JudikaturBVwG

G316 2296886-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
10. September 2024

Spruch

G315 2296886-1 /9Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M. über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Deutschland, vertreten Dr. Astrid Wagner und Dr. Peter Philipp gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.05.2024, Zahl: XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:

A) Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem im Spruch zitierten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und 3 FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen, ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt und einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde sinngemäß mit einem im Inland geführten Strafverfahren und zahlreichen im In- und Ausland begangenen Straftaten und der daraus ableitbaren andauernden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit begründet, welche die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Inland überwiegen würden. Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, nämlich des sogenannten „ XXXX -Clans“, agieren.

2. Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz seiner bevollmächtigten Rechtsvertretungen vom 10.06.2024 und am 13.06.2024 Beschwerde, beantragte unter anderem eine mündliche Verhandlung und regte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an.

3. Die Beschwerdesache wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 05.08.2024 vorgelegt und danach der zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

4. Das Bundesverwaltungsgericht fertigte zur Person des Beschwerdeführers verschiedene Registerauszüge an und holte aktuelle Haftauskünfte ein.

5. Mit Note vom 09.08.2024 wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör gewährt und wurde er unter einem aufgefordert, sein Vorbringen in Bezug auf die aufschiebende Wirkung zu substantiieren und bestimmte Fragen zu beantworten.

6. Am 23.08.2024 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme ein, der verschiedene Dokumente beigelegt wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen deutschen Staatsbürger. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest (aktenkundiger Auszug aus dem Fremdenregister).

Im Zentralen Melderegister ist zum Beschwerdeführer aktuell keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet verzeichnet. Dort ist nur ein weiterer, nicht mehr aufrechter, Wohnsitz in einem Anhaltezentrum eingetragen.

Im Bundesgebiet ist für den Zeitraum November 2012 bis März 2013 eine gemeldete Erwerbstätigkeit verzeichnet. Der Beschwerdeführer konnte eine Einstellungszusage vorlegen (aktenkundiger Sozialversicherungsdatenauszug, Eingabe vom 22.08.2024).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

In den Akten erliegen Berichte (z.B. XXXX vom 27.07.2023 betr. den Verdacht auf Veruntreuung) und eine Strafverfügung der LPD XXXX vom 23.04.2021 betreffend § 120 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 1 FPG ein. Ferner scheinen in einem im Akt erliegenden Auszug aus dem Europäischen Strafregister-Informationssystem zum Stichtag 08.04.2024 fünf Verurteilungen aus Deutschland auf.

II. Rechtliche Beurteilung:

II.1. Rechtgrundlagen

§ 18 BFA-VG lautet:

(1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (Paragraph 19,) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Absatz 2, auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2.der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3. Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden. Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt. Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK, Artikel 8, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. Paragraph 38, VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.

§ 27a FPG lautet:

(1) Während der Gültigkeitsdauer des Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes darf der Fremde, der nicht der Visumpflicht unterliegt, ohne Bewilligung nicht wieder einreisen.

(2) Die Bewilligung zur Wiedereinreise kann dem Fremden auf Antrag erteilt werden, wenn dies aus wichtigen öffentlichen oder privaten Gründen notwendig ist, die für das Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot maßgeblichen Gründe dem nicht entgegenstehen und auch sonst kein Visumsversagungsgrund vorliegt. Mit der Bewilligung ist auch die sachlich gebotene Gültigkeitsdauer festzulegen.

(3) Die Bewilligung kann im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit mit Auflagen belegt werden; hiebei ist auf den Zweck des Aufenthalts Bedacht zu nehmen. Auflagen sind insbesondere die Vorschreibung bestimmter Grenzübergangsstellen und Reiserouten, die Beschränkung des Aufenthalts auf den Sprengel einer Bezirksverwaltungsbehörde sowie die Verpflichtung, sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die Erteilung von Auflagen ist in der Bewilligung ersichtlich zu machen.

(4) Die nähere Gestaltung der Bewilligung wird durch Verordnung des Bundesministers für Inneres festgelegt.

(5) Die Bewilligung ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden, die ihre Versagung gerechtfertigt hätten, wenn die Gründe für ihre Erteilung weggefallen sind oder wenn der Fremde während seines Aufenthalts im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das

(6) Die Bewilligung ist nur in Verbindung mit einem gültigen Reisedokument gültig.

II.2. Für den gegenständlichen Fall sind folgende Erwägungen maßgeblich:

II.2.1. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Zwar kann anhand der vorliegenden Akten und einer Anfragebeantwortung der Vorgang in Bezug auf die Zustellung des Bescheides nicht eindeutig nachvollzogen werden und können daher auch noch keine diesbezüglichen Feststellungen getroffen werden. Aus einer Mitteilung der Behörde ist jedoch ableitbar, dass die erste Beschwerdeschrift innerhalb eines Monats gerechnet vom Bescheiddatum aus eingelangt ist. Von Seiten des Beschwerdeführers wurde bislang auch keine Unregelmäßigkeit bei der Zustellung vorgebracht. Ausgehend von der Vermutung, dass die Datierung im Bescheid und den Beschwerden jeweils stimmt und eine Zustellung des Bescheides nicht vor dem Datum im Bescheid erfolgte, ist – vorbehaltlich einer anderslautenden Entscheidung nach eigehender Prüfung – von der Rechtzeitigkeit der Beschwerde auszugehen.

II.2.2. Zu Spruchpunkt A.:

Der Beschwerdeführer wurde mit Note des Bundesverwaltungsgerichtes aufgefordert, sein Vorbringen in Bezug auf die aufschiebende Wirkung zu konkretisieren, wobei er auch mit entsprechend formulierten Fragen, etwa zu den familiären und privaten Anbindungen oder einer Arbeitsstelle im Inland, manuduziert wurde. In seiner Stellungnahme gab er jedoch lediglich folgendes an:

„Durch die Entscheidung der Erstbehörde wird mein unionsrechtliches Freizügigkeitsrecht eingegriffen, sowie auf das verfassungsrechtliche gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben. Ich habe in Österreich immer gemeinsam mit meinem Bruder XXXX gelebt und könnte bei der Teppichmanufaktur arbeiten, wodurch durch die Erstbehörde in

mein Freizügigkeitsrecht eingegriffen wird.“

Abgesehen von dem Umstand, dass der Beschwerdeführer lediglich behauptet, in Österreich gelebt zu haben, andererseits dem Vorhalt des Bundesverwaltungsgerichtes, er sei in Österreich zuletzt 2012/2013 an einer privaten Wohnadresse gemeldet gewesen, nicht entgegentritt und daher einen aktuellen Wohnsitz nicht glaubhaft machen kann, vermag er mit seinem Vorbringen auch nicht darzulegen, dass seine Interessen an einem Verbleib im Inland bis zum Abschluss der Rechtssache höher wiegen als die öffentlichen Interessen an seiner sofortigen Ausreise aus dem Bundesgebiet.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Privat- und Familienlebens nicht zu beanstanden, zumal der Beschwerdeführer trotz der Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichtes – abgesehen von seinem Bruder – keine Familienangehörigen oder sonst nahestehenden Personen nannte, zu welchen er ein enges Verhältnis pflegt. In Bezug auf den genannten Bruder, mit dem er zusammen an der oben genannten Adresse leben würde, ist anzumerken, dass diesem gegenüber ebenfalls ein Aufenthaltsverbot ausgesprochen wurde.

Der Beschwerdeführer hat zwar einen ehemaligen potentiellen Arbeitgeber im Inland genannt, jedoch hat er trotz Aufforderung dazu keinerlei Vorbringen erstattet, das auf konkret vorliegende Eingriffe in seine nach der EMRK geschützten Rechte hindeuten würden.

In Anbetracht der Schwere der ihm nunmehr vorgeworfenen Taten und auch in Anbetracht der Vorstrafen in anderen Ländern ist dem Bundesamt nicht entgegenzutreten, wenn von einer Gefährlichkeit des Beschwerdeführers ausgegangen wird, die seine – auch im Rechtsmittelverfahren bislang unubstantiiert gebliebenen – Interessen überwiegen.

Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit – vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt – die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Nur der Vollständigkeit halber ist noch anzuführen, dass der Beschwerdeführer – sollte das Bundesveraltungsgericht in dieser Sache entscheiden, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen – zu diesem Zweck wieder einreisen kann, wenn er einen Antrag auf eine Wiedereinreise stellt. Dem Beschwerdeführer steht es jedenfalls frei, – allenfalls im Wege seiner Rechtsvertretungen – die zuständigen Behörden zu kontaktieren, damit er im Hinblick auf eine Antragstellung weiter angeleitet werden kann.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision

Die Revision nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG grundsätzliche Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht zu lösen hatte.

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