Spruch
W208 2281418-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde der stellvertretenden Disziplinaranwältin beim Bundesministerium für Inneres, gegen den Nichteinleitungsbeschluss betreffend des Mitbeteiligten Gruppeninspektor XXXX , der BUNDESDISZIPLINARBEHÖRDE, Senat 28, vom 18.10.2023, GZ 2023-0.733.843, zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG insofern stattgegeben, dass gem § 123 BDG gegen Gruppeninspektor XXXX ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird, weil er im Verdacht steht
1.) sich am 23.05. 2023 um die Mittagzeit, vor anderen Kollegen im Sozialraum der GPI XXXX , der Kollegin GrpInsp XXXX gegenüber herablassend und beleidigend verhalten zu haben, indem er ihr unter anderem „dienstliche Unfähigkeit“ und einen „Mangel an Intelligenz“ vorgeworfen hat und sie als „Depperte“ und „Dobl“ bezeichnete;
2.) zu einem (noch) unbekannten Zeitpunkt zwischen 27.02.2023 und 31.05.2023 den Mord am Kommandanten der Polizeiinspektion TRIEBEN durch seinen Kommentar gegenüber seinem Kollegen RevInsp XXXX , dass endlich einmal einer seinen Chef erschossen habe, ins Lächerliche gezogen zu haben
und dadurch zu 1.) eine Dienstpflichtverletzung nach § 43a BDG und zu 2.) nach § 43 Abs 1 und Abs 2 BDG begangen zu haben.
II. Vom Vorwurf, am 27.05.2023 beim Surfen im Internet, den Kollegen GrpInsp XXXX und GrpInsp XXXX gegenüber die Aussage getätigt zu haben, er suche im Internet nach Ausrüstungsgegenständen für einen bevorstehenden Amoklauf, und damit eine Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs 1 und Abs 2 BDG begangen zu haben, wird kein Disziplinarverfahren eingeleitet und die Beschwerde abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Disziplinarbeschuldigte (DB) Gruppeninspektor XXXX steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund als Exekutivbeamter.
2. Am 02.06.2023 (Datum des Einlangens) übermittelte der Bezirkspolizeikommandant (BPK) dem Landespolizeidirektor (Leiter der Dienstbehörde) einen Bericht (datiert 01.06.2023) indem er beleidigende Äußerungen („dienstliche Unfähigkeit“, „Mangel an Intelligenz“, „Depperte“, „Dobl“) des DB gegenüber einer namentlich genannten Kollegin am 23.05.2023, scherzhafte Aussagen des DB am 27.05.2023 iZm einem Amoklauf und eine bereits länger zurückliegende „geschmacklose“ Aussage, dass endlich einmal einer seinen Chef (gemeint der Polizeikommandant von TRIEBEN) erschossen hätte, zur Kenntnis brachte.
Der BPK führte an, er habe den DB am 01.06.2023 mit den Aussagen, die einen Verstoß gegen § 43a BDG darstellen würden, konfrontiert. Dieser habe sich einsichtig gezeigt, sich entschuldigt und versichert, dass es künftig zu keinen solchen Aussagen mehr kommen werde. Er sei deshalb zum Schluss gekommen, dass eine schriftliche Ermahnung nach § 109 Abs 2 BDG (gerade noch) ausreiche (AS 23).
3. Am 16.06.2023 wurde durch den unmittelbaren Vorgesetzten des DB (den Inspektionskommandanten) die schriftliche Belehrung und Ermahnung gem § 109 Abs 2 BDG zu den genannten Sachverhalten ausgesprochen und vom DB zur Kenntnis genommen (AS 59).
4. Am 29.06.2023 wurde durch das Bezirkspolizeikommando eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft (StA) wegen der Äußerungen betreffend einen geplanten Amoklauf erstattet (AS 18).
Am 03.08.2023 teilte die StA ( XXXX ) mit, dass das Verfahren wegen § 107 Abs 1 StGB (Gefährliche Drohung) eingestellt worden sei, weil die zu Grunde liegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst die weitere Verfolgung aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre (AS 67).
5. Offenbar aufgrund eines danach erschienenen Presseartikels „Polizist spottet über Getöteten“ (AS 65), indem auch von „zahlreichen verbalen Entgleisungen und Beschwerden“ gegen den DB die Rede ist, erfolgten im September 2023 diverse Einvernahmen von Zeugen und des DB.
Am 26.09.2023 erstattete der Inspektionskommandant im Auftrag der LPD Disziplinaranzeige gegen den DB zu folgenden Vorwürfen:
„Faktum 1:
[Der DB] hat am 23.05.2023 im Rahmen der Einnahme eines gemeinsamen Mittagessens im Sozialraum der GPI XXXX nach Angaben seiner Kollegen die anwesende Kollegin Grlnsp XXXX grundlos herablassend beleidigt. Er warf ihr unter anderem dienstliche Unfähigkeit und mindere lntelligenz vor. Laut Aussage des Kollegen Revlnsp XXXX habe er außerdem die schreckliche Tat in Trieben (gemeint war der Todesfall des Kdt der Pl Trieben) herabgewürdigt und lächerlich beschrieben.
[Der DB] steht daher im Verdacht, durch sein Verhalten gegen die Bestimmungen des § 43a BDG iVm § 43/Abs2 BDG verstoßen und dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 91 BDG 1979 begangen zu haben.
Faktum 2:
[Der DB] surfte am 27.05.2023 in der abfertigungsfreien Zeit im Einreisecounter auf einer lnternetseite. Hierbei gab er den anwesenden Kollegen Grlnsp XXXX und Grlnsp XXXX zu verstehen, dass er nach Ausrüstungsgegenständen für einen bevorstehenden Amoklauf suchte.
[Der DB] steht daher im Verdacht, durch sein Verhalten gegen die Bestimmungen des § 43/Abs2 BDG verstoßen und dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 91 BDG 1979 begangen zu haben.“
Diese Disziplinaranzeige wurde mit Schreiben vom 05.10.2023 an die Bundesdisziplinarbehörde (BDB) weitergeleitet und ausgeführt, dass die Dienstpflichtverletzung am 02.06.2023 bekannt geworden und bereits eine schriftliche Ermahnung in derselben Sache ausgesprochen worden sei.
6. Am 18.10.2023 fasste der zuständige Senat der BDB den gegenständlichen Nichteinleitungsbeschluss (NEB) gemäß § 123 Abs 1 und 2 BDG und stellte das Verfahren gemäß § 118 Abs 1 Z 3 BDG, mit der tragenden Begründung ein, dass der VwGH mit Erkenntnis vom 19.07.2023, Ra 2021/12/0078, ausgesprochen habe, dass eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden dürfe, wenn bereits eine Ermahnung in der gleichen Sache ergangen sei.
7. Gegen den am 23.10.2023 der stellvertretenden Disziplinaranwältin (DA) zugestellten NEB brachte diese am 14.11.2023 eine Beschwerde an das BVwG ein, die sie mit Schreiben vom 19.11.2023 um rechtlich Ausführungen ergänzte.
8. Mit Schreiben vom 16.11.2023 (eingelangt beim BVwG am 17.11.2023) wurde die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen – dem BVwG zur Entscheidung vorgelegt. Dem DB wurde die Beschwerde der DA zur Kenntnis (zugestellt am 22.11.2023) übermittelt und ihm eine Frist zur Äußerung von 2 Wochen eingeräumt. Am 21.11.2023 reichte der Disziplinaranwalt die Bevollmächtigung der stellvertretenden Disziplinaranwältin nach.
9. Das BVwG wies mit Erkenntnis vom 03.01.2024, W208 2281418-1/6E, die Beschwerde ab und bestätigte die Nichteinleitung unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof (VwGH) vom 19.07.2023, Ra 2021/12/0078, in einem Feststellungsverfahren, wonach bei einer nachweislichen Belehrung Ermahnung nach § 109 Abs 2 BDG wegen einer Dienstpflichtverletzung, für die zusätzliche Verhängung einer Disziplinarstrafe in derselben Sache kein Raum bleibe.
10. Dagegen brachte der Disziplinaranwalt beim Bundesministerium für Inneres am 15.02.2024 (Datum des Einlangens beim BVwG) eine außerordentliche Revision beim VwGH ein und hob dieser mit Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 18.06.2024, Ra 2024/09/0018, unter Abkehr von den Aussagen im oa Erkenntnis vom 19.07.2023, das Erkenntnis des BVwG wegen Rechtswidrigkeit auf. Das aufhebende Erkenntnis langte am 26.06.2024 beim BVwG ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zu den Hemmungszeiträumen
Die Dienstbehörde hat am 02.06.2023 von den dem DB vorgeworfen Sachverhalt durch den Bericht des BPK vom 01.06.2023 (AS 27) Kenntnis erlangt (AS 7).
Die Anzeige bei der StA zur „Äußerung zum Amoklauf“ wurde von der Dienstbehörde am 29.06.2023 eingebracht und die Mitteilung der Einstellung langte am 03.08.2023 bei der LPD ein. Das Verfahren vor der StA dauerte daher vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Dienstbehörde am 02.06.2023 an, noch 32 Tage (Juni 29, August 3).
Das Beschwerdeverfahren zu allen drei Vorwürfen wurde am 17.11.2023 beim BVwG anhängig (OZ 1) und die Entscheidung des BVwG wurde am 08.01.2024 der DA und der BDB sowie am 12.01.2024 dem DB zugestellt. Das Verfahren vor dem BVwG dauerte daher 53 Tage (November 14, Dezember 31, Jänner 8).
Die Revision wurde am 15.02.2024 beim BVwG anhängig und dessen aufhebendes Erkenntnis langte am 26.06 2024 beim BVwG ein. Das Revisionsverfahren dauerte daher 132 Tage (Februar 14, März 31, April 30, Mai 31, Juni 26).
1.2. Zum vorläufig festgestellten Sachverhalt im Verdachtsbereich
1.2.1. Zum Vorwurf 1 (Beleidigung):
Am 23.05.2023, um die Mittagszeit im Sozialraum der GPI XXXX kam es zu beleidigenden Aussagen des DB gegenüber der Kollegin GrpInsp XXXX (H), als diese den Sozialraum betrat. Der DB steht im Verdacht ihr rund 10 Minuten lang ua „dienstliche Unfähigkeit“, einen „Mangel an Intelligenz“ vorgeworfen zu haben und sie als „Depperte“ und „Dobl“ bezeichnet zu haben. Dabei waren die Kollegen GrpInsp XXXX , GrpInsp XXXX und RevInsp XXXX (S) und GrpInsp XXXX (O) im Raum.
Ob sich der DB, dabei in einem Zustand begreiflicher Erregung befand und es sich um ein „Streitgespräch“ gehandelt hat, wie von ihm behauptet (AS 38) und ob die genannten Schimpfwörter oder andere gefallen sind, wird im Disziplinarverfahren durch die Befragung aller Anwesenden zu klären sein. Bis dato wurden lediglich S und O befragt. Wobei S, von mehrfachen, herablassenden, respektlosen und verletzenden Bemerkungen des DB über das Alter von H und ihrer Intelligenz sprach, und O, von herabwürdigenden verbalen Entgleisungen, die ungefähr 10 Minuten gedauert hätten und die die H ohne Entgegnung über sich ergehen habe lassen. Beide wurden nicht zu den konkreten Wortlauten der Aussagen befragt.
Die Zeugenaussagen deuten darauf hin, dass für diese die Erregung des DB nicht verständlich war und es keinen konkreten Anlass gab.
1.2.2. Zum Vorwurf 2 (Ermordung):
Hier hat der Zeuge S unter Wahrheitspflicht ausgesagt, dass der DB lachend „im Anschluss“ (woran, steht nicht fest und wer dabei war, auch nicht, das wird die BDB noch zu klären haben) – im Zusammenhang mit der Ermordung des Inspektionskommandanten von TRIEBEN – gesagt habe, dass endlich einmal einer seinen Chef erschossen habe.
Wobei diese Ermordung am 27.02.2023 stattfand und die Meldung der Äußerung des DB am 01.06.2023, sodass sie spätestens am 31.05.2023 gefallen sein muss, weshalb – bis zur Klärung durch die BDB dieser Zeitraum angenommen wird.
Der B bestreitet die Aussage und steht damit Aussage gegen Aussage.
1.2.3. Zum Vorwurf 3 (Amoklauf):
Am 27.05.2023 hat der DB bei einer Suche auf einer Internetseite für Polizeiausrüster, als dort eine Schutzweste am Bildschirm angezeigt wurde, auf Nachfrage des Kollegen GrpInsp XXXX (K) diesem und dem Kollegen GrpInsp O gegenüber, die Aussage getätigt, er brauche diese für einen Amoklauf. Dass das ein Scherz war, war für beide erkennbar.
Das diesbezüglich Verfahren wegen gefährlicher Drohung wurde von der StA eingestellt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zum jeweiligen Beginn und Ende der Hemmungszeiträume ergeben sie aus den unstrittigen Datumsangaben im Akt.
2.2. Die Feststellungen zum vorgeworfenen Sachverhalt ergeben sich aus den folgenden Beweismitteln:
2.2.1. Zum Vorwurf 1 (Beleidigung):
Der DB wies ihm Rahmen seiner Beschuldigteneinvernahme vom 14.09.2023 darauf hin, dass es ein „verbales Streitgespräch“ mit der H gegeben habe und es eine Vorgeschichte (Vorfall vom Winter 2021/2022 und eine unbeabsichtigte Schussabgabe der H beim Entladen der Dienstwaffe gegeben habe). H habe auch ständig und über jeden etwas zu berichten gewusst und sei er selbst aufgrund von familiären und gesundheitlichen Problemen schlechter Laune gewesen. Er bedauere die Aussagen (AS 38).
Im Bericht vom 01.06.2023 (AS 23) ist von einem Aktenvermerk des Tageskommandanten vom 29.05.2023, die Rede (der sich aber nicht im Akt befindet), in dem ausgeführt sein soll, dass sich der DB in Anwesenheit anderer Mitarbeiter herablassend und beleidigend gegenüber der H geäußert und diese als „Depperte“ bzw „Dobl“ bezeichnet haben soll.
Die betroffene GrpInsp H machte keine Angaben im Zuge ihrer Zeugeneinvernahme am 11.09.2023 (AS 43). Das wurde hingenommen, obwohl keine erkennbaren Aussageverweigerungsgründe erkannt werden können.
Nach dem Gedankenprotokoll von GrpInsp O vom 31.05.2023 (AS 33) und der Zeugeneinvernahme vom 06.09.2023 (AS 49), gab dieser an, der DB habe um die Mittagszeit, beim Eintreten der H in den Sozialraum, indem sich auch drei weitere namentlich genannte Kollegen (GrpInsp XXXX , GrpInsp XXXX und RevInsp S) befunden hätten, dieser ohne jeglichen Anlass unterstellt, dass sie keine Kompetenz habe, unqualifiziert sei und unfähig irgendwelche Akte zu erledigen. Die herabwürdigenden verbalen Entgleisungen hätten ungefähr 10 Minuten gedauert und habe H diese ohne Entgegnung über sich ergehen lassen.
RevInsp S spricht in seinem Gedankenprotokoll vom 30.05.2023 (AS 35), von mehrfachen, herablassenden, respektlosen und verletzenden Bemerkungen des DB über das Alter von H und ihrer Intelligenz, am 23.05.2023.
2.2.2. Zum Vorwurf 2 (Ermordung):
Der DB bestritt im Rahmen seiner Beschuldigteneinvernahme vom 14.09.2023, diese Aussage, möglicherweise habe er eine satirische Bemerkung gemacht, die falsch interpretiert worden sei (AS 39).
Dem gegenüber steht das Gedankenprotokoll von RevInsp S vom 30.05.2023 (AS 35), der davon sprach, dass der DB, während er laut gelacht habe, gesagt habe, dass endlich einmal einer seinen Chef erschossen haben.
In der Zeugeneinvernahme von RevInsp S vom 11.09.2023 (AS45) wiederholte dieser im Wesentlichen die bereits im Gedankenprotokoll getätigten Aussagen, wobei aus der Protokollierung nicht hervorgeht, ob mit den Worten „im Anschluss“ der Vorfall mit H gemeint ist, oder ein anderer Tag danach und ob und wer bei dieser Aussage noch anwesend war.
2.2.3. Zum Vorwurf 3 (Amoklauf):
Der DB räumte ihm Rahmen seiner Beschuldigteneinvernahme vom 14.09.2023 ein, im Gespräch mit seinem Kollegen K eine scherzhafte Bemerkung über einen Amoklauf gemacht zu haben, während er im Internet nach einem Rucksack gesucht habe. Deren Wortlaut, sei ihm aber nicht mehr in Erinnerung. Der Kollege, der dabeigestanden sei (gemeint O), habe diese Aussage womöglich falsch verstanden (AS 39).
Nach dem Gedankenprotokoll von GrpInsp K vom 31.05.2023 (AS 31) und der Zeugenaussage vom 06.09.2023 (AS 53), hat der DB am 27.05.2023 bei einem gemeinsamen Dienst bei einer Suche im Internet auf der Seite eines Polizeiausrüsters, im Scherz Aussagen getroffen bei denen die Worte „Amok“ und „Schutzweste“ gefallen seien. Diese wären in keiner Weise ernst zu nehmen gewesen und seien auch nicht ernst genommen worden.
Nach dem Gedankenprotokoll von GrpInsp O vom 31.05.2023 (AS 33) und der Zeugeneinvernahme vom 06.09.2023 (AS 49), bestätigte der, dass er sich mit dem DB und K am 27.05.2023 unterhalten habe und der DB eine Internetseite mit einer militärischen Schutzweste geöffnet gehabt und dazu gesagt habe, dass er diese Weste gut für seinen Amoklauf verwenden könne. Es sei herauszuhören gewesen, dass diese Aussage im Scherz gewesen sei.
Die Einstellung des Verfahrens durch die StA ergibt sich aus deren Mitteilung (AS 67).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zulässigkeit und Verfahren
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde beim BVwG vier Wochen. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht. Gründe für eine Unzulässigkeit der Beschwerde sind nicht ersichtlich.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. § 135a BDG sieht bei Entscheidungen über einen Einleitungsbeschluss keine Senatszuständigkeit vor, gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor (und zwar auch bei einer Beschwerde des Disziplinaranwaltes vgl. dazu VwGH 21.04.2015, Ra 2014/09/0042).
Eine mündliche Verhandlung wird vom BVwG nicht für notwendig erachtet (§ 24 Abs 1 iVm Abs 4 VwGVG). Der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Einleitungsbeschlusses notwendige Sachverhalt war den Akten zu entnehmen und steht fest. Zur Rechtsfrage liegen eindeutiges Erkenntnise des VwGH (insb 18.06.2024, Ra 2024/09/0018) vor.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen und Judikatur
Die anzuwendenden Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG) lauten (Auszug):
„Allgemeine Dienstpflichten
§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Achtungsvoller Umgang (Mobbingverbot)
§ 43a. Beamtinnen und Beamte haben als Vorgesetzte ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und als Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter ihren Vorgesetzten sowie einander mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen. Sie haben im Umgang mit ihren Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezwecken oder sonst diskriminierend sind.
Verjährung
§ 94. (1) Die Beamtin oder der Beamte darf wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen sie oder ihn nicht
1. innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, eine Disziplinarverfügung erlassen oder eine Anzeige an die Bundesdisziplinarbehörde erstattet wurde;
2. innerhalb von einem Jahr, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, vor der Bundesdisziplinarbehörde ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde;
3. innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung, eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Bundesdisziplinarbehörde eingeleitet wurde.
(1a) Drei Jahre nach der an den beschuldigten Beamten erfolgten Zustellung der Entscheidung, gegen ihn ein Disziplinarverfahren durchzuführen, darf eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden.
(2) Der Lauf der in Abs. 1 und 1a genannten Fristen wird - sofern der der Dienstpflichtverletzung zugrundeliegende Sachverhalt Gegenstand der Anzeige oder eines der folgenden Verfahren ist - gehemmt
1. für die Dauer eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, dem Verwaltungsgerichtshof oder einem Verwaltungsgericht,
2. für die Dauer eines Verfahrens vor einem Verwaltungsgericht über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder auf andere Weise in ihren Rechten verletzt worden zu sein,
3. für die Dauer eines Strafverfahrens nach der StPO oder eines bei einem Verwaltungsgericht oder einer Verwaltungsbehörde anhängigen Strafverfahrens,
4. für den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Beendigung oder, wenn auch nur vorläufigen, Einstellung eines Strafverfahrens und dem Einlangen einer diesbezüglichen Mitteilung bei der Dienstbehörde und
5. für den Zeitraum zwischen der Erstattung der Anzeige und dem Einlangen der Mitteilung
a) über die Beendigung des verwaltungsbehördlichen oder des gerichtlichen Verfahrens bzw. des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht,
b) der Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Strafverfahrens oder
c) der Verwaltungsbehörde über das Absehen von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens
bei der Dienstbehörde.
(2a) Der Lauf der in Abs. 1 genannten Fristen wird für die Dauer des nicht vor der Dienstbehörde geführten Teils eines dienstrechtlichen Feststellungsverfahrens, das der Klärung einer Vorfrage für die disziplinarrechtliche Verfolgung des der Dienstpflichtverletzung zugrundeliegenden Sachverhalts dient, bis zu seiner rechtskräftigen Beendigung gehemmt.
(3) Der Lauf der in Abs. 1 und 1a genannten Fristen wird weiters gehemmt in den Fällen des § 28 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG), BGBl. Nr. 133/1967,
1. für den Zeitraum ab Antragstellung der Disziplinarbehörde auf Erteilung der Zustimmung bis zur Entscheidung durch das zuständige Organ der Personalvertretung,
2. für die Dauer eines Verfahrens vor der Personalvertretungsaufsichtsbehörde.
Im Verfahren vor der Bundesdisziplinarbehörde im PTA-Bereich und in der Fernmeldebehörde ist Z 1 anzuwenden.
(4) Hat der Sachverhalt, der einer Dienstpflichtverletzung zugrunde liegt, zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt und ist die strafrechtliche Verjährungsfrist länger als die im Abs. 1 Z 3 genannte Frist, so tritt an die Stelle dieser Frist die strafrechtliche Verjährungsfrist.
„Disziplinaranzeige
§ 109. (1) Der unmittelbar oder mittelbar zur Führung der Dienstaufsicht berufene Vorgesetzte (Dienstvorgesetzte) hat bei jedem begründeten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung die zur vorläufigen Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen zu pflegen und sodann unverzüglich im Dienstwege der Dienstbehörde Disziplinaranzeige zu erstatten. Erweckt der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung auch den Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung, so hat sich der Dienstvorgesetzte in dieser Eigenschaft jeder Erhebung zu enthalten und sofort der Dienstbehörde zu berichten. Diese hat gemäß § 78 StPO vorzugehen.
(2) Von einer Disziplinaranzeige an die Dienstbehörde ist abzusehen, wenn nach Ansicht der oder des Dienstvorgesetzten eine Belehrung oder Ermahnung ausreicht. Diese ist der Beamtin oder dem Beamten nachweislich mitzuteilen. Nach Ablauf von drei Jahren ab Mitteilung an die Beamtin oder den Beamten darf eine Belehrung oder Ermahnung zu keinen dienstlichen Nachteilen führen und sind die Aufzeichnungen über die Belehrung oder Ermahnung zu vernichten, wenn die Beamtin oder der Beamte in diesem Zeitraum keine weitere Dienstpflichtverletzung begangen hat. […]
Einstellung des Disziplinarverfahrens
§ 118. (1) Das Disziplinarverfahren ist mit Bescheid einzustellen, wenn
(2) Das Disziplinarverfahren gilt als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten endet. […]“
Einleitung
§ 123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.
(2) Hat die Bundesdisziplinarbehörde die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Einleitungsbeschluss der oder dem Beschuldigten, der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen und die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben. […]“
Im Erkenntnis des VwGH vom 19.07.2023, Ra 2021/12/0078 – das iZm einem Feststellungsverfahren betreffend der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Ermahnung einer Beamtin gem § 109 Abs 2 BDG, wegen Nichtbefolgung einer Weisung ergangen ist – hat dieser ua. folgende Aussagen getroffen (Hervorhebung durch BVwG):
„Das BDG 1979 geht von einem abgestuften Verfahren aus, dessen erster Schritt grundsätzlich beim Dienstvorgesetzten liegt, der im Rahmen der ihn treffenden Verpflichtung zur Dienstaufsicht Vorerhebungen vorzunehmen und dann zu entscheiden hat, ob eine Belehrung oder Ermahnung ausreicht, oder ob die Dienstbehörde zu befassen ist; bei diesen im Vorfeld eines Disziplinarverfahrens zu treffenden Maßnahmen handelt es sich noch nicht um ein förmliches Disziplinarverfahren. Erst mit der Erstattung der Disziplinaranzeige bzw. Selbstanzeige nach § 111 BDG 1979 bei der Dienstbehörde beginnt das dienstbehördliche Disziplinarverfahren, auf das die in § 105 BDG 1979 genannten Verfahrensregeln anzuwenden sind (vgl. VwGH 16.7.1992, 92/09/0120). Die Ermahnung ist auch keine Disziplinarstrafe (vgl. § 92 BDG 1979). Nach der Rechtslage vor der DienstrechtsNov 2015 durfte eine Ermahnung zu keinen dienstrechtlichen Nachteilen des Beamten führen. Als wichtigste Wirkung der nicht disziplinären Natur der missbilligenden Ermahnung zeigt sich, dass der Grundsatz ‚ne bis in idem‘ nicht gilt und die Ermahnung den materiellen Disziplinierungsanspruch der Dienstbehörde nicht verbraucht (vgl. VwGH 17.1.1991, 90/09/0168). Diese Rechtsansicht kann für die Rechtslage der DienstrechtsNov 2015, mit der in § 109 Abs. 2 BDG 1979 das Erleiden von dienstlichen Nachteilen für den Beamten ab Mitteilung der Ermahnung jedenfalls für drei Jahre nicht ausgeschlossen wird, nicht aufrechterhalten werden. Gemäß § 121 Abs. 1 BDG 1979 darf nämlich eine Dienstpflichtverletzung über eine Disziplinarstrafe hinaus zu keinen dienstrechtlichen Nachteilen führen. Wurde somit bereits eine Ermahnung wegen einer Dienstpflichtverletzung erteilt, verbleibt für die zusätzliche Verhängung einer Disziplinarstrafe in derselben Sache kein Raum. […]“
Im Erkenntnis eines verstärkten Senates des VwGH vom 18.06.2024, Ra 2024/09/0018, heißt es demgegenüber:
„Der Verwaltungsgerichtshof hält jedoch aus den nachstehenden Gründen in diesen beiden Punkten unter Ablehnung der im Erkenntnis vom 19. Juli 2023, Ra 2021/12/0078, gewählten Auslegung an der bisherigen Rechtsprechung fest:
Nach § 91 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach dem mit „Disziplinarrecht“ überschriebenen Abschnitt des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 zur Verantwortung zu ziehen.
Der zur Erteilung einer Belehrung oder Ermahnung nach § 109 Abs. 2 BDG 1979 zuständige Dienstvorgesetzte ist nicht Disziplinarbehörde. Dies sind gemäß § 96 BDG 1979 ausschließlich die Dienstbehörden und die Bundesdisziplinarbehörde.
Die Belehrung oder Ermahnung stellt zudem schon deshalb keine Disziplinarstrafe dar, weil sie in der abschließenden Aufzählung der Disziplinarstrafen des § 92 Abs. 1 Z 1 bis 4 BDG 1979 nicht enthalten ist.
Nach der - siehe oben - weiterhin völlig einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine dienstrechtliche Ermahnung - anders als die im Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 VStG mit Bescheid zu erteilende Ermahnung - nicht als Bescheid zu erlassen. Ihr kommt daher auch keine Rechtskraftwirkung zu.
Zwar gilt das Verbot der Doppelbestrafung auch im Disziplinarrecht insoweit, als eine rechtswirksam verhängte Disziplinarstrafe die nochmalige Verhängung einer solchen Maßnahme wegen desselben Sachverhalts rechtlich ausschließt (vgl. bereits VwGH 17.1.1991, 90/09/0168). Die Ermahnung stellt jedoch - mag sie für den Beamten auch nachteilig sein - eine dienstrechtliche Maßnahme dar (siehe dazu etwa VwGH 16.11.2023, Ro 2023/09/0001), und keine disziplinäre Bestrafung.
Zudem wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits mehrfach zu unterschiedlichen Rechtsgebieten festgehalten, dass formlose Entscheidungen oder Verfahrenseinstellungen außerhalb von Verwaltungsstrafverfahren nicht in Rechtskraft erwachsen und daher keine Bindungswirkung oder das Prozesshindernis der entschiedenen Sache im Sinn einer „res iudicata“ entfalten (vgl. etwa VwGH 4.5.2023, Ra 2023/09/0014, zum Denkmalschutzgesetz; mit Hinweis u.a. auf VwGH 19.6.1997, 95/20/0538, zum Strafvollzugsgesetz).
Auch aus dem mit „Auswirkung von Disziplinarstrafen“ überschriebenen § 121 Abs. 1 BDG 1979, wonach eine Dienstpflichtverletzung über eine Disziplinarstrafe hinaus zu keinen dienstrechtlichen Nachteilen führen darf, kann ein Verbot der Einleitung eines Disziplinarverfahrens nach der Erteilung einer Ermahnung wegen desselben Verhaltens nicht abgeleitet werden. Die Ermahnung stellt - wie ausgeführt - keine Disziplinarstrafe dar. Allein Disziplinarstrafen in diesem Sinn dürfen - nach Durchführung eines förmlichen Disziplinarverfahrens und von der zuständigen Disziplinarbehörde (dem Verwaltungsgericht) - als Mittel disziplinärer Verfolgung verhängt werden (siehe bereits VwGH 17.1.1991, 90/09/0168).“
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
3.3.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Beschluss der BDB zu den im Spruch angeführten Vorwürfen kein Disziplinarverfahren gegen den DB einzuleiten und das Verfahren einzustellen. Wobei die BDB ihre Entscheidung im Wesentlichen damit begründet hat, dass eine Disziplinarstrafe nach der jüngsten Judikatur des VwGH 19.07.2023, Ra 2021/12/0078) nicht mehr verhängt werden dürfe, wenn bereits eine Ermahnung in der gleichen Sache erteilt worden sei. Es liege im Gegenstand daher das Verfolgungshindernis der entschiedenen Sache nach § 118 Abs 1 Z 3 BDG vor.
Die stellvertretende Disziplinaranwältin argumentiert in ihrer Beschwerde dagegen, dass das zitierte Erkenntnis des VwGH vom 19.07.2023, Ra 2021/12/0078 auf das gegenständliche Disziplinarverfahren nicht anwendbar sei, weil es in einem Feststellungsverfahren ergangen sei und der Inspektionskommandant, der die Belehrung/Ermahnung ausgesprochen hat (ebenso wie der Bezirkspolizeikommandant), darauf vertraut habe, dass er dennoch eine Disziplinaranzeige erstatten könne, weil die Ermahnung keine Disziplinarstrafe in einem förmlichen Verfahren darstelle.
Aufgrund der nunmehr mit dem Erkenntnis des VwGH vom 18.06.2024, Ra 2024/09/0018 geklärten Rechtsfrage, ist der Argumentation der BDB (der das BVwG im ersten Rechtsgang zunächst gefolgt ist) der Boden entzogen und liegt kein offensichtlicher Einstellungsgrund nach § 118 Abs 1 Z 3 BDG, wegen der bereits erteilten dienstrechtlichen Belehrung/Ermahnung nach § 109 Abs 2 BDG, vor. Die Nichteinleitung und Einstellung des Verfahrens aus diesem Grund war daher rechtswidrig.
3.3.2. Es ist in der Folge zu prüfen, ob ein anderer Einstellungsgrund nach § 118 BDG vorliegt. Wobei in dieser Phase des Disziplinarverfahrens nur offenkundige Einstellungsgründe zu beachten sind (VwGH 18.10.1990, 90/09/0061; 19.10.1990, 90/09/0044).
3.3.2.1. Im Gegenstand ist zunächst an den Verjährungstatbestand des § 94 Abs 1 Z 1 BDG zu denken, wonach ein Disziplinarverfahren innerhalb von 6 Monaten ab Kenntnis von der Dienstpflichtverletzung bei der BDB anzuzeigen ist. Bei Ablauf dieser Frist ist das Verfahren gem § 118 Abs 1 Z 1 BDG wegen Entfall der Strafbarkeit einzustellen bzw nicht einzuleiten.
Nach den unstrittigen Angaben der Dienstbehörde ist diese seit 02.06.2023 in Kenntnis der Dienstpflichtverletzungen und erfolgte die Anzeige an die BDB am 26.09.2023 und damit noch innerhalb der Frist.
Nach § 94 Abs 1 Z 2 BDG ist das Verfahren innerhalb eines Jahres ab Kenntnisnahme von der BDB einzuleiten und wäre diese Frist mit 02.06.2024 aufgrund der bis dato nicht erfolgten Einleitung bereits verstrichen.
Allerdings wurde der Ablauf dieser Frist schon durch das Beschwerdeverfahren beim BVwG (Dauer 53 Tage) sowie das Revisionsverfahren beim VwGH (Dauer 132 Tage) um insgesamt 185 Tage gehemmt und ist daher ebenfalls noch offen.
Die dreijährigen Verjährungsfristen des § 94 Abs 1 Z 3 und Abs 1a BDG sind ganz offensichtlich auch noch nicht abgelaufen.
3.3.2.2. Hinsichtlich des Vorwurfs zur Aussage betreffend der Suche nach der Schutzweste für einen Amoklauf hat bereits die StA das Verfahren eingestellt, weil es sich ganz offensichtlich um eine scherzhafte Aussage des DB gehandelt hat, wie aus den übereinstimmenden Aussagen der beiden Zeugen K und O hervorgeht und sieht auch das BVwG im vorliegenden Kontext keinen Verdacht einer Dienstpflichtverletzung durch diese Aussagen verwirklicht. Sie ist nicht geeignet Zweifel an der treuen Diensterfüllung nach § 43 Abs 1 BDG zu erwecken, oder geeignet das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben nach § 43 Abs 2 BDG zu gefährden.
Es liegt daher der Einstellungsgrund des § 118 Abs 1 Z 2 BDG vor und ist deshalb zu diesem Vorwurf in der Anzeige kein Disziplinarverfahren einzuleiten.
3.3.2.3. Diese Offenkundigkeit liegt bei den beiden anderen Vorwürfen (Beleidigung und Lächerlichmachen der Ermordung eines PI-Kommandanten) nicht vor.
Dass es sich bei den Äußerungen gegenüber GrpInsp H, um ein einmaliges Vergreifen im Ausdruck im Rahmen einer verständlichen Erregung gehandelt hat, ist schon aufgrund der bisher vorliegenden Zeugenaussagen nicht offenkundig. Ebensowenig, dass dem DB nur eine geringe Schuld zukommt, die Tat nur geringe bzw keine Folgen hat und keine generalpräventiven Erfordernisse vorliegen. Das BVwG verkennt nicht, dass offenbar nach der dienstrechtlichen Ermahnung, es zu keinen weiteren verbalen Entgleisungen kam und eine gewisse Schuldeinsicht beim DB vorliegt (vgl dazu den Bericht – AS 25 und die Aussage des S, der auch Personalvertreter ist, dass sich der DB seitdem nicht mehr „verbal echauffiert“ habe – AS 46). Das derartige Auslassen schlechter Laune an Kollegen und Kolleginnen ist schon aus generalpräventiven Gründen nicht zu tolerieren.
Die Aussage – sofern sie so gefallen ist, wie der Zeuge S behauptet hat – es sei erfreulich, dass jemand seinen Chef erschossen habe, ist jedenfalls geeignet Zweifel an der treuen Diensterfüllung (§ 43 Abs 1 BDG) und das Vertrauen der Allgemeinheit in die gesetzliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben (§ 43 Abs 2 BDG) zu erschüttern. Selbst wenn der DB dies „satirisch“ gemeint haben sollte, wie er dann doch eingeräumt hat, obwohl er die Aussage bestreitet.
Ein offensichtlicher Einstellungsgrund nach § 118 Abs 1 Z 4 BDG liegt, trotz der bereits erfolgten Belehrung/Ermahnung, nicht vor, weil auch hier wieder generalpräventive Gründe dagegensprechen.
3.3.3. Nachdem das offenkundige Vorliegen eines Einstellungsgrundes für diese beiden Vorwürfe auszuschließen ist, ist nunmehr zu prüfen, ob ausreichend substantiierte Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, welche die Annahme einer konkreten Dienstpflichtverletzung rechtfertigen (vgl. VwGH 18.11.2020, Ra 2019/09/0165; VwGH 21.9.1995, 93/09/0449; VwGH 24.1.2018, Ra 2017/09/0047; 28.3.2017, Ra 2017/09/0008; VwGH 21.12.2020, Ra 2020/09/0056). Wobei die Klärung der Rechts- und Schuldfrage dem nachfolgenden Disziplinarverfahren vorbehalten ist (vgl VfSlg 16269/2001).
Der Einleitungsbeschluss dient der hinreichend bestimmten Darstellung jenes Verhaltens, aufgrund dessen sich der Verdacht von konkreten Dienstpflichtverletzungen ergibt. Diese Darstellung muss so substantiiert sein, dass die Tatbestände sowohl von der BDB als auch vom Beschuldigten abgegrenzt werden können („Unverwechselbarkeit“, um eine Doppelbestrafung auszuschließen) und der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, sich sachgerecht zu verteidigen. Die Konkretisierung muss umso genauer sein, je größer die Möglichkeit von Verwechslungen mit anderen Dienstpflichtverletzungen besteht oder wo Verdachtsmomente bestritten werden (vgl Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 4. Auflage, 571 und die dort zitierte umfangreiche Judikatur).
Das ist hier sowohl zum Verdacht der Beleidigung der G als auch der Aussage bzw zum Verhalten nach der Ermordung der PI-Kommandanten von TRIEBEN der Fall. Es liegen die Aussagen von zur Wahrheit verpflichteter Zeugen vor und ist dem DB auch klar, um was es geht.
Dass noch Ermittlungen der BDB im Disziplinarverfahren, insb auch zur Schuld und zum Vorliegen allfälligen Milderungsgründen, erforderlich sind, ändert daran nichts.
Der Beschwerde der DA ist daher zu diesen beiden Vorwürfen stattzugeben und ein Disziplinarverfahren nach § 123 BDG einzuleiten.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Rechtsfragen durch den VwGH bereits gelöst sind.