrische Zentralregierung.

Auch wenn diese im Folgeantragsverfahren vorgelegten Meldebestätigungen daher echt wären, so sind sie jedenfalls als inhaltlich unrichtige, zum Zweck der Erlangung einer günstigeren Position im Asylverfahren erworbene Gefälligkeitsdokumente anzusehen. Selbiges gilt in Ansehung obiger Ausführungen auch in Bezug auf den im Folgeantragsverfahren vorgelegten, mit 17.11.2023 datierten Einberufungsbefehl.

Ausgehend von der mangelnden Glaubhaftigkeit des im nunmehrigen Folgeantragsverfahrens erstatteten Vorbringens, die Familie des Beschwerdeführers lebe nun, anders als im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren, in einem von der syrischen Zentralregierung kontrollierten Gebiet, in dem der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien auch leben müsse und habe er daher nunmehr eine neue Herkunftsregion, bleibt aber die rechtskräftige Beurteilung des Vorverfahrens unverändert, dass die syrische Zentralregierung keinen Zugriff auf die von der FSA/HTS kontrollierte Herkunftsregion des Beschwerdeführers hat und dass daher eine Rekrutierung durch die syrische Armee nicht als maßgeblich wahrscheinlich anzusehen ist, was im Übrigen ebenso auch für den hypothetischen Fall des tatsächlichen Vorliegens eines Einberufungsbefehles gilt.

Gleichermaßen gelten diese Ausführungen auch im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe am 08.10.2023 und am 10.03.2024 in Wien an Demonstrationen gegen die syrische Zentralregierung teilgenommen, was er mit vorgelegten Fotos belegen wolle.

Abgesehen davon, dass diese Fotos keine Demonstrationen in derartiger Größenordnung offenbaren - die drei vorgelegten Fotos zeigen den Beschwerdeführer mit einer Fahne bzw. einem Schild bzw. vor Abbildungen in einer lockeren Ansammlung von einigen Personen -, dass schon aufgrund der Größe und Relevanz des Ereignisses mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden müsste, dass die syrische Zentralregierung Kenntnis von solchen Demonstrationen in Österreich erlangt hätte – die Daten dieser Demonstrationen sind den vorgelegten Fotos im Übrigen lediglich handschriftlich beigefügt -, und dass der Beschwerdeführer auch nicht dargetan hat, dass er eindeutig als Demonstrationsteilnehmer identifiziert worden sei und deshalb gesucht werde, brachte er doch auch nicht vor, dass er in maßgeblicher Rolle oder etwa als Mitorganisator bei diesen Demonstrationen in Erscheinung getreten wäre und sind auch sonst im Folgeantragsverfahren keine Hinweise hervorgekommen, dass die syrischen Behörden von der allfälligen Teilnahme des Beschwerdeführers an Demonstrationen in Wien Kenntnis erlangt hätten, ist – selbst wenn die syrische Zentralregierung Kenntnis von der Teilnahme des Beschwerdeführers an Demonstrationen erlangt hätte – mangels Zugriffsmöglichkeit in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer deshalb in seiner Herkunftsregion einer Verfolgung durch die syrische Zentralregierung wegen unterstellter oder tatsächlicher oppositioneller Gesinnung ausgesetzt wäre.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Folgeantragsverfahren ist daher nicht geeignet, zu einem anderen Verfahrensergebnis zu führen.

Die Feststellung, dass hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgebliche Änderung eingetreten ist, von der der Beschwerdeführer individuell und konkret betroffen wäre, ergibt sich aus einem Vergleich des im ersten Asylverfahren vom Bundesverwaltungsgericht beigezogenen Länderberichtsmaterials mit dem dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Länderberichtsmaterial. Auch im nunmehrigen, auf einem Folgeantrag basierenden Verfahren wurden dem Beschwerdeführer vom BFA umfassende aktuelle Länderberichte zur Kenntnis gebracht, die vom Beschwerdeführer im Verfahren vor dem BFA nicht substantiiert bestritten wurden und die keine entscheidungserhebliche Veränderung der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat im Vergleich zur Lage, die bereits im Rahmen des letzten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens einer Beurteilung unterzogen wurde, zeigen.

Die Feststellung, dass die nach wie vor aktuelle Herkunftsregion des Beschwerdeführers unverändert nicht unter der Kontrolle der syrischen Zentralregierung steht, ergibt sich aus einer Nachschau unter https://syria.liveuamap.com/ (Stand am 29.10.2024) und wurde dies im Übrigen auch durch den Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt.

In diesem Zusammenhang wird im Übrigen auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Der Vollständigkeit halber ist zunächst darauf hinzuweisen, dass dem Beschwerdeführer aktuell der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt. Beschwerdegegenständlich ist daher ausschließlich die Frage, ob die belangte Behörde im Rahmen des nunmehrigen Folgeantragsverfahrens den gegenständlichen (Folge)Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen – berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

In Beschwerdeverfahren über zurückweisende Bescheide des Bundesamtes für

Fremdenwesen und Asyl wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG ist "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags auf internationalen Schutz durch die erstinstanzliche Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgt ist, ob die Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist.

Gelangt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Behörde nicht von entschiedener Sache hätte ausgehen dürfen, sondern aufgrund des Vorliegens neuer Sachverhaltselemente eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz hätte durchführen müssen, hat es den zurückweisenden Bescheid auf Grundlage des für zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren anzuwendenden § 21 Abs. 3 BFA-VG zu beheben, wodurch das Verfahren vor der Behörde zugelassen ist und eine neuerliche Zurückweisung des Antrages gemäß § 68 AVG unzulässig wird. Hingegen ist dem Bundesverwaltungsgericht ein inhaltlicher Abspruch über den zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz in einem Beschwerdeverfahren über einen zurückweisenden Bescheid nach § 68 AVG verwehrt, weil diesfalls die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten würde (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K11., K17.).

Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig ausgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhalts nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können im Rechtsmittelverfahren nicht neu geltend gemacht werden (s. zB VwSlg. 5642A; VwGH 23.05.1995, 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH

16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162; 10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58; 03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung – obgleich auch diese Möglichkeit besteht – nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen "glaubhaften Kern" aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.3.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.6.2014, Ra 2014/01/0029, mwN). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.6.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).

Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die – falls feststellbar – zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.11.2004 mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).

Im vorliegenden Fall hat sich der Beschwerdeführer bei seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz vom 10.10.2023 auf Fluchtgründe gestützt, die er bereits in seinem ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren vorgebracht hat. Über die im ersten Asylverfahren erstatteten Fluchtgründe des Beschwerdeführers wurde aber bereits mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.05.2023 und in weiterer Folge mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.08.2023 rechtskräftig abgesprochen und eine gezielt gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete asylrelevante Bedrohung wegen Entziehung vom Wehrdienst des syrischen Militärs, weswegen er gesucht werde, bzw. wegen einer Teilnahme an regierungskritischen Demonstrationen als nicht glaubhaft erachtet bzw. wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer in seiner nicht von der syrischen Zentralregierung kontrollierten Herkunftsregion mangels Zugriffsmöglichkeit keine Verfolgung durch die syrische Zentralregierung droht.

Der Beschwerdeführer brachte nun im gegenständlichen Folgeantragsverfahren vor, seine Familie sei nach rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens in ein von der syrischen Zentralregierung kontrolliertes Gebiet – nämlich in die ursprüngliche Herkunftsregion - gezogen, wo er im Falle einer Rückkehr nach Syrien auch leben müsse und wo die syrische Zentralregierung auf ihn Zugriff habe und ihn rekrutieren bzw. wegen der Teilnahme an Demonstrationen politisch verfolgen könne. Diesem Vorbringen kommt aber – auch unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im gegenständlichen Folgeantragsverfahren vorgelegten Dokumente – kein glaubhafter Kern zu; auf die diesbezüglichen beweiswürdigenden Ausführungen wird verwiesen.

Es ist daher unverändert zum rechtskräftig abgeschlossenen ersten Asylverfahren davon auszugehen, dass die syrische Zentralregierung mangels Zugriffsmöglichkeit in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht auf den Beschwerdeführer zugreifen kann und dass der Beschwerdeführer daher im Fall einer Rückkehr in seine Herkunftsregion keiner Rekrutierung durch die Armee der syrischen Zentralregierung bzw. keiner Verfolgung durch die syrische Zentralregierung wegen unterstellter oder tatsächlicher oppositioneller Gesinnung ausgesetzt wäre. Das Vorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Folgeantragsverfahren ist daher nicht geeignet, zu einem anderen Verfahrensergebnis zu führen.

Dem Beschwerdeführer ist es daher – auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in dessen Erkenntnis vom 19.10.2021, Ro 2019/14/0006, in dem sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Vereinbarkeit der asylrechtliche Folgeanträge betreffenden nationalen Rechtslage mit den unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) befasst hat - nicht gelungen, zulässige neue individuelle Gründe darzutun, welche eine allenfalls in seiner Person gelegene neue individuelle Bedrohung begründen könnten.

Auch ist keine wesentliche Veränderung der allgemeinen Lage in Syrien im Sinne einer entscheidungserheblichen Verschlechterung seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens eingetreten.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auf Grundlage des von ihm zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist, weswegen das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auch keine neue Sachentscheidung treffen durfte, sondern es zutreffend den gegenständlichen Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat.

Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.07.2024 war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung und ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben.

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