W158 2266457-1/25E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Yoko KUROKI-HASENÖHRL als Vorsitzende und die Richter Dr. Martin MORITZ und Mag. Volker NOWAK als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch ALIANT Helml Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 20.12.2022, GZ: XXXX , in einer Angelegenheit des AIFMG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.03.2023 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird dem Grunde nach mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des Straferkenntnisses zu lauten hat:
„I. Sehr geehrter Herr XXXX ,
Sie waren vom 13.04.2017 bis 16.07.2021 Geschäftsführer der im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien zu FN XXXX eingetragenen XXXX GmbH mit Sitz in XXXX . Sie haben gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), BGBl Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 3/2008 zu verantworten, dass die XXXX GmbH jedenfalls im Zeitraum von 15.07.2019 bis 16.07.2021 ohne die erforderliche Konzession der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) gem. § 4 Abs 1 AIFMG, BGBl Nr. 135/2013, oder die erforderliche Registrierung bei der FMA für den Zeitraum vom 15.07.2019 bis zum 28.05.2019 gem. § 1 Abs 5 Z 1 AIFMG, BGBl. I Nr. 106/2017, für den Zeitraum vom 29.05.2019 bis zum 16.07.2021 gem. § 1 Abs 5 Z 1 AIFMG, BGBl. I Nr. 46/2019, einen AIF im Volumen von € 2,8 Millionen verwaltet hat.
Dies durch die Verwaltung des Genussrechtskapitals, das durch die Emission von unverbrieften und nachrangigen Genussrechten mit einer Laufzeit bis zum 31.12.2023 laut Kapitalmarktprospekt vom 05.07.2017 über das öffentliche Angebot von Genussrechten eingesammelt wurde (siehe Genussrechtsbedingungen laut Punkt 2.1.3. des Kapitalmarktprospektes vom 05.07.2017, die einen integrierten Bestandteil dieses Straferkenntnisses darstellen).
Die Genussrechte gewähren eine Beteiligung am Gewinn der XXXX GmbH. Das Genussrechtskapital dient nicht der direkten Unternehmensfinanzierung der XXXX GmbH. Es wird primär in erfolgversprechende Gerichtsverfahren veranlagt, um durch die Übernahme des Prozesskostenrisikos für Kunden bei aussichtsreichen Gerichtsverfahren gegen bonitätsstarke Prozessgegner bei Erfolgsbeteiligung einen Gewinn und folglich eine Gemeinschaftsrendite für die Genussrechtsinhaber zu erzielen. Den Genussrechtsinhabern kommt keine Mitspracherechte zu, sodass die XXXX GmbH den Geschäftsbetrieb gemäß den Genussrechtsbedingungen sowie dem Kapitalmarktprospekt vom 05.07.2017, in welchen das Genussrechtskapital investiert wird, selbst lenkt. Eine gem. § 4 Abs 1 AIFMG, BGBl Nr. 135/2013 erforderliche Konzession wurde seitens der FMA an die XXXX GmbH nicht erteilt. Auch wurde die für den Zeitraum vom 15.07.2019 bis zum 28.05.2019 gem. § 1 Abs 5 Z 1 AIFMG, BGBl. I Nr. 106/2017 sowie für den Zeitraum vom 29.05.2019 bis zum 16.07.2021 gem. § 1 Abs 5 Z 1 AIFMG, BGBl. I Nr. 46/2019, erforderliche Registrierung bei der FMA nicht vorgenommen.
II. Die XXXX haftet gemäß § 9 Abs. 7 VStG, BGBl. I Nr. 3/2008, für die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 60 Abs 1 Z 1 idF BGBl. I Nr. 150/2015, § 4 Abs 1, BGBl Nr. 135/2013, § 1 Abs 5 Z 1 AIFMG, für den Zeitraum vom 15.07.2019 bis zum 28.05.2019, BGBl. I Nr. 106/2017 sowie für den Zeitraum vom 29.05.2019 bis zum 16.07.2021, BGBl. I Nr. 46/2019.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von 20.000 Euro, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen gemäß § 60 Abs. 1 AIFMG, BGBl. I Nr. 150/2015, iVm §§ 16, 19, 44a VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 194/1999
Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft): -
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
• 2.000 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro);
• 0 Euro als Ersatz der Barauslagen für -
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 22.000 Euro“
II. Die Strafnorm lautet § 60 Abs. 1 Z 1 AIFMG, BGBl. I Nr. 150/2015.
III. Der Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG beträgt EUR 4.000, das sind 20% der Strafe.
IV. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten des Behördenverfahrens/Kosten des Beschwerdeverfahrens) beträgt daher insgesamt EUR 26.000.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Das hier angefochtene Straferkenntnis vom 20.12.2022 der Finanzmarktaufsichtsbehörde (in Folge: FMA), dem Beschwerdeführer (in Folge: BF) zugestellt am 28.12.2022, richtet sich gegen den BF als Beschuldigten und enthält folgenden Spruch:
„I. Sehr geehrter Herr XXXX ,
Sie waren vom 13.04.2017 bis 16.07.2021 Geschäftsführer der im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien zu FN XXXX eingetragenen XXXX GmbH mit Sitz in XXXX Sie haben gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), BGBl Nr. 52/1991 idgF zu verantworten, dass die XXXX GmbH jedenfalls im Zeitraum von 15.07.2019 bis 16.07.2021 ohne die erforderliche Konzession der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) gem. § 4 Abs 1 AIFMG, BGBl Nr. 135/2013 idgF, oder die erforderliche Registrierung bei der FMA gem. § 1 Abs 5 Z 1 AIFMG, BGBl Nr. 135/2013 idgF, einen AIF im Volumen von € 2,8 Millionen verwaltet hat.
Dies durch die Verwaltung des Genussrechtskapitals, das durch die Emission von unverbrieften und nachrangigen Genussrechten mit einer Laufzeit bis zum 31.12.2023 laut Kapitalmarktprospekt vom 05.07.2017 über das öffentliche Angebot von Genussrechten eingesammelt wurde (siehe Genussrechtsbedingungen laut Punkt 2.1.3. des Kapitalmarktprospektes vom 05.07.2017, die einen integrierten Bestandteil dieses Straferkenntnisses darstellen).
Die Genussrechte gewähren eine Beteiligung am Gewinn der XXXX GmbH. Das Genussrechtskapital dient der direkten Unternehmensfinanzierung der XXXX GmbH. Den Genussrechtsinhabern kommen keine Mitspracherechte zu, sodass die XXXX GmbH den Geschäftsbetrieb, in welchen das Genussrechtskapital investiert wird, selbst lenkt. Eine gem. § 4 Abs 1 AIFMG, BGBl Nr. 135/2013 idgF erforderliche Konzession wurde seitens der FMA an die XXXX GmbH nicht erteilt. Auch wurde die gem. § 1 Abs 5 Z 1 AIFMG, BGBl Nr. 135/2013 idgF erforderliche Registrierung bei der FMA nicht vorgenommen.
II. Die XXXX haftet gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 60 Abs 1 Z 1, § 4 Abs 1, § 1 Abs 5 Z 1 AIFMG, BGBl Nr. 135/2013 idgF.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von 20.000 Euro, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen gemäß § 60 Abs. 1 AIFMG iVm §§ 16, 19, 44a VStG
Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft): -
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
• 2.000 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro);
• 0 Euro als Ersatz der Barauslagen für -
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 22.000 Euro “
I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 17.01.2023, in der u.a. beantragt wird, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den Bescheid ersatzlos zu beheben.
Begründet wird die Beschwerde auf das Wesentlichste zusammengefasst damit, dass die Prozesskostenfinanzierung und die dazu notwendigen Vorarbeiten entgegen der Ansicht der FMA sehr wohl eine operative Tätigkeit der XXXX (in Folge: Gesellschaft) darstellen würden. Außerdem würde keine festgelegte Anlagestrategie verfolgt werden. Darüber hinaus habe die Gesellschaft bereits im Juli 2019 den verfahrensgegenständlichen Vertrieb eingestellt, das öffentliche Angebot zurückgenommen und keine Zeichnungsanträge mehr angenommen.
I.3. Am 01.02.2023 langte die Beschwerdevorlage beim Bundesverwaltungsgericht ein.
I.4. Am 07.03.2023 hielt der entscheidende Senat eine mündliche Verhandlung ab, in der neben dem gegenständlichen Verfahren 2266457-1 auch die Verfahren 2245399-1, 2252667-1 und 2240383-2 zur gemeinsamen Verhandlung verbunden wurden. Die Verfahren 2245399-1, 2252667-1 und 2240383-2 waren der erkennenden Gerichtsabteilung zuvor am 31.10.2022 mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses neu zugewiesen worden.
In dieser Verhandlung wurden der BF und die FMA gehört. Ferner wurde der vom BF beantragte Zeuge „ XXXX “ (in Folge: Zeuge; Leiter der Rechtsabteilung der Gesellschaft) einvernommen. Der BF hielt im gegenständlichen Verfahren seine Beschwerde vollinhaltlich aufrecht. Der BF verzichtete auf eine sofortige mündliche Verkündung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts.
I.5. Eine Stellungnahme des BF inklusive Urkundenvorlage langte am 14.03.2023 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Diese wurden der FMA zur Kenntnis übermittelt.
I.6. Am 20.03.2023 legte die belangte Behörde eine Stellungnahme vor, auf die der BF am 30.03.2023 replizierte.
I.7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.08.2023 wurde der Beschwerde des BF stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren eingestellt.
I.8. Infolge einer dagegen erhobenen außerordentlichen Amtsrevision beim Verwaltungsgerichtshof (bei diesem eingelangt am 18.09.2023), hob dieser das angefochtene Erkenntnis am 15.02.2024 zu Ra 2023/02/0177-9, beim Bundesverwaltungsgericht am 08.03.2024 eingelangt, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
I. 9. Am 29.05.2024 erstattete der BF dazu ein ergänzendes Vorbringen, welches der belangten Behörde am darauffolgenden Tag übermittelt wurde.
I.10. Am 10.06.2023 langte eine Stellungnahme der FMA beim Bundesverwaltungsgericht ein. In dieser replizierte die FMA auf das ergänzende Vorbringen des BF.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der FMA und den Gerichtsakt sowie Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 07.03.2023.
II. Feststellungen
II. 1. Zu BF und der Gesellschaft:
Der BF war vom 13.04.2017 bis zum 16.07.2021 Geschäftsführer der XXXX , welche eine im Firmenbuch zu XXXX eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Wien ist. Sie verfügt über keine Konzession der FMA.
Der BF bekleidet seit dem 16.07.2021 die Funktion eines Gesellschaftervertreters bei der Gesellschaft.
Der Unternehmensgegenstand der Gesellschaft umfasst gemäß ihrem Gesellschaftsvertrag die nachfolgenden Punkte:
a) die Prozessfinanzierung,
b) die Datenverarbeitung,
c) die Übernahme von Buchhaltungsarbeiten, sofern diese nicht unter WTBG (=Wirtschaftstreuhandberufsgesetz) fallen,
d) die Veranstaltung von Seminaren,
e) die Erbringung von Dienstleistungen aller Art, insbesondere im Bereich der Vertriebskoordination,
f) die Erwerbung von Vermögenschaften aller Art,
g) die Werbung,
h) die Beteiligung an anderen Unternehmen,
i) der Handel mit Waren aller Art,
j) der Erwerb oder die Pachtung von anderen in- oder ausländischen Unternehmen jeder Rechtsform, sowie die Beteiligung an solchen Unternehmen, sowie deren Geschäftsführung und Vertretung.
Die Gesellschaft wird im Gesellschaftsvertrag zu allen Handlungen, Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die zur Erreichung des Gesellschaftszweckes förderlich erscheinen, wie insbesondere auch die Errichtung von Zweigniederlassungen und Betriebsstätte im In- und Ausland, Erwerb von anderen Unternehmungen und Kooperationen mit anderen Unternehmungen der gleichen oder ähnlichen Sparte in jeder rechtlich zulässigen Art.
Zum Entscheidungszeitpunkt der FMA unterstützte die Gesellschaft Konsumenten bei der Durchsetzung ihrer Rechte, insbesondere gegen Versicherungsunternehmen.
II. 2. Zum Kapitalmarktprospekt über das öffentliche Angebot von Genussrechten vom 05.07.2017:
Die Gesellschaft veröffentlichte als Emittentin einen Kapitalmarktprospekt, um Genussrechte auszugeben. Die Genussrechte wurden vom 05.07.2017 bis zum 15.07.2019 in Österreich angeboten und im Umfang von insgesamt EUR 2,8 Millionen tatsächlich eingeworben. Seit dem 15.07.2019 vertreibt die Gesellschaft die Genussrechte nicht mehr, was sie auch im Amtsblatt der Wiener Zeitung veröffentlichte.
Das durch die Emission von Genussrechten eingesammelte Kapital wurde hauptsächlich für die Finanzierung fremder Rechtsstreitigkeiten gegen eine Beteiligung am erstrittenen Streitwert verwendet. Die Nebentätigkeiten der Gesellschaft umfassten u.a. die Schulungen für Mitarbeiter, die Beschaffung von Arbeitsmitteln, IT, Verwaltung und Administration, Marketing und sonstige Aufgaben.
Im Kapitalmarktprospekt vom 05.07.2017 über das öffentliche Angebot von Genussrechten führte die Gesellschaft aus, dass sie insbesondere in folgenden Bereichen tätig ist:
„- Prozesskostenfinanzierung (aktuell wurden/werden zB über 4.000 Anfragen im Bereich Rückabwicklung von Lebensversicherungen bearbeitet und an kooperierende Rechtsanwälte weitergeleitet)
- (eingeschränkte) Vorabprüfung relevanter Unterlagen und Sammlung/Aufbereitung für die jeweiligen kooperierenden Rechtsanwälte
- Zurverfügungstellung von Kontakten zu Rechtsanwälten / Weiterleitung der Aufträge an die jeweiligen kooperierenden Rechtsanwälte
- Marketingaktivitäten für die Bewerbung des Unternehmens (wie zB Onlinemarketing auf sozialen Medien und Suchmaschinen, Roadshows, klassische Werbekampagnen)
- Aufbau und Ausbildung der selbständigen Vertriebspartner (derzeit über 280 österreichweit)“
Auf der von der BF betriebenen Website wurde das Geschäftsmodell der Prozessfinanzierung zum Entscheidungszeitpunkt der FMA wie folgt beschrieben:
„Was ist Prozessfinanzierung?
Bei der Prozessfinanzierung (auch: Prozesskostenfinanzierung) handelt es sich um eine juristische Finanzdienstleistung. Der Prozessfinanzierer übernimmt im Falle einer positiven internen Vorprüfung die notwendigen Kosten einer außergerichtlichen oder gerichtlichen Verfolgung privater oder gewerblicher Ansprüche auf Basis des Prozessfinanzierungsvertrages. Die XXXX übernimmt im Falle des Abschlusses eines Prozessfinanzierungsvertrages als Prozessfinanzierer das Prozesskostenrisiko inklusive Anwalts-, Begutachtungs- und Gerichtskosten.
Muss ich Kosten für ein verlorenes Verfahren tragen?
Entsprechend dem Prozessfinanzierungsvertrag wird das Prozessrisiko vom Prozessfinanzierer übernommen. Im Regelfall sind davon Honorarzahlungen an den beauftragten Rechtsanwalt, Kostenzahlungen an die Gegenpartei, Kosten für eingeholte Gutachten sowie allenfalls (vorprozessuale) Barauslagen (Sachverständigen- Zeugengebühren) umfasst.“
Die Genussrechte wurden zu den nachfolgenden Genussrechtsbedingungen ausgegeben (auszugsweise):
„GENUSSRECHTSBEDINGUNGEN
die [Gesellschaft] (als ‚EMITTENTIN‘)
1. Präambel […]
1.2. Die EMIITENTIN beabsichtigt die Emission von Genussrechten (die ‚GENUSSRECHTE‘) im Gesamtnennbetrag von EUR 10.000.000,00 (das ‚GENUSSRECHTSKAPITAL‘). Die rechtliche Ausgestaltung der GENUSSRECHTE ist in diesen Genussrechtsbedingungen normiert.
1.3. Die GENUSSRECHTE stellen eine schuldrechtliche Vermögensbeteiligung der Genussrechtsberechtigten an der EMITTENTIN dar und gewähren eine nachrangige Beteiligung an deren Gewinn sowie an deren Unternehmenswert.
1.4. Genussrechtsberechtigte sind am wirtschaftlichen Erfolg der EMITTENTIN beteiligt (vgl. Punkt 6), Genussrechtsberechtigte tragen deshalb das unternehmerische Risiko der EMITTENTIN mit. Ausdrücklich festgehalten wird, dass die EMITTENTIN keinerlei Gewährleistung, Garantie oder sonstige Zusage abgibt. dass das Geschäftsmodell oder die Bemühungen der EMITTENTIN erfolgreich sein werden.
2. Erwerb und Ausgabe der Genussrechte, Einzahlung
Die GENUSSRECHTE können durch natürliche oder juristische erworben werden. Ein Angebot auf Erwerb eines GENUSSRECHTES kann durch Unterzeichnung eines entsprechenden Zeichnungsscheins/Angebotsschreibens und dessen Übermittlung an die EMITTENTIN (Angebot) an deren Geschäftsadresse gestellt werden. Ebenso ist es möglich, über eine bestimmte, von der EMITTENTIN auszuwählende Crowdfunding-Plattform (kurz ‚Plattform‘ oder ‚Website‘) ein Angebot auf Erwerb) eines solchen GENUSSRECHTES an die EMITTENT'N zu stellen. […]
2.2. Die Annahme durch die EMITTENTIN erfolgt durch Übermittlung einer Annahmeerklärung (per Brief oder E-Mail an die vom Genussberechtigten bekanntgegebene Adresse) binnen 14 Tagen ab Einlangen des Angebots des Genussberechtigten bei der EMITTENTIN. Die Annahme steht im freien Ermessen der EMITTENTIN. […]
2.3. Interessenten können während der Gültigkeit des Kapitalmarktprospektes bzw. während der auf der jeweiligen Website angezeigten Frist Angebote zum Erwerb von GENUSSRECHTEN abgeben. […]
2.4. Der vom Genussrechtsinhaber gezeichnete Beteiligungsbetrag muss mindestens EUR 1.000,00 betragen.
2.5. Die Ausgabe der GENUSSRECHTE erfolgt zum Nennbetrag (100 %). Auf die ausgegebenen GENUSSRECHTE wird von der EMITTENTIN kein Agio erhoben.
2.6. Die Einzahlung des Genussrechtsbetrags hat innerhalb von 14 Kalendertagen nach Einlangen der Annahmeerklärung gemäß Punkt 2.2. beim Genussrechtsberechtigten auf das Konto der EMITTENTIN zur Gänze frei von Bankgebühren, Kosten und Spesen zu erfolgen, widrigenfalls die EMITTENTIN die Annahmeerklärung widerrufen kann. Sofern die Zahlungsmodalität auf der Plattform anders geregelt ist, kommen im Falle der online-Zeichnung die dort genannten Bestimmungen zur Anwendung. […]
3. Art der Genussrechte, Genussrechtsregister
3.1. Die GENUSSRECHTE werden nicht verbrieft, sind unbesichert und nachrangig.
3.2. Die EMITTENTIN wird die Genussrechtsberechtigten in einem nicht öffentlichen Genussrechtsregister erfassen. In das Datenregister werden folgende Daten des Genussrechtsberechtigten eingetragen: […]
4. Laufzeit
Die Laufzeit der GENUSSRECHTE ist befristet bis zum 31.12.2023.
5. Fixe (Mindest-)Verzinsung der Genussrechte
5.1. Jeder Genussrechtsberechtigte erhält jedenfalls zumindest die Mindestverzinsung in Höhe von 4% p.a. des gezeichneten Beteiligungsbetrages.
5.2. Die Zinsen sind grundsätzlich endfällig. Dies bedeutet, dass es erst im Fall jeder Vertragsbeendigung zu einer rechnerischen Ermittlung und Auszahlung der bis dahin vereinbarungsgemäß aufgelaufenen Zinsen kommt, wobei auch Zineszinsen gewährt werden. Die Zinsen sind als Teil des Rückzahlungsbetrages gemeinsam mit der Rückzahlung des Beteiligungsbetrages, der Auszahlung einer allfälligen Gewinnbeteiligung und Unternehmenswertbeteiligung zur Zahlung fällig (vgl. Punkt 7.5.). […]
6. Gewinnbeteiligung
6.1. Die GENUSSRECHTE verkörpern eine Beteiligung am Gewinn der EMITTENTIN. […]
6.3. Der Genussrechtsberechtigte ist ab Wertstellung der jeweiligen Einzahlung auf dem Konto der EMITTENTIN am Gewinn im Sinne des Punktes 6.2 beteiligt. Die Gewinnbeteiligung wird jeweils zeitanteilig auf monatlicher Basis berechnet, wobei der Monat der Wertstellung bei der Berechnung der anteiligen Beteiligung voll berücksichtigt wird. Der (Gesamt-)Anteil aller Genussrechtsberechtigten am Gewinn im Sinne des Punktes 6.2 beträgt 2,5 % p.a. je im Wege der Emission eingeworbener EUR 1.000.000,00 („GENUSSRECHTSGEWINN“). Beträgt das tatsächlich emittierte Genussrechtskapital nach den GENUSSRECHTSBEDINGUNGEN weniger/mehr als EUR 1.000.000,00, so vermindert/erhöht sich dieser Prozentsatz und somit die Höhe des GENUSSRECHTSGEWINNES aliquot. Jeder Genussrechtsberechtigte erhält eine Beteiligung am GENUSSRECHTSGEWINN entsprechend seines Anteils am tatsächlich emittierten Genussrechtskapital. […]
7. Rückzahlung des Genussrechtskapitals, Auszahlung, Unternehmenswertbeteiligung
7.1. Bei Ablauf der Laufzeit der GENUSSRECHTE, im Falle der Auflösung und Liquidation der EMITTENTIN oder für den Fall, dass das Genussrechtskapital aus sonstigen Gründen vor Ablauf der in Punkt 4. festgelegten Laufzeit zurückgezahlt wird, haben die Genussrechtsberechtigten Anspruch auf Rückzahlung des GENUSSRECHTSKAPITALS zum Buchwert zuzüglich der bis dahin aufgelaufenen Zinsen (Punkt 5.), einer Gewinnbeteiligung (Punkt 6.) und einer Unternehmenswertbeteiligung (Punkt 7.4) (gesamt kurz ‚Rückzahlungsbetrag‘) […]
8. Gesellschafter- und Mitwirkungsrechte
8.1. Das GENUSSRECHT gewährt keinen Anteil am Kapital der EMITTENTIN und keinerlei Verwaltungsrechte im Hinblick auf die EMITTENTIN, insbesondere kein Recht auf Teilnahme und kein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung der EMITTENTIN sowie keine über diese GENUSSRECHTSBEDINGUNGEN hinausgehenden Informationsrechte. […]
9. Rangrücktritt, Nachrangigkeit
9.1. Bei diesen GENUSSRECHTEN handelt es sich um eine nicht besicherte, nachrangige Verbindlichkeit (Schuld) der [BF] […]
9.2. Vereinbarung qualifizierter Nachrangigkeit
Der Genussrechtsberechtigte erklärt hiermit ausdrücklich und unwiderruflich die uneingeschränkte qualifizierte Nachrangigkeit aller seiner Forderungen gegenüber der EMITTENTIN aus diesem Genussrechtsvertrag mit der Maßgabe, dass der Genussberechtigte den von ihm geleisteten Beteiligungsbetrag, eine Verzinsung, eine allfällige Gewinnbeteiligung und eine Unternehmenswertbeteiligung so lange nicht, auch nicht teilweise, fordern kann, als
- dies bei der EMITTENTIN einen Grund zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens darstellen würde; und/oder
- ein negatives Eigenkapital bei der EMITTENTIN gegeben ist oder die (teilweise) Auszahlung an den Genussberechtigten dazu führen würde. Sofern eine Auszahlung des Rückzahlungsbetrages aus den in diesem Punkt 9. genannten Gründen (Nachrangigkeit) nicht erfolgt, ist die Auszahlung zur nächstmöglichen Gelegenheit, an dem die Auszahlungsvoraussetzungen erfüllt sind, zu leisten und wird der Rückzahlungsbetrag bis dahin mit dem Zinssatz gemäß Punkt 5. verzinst.
9.3. Rangfolge der Forderungsbefriedigung
Forderungen gegen die EMITTENTIN werden daher in folgender Rangfolge beglichen – Gläubiger des zweiten oder dritten Ranges können nur bedient werden, wenn die Gläubiger der jeweils vorhergehenden Gruppe vollständig befriedigt wurden:
- Allgemeine Gläubiger – erster Rang: Da die EMITTENTIN eine Nachrangigkeitsvereinbarung nur mit den Genussrechtsberechtigten abgeschlossen hat, bedeutet dies, dass alle übrigen Gläubiger der EMITTENTIN gegenüber den Genussberechtigten (siehe ‚zweiter Rang‘) und Gesellschaftern/Eigenkapitalgeber (siehe ‚dritter Rang‘) vorrangig bedient werden.
- Genussrechtsberechtigte – zweiter Rang: Die Forderungen von Genussrechtsberechtigten gegen die EMITTENTIN werden gegenüber den Forderungen der Gesellschafter/Eigenkapitalgeber (siehe ‚dritter Rang‘) vorrangig befriedigt. Innerhalb der Gruppe der Genussrechtsberechtigten besteht Gleichrangigkeit.
- Gesellschafter/Eigenkapitalgeber – dritter Rang: Sollten Gesellschafter der EMITTENTIN oder sonstige Eigenkapitalgeber gegen die Gesellschaft Forderungen (zum Beispiel Gesellschafterdarlehen, etc.) haben, so sind diese Forderungen gegenüber jenen allgemeiner Gläubiger und der Genussrechtsberechtigten nachrangig gestellt.
9.4. Konsequenzen der qualifizierten Nachrangigkeit
Kommt es somit – aus welchen Gründen auch immer – zu einer Insolvenz oder Liquidation der EMITTENTIN, erfolgt eine Befriedigung des Genussrechtsberechtigten erst dann, wenn sämtliche andere Gläubiger der EMITTENTIN, denen gegenüber seitens der Gesellschaft keine Nachrangigkeit besteht, zuvor vollständig befriedigt worden sind. Im Falle einer Insolvenz der EMITTENTIN ist der Totalverlust der Investition des Genussberechtigten daher der Regelfall.
9.5. Keine Beantragung eines Insolvenzverfahrens
Der Genussrechtsberechtigte erklärt hiermit gemäß und im Hinblick auf § 67 Abs. 3 Insolvenzordnung, dass er eine Befriedigung seiner Forderungen aus diesem Genussrechtsvertrag erst nach Beseitigung eines negativen Eigenkapitals (§ 225 Abs. 1 UGB) oder im Fall der Liquidation nach Befriedigung aller – nicht nachrangig gestellten – Gläubiger begehrt und dass wegen dieser Verbindlichkeiten kein Insolvenzverfahren eröffnet zu werden braucht.
9.6. Risiko-/Chancenausgleich
Die qualifizierte Nachrangigkeit dieses Genussrechts ist wesentlicher Bestandteil dieses Genussrechtsvertrags und somit dieser Emission. Die Genussberechtigten erhalten zum Ausgleich dafür eine angemessene Verzinsung gemäß Punkt 5. bzw. einen Anspruch auf Gewinnbeteiligung gemäß Punkt 6. sowie zusätzlich eine Unternehmenswertbeteiligung gemäß Punkt 7.4.“
Unter Punkt 2.4 des Kapitalmarktprospekts wurde zum Zweck des Angebots Folgendes ausgeführt (auszugsweise):
„Die Veranlagung erfolgt in Form eines Genussrechtes. Die Genussrechte stellen eine schuldrechtliche Vermögensbeteiligung der Genussrechtsberechtigten an der Emittentin dar und gewähren eine nachrangige Beteiligung an deren Gewinn, am Verlust sowie am Vermögen und den stillen Reserven. Das Genussrecht gewährt keinen Anteil am Kapital der Emittentin und keinerlei Verwaltungsrechte im Hinblick auf die Emittentin, insbesondere kein Recht auf Teilnahme an und kein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung der Emittentin sowie keine über die in den Genussrechtsbedingungen genannten hinausgehenden Informationsrechte.
Die Veranlagung wird im Volumen von maximal EUR 10.000.000,00 ausgegeben. Die Mindestveranlagungssumme je Anleger beträgt EUR 1.000,00.
Die Verwendung des Genussrechtskapitals unterliegt dem Zweck der allgemeinen Unternehmensfinanzierung und gliedert sich insbesondere in folgende Bereiche, welche die Kerntätigkeit der XXXX beschreiben:
2.4.1 Prozesskostenfinanzierung
Die XXXX übernimmt das Kostenrisiko für Kunden bei aussichtsreichen Gerichtsprozessen und bonitätsstarken Prozessgegnern. Gerichtsprozesse können sich über mehrere Jahre hinziehen und die teils laufend anfallenden Rechtsanwalts-, Gerichts-, Gutachten- und/oder Sachverständigenkosten sind meist sofort zu entrichten. Zur Begleichung dieser Kosten wird das im Wege dieser Emission eingeworbene Genussrechtskapital (u.a.) verwendet.
2.4.2 Investitionen im Bereich Datenverarbeitung
Die Gesellschaft wird Teile des eingeworbenen Genussrechtskapitals in den weiteren Ausbau der internen IT-Infrastruktur investieren. Die Programmier- und Wartungsarbeiten werden an Dritte ausgelagert. Die Rechte an der bereits entwickelten (Analyse-) Software stehen ausschließlich der XXXX zu.
2.4.3 Verwaltung und Administration
Es wurde bereits eine effiziente Verwaltungsstruktur mit fachkundigen angestellten Mitarbeitern aufgebaut. Im Wege dieser Emission eingeworbenes Genussrechtskapital wird für den weiteren Auf- und Ausbau der Verwaltung und Administration, insbesondere auch für Gehälter angestellter Mitarbeiter, verwendet.
2.4.4 Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb
Das eingeworbene Genussrechtskapital wird weiters für Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb ausgegeben, davon umfasst sind sämtliche Sachkosten, Lizenzgebühren, externe Personalbereitstellung/Dienstleistungsanbieter, Mieten, Strom, Druckkosten, Werbemittel, Reisekosten, Kosten im Zusammenhang mit Roadshows und Veranstaltungen.
2.4.5 Marketingaktivitäten
Die LV24 wird neue Marketingprojekte starten und bereits geplante/durchgeführte Marketingaktivitäten ausweiten. Insbesondere wird das Genussrechtskapital für Onlinemarketing (wie zB über Google, andere Suchmaschinen, diverse Werbeträger (AdWords), Werbekampagnen auf Facebook etc.), redaktionelle Berichte in Fachmedien, Inserate und Aufträge an externe Werbeagenturen aufgewendet.
2.4.6 Expansion
Die LV24 plant national und EU-weit zu expandieren. Zur Finanzierung dieses Vorhabens (sämtliche Expansionskosten, wie Marktanalysen, Neugründungen von Partnerunternehmen, etc.) wird das eingeworbene Genussrechtskapital verwendet.
2.4.7 Sonstige Ausgaben
Da es zu nicht vorhersehbaren Ausgaben im Zusammenhang mit der allgemeinen Unternehmensfinanzierung kommen kann, wird an dieser festgehalten, dass das Genussrechtskapital generell für alle dem Unternehmenszweck dienlichen Ausgaben (auch, wenn diese zum Zeitpunkt der Zeichnung der Genussrechte noch nicht feststehen) aufgewendet werden kann“.
Aufgaben und Prozesse der Gesellschaft, welche insbesondere im Kapitalmarktprospekt detailliert beschrieben wurden, um potenziellen Genussrechtsberechtigten einen umfassenden Überblick zu verschaffen:
1. Kontaktaufnahme und Beratung:
Die Interessenten können sich telefonisch, per E-Mail oder über die Homepage der Gesellschaft Kontakt aufnehmen und einen kostenlosen Termin vereinbaren. Ein Berater erklärt den Kunden die Vorgehensweise der Gesellschaft und nimmt die erforderlichen Daten für eine Prozessfinanzierung auf.
2. Prüfung der Prozesserfolgswahrscheinlichkeit:
Die Gesellschaft prüft durch eine eigene Softwarelösung die Prozesserfolgswahrscheinlichkeit der strittigen (Geld-)Forderungen eingeschränkt vorab. Die relevanten Unterlagen werden zusammengestellt, aufbereitet und die beauftragten Rechtsanwälte instruiert.
3. Entscheidungsfindung:
Nach Einholung von Stellungnahmen durch die kooperierenden Rechtsanwälte entscheidet die Gesellschaft in Gremien, ob ein Fall zur Prozessfinanzierung übernommen wird. Entscheidende Kriterien für eine positive Beurteilung sind die Aussicht auf Erfolg des Gerichtsprozesses und die finanzielle Stärke des Prozessgegners. Es werden ausschließlich Aktivprozesse finanziert, deren Ergebnisse wirtschaftlich verwertbar sind.
4. Abwicklung nach Annahme eines Falles:
Wird ein Fall angenommen, wird dieser einer kooperierenden Rechtsanwaltskanzlei zur rechtlichen Prüfung, Beratung und Geltendmachung der Ansprüche übermittelt. Bis zu diesem Schritt erfolgt keine rechtliche Beratung.
Im Falle der Übernahme der Prozesskosten für einen Fall schließt die Gesellschaft mit dem Kunden einen Prozessfinanzierungsvertrag und mit den Rechtsanwaltskanzleien eine Honorarvereinbarung ab. Wird eine Prozessfreigabe erteilt, entsteht zwischen dem Kunden und der jeweiligen Rechtsanwaltskanzlei ein Mandatsverhältnis.
5. Rolle der Emittentin:
Die Emittentin erbringt selbst keine Rechtsberatung an die Kunden und führt selbst auch keine Prozesse durch. Vielmehr übernimmt sie als Prozesskostenfinanziererin die notwendigen Kosten einer (außer-)gerichtlichen Verfolgung privater oder gewerblicher Ansprüche und trägt das volle Prozesskostenrisiko der geführten Verfahren. Im Erfolgsfall erhält die Emittentin einen Teil des Streitwerts in Form einer Beteiligungsquote. Im Verlustfall trägt sie die vollen Kosten, einschließlich jene der Gegenseite.
6. Mitarbeiterentwicklung und Werbung:
Die Emittentin bewirbt das Unternehmen, bildet ihre Mitarbeiter aus und weiter und schafft Arbeitsmittel an.
7. Verbindlichkeit des Kapitalmarktprospekts und der Genussrechtsbedingungen
Anleger müssen das Prospekt verwenden, um eine fundierte Anlageentscheidung zu treffen. Mit der Stellung eines unwiderruflichen Angebots auf Zeichnung und Übernahme eines Genussrechts gemäß den Genussrechtsbedingungen wurden der Inhalt des Prospekts, die Genussrechtsbedingungen sowie die Regelungen des Zeichnungsscheins zur Grundlage der Veranlagung. Der Emittentin wurde kein Recht auf eine einseitige Änderung der Vertragsbedingungen eingeräumt.
8. Rechte der Genussrechtsberechtigten:
Die Genussrechtsberechtigten hatten keinerlei Mitwirkungsbefugnisse, Stimm- oder Weisungsrechte hinsichtlich der Emittentin. Eine ordentliche Kündigung des Genussrechtsvertrags vor Ende der Laufzeit war nicht möglich.
Der Genussrechtsberechtigte war ab Wertstellung der jeweiligen Einzahlung auf dem Konto der Emittentin am Gewinn beteiligt. Der (Gesamt-)Anteil von allen Genussrechtsberechtigten am Gewinn betrug 2,5 % p.a. je im Wege der Emission eingeworbener EUR 1 Million („Genussrechtsgewinn“). Für den Fall, dass das tatsächlich eingesammelte Genussrechtskapital weniger/mehr als EUR 1 Million betrug, verminderte/erhöhte sich auch dieser Prozentsatz und somit auch die Höhe des Genussrechtsgewinns aliquot. Jeder Genussrechtsberechtigte erhielt eine Beteiligung am Genussrechtsgewinn entsprechend seines Anteils am tatsächlich eingesammelten Genussrechtskapital.
Bei Ablauf der Laufzeit der Genussrechte, nämlich am 31.12.2013, hatten die Genussrechtsberechtigten einen Anspruch auf Rückzahlung des Genussrechtskapitals zum Buchwert zuzüglich der bis dahin aufgelaufenen Zinsen gemäß Punkt 5., der Gewinnbeteiligung gemäß Punkt 6. und einer Unternehmensbeteiligung gemäß Punkt 7.4 der Genussrechtsbedingungen (=Rückzahlungsbetrag).
III. Beweiswürdigung
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der FMA und des vorliegenden Gerichtsakts des Bundesverwaltungsgerichts.
Die Feststellungen hat überwiegend bereits die FMA getroffen. Diese beruhen entweder auf unbedenklichen Dokumenten oder den Angaben des BF selbst. Der BF bekämpft die Sachverhaltsannahmen der FMA in der Beschwerde auch nicht. Soweit er teilweise ausführt, die FMA habe unrichtige Feststellungen, etwa zur festgelegten Anlagestrategie oder ob das Kapital der operativen Tätigkeit dient, getroffen, handelt es sich nämlich entgegen seiner Annahme nicht um Feststellungen, sondern um rechtliche Beurteilungen.
Die übrigen vom erkennenden Senat vorgenommenen Feststellungen, insbesondere zum Unternehmensgegenstand der Gesellschaft gemäß dem Gesellschaftsvertrag, zum Zweck des öffentlichen Angebots der Gesellschaft unter Punkt 2.4 sowie die Feststellungen zu den Aufgaben und Prozessen der Gesellschaft, beruhen auf dem im behördlichen Akt einliegenden Gesellschaftsvertrag sowie dem Kapitalmarktprospekt, welche auch mit den Angaben des in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen im Einklang stehen (Verhandlungsschrift [VHS] S. 9 ff). Diese stehen daher unstrittig fest.
Dass der BF nicht mehr als Geschäftsführer, sondern seit dem 16.07.2021 als Gesellschaftervertreter bei der Gesellschaft tätig ist, führte er im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung aus (VHS S. 5).
Die Feststellungen zu den Haupt- und Nebentätigkeiten der Gesellschaft ergeben sich aus den schlüssigen und daher nachvollziehbaren Angaben des BF im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Der BF erklärte, dass die Gesellschaft durch die Ausgabe von Genussrechten das Ziel verfolgt habe, hauptsächlich die Prozesskostenfinanzierung sowie auch Nebenbereiche wie IT, Personal, administrative Aufgaben, Sachverständige und andere Aspekte zu finanzieren. Dabei bezeichnete der BF selbst diese Tätigkeiten als Nebenbereiche (VHS S. 11 und 15).
Die Feststellungen zum Rückzahlungsbetrag ergeben sich aus Punkt 2.1.6 des Kapitalmarktprospekts.
IV. Rechtliche Beurteilung
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 22 Abs. 2a Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG) entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der FMA das Bundesverwaltungsgericht durch Senat, ausgenommen in Verwaltungsstrafsachen bei Bescheiden bei denen weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.
Im gegenständlichen Fall wurde eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt, es liegt daher Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 38 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden in Verwaltungsstrafsachen, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl Nr. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes – FinStrG, BGBl Nr. 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 50 VwGVG, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, in der Sache selbst zu entscheiden.
IV. 1. Zu Spruchpunkt A)
IV.1.1. Rechtsgrundlagen
§ 1 Abs. 5 AIFMG, BGBl. I Nr. 106/2017, für den Zeitraum vom 15.07.2019 bis zum 28.05.2019, regelt wie folgt: „(5) Unbeschadet der Anwendung der §§ 24 bis 28, 56 und 60 gilt dieses Bundesgesetz nicht für AIFM, die entweder direkt oder indirekt über eine Gesellschaft, mit der der AIFM über eine gemeinsame Geschäftsführung, ein gemeinsames Kontrollverhältnis oder durch eine wesentliche direkte oder indirekte Beteiligung verbunden ist, die Portfolios von AIF verwalten, deren verwaltete Vermögenswerte – einschließlich der durch Einsatz einer Hebelfinanzierung erworbenen Vermögenswerte – insgesamt nicht über einen Schwellenwert von 100 Millionen Euro hinausgehen, oder deren verwaltete Vermögenswerte insgesamt nicht über einen Schwellenwert von 500 Millionen Euro hinausgehen, wenn die Portfolios dieser AIF aus AIF bestehen, die keine Hebelfinanzierung verwenden und die für einen Zeitraum von fünf Jahren nach der Tätigung der ersten Anlage in jeden dieser AIF keine Rücknahmerechte ausüben dürfen. Allerdings hat ein solcher AIFM
1. sich bei der FMA registrieren zu lassen;
2. sich und die von ihm verwalteten AIF zum Zeitpunkt ihrer Registrierung gegenüber der FMA
auszuweisen;
3. der FMA zum Zeitpunkt ihrer Registrierung Informationen zu den Anlagestrategien der von ihm verwalteten AIF vorzulegen;
4. der FMA jährlich und zusätzlich auf Verlangen die wichtigsten Instrumente, mit denen er handelt, und über die größten Risiken und Konzentration der von ihm verwalteten AIF unterrichten, um der FMA eine effektive Überwachung der Systemrisiken zu ermöglichen;
5. der FMA jede Auflage eines AIF und jeden Beginn der Abwicklung eines AIF unverzüglich anzuzeigen;
6. zu erklären, Anteile des AIF nicht an Privatkunden gemäß § 2 Abs. 1 Z 36 zu vertreiben und
7. der FMA unverzüglich mitzuteilen, wenn er die in diesem Absatz genannten Voraussetzungen nicht mehr einhalten kann.
Übersteigen die Vermögenswerte der Portfolios der verwalteten AIF eines gemäß dieses Absatzes registrierten AIFM zu einem späteren Zeitpunkt eine der genannten Schwellen, hat der AIFM die gemäß diesem Bundesgesetz erforderliche Konzession gemäß § 4 binnen 30 Kalendertagen zu beantragen. Unbeschadet der Schwellenwerte kann ein AIFM beschließen, eine Konzession gemäß § 4 zu beantragen. Diesfalls findet mit Erteilung der Konzession dieses Bundesgesetz in seiner Gesamtheit Anwendung. Sind von einem AIFM verwaltete AIF für den Vertrieb an Privatkunden gemäß § 2 Abs. 1 Z 36 bestimmt, ist unter Vorbehalt der Erteilung der Konzession gemäß § 4 jedenfalls in seiner Gesamtheit anzuwenden.“
§ 1 Abs. 5 AIFMG, BGBl. I Nr. 46/2019, für den Zeitraum vom 29.05.2019 bis zum 16.07.2021, regelt wie folgt: „(5) Unbeschadet der Anwendung der §§ 24 bis 28, 56 und 60 gilt dieses Bundesgesetz nicht für AIFM, die entweder direkt oder indirekt über eine Gesellschaft, mit der der AIFM über eine gemeinsame Geschäftsführung, ein gemeinsames Kontrollverhältnis oder durch eine wesentliche direkte oder indirekte Beteiligung verbunden ist, die Portfolios von AIF verwalten, deren verwaltete Vermögenswerte – einschließlich der durch Einsatz einer Hebelfinanzierung erworbenen Vermögenswerte – insgesamt nicht über einen Schwellenwert von 100 Millionen Euro hinausgehen, oder deren verwaltete Vermögenswerte insgesamt nicht über einen Schwellenwert von 500 Millionen Euro hinausgehen, wenn die Portfolios dieser AIF aus AIF bestehen, die keine Hebelfinanzierung verwenden und die für einen Zeitraum von fünf Jahren nach der Tätigung der ersten Anlage in jeden dieser AIF keine Rücknahmerechte ausüben dürfen. Allerdings hat ein solcher AIFM
1. sich bei der FMA registrieren zu lassen;
2. sich und die von ihm verwalteten AIF zum Zeitpunkt ihrer Registrierung gegenüber der FMA auszuweisen;
3. der FMA zum Zeitpunkt ihrer Registrierung Informationen zu den Anlagestrategien der von ihm verwalteten AIF vorzulegen;
4. der FMA jährlich und zusätzlich auf Verlangen die wichtigsten Instrumente, mit denen er handelt, und über die größten Risiken und Konzentration der von ihm verwalteten AIF unterrichten, um der FMA eine effektive Überwachung der Systemrisiken zu ermöglichen;
5. der FMA jede Auflage eines AIF und jeden Beginn der Abwicklung eines AIF unverzüglich anzuzeigen;
5a. der FMA unverzüglich jede Änderung in der Person der Geschäftsleiter sowie jede Verlegung des Sitzes des AIFM anzuzeigen, wobei AIFM, die einen oder mehrere qualifizierte Risikokapitalfonds oder qualifizierte Fonds für soziales Unternehmertum verwalten, der FMA gemeinsam mit der Anzeige über die Änderung in der Person des Geschäftsleiters die Angaben gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 zu übermitteln haben;
6. zu erklären, Anteile des AIF nicht an Privatkunden gemäß § 2 Abs. 1 Z 36 zu vertreiben und
7. der FMA unverzüglich mitzuteilen, wenn er die in diesem Absatz genannten Voraussetzungen nicht mehr einhalten kann.
Übersteigen die Vermögenswerte der Portfolios der verwalteten AIF eines gemäß diesem Absatz registrierten AIFM zu einem späteren Zeitpunkt eine der genannten Schwellen, hat der AIFM die gemäß diesem Bundesgesetz erforderliche Konzession gemäß § 4 binnen 30 Kalendertagen zu beantragen. Unbeschadet der Schwellenwerte kann ein AIFM beschließen, eine Konzession gemäß § 4 zu beantragen. Diesfalls findet mit Erteilung der Konzession dieses Bundesgesetz in seiner Gesamtheit Anwendung. Sind von einem AIFM verwaltete AIF für den Vertrieb an Privatkunden gemäß § 2 Abs. 1 Z 36 bestimmt, ist unter Vorbehalt der Erteilung der Konzession gemäß § 4 dieses Bundesgesetz jedenfalls in seiner Gesamtheit anzuwenden.“
§ 2 Abs. 1 AIFMG, BGBl. I Nr. 135/2013 idF BGBl. I Nr. 135/2013, regelt wie folgt:
„(1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten folgende Begriffsbestimmungen:
1. „AIF“ ist jeder Organismus für gemeinsame Anlagen einschließlich seiner Teilfonds, der
a) von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren, ohne dass das eingesammelte Kapital unmittelbar der operativen Tätigkeit dient, und
b) keine Genehmigung gemäß Art. 5 der Richtlinie 2009/65/EG benötigt.
2. „AIFM“ ist jede juristische Person, deren reguläre Geschäftstätigkeit darin besteht, einen oder mehrere AIF zu verwalten. […]“
§ 4 Abs. 1 AIFMG, BGBl. I Nr. 135/2013, regelt wie folgt:
„(1) Die Verwaltung von AIF setzt die Konzession als AIFM durch die FMA voraus. Die gemäß diesem Bundesgesetz konzessionierten AIFM müssen die Konzessionsvoraussetzungen jederzeit einhalten. […]“
§ 60 Abs. 1 AIFMG, BGBl. I Nr. 150/2015, regelt wie folgt:
„(1) Wer
1. gegen das Erfordernis einer Konzession gemäß § 4 Abs. 1 oder das Erfordernis einer Registrierung gemäß § 1 Abs. 5 Z 1 verstößt;
2. trotz Untersagung des Vertriebs durch die FMA gemäß § 29 Abs. 5, § 30 Abs. 6, § 31 Abs. 2, § 32 Abs. 6, § 35 Abs. 6, § 36 Abs. 7, § 38 Abs. 6, § 40 Abs. 8 und 9, § 41 Abs. 4, § 42 Abs. 9 und 10, § 43 Abs. 4, § 44 Abs. 5, § 47 Abs. 6 und 7, § 49 Abs. 9, § 50 oder § 56 Abs. 2 Z 5, 10 und 11 sowie Abs. 4 Anteile an AIF vertreibt oder
3. entgegen der Anordnung der FMA gemäß § 56 Abs. 4, die Verwaltung von AIF einzustellen, AIF weiter verwaltet,
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür von der FMA mit einer Geldstrafe bis zu 100 000 Euro zu bestrafen. […]“
Der im vorliegenden Fall relevante § 9 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 3/2008, lautet auszugsweise: „Besondere Fälle der Verantwortlichkeit (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
(3) Eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.
[…]
(6) Die zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinne des Abs. 1 sowie Personen im Sinne des Abs. 3 bleiben trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten – unbeschadet der Fälle des § 7 – strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben.
(7) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand“
§ 19 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 100/2011, lautet auszugsweise:
„Strafbemessung
§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
§ 45 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 33/2013:
„§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
[…]
4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;
[…]
Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
[…]“
IV.1.2. Zur objektiven Tatseite
§ 60 Abs. 1 Z 1 AIFMG regelt, dass eine Verwaltungsübertretung begeht, wer gegen das Erfordernis einer Konzession gemäß § 4 Abs. 1 AIFMG oder das Erfordernis einer Registrierung gemäß § 1 Abs. 5 AIFMG verstößt.
1.2.1. Zur Qualifikation der Veranlagung bzw. der Genussrechte als AIF sowie die Verwaltung des Genussrechtskapitals durch die Emittentin als AIFM
Der BF bringt in seiner Beschwerde vor, dass es sich bei der Gesellschaft weder um einen AIF handle, noch betreibe oder verwalte sie einen solchen.
Es ist daher zunächst zu prüfen, ob die Gesellschaft, deren Geschäftsführer der BF im verfahrensgegenständlichen Zeitraum war, in diesem Zeitraum gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 AIFMG als AIFM einen AIF gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 leg. cit. verwaltete und einer entsprechenden Konzessionierungs- oder Registrierungspflicht unterlag.
Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 1 AIFMG ist ein AIF jeder Organismus für gemeinsame Anlagen einschließlich seiner Teilfonds, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren, ohne dass das eingesammelte Kapital unmittelbar der operativen Tätigkeit dient (lit. a), und keine Genehmigung gemäß Art. 5 der Richtlinie 2009/65/EG benötigt (lit. b).
Folgende Tatbestandsmerkmale sind daher zu prüfen:
a) „für gemeinsame Anlagen“:
Im Beschwerdefall steht unstrittig fest, dass die Genussrechtsberechtigten keine laufenden Ermessens- oder Kontrollbefugnisse besaßen. Die Anleger hatten keinerlei Mitwirkungsbefugnisse, Stimm- oder Weisungsrechte (vgl. Punkt 2.1.9 des Kapitalmarktprospekts; VHS S. 10; ESMA, Leitlinien zu Schlüsselbegriffen der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMD), berichtigte Fassung vom 30.01.2014 (im Folgenden: ESMA-Leitlinien), S 6).
Aus dem Tatbestandsmerkmal der gemeinsamen Anlage folgt zudem, dass die Anleger an den Chancen und Risiken beteiligt werden sollen, dh, dass sowohl eine Gewinn- als auch eine Verlustbeteiligung der Anleger an der Entwicklung der Vermögensgegenstände vorliegt, in die der Rechtsträger investiert (vgl Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht2 (2015) § 30, RZ 25, (Stand: 1.1.2015, rdb.at)), was gegenständlich erfüllt ist. Gemäß Punkt 1.4. waren nämlich die Genussrechtsberechtigten sowohl am wirtschaftlichen Erfolg der Emittentin als auch an deren Verlusten beteiligt. Das Anlageergebnis der Genussrechtsberechtigten hing direkt von der Erfolgsbilanz der finanzierten Rechtsstreitigkeiten ab.
Ferner ist den ESMA-Leitlinien zu entnehmen, dass ein AIF unter anderem auch ein Organismus ist, der das bei seinen Anlegern zum Zweck der Anlage eingesammelte Kapital im Hinblick auf die Erzielung einer Gemeinschaftsrendite für diese Anleger bündelt. Die erzielte Rendite stammt dabei etwa aus der Risikobündelung infolge des Erwerbs, Besitzes oder Verkaufs von Anlagevermögen. Auch Tätigkeiten zur Optimierung bzw. zur Steigerung des Wertes dieser Vermögenswerte sind erfasst, unabhängig davon, ob dabei für die Anleger unterschiedliche Renditen erzielt werden.
Anlagevermögen sind typischerweise Vermögenswerte, die bestimmt sind, dem Geschäftsbetrieb dauernd oder zumindest für einen längeren Zeitraum zu dienen (Zweckwidmung). Als „längerer Zeitraum“ wird in der Praxis ein Zeitraum von mehr als einem Jahr angesehen (vgl. Karel/Handler/Abt, Anlagevermögen: Das Anlagevermögen in der Bilanz und in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung3, Abschnitt A, 1., September 2019). Im gegenständlichen Fall sind die finanzierten Rechtsstreitigkeiten die Hauptvermögenswerte bzw. als immaterielles Wirtschaftsgut der Emittentin zu qualifizieren, da sie die Grundlage für potenzielle Gewinne darstellen. Der Anspruch der Emittentin auf Beteiligung am Prozesserlös, stellt einen selbständig verkehrsfähigen und selbständig bewertbaren Vermögensbestandteil dar (vgl. Lötscher, Prozesskostenfonds (2015), Band 75, S 58). Die Emittentin investierte das eingenommene Kapital in Rechtsstreitigkeiten, um im Erfolgsfall einen Gewinn und somit auch eine Gemeinschaftsrendite für die Genussrechtsberechtigten zu generieren. Aus Sicht des erkennenden Senats verstreute die Emittentin durch die Bündelung von Investitionen in verschiedene Rechtsgebiete und Rechtsstreitigkeiten das Gesamtrisiko, sodass potenzielle Verluste in einem Rechtsfall durch Gewinne in einem anderen Rechtsfall ausgeglichen werden konnten. Dies vor dem Hintergrund, dass die Emittentin mit dem eingesammelten Kapital gemäß dem Kapitalmarktprospekt nicht nur Fälle aus bestimmten Rechtsgebieten, sondern generell bestimmte Rechtsstreitigkeiten finanzierte. Ferner wurde der Wert dieser Vermögenswerte, in die das eingesammelte Kapital investiert wurde, durch Tätigkeiten zur Optimierung oder Steigerung des Erfolgs maximiert (vgl Punkt d)). Dies bedeutet, dass eine maßgeschneiderte Dividendenpolitik verfolgt wurde, bei der ein prozentualer Anteil des Gewinns der Emittentin an die Genussrechtsberechtigten ausgeschüttet werden sollte, unabhängig davon, ob dabei für sie unterschiedliche Renditen erzielt wurden.
Auch indizieren die festgelegte Laufzeit und der Ausschluss der ordentlichen Kündigung sowie die Beschreibung im Kapitalmarktprospekt unter 2.4.1, wonach Gerichtsprozesse über mehrere Jahre dauern können, dass eine Zweckwidmung zumindest für einen längeren Zeitraum vorlag.
Vor dem Hintergrund der bisherigen Erwägungen ist den Ausführungen des BF, wonach die Gesellschaft durch die Genussrechte denkunmöglich eine Gemeinschaftsrendite erzielen könnte, der Boden entzogen.
b) „Anzahl von Anlegern“:
Aus der Systematik und dem Zweck der Begriffsbestimmung des Art. 4 I lit. a) (i) AIFM-RL ergibt sich, dass unter „einer Anzahl von Anlegern“ mindestens zwei zu verstehen ist (Stiegler in Jung/Krebs/Stiegler, Gesellschaftsrecht in Europa § 31, RZ 33 (Stand 1.10.2017, rdb.at)).
Der BF führt in seiner Beschwerde selbst aus, dass die Genussrechte an eine Vielzahl von Interessenten vertrieben wurden. Die Emittentin war daher nicht durch Gesetz, Satzung oder Vertragsbedingungen davon ausgeschlossen, von mehr als nur einem Anleger Kapital zu beschaffen (ESMA-Leitlinien, S 7), weshalb auch dieses Tatbestandsmerkmal unzweifelhaft vorliegt.
c) „Einsammeln von Kapital“:
Dieses Merkmal ist dann erfüllt, wenn Maßnahmen zur Kapitalakquisition gesetzt werden und Kapital zur Verwaltung hereingenommen wird (ESMA-Leitlinien, S 6). Das Kapital hat dabei extern zu sein. Dies bedeutet, dass es das Kapital des Verwalters übersteigen muss (Stiegler in Jung/Krebs/Stiegler, Gesellschaftsrecht in Europa § 31, RZ 34 (Stand 1.10.2017, rdb.at)).
Die Emittentin hat Maßnahmen zur Kapitalakquisition ergriffen, indem sie einen Kapitalmarktprospekt veröffentlicht hat, der umfassende Informationen über die Konditionen des Erwerbs von Genussrechten enthielt. Sie hat – wie festgestellt – insgesamt € 2,8 Millionen eingeworben.
d) „festgelegte Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger“:
Der BF bestreitet im Wesentlichen das Vorliegen dieses Tatbestandmerkmals und führt in seiner Beschwerde aus, keine feste Anlagestrategie verfolgt zu haben.
Diesem Vorbringen kann aus den folgenden Gründen nicht gefolgt werden:
Dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ist zum Begriff der „festgelegten Anlagestrategie“ Folgendes zu entnehmen (VwGH vom 15.02.2024, Ra 2023/02/0178-12; auszugsweise, Hervorhebungen durch das Bundesverwaltungsgericht):
„[…] Den dazu von der European Securities ans Markets Authority (ESMA) herausgegebenen Leitlinien zu Schlüsselbegriffen der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMD) vom 13. August 2013, ESMA/2013/611, hinsichtlich derer die FMA gemäß Art. 16 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 ihre Compliance bestätigt hat, lässt sich zum Begriff der "festgelegten Anlagestrategie" entnehmen, dass ein Organismus als ein Organismus mit einer festgelegten Anlagestrategie im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. a und i der AIFMD angesehen werden sollte, der eine Strategie in Bezug darauf verfolgt, wie das im Organismus gebündelte Kapital im Hinblick auf die Erzielung einer Gemeinschaftsrendite für die Anleger, bei denen das Kapital beschafft wurde, verwaltet werden soll. […]
Unter einer festgelegten Anlagestrategie ist die fixe Vorgabe eines Handlungsspielraumes zu verstehen, nach dem sich der Alternative Investmentfonds Manager (AIFM) bei der Vermögensverwaltung zu orientieren hat. Die Anlagestrategie kann sowohl in einer Gesellschaftssatzung, Vertragsunterlagen, aber auch in Werbeprospekten oder auf einer Website vorgegeben werden. Sie muss aber derart definiert sein, dass sich ein Anleger gegenüber dem AIFM verbindlich darauf stützen und die Einhaltung dieser Anlagestrategie fordern und durchsetzen kann.
Durch ihre Anlagestrategie unterscheiden sich der Alternative Investmentfonds (AIF) von gewöhnlichen Unternehmen. Selbst eine relativ allgemein gehaltene Anlagestrategie eines AIF enthält gewöhnlich klarere Vorgaben als der Gesellschaftsvertrag von Unternehmen, bei denen der Gesellschaftszweck bzw. die Geschäftsaktivität meist vergleichsweise abstrakt gefasst ist. Die Anlagestrategie geht damit weit über die allgemeine Unternehmensstrategie und den abstrakten Unternehmensgegenstand hinaus. Sie beschränkt den Handlungsspielraum des Managements bei Veranlagungsentscheidungen, welcher diesem durch die Satzung und den Unternehmensgegenstand eingeräumt wird. Dass das angesammelte Kapital irgendeinem näher definierten Zweck zugeführt werden soll, reicht nicht aus, um bereits von einer Anlagestrategie im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 1 AIFMG 2013 auszugehen. Insbesondere dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um den Zweck der "allgemeinen Unternehmensfinanzierung" handelt […]“.
Nach den ESMA-Leitlinien, auf die auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner oben zitierten Entscheidung verweist, kann das Vorliegen der nachfolgenden Aspekte – und zwar einzeln oder kumulativ – das Vorhandensein einer solchen Strategie indizieren:
(a) Die Anlagestrategie ist bestimmt und festgelegt, spätestens zu dem Zeitpunkt, wenn die Verpflichtungen der Anleger gegenüber dem Organismus für sie verbindlich werden;
(b) die Anlagestrategie wird in einem Dokument dargelegt, das Bestandteil der Vertragsbedingungen bzw. der Satzung des Organismus ist bzw. auf das darin Bezug genommen wird;
(c) der Organismus bzw. die juristische Person, die den Organismus verwaltet, unterliegt gegenüber den Anlegern einer (wie auch immer entstandenen) von ihnen rechtlich durchsetzbaren Verpflichtung, sich nach der Anlagestrategie zu richten, einschließlich aller daran vorgenommenen Änderungen;
(d) die Anlagestrategie umfasst auch Anlagerichtlinien mit Verweis auf alle oder einzelne der nachstehend genannten Kriterien:
(i) Anlage in bestimmten Kategorien von Vermögenswerten bzw. gemäß Einschränkungen bezüglich der Anlageaufteilung;
(ii) Verfolgung bestimmter Strategien;
(iii) Anlage in bestimmten geografischen Gebieten;
(iv) Einhaltung von Einschränkungen bezüglich von Hebelfinanzierungen;
(v) Einhaltung von Mindesthaltezeiten; oder
(vi) Einhaltung von anderen Einschränkungen zur Risikostreuung.
Umgelegt auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies Folgendes:
Im Kapitalmarktprospekt wurden unter Punkt 2.4. (S 12) die nachfolgenden Zwecke zur Kapitalverwendung angeführt:
2.4.1 Prozesskostenfinanzierung;
2.4.2 Investitionen im Bereich Datenverarbeitung;
2.4.3 Verwaltung und Administration;
2.4.4 Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb;
2.4.5 Marketingaktivitäten;
2.4.6 Expansion;
2.4.7 Sonstige Ausgaben.
Bei näherer Betrachtung des Punktes 2.4.1 ergibt sich, dass die Emittentin eine Strategie festlegte, wie das durch die Ausgabe von Genussrechten eingesammelte Kapital verwaltet werden musste, um eine gemeinsame Rendite für die Genussrechtsberechtigten zu erwirtschaften:
So ist aufgrund der Beschreibung im Kapitalmarktprospekt evident, dass die Strategie der Emittentin primär darauf abzielte, das extern eingesammelte Kapital in erfolgversprechende Gerichtsverfahren zu veranlagen, um durch die Übernahme des Prozesskostenrisikos für Kunden bei aussichtsreichen Gerichtsverfahren gegen bonitätsstarken Prozessgegnern einen möglichst hohen Gewinn und folglich auch eine hohe Gemeinschaftsrendite zu erzielen (vgl. Kapitalmarktprospekt Punkt 2.4.2, S 12). Denn im Erfolgsfall behielt die Emittentin eine prozentuale Erfolgsvergütung ein, was ihren Gewinn ausmacht.
Dem Genussrechtsberechtigten wurde ein Anteil an diesem Gewinn, nämlich in Höhe von 2,5 % p.a. je im Wege der Emission eingeworbener EUR 1 Million, entsprechend seines Anteils am tatsächlich emittierten Genussrechtskapital, ausgeschüttet.
Durch die Übernahme des Kostenrisikos für Fälle mit hoher Erfolgsaussicht, maximierte die Emittentin ihre Chancen, eine erfolgsabhängige Vergütung zu erhalten. Der Fokus auf aussichtsreiche Fälle ermöglichte ihre Ressourcen – nämlich das, durch die Emission von Genussrechten eingesammelte Kapital – effizienter einzusetzen. Anstatt Geld in Fälle zu investieren, die möglicherweise nicht erfolgreich sind, konzentrierte sich die Emittentin auf diejenigen, die die besten Chancen auf Erfolg boten. Dadurch konnte sie ihre Kapazitäten optimal nutzen und eine höhere Erfolgsquote erzielen. Schließlich trug die Auswahl aussichtsreicher Fälle auch dazu bei, das Vertrauen der Kunden in die Dienstleistungen der Emittentin zu stärken. Kunden sind eher bereit, die Dienste eines Unternehmens in Anspruch zu nehmen, das sich auf erfolgreiche Ergebnisse konzentriert und eine nachweisliche Erfolgsbilanz hat. Dies kann wiederum dazu beitragen, das Wachstum und die Widerstandsfähigkeit der Emittentin zu fördern und gleichzeitig einen höheren Gewinn und somit auch eine Gemeinschaftsrendite für die Genussrechtsberechtigten zu erzielen.
Die Anlagestrategie der Emittentin umfasste somit auch Anlagerichtlinien iSd oben dargelegten ESMA-Leitlinien, da das eingesammelte Kapital, in bestimmte Kategorien von Vermögenswerten, nämlich in erfolgsversprechende Rechtsstreitigkeiten investiert werden sollte. Dabei wurden – wie oben dargelegt – die Strategien wie die effiziente Verwaltung, optimale Nutzung des eingesammelten Kapitals und somit primär die Erzielung attraktiver Gemeinschaftsrenditen für die Anleger verfolgt.
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass mit der fixen Vorgabe, wonach die Emittentin nach einer softwareunterstützten und individuell vorgenommenen Vorabprüfung das Kostenrisiko für aussichtsreiche Gerichtsverfahren übernahm und sie das eingesammelte Genussrechtskapital zur Begleichung der Kosten, die sich aufgrund der Übernahme des Kostenrisikos in diesen Fällen ergaben, verwendete, gleichzeitig der Handlungsspielraum des AIFM eingeschränkt war. Die Emittentin war daher keineswegs frei in der Verwendung des Genussrechtskapitals, sondern verpflichtete sich dieses nach einer intern vorgenommenen Einzelfallprüfung in bestimmte Kategorien von Rechtsstreitigkeiten zu veranlagen. Auch die Argumente der BF in ihrem ergänzenden Vorbringen vom 24.05.2024 unter Punkt 2.5.5., dass im Kapitalmarktprospekt keine Einschränkungen zur Mittelverwendung formuliert wurden, sind nicht stichhaltig. Im Kapitalmarktprospekt wurde klar definiert, für welche Tätigkeit der Emittentin das eingesammelte Kapital verwendet werden sollte, was eine bestimmte Verwendung des eingesammelten Kapitals vorgibt. Formulierungen wie „Verwendung des Genussrechtskapitals zum Zweck der allgemeinen Unternehmensfinanzierung" oder „[…] gliedert sich insbesondere in folgende Bereiche, welche die Kerntätigkeit der XXXX beschreiben [..]“ im Kapitalmarktprospekt ändern nichts an dieser klaren Zweckbestimmung. Die Verwendung des Kapitals für Nebentätigkeiten hat keinen wesentlichen Einfluss auf die übergeordnete Verpflichtung zur Finanzierung erfolgversprechender Rechtsstreitigkeiten.
Die Beschreibung der Emittentin im Kapitalmarktprospekt betreffend die Art und Weise, wie sie ihre Tätigkeit ausüben bzw. wie das durch die Emission von Genussrechten eingesammelte Kapital investiert wird, geht ganz klar über den im Gesellschaftsvertrag festgelegten Unternehmensgegenstand hinaus. Denn während der Unternehmensgegenstand, wie festgestellt, allgemein den Tätigkeitsbereich der Gesellschaft beschreibt, ohne die Gesellschaft zu beschränken, wurden im Kaptalmarktprospekt Kriterien festgelegt (Prüfung der Prozesserfolgswahrscheinlichkeit durch eine spezielle Software sowie die Einholung von Stellungnahmen durch externe Rechtsanwälte und interne Beratungen, siehe unten), nach denen das Prozesskostenrisiko eines Kunden übernommen werden sollte.
Ferner sind im Kapitalmarktprospekt Maßnahmen zur Risikostreuung vorgesehen:
Zur Analyse, ob für einen bestimmten Fall eine Prozesskostenfinanzierung in Frage kommt, stand der Emittentin eine – ausschließlich von ihr entwickelte – individuelle Softwarelösung zur Verfügung. Darüber hinaus verfügte die Emittentin über geschulte Berater (Stand Juli 2017: 280), welche die Kunden über die Vorgehensweise der Gesellschaft beraten und die erforderlichen Daten für eine Prozessfinanzierung aufnahmen. Anschließend übernahmen speziell qualifizierte Mitarbeiter die jeweiligen Fälle zur Annahmeprüfung. Dabei wurde der aufbereitete Akt einem Rechtsanwalt übermittelt, welcher der Emittentin eine Stellungnahme abgab. Nach Erhalt der Stellungnahme entschied die Emittentin über die Übernahme von Prozesskosten. Dadurch sollten offenbar Risiken, die mit der Übernahme des Kostenrisikos verbunden sind, minimiert werden. Wurde ein Fall beispielsweise als Musterklage angenommen, wurde dieser sodann einer kooperierenden Rechtsanwaltskanzlei zur rechtlichen Prüfung, Beratung und Geltendmachung von Ansprüchen übermittelt (VHS S. 9).
Darüber hinaus wurden Fälle gegen bonitätsstarke Prozessgegner angenommen, da sie offenbar eine geringere finanzielle Unsicherheit für die Emittentin boten. Dadurch verringerte die Emittentin ganz klar das Risiko finanzieller Verluste und stellte eine stabilere Einnahmequelle sicher, da dadurch die Wahrscheinlichkeit, dass die finanzierende Emittentin am Ende eines erfolgreichen Rechtsstreits nicht entschädigt wird, geringer ist (VHS S. 11 und 15).
Durch diese Maßnahmen streute die Emittentin das Risiko, indem sie sicherstellte, dass sie nur in Prozesse mit hohen Erfolgschancen und geringen finanziellen Unsicherheiten investierte. Dies erhöhte die Stabilität der Einnahmequellen und minimierte die Wahrscheinlichkeit von Verlusten. Durch die Investition in verschiedene Rechtsstreitigkeiten sollte offenbar auch das Gesamtrisiko minimiert werden, indem Verluste in einem Fall durch Gewinne in anderen Fällen ausgeglichen werden konnten. Die Behauptung des BF in seinem ergänzenden Vorbringen vom 24.05.2024, wonach die Erfolgswahrscheinlichkeit von Gerichtsprozessen im Vorhinein nicht nach objektiven Kriterien beurteilt werden und somit eine Risikostreuung nicht stattfinden könne, ist daher nicht haltbar. Denn bereits die eingesetzte Softwarelösung zur Beurteilung der Erfolgswahrscheinlichkeit muss objektive Kriterien berücksichtigen, um eine fundierte Analyse zu ermöglichen.
Ein weiteres Indiz für das Vorliegen einer Anlagestrategie nach den ESMA-Leitlinien ist der Umstand, dass die Laufzeit des emittierten Genussrechts zeitlich befristet und eine ordentliche Kündigung nicht möglich war. Dies bedeutet, dass die Genussrechtsberechtigten verpflichtet waren, das Genussrecht für die gesamte Laufzeit zu halten.
Darüber hinaus muss die Anlagestrategie in einem Dokument festgelegt worden und/oder von den Anlegern gegenüber dem Organismus bzw. der juristischen Person rechtlich durchsetzbar sein.
Der Kapitalmarktprospekt stellte die Bedingungen des Angebots dar und enthielt detaillierte Informationen über die Emittentin, ihre Geschäftstätigkeit, die angebotenen Genussrechte, die Anlagestrategie bzw. wie und zu welchen Zwecken das eingesammelte Kapital verwendet werden musste, die damit verbundenen Risiken und andere relevante Informationen. Anleger mussten das Prospekt verwenden, um eine fundierte Anlageentscheidung zu treffen. Mit der Stellung eines unwiderruflichen Angebots auf Zeichnung und Übernahme eines Genussrechts gemäß den Genussrechtsbedingungen, wurden der Inhalt des Prospekts, die Genussrechtsbedingungen sowie die Regelungen des Zeichnungsscheins zur Grundlage der Veranlagung. Die beschriebene Anlagestrategie wurde daher zum Vertragsinhalt, ohne dass der Emittentin das Recht auf eine einseitige Änderung eingeräumt wurde. Daher wurde sie, insbesondere auch der Inhalt des Kapitalmarktprospekts, spätestens mit der Annahmeerklärung der Emittentin verbindlich, weshalb der Genussrechtsberechtigte sich darauf stützen bzw. die Einhaltung fordern und vertraglich durchsetzen können musste (vgl. Kapitalmarktprospekt, Punkt 2.1.2 Vertragliche Grundlage der Vereinbarung, S 7). Dies umso mehr, als in dem von der Emittentin vorgefertigten Zeichnungs- und Übernahmeangebot (Beilage ./1 des Kapitalmarktprospekts) ausdrücklich festgehalten wurde, dass sich das (unwiderrufliche) Angebot, welches der Emittentin gestellt werde, auf die Genussrechtsbedingungen sowie dem dazugehörigen Kapitalmarktprospekt beziehe, was die Verbindlichkeit dieser Dokumente unterstreicht. Das Argument des BF, wonach eine Beschränkung der Verwendung des eingesammelten Kapitals für die im Kapitalmarktprospekt aufgezählten Zwecke zur Kapitalverwendung (vgl. Kapitalmarktprospekt, Punkt 2.4., S 12) ausdrücklich nicht festgehalten worden sei (vgl OZ 12, S 4), ist daher unzutreffend, da eben die Genussrechtsbedingungen und somit auch der Punkt 2.4. des Kapitalmarktprospekts vertragliche Grundlage des unwiderruflichen Angebots wurden.
Die Ausführungen des BF in der Beschwerde, dass die Entscheidung, ob ein Prozess finanziert werde oder nicht, nach einer vorgenommenen Vorabprüfung der Emittentin oblag, ist bei der Beurteilung der Frage, ob die Emittentin gegenüber den Genussrechtsberechtigten verpflichtet war, bestimmte Prozesse zu finanzieren, irrelevant. Denn wie bereits ausgeführt, wurde den Genussrechtsberechtigten keinerlei Mitwirkungsbefugnisse, Stimm- oder Weisungsrechte eingeräumt. Dies bedeutet wiederum, dass die Emittentin nach wie vor über einen gewissen Handlungsspielraum, allerdings eingeschränkt auf die Finanzierung erfolgversprechender Gerichtsprozesse, nach einer eben durchgeführten Vorabprüfung, verfügte. Auch das in diesem Zusammenhang erstattete Vorbringen des BF, dass keinerlei Bindung bestanden habe, überhaupt einen Prozess zu finanzieren, ist unzutreffend. Der BF übersieht, dass sich die Vertragsbindung aus dem Kapitalmarktprospekt ergibt, der verbindliche Zusicherungen über die Verwendung des eingesammelten Kapitals gab. Durch Annahme des Zeichnungs- und Übernahmeangebots verpflichtete sich die Emittentin zur Verwaltung des eingesammelten Kapitals zu den im Kapitalmarktprospekt dargelegten (Genussrechts-)Bedingungen.
Das Vorbringen des BF, wonach das Geschäftsmodell der Gesellschaft nicht die Emission von Genussrechten, sondern die Prozesskostenfinanzierung sei, geht insofern ins Leere, da bei der gegenständlichen Prüfung auf die Genussrechte sowie auf die Verwaltung des durch die Emission von Genussrechten eingesammelten Genussrechtskapitals abzustellen ist und nicht auf den Unternehmensgegenstand gemäß dem Gesellschaftsvertrag. Es ist zu prüfen, ob die emittierten Genussrechte einen AIF darstellten, wie das eingesammelte Kapital verwendet wurde, ob es der operativen Tätigkeit diente und zur Generierung von Renditen für die Genussrechtsberechtigten genutzt wurde. Unerheblich ist es, ob die Kapitalbeschaffung durch die Emission von Genussrechten nur ein einziges Mal, mehrfach oder ständig, stattfand (Ley in Piska/Völkel, Blockchain rules2, 12. Kapitel, RZ 12.30, (Stand 1.9.2023, rdb.at)).
Wenn der BF vorbringt, dass die Angaben im Kapitalmarktprospekt die bloße Unternehmensstrategie des Unternehmens darstellen würden, ist dem zu entgegnen, dass die Anlagestrategie einen Teilbereich der Unternehmensstrategie der Gesellschaft betreffen kann, der sich speziell auf die Verwaltung der finanziellen Ressourcen und Investitionen konzentriert, um die übergeordneten Ziele des Unternehmens (zB wie das Unternehmen langfristig erfolgreich sein kann, in dem es Wachstumsziele festlegt) zu unterstützen. Die Tatsache, dass bestimmte Informationen im Kapitalmarktprospekt Teil der Unternehmensstrategie sind, bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass sie nicht auch als Anlagestrategie betrachtet werden können, insbesondere, wenn sie die Genussrechte sowie die Verwaltung des eingesammelten Genussrechtskapitals und die Erzielung von Renditen betreffen. Die Anlagestrategie bezieht sich speziell auf die Art und Weise, wie das eingeworbene Kapital verwendet wird, um Gewinne zu erzielen und Risiken zu minimieren, während die Unternehmensstrategie grundsätzlich eine umfassendere strategische Ausrichtung des Unternehmens beschreibt. Die beiden Konzepte können sich daher ergänzen. Selbst wenn die Angaben im Kapitalmarktprospekt auch teilweise als (konkretisierte) strategische Ausrichtung des Unternehmens betrachtet werden, müssen sie dennoch den rechtlichen Anforderungen entsprechen und die Interessen der Anleger geschützt werden. Daher können sie nicht einfach als unverbindliche strategische Absichtserklärungen behandelt werden.
Auch der vom BF vorgenommene Vergleich des Unternehmensgegenstands im Gesellschaftsvertrag mit den Verwendungszwecken im Kapitalmarkprospekt ist nicht geeignet, Gegenteiliges aufzuzeigen (OZ 12, S 3f). Denn während der Unternehmensgegenstand im Gesellschaftsvertrag allgemein formuliert ist, ist insbesondere der Verwendungszweck „Prozesskostenfinanzierung“ im Kapitalmarktprospekt näher definiert und zeigt, wie bereits mehrfach ausgeführt, klar auf, in welcher Kategorie von Rechtsstreitigkeiten das eingesammelte Kapital verwendet werden sollte, weshalb bereits dieser Umstand das Argument des BF nicht stützen kann.
Dem ergänzenden Vorbringen des BF vom 24.05.2024, wonach eine festgelegte Anlagestrategie voraussetze, dass die Anleger zuvor, etwa in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder anderen Unterlagen, dem spezifischen Einsatz des eingesammelten Kapitals zugestimmt hätten und über diese Anlagestrategie aufgeklärt sein müssten, was gegenständlich nicht vorliege, kann ebenso nicht gefolgt werden. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass für die jeweiligen Kunden ein persönliches Kundenprofil erstellt wurde und diese eine Aufklärungsbestätigung unterfertigen mussten (vgl. Beilage 1 des Kapitalmarktprospekts, „Persönliches Kundenprofil/Aufklärungsbestätigung). Mit Unterzeichnung der Aufklärungsbestätigung bestätigte der Genussrechtsberechtigte, dass dieser aufgeklärt wurde unter anderem über die Eigenschaften und Besonderheiten der gegenständlichen Genussrechtsbeteiligung sowie die Abhängigkeit der Rendite vom tatsächlichen Geschäftserfolg. Ferner stimmten die Genussrechtsberechtigten mit der Stellung des unverbindlichen Angebots an die Emittentin bereits dem spezifischen Einsatz des eingesammelten Kapitals, nämlich in erfolgversprechende (außer-)gerichtliche Rechtsstreitigkeiten, zu.
Ferner kann es nicht darauf ankommen, ob der Kapitalmarktprospekt die im § 21 AIFMG geforderten Informationen vollständig enthält oder nicht. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Struktur und Funktionsweise des Finanzprodukts. Die rechtliche Einordnung als AIF richtet sich nach den objektiven Merkmalen der Kapitalanlage und deren Verwaltung, wie sie im AIFMG definiert sind. Dass der Kapitalmarktprospekt die im § 21 AIFMG geforderten Informationen nicht beinhalte, weshalb eine festgelegte Anlagestrategie nicht vorliegen könne, ist verfehlt.
Darüber hinaus muss das eingesammelte Kapital allerdings auch „zum Nutzen der Anleger“ erfolgen (VwGH vom 15.02.2024, Ra 2023/02/0178, RZ 12 und 21). Zweck der Anlage muss daher grundsätzlich die Erzielung eines Vermögenszuwachses sein (Jung/Krebs/Stiegler, Gesellschaftsrecht in Europa § 31, RZ 36 (Stand 1.10.2017, rdb.at)). Der Verwaltungsgerichtshof führte in seiner (oben zitierten) Entscheidung aus, dass die Anleger an der Wertentwicklung partizipieren müssen.
Wie bereits mehrfach ausgeführt, sollte das eingesammelte Kapital primär für die Finanzierung von Prozesskosten für erfolgversprechende Gerichtsverfahren verwendet werden. Dabei übernahm die Emittentin das Prozesskostenrisiko für Kunden in aussichtsreichen Gerichtsverfahren gegen bonitätsstarke Gegner, um einen maximalen Gewinn zu erzielen. Die Genussrechte verkörperten eine Beteiligung am Gewinn der Emittentin. Jeder Genussrechtsberechtigter erhielt eine Beteiligung am Genussrechtsgewinn entsprechend seines Anteils am tatsächlich emittierten Genussrechtskapital.
Der Umstand, dass die Emittentin durch die erfolgreiche Durchführung von Gerichtsverfahren einen finanziellen Gewinn erzielen und einen prozentualen Anteil dieses Gewinnes an die Genussrechtsinhaber ausschütten wollte, zeigt deutlich, dass ihr Hauptziel darin bestanden hat, einen Vermögenszuwachs zu erzielen. Die Investition in vielversprechende Gerichtsverfahren wurde als Mittel zur Erzielung dieses Ziels genutzt, und die Genussrechte boten den Anlegern die Möglichkeit, an diesem potenziellen Vermögenszuwachs teilzuhaben. Mit anderen Worten: Die Emittentin investierte das eingesammelte Kapital aktiv in vielversprechende Gerichtsverfahren, um Gewinne zu erzielen, im Gegensatz zu einer reinen Finanzierung (bzw. einer allgemeinen Unternehmensfinanzierung), bei der lediglich Kapital bereitgestellt wird. Durch diese aktive Investitionstätigkeit zielte die Emittentin unzweifelhaft darauf ab, das eingesammelte Kapital zu nutzen, um potenzielle Erträge zu generieren und einen Vermögenszuwachs zu erreichen.
Aus all diesen Erwägungen zu einer festgelegten Anlagestrategie war der Spruch der FMA unter Punkt A) I. auch dementsprechend zu ändern.
Im Lichte der obigen Ausführungen ist als Zwischenergebnis daher festzuhalten, dass das Kriterium des Vorliegens „einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren“ erfüllt ist.
e) „operative Tätigkeit“:
Ausgehend von den Leitlinien der ESMA ist ein Organismus dann kein AlF, wenn er einen allgemein-kommerziellen oder -industriellen Zweck verfolgt. Unter allgemein-kommerziellem oder industriellem Zweck verstehen die Leitlinien „den Zweck der Verfolgung einer Geschäftsstrategie, die sich u.a. durch Merkmale auszeichnet wie die überwiegende Ausübung
(i) einer kommerziellen Tätigkeit einschließlich Kauf, Verkauf und/oder Austausch von Waren oder Gütern und/oder Verkehr mit (Erbringung von) nicht-finanziellen Dienstleistungen oder
(ii) einer industriellen Tätigkeit einschließlich der Produktion von Waren oder der Errichtung von Immobilien oder
(iii) einer Kombination daraus (VwGH vom 15.02.2024, Ra 2023/02/0178, RZ 27). Die Frage, ob eine operative Tätigkeit iSd § 2 Abs. 1 lit. a AIFMG gegeben ist, ist in diesem Lichte zu interpretieren und fallbezogen zu prüfen.
Der allgemein-kommerzielle oder industrielle Zweck bezieht sich daher hauptsächlich auf Tätigkeiten wie den Kauf, Verkauf und Austausch von Waren oder die Erbringung von nicht-finanziellen Dienstleistungen sowie auf industrielle Tätigkeiten wie die Produktion von Waren oder die Errichtung von Immobilien.
Im gegenständlichen Fall wurde das eingesammelte Kapital hauptsächlich für die Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten verwendet, indem sie ihren Kunden die Prozesskosten für bestimmte Rechtsstreitigkeiten finanzierte. Ihre Rolle bestand sohin darin, das eingesammelte Kapital zur Verfügung zu stellen, um die Durchführung des Rechtsstreits zu ermöglichen, anstatt direkte (rechtliche) Dienstleistungen anzubieten. Die rechtliche Durchsetzung lag vielmehr bei den kooperierenden Rechtsanwälten (VHS S 11; Kapitalmarktprospekt, Punkt 3.1, S 16).
Die Tatsache, dass die Emittentin darauf abzielte, einen Gewinn zu erzielen und einen Teil dieses Gewinnes an die Genussrechtsberechtigten auszuschütten, unterstreicht weiterhin ihre Funktion als Finanzdienstleisterin, die das eingesammelte Kapital in rechtliche Auseinandersetzungen investierte. Sie ist daher betreffend das eingesammelte Genussrechtskapital nicht als Anbieter von nicht-finanziellen Dienstleistungen zu qualifizieren.
Es wird nicht übersehen, dass die Emittentin das eingesammelte Kapital auch in andere Tätigkeiten gemäß Punkt 3.1 des Kapitalmarktprospekts investierte bzw. für sie verwendete. Hauptsächlich wurde das eingesammelte Kapital allerdings in die Prozesskostenfinanzierung investiert, da sie mangels gegenteiliger Anhaltspunkte die primäre Einnahmequelle der Gesellschaft war und somit die Hauptquelle ihrer Gewinne darstellte, während die übrigen Tätigkeiten wie die Vorabprüfung relevanter Unterlagen oder die Zurverfügungstellung von Kontakten zu Rechtsanwälten erkennbar unterstützende Funktionen hatten, weshalb sie auch als Nebentätigkeiten zu qualifizieren sind (vgl. Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht2 (2015) § 30, RZ 36f (Stand: 1.1.2015, rdb.at)).
Hierbei ist daher den Ausführungen der FMA zu folgen, wonach alle anderen Tätigkeiten außerhalb der Prozesskostenfinanzierung Hilfstätigkeiten darstellen. Dieser Beurteilung setzt der BF nichts Stichhaltiges entgegen.
Darüber hinaus führt die BaFin (deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht), auf deren Ausführungen sich der BF teilweise stützt, beispielsweise betreffend Immobilienfonds aus, dass sich dieser hauptsächlich auf die physische Entwicklung und Verwaltung von Immobilien (wie etwa Konzeption, Ankauf, Entwicklung der Immobilie und abschließender Verkauf) konzentriere, weshalb hierbei die operative Tätigkeit im Vordergrund stehe. Hier werde das von den Anlegern investierte Kapital nicht nur zum Nutzen der Anleger angelegt, sondern vielmehr dazu verwendet, um „Produktion" einer Immobilie zu ermöglichen. Die operative Tätigkeit stehe wohl auch beim (direkten und indirekten) Betrieb einer Immobilie (etwa eines Hotels) mit dem von den Anlegern eingesammelten Kapital im Vordergrund (vgl. Brandl/Toman, AIFMG - Anwendungsbereich und Auswirkungen für Immobilienfonds, ZFR 2014/39).
Im Gegensatz dazu investierte die Emittentin gegenständlich das eingesammelte Kapital primär in erfolgversprechende Gerichtsverfahren. Das Genussrechtskapital wurde hauptsächlich für die Finanzierung von Gerichtskosten verwendet, u.a. mit dem Ziel, einen Anteil des erzielten Gewinnes den Genussrechtsberechtigten auszuschütten. Der Schwerpunkt lag sohin auf der finanziellen Veranlagung in rechtliche Prozesse und nicht auf der physischen Entwicklung von Vermögenswerten, weshalb auch den Ausführungen des BF unter Verweis auf die deutsche Rechtslage, wonach lediglich die Finanzbranche wie Kreditinstitute unter die Wortfolge „außerhalb des Finanzsektors“ nach dem deutschen „KAGB“ falle und die Emittentin auch nach der Definition des KAGB ein operativ tätiges Unternehmen sei, weil sie insbesondere keinen Bankenhintergrund habe, nicht gefolgt werden kann. Denn auch der Definition im „KAGB“ ist abzuleiten, dass sich der AIF auf Tätigkeiten innerhalb des Finanzsektors konzentriert, worunter jedenfalls das Verwalten und Investieren von Kapital fallen muss. Weder das KAGB noch die europäische Rechtslage oder das AIFMG verlangen für die Einstufung eines Finanzgeschäfts als AIF zwingend einen Bankenhintergrund. Im gegenständlichen Fall lag der Fokus der Emittentin ganz klar auf der Verwaltung und Investition des eingesammelten Kaptals zur Erzielung von Renditen für die Anleger. Auch die Tatsache, dass die Emittentin das eingesammelte Kapital am Ende der Laufzeit samt Zinsen und Gewinnbeteiligung zurückzahlte, untermauert diese Einordnung.
Die BF wendet ferner ein, dass eine operative Tätigkeit vorliegen würde, wenn das veranlagte Kapital unmittelbar für die Kerntätigkeit der Gesellschaft zweckgewidmet sei (OZ 21, S 6, Punkt 3.2.). Dafür liefert die Definition des § 2 Abs. 1 Z 1 AIFMG keinen Anhaltspunkt. Dies kann auch den ESMA-Leitlinien nicht entnommen werden. Im Übrigen wurde das eingesammelte Kapital hauptsächlich zur Finanzierung erfolgversprechender Rechtsstreitigkeiten investiert, was – wie bereits oben dargelegt – eine finanzielle Dienstleistung darstellt. Dabei handelte es sich um das Verwalten von Vermögensgegenständen zur Erzielung von Renditen für die Anleger. Da mit dem eingesammelten Kapital keine direkten kommerziellen oder industriellen Tätigkeiten ausgeübt wurden, handelt es sich nicht um eine operative Tätigkeit im Sinne der ESMA-Leitlinien und der relevanten Rechtsprechung, sondern um eine Tätigkeit, die typischerweise einem AIF zugeschrieben wird.
Abschließend ist betreffend das ergänzende Vorbringen des BF vom 22.02.2023 zur „Einordnung der Prozessfinanzierungsgesellschaft als AIF“ festzuhalten, dass aus der vom BF zitierten Judikatur sehr wohl zu entnehmen ist, dass eine gewerbliche Prozessfinanzierungsgesellschaft dem Geltungsbereich der AIFM-RL unterstellt sein kann, wenn die Kriterien in den ESMA-Leitlinien erfüllt sind (vgl Lötscher, Prozesskostenfonds (2015), S 76). Die diesbezüglichen Ausführungen des BF sowie die eingefügte Grafik zur selbstverwalteten alternativen kollektiven Kapitalanlage einer Prozessfinanzierung betrifft ausschließlich eine Analyse der gewerblichen Prozessfinanzierung am Beispiel einer Investmentaktiengesellschaft. Es wurde untersucht, ob die Tätigkeit einer Investmentaktiengesellschaft am Beispiel der gewerblichen Prozessfinanzierung nicht als alternatives Investmentvehikel zu betrachten sind (vgl Lötscher, Prozesskostenfonds, S 1f, 67f, 77f sowie 96ff). Die vom BF ausgearbeiteten Voraussetzungen, wonach sie seiner Ansicht nach vorliegen müssten, um die Gesellschaft als AIF qualifizieren zu können, betreffen daher lediglich eine Struktur einer Investmentaktiengesellschaft und somit lediglich eine bestimmte Konstellation, die Gegenstand der dortigen Analyse war (vgl OZ 3, S 4f). Sie sind entgegen der Formulierung des BF keine zwingenden Voraussetzungen für das Vorliegen einer Tätigkeit als AIF. Vielmehr ist anhand einer Einzelfallprüfung zu beurteilen, ob ein solcher im Sinne der AIFM-RL sowie des AIFMG vorliegt, weshalb sie nicht auf den gegenständlichen Fall übertragen sind. Dies auch vor dem Hintergrund, dass nicht die Gesellschaft per se, sondern die Emission von Genussrechten sowie die Kapitalbeschaffung bzw. die Verwaltung des Genussrechtskapitals den Gegenstand der hier durchgeführten Prüfung betreffen.
f) „keine Genehmigung gemäß Art. 5 der Richtlinie 2009/65/EG“:
Das letzte zu prüfende Tatbestandsmerkmal für die Qualifikation als AIF ist, dass der Organismus keine Genehmigung gemäß Art. 5 der OGAW-Richtlinie benötigen darf.
Gestaltungen, die als Wertpapierfonds (OGAW) iSd § 2 InvFG zu qualifizieren sind, fallen daher aus dem Anwendungsbereich des AIFMG. Umgekehrt sind daher jene Gestaltungen, die nicht als Wertpapierfonds (OGAW) iSd § 2 InvFG qualifiziert werden, Alternative Investmentfonds (vgl. Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht2 (2015) § 30, RZ 28ff (Stand: 1.1.2015, rdb.at)).
Die Gesellschaft ist schon in Ermangelung eines ausschließlichen Veranlagungszwecks nicht als Wertpapierfonds (OGAW) iSd § 2 InvFG zu qualifizieren.
1.2.2. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die Gesellschaft, deren Geschäftsführer der BF im verfahrensgegenständlichen Zeitraum gewesen ist, in diesem Zeitraum als Alternativer Investmentfondsmanager (in Folge: AIFM) fungierte und einen AIF verwaltete. Das durch die Emission von Genussrechten eingesammelte Kapital bzw. die Veranlagung der Genussrechtsberechtigten ist bzw. sind als AIF zu qualifizieren. Die Gesellschaft unterlag daher als AIFM einer entsprechenden Konzessionierungs- bzw. Registrierungspflicht betreffend die Emission von Genussrechten.
Der AIFM besaß allerdings keine Konzession gemäß § 4 Abs. 1 AIFMG und war auch nicht gemäß § 1 Abs. 5 AIFMG registriert.
Der objektive Tatbestand des § 60 Abs. 1 Z 1 AIFMG ist im Beschwerdefall damit erfüllt.
IV.1.3. Zur subjektiven Tatseite
Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Der BF war als Geschäftsführer der Gesellschaft im Tatzeitraum nach außen vertretungsbefugtes Organ und daher strafrechtlich verantwortlich.
Bei der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, das nicht den Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr erfordert. Es besteht eine entsprechende unwiderlegliche Vermutung ihrer objektiven Gefährlichkeit (Wessely in Raschauer/Wessely (Hrsg.), VStG2, § 5 VStG Rz 5 mwN). Für diesen Deliktstypus reicht insofern die schlichte Übertretung der Verbotsnorm aus, um verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung zu begründen.
Das verantwortliche Organ im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG ist strafbar, wenn es nicht genügende Vorkehrungen getroffen hat, um die Verwirklichung des Tatbildes durch den unmittelbaren Täter zu verhindern. In einem solchen Fall einer zur Last gelegten Unterlassung besteht gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Es ist daher Sache des nach außen vertretungsbefugten Organs, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden traf, und initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (VwGH 28.03.2014, 2014/02/0004).
Nach § 5 Abs. 1a VStG, der mit 01.01.2019 in Kraft getreten ist, gilt diese Vermutung jedoch nicht, wenn die Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über 50.000 Euro bedroht ist. Dies ist hier der Fall, weshalb die Fahrlässigkeit des beschuldigten BF zu begründen und nicht zu vermuten ist.
Das Vertretungsorgan hat initiativ alles darzutun, das es entlastet (ständige Rechtsprechung zB VwGH 20.05.1968, 0187/67; Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 (2017), § 5 Rz 9ff. mwN). Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 5 Abs. 1 VStG ist zu entnehmen, dass es sich dabei um eine Glaubhaftmachung und nicht um einen Vollbeweis handelt (grundsätzlich dazu VwGH 30.10.1991, 91/09/0060). Die vom Vertretungsorgan gesetzten Maßnahmen müssen dazu mit Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten lassen. Sobald ein Vertretungsorgan die „vernünftigerweise geschuldeten Vorkehrungen trifft, hat es für die eintretende Tatbestandsverwirklichung nicht einzustehen" (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 - Verwaltungsstrafgesetz (2017), § 9 Rz 6).
Zu den Schuldelementen beim Fahrlässigkeitsdelikt gehören die subjektive Sorgfaltswidrigkeit und die Zumutbarkeit rechtmäßigen Verhaltens. Die subjektive Sorgfaltswidrigkeit ist nur besonders zu prüfen, wenn sich aus dem Sachverhalt konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass gerade der Täter den objektiven Sorgfaltsanforderungen nicht nachkommen konnte (Burgstaller/Schütz in Höpfel/Ratz, WK² StGB § 6, Rz 90).
Die Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift gemäß § 5 Abs. 2 VStG ist auch nur in einigen wenigen Ausnahmefällen entschuldigend. Nach § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Wie der VwGH in ständiger Rechtsprechung zu § 5 Abs. 2 VStG festgehalten hat, trifft den Normunterworfenen bei Veranlassung dazu eine Erkundigungspflicht. Der VwGH spricht davon, dass der Täter hinsichtlich einer solchen Erkundigungspflicht die „nach seinen Verhältnissen erforderliche Sorgfalt“ anzuwenden hat. Nach der Rsp des VwGH hat sich jedermann „mit einschlägigen Normen seines Betätigungsfeldes ausreichend vertraut zu machen“ (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 (2017), § 5 Rz 18; VwGH 14.11.2006, 2005/03/0107; VwGH 12. 12.1975, 890/75; VwSlg 7528A/1969; VwGH 14.01.2010 2008/09/0175). Angesprochen ist hier in erster Linie die Einholung von Auskünften kompetenter Stellen, näherhin von - auf vollständigen Sachverhaltsgrundlagen basierenden - Auskünften für die Sache zuständiger Behörden (VwGH 16. 11. 1993, 93/07/0022, 0023; 18.09.2008, 2008/09/0187).
Wenn wegen Rechtsirrtums der Vorsatz entfällt, bleibt die Haftung wegen Fahrlässigkeit, die nur dann zu verneinen ist, wenn der Rechtsirrtum unvermeidbar war (Palandt-Grüneberg, § 276 Rn. 22; Wiechers/Henning, WM 2015, Sonderbeilage 3, Seite 16).
Dem Vorbringen, den BF treffe keine subjektive Vorwerfbarkeit des Fehlverhaltens an der Verwaltungsübertretung, ist Folgendes entgegen zu halten:
Der BF hätte in seiner Funktion als Geschäftsführer die gesetzlichen Bestimmungen kennen müssen. Ihm wäre es zumindest als ordentlicher und sorgfältiger Geschäftsführer zumutbar gewesen, sich bei der FMA bei Unklarheit der anzuwendenden gesetzlichen Regelungen zu erkundigen. Dass sich der BF als Geschäftsführer bei der FMA betreffend die Bestimmungen des AIF in Bezug auf das Genussrecht erkundigt habe, brachte er nicht vor. Es gab vielmehr am 09.05.2018 ein Gespräch zu „ XXXX “, der Funktion des BF als Geschäftsleiter und Eigentümer der „ XXXX “, in dessen Rahmen ua allfällige Zusammenhänge bzw. Synergieeffekte mit dem Geschäftsmodell der Gesellschaft besprochen wurden (vgl OZ 8, Beilage). Konkrete Fragen des BF zum Thema AIF gab es nicht. Der BF legte der FMA weder den Kapitalmarktprospekt noch sonstige Unterlagen vor (VHS S 6f). Der BF hat aber auch mangels eines entsprechenden Vorbringens keine konkreten Erkundigungen zum Vorliegen eines AIF eingeholt. Es oblag dem BF, alle relevanten Dokumente vorzulegen bzw. eine vollständige rechtliche Prüfung durchzuführen und sich bei Unklarheiten bei der FMA zu erkundigen.
Der Hinweis, dass die FMA im Gespräch keine Bedenken geäußert habe, kann nicht überzeugen. Der BF hat nicht vorgebracht, dass er konkrete Fragen zu den Voraussetzungen für das Vorliegen eines AIF im konkreten Fall gestellt habe. Dies ist insbesondere deshalb relevant, weil Genussrechte vielseitig gestaltbare schuldrechtliche Instrumente sind und ihre Ausgestaltungsformen daher mannigfaltig sein können. Deshalb muss nicht automatisch jede Art der Emission von Genussrechten als AIF klassifiziert werden. Dass ein Gespräch stattgefunden habe, in dessen Rahmen der BF auch von der (beabsichtigten) Emission von Genussrechten erzählt habe, entlastet den BF nicht von seiner Pflicht, die gesetzlichen Bestimmungen eigenverantwortlich zu kennen und auf den konkreten Fall anzuwenden bzw. sich aktiv bei der FMA zu erkundigen. Auch der in der mündlichen Beschwerdeverhandlung einvernommene Zeuge führte auf die Frage der FMA, ob über konkrete Bestimmungen geredet worden seien, aus, dass über die Genussrechtsbestimmungen im Detail nicht geredet worden sei (VHS S. 13).
Im gegenständlichen Fall ist zudem nicht hervorgekommen, dass der BF nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen im Tatzeitraum nicht befähigt war, die gebotene objektive Sorgfalt einzuhalten.
Der BF bringt in der Beschwerde vor, dass weder in der Literatur noch in der Judikatur die Prozessfinanzierung bisher als nicht-operative Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 lit. a AIFMG eingestuft worden sei. Allerdings ist dem zu entgegnen, dass bereits in der vom BF zitierten Literatur von Lötscher ausgeführt wird, dass eine gewerbliche Prozessfinanzierung in den Geltungsbereich der AIFM-RL fallen könne und eine Einzelfallprüfung notwendig sei. Zudem wurde in dieser Literatur lediglich die optimale Ausgestaltung der gewerblichen Prozessfinanzierung als AIF am Beispiel einer Investmentaktiengesellschaft durchleuchtet (vgl Lötscher, Prozesskostenfonds, S 93 und 122). Daher hätte der BF zur Klärung dieses Umstands Auskünfte bei der FMA einholen und sich mit der Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen im konkreten Fall vertraut machen müssen. Darüber hinaus geht es im konkreten Fall nicht um die Gesellschaft per se, sondern um die Qualifikation des im Rahmen der Emission von Genussrechten eingesammelten Kapitals als AIF. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist jedermann verpflichtet, sich mit den einschlägigen Normen seines Betätigungsfeldes ausreichend vertraut zu machen. Werden derartige Erkundigungen – wie gegenständlich – unterlassen, trägt die Partei das Risiko des Irrtums (vgl. VwGH 30.11.1981, 81/17/0126; Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 (2017), § 5 Rz 18).
Die Vorgehensweise des BF, ohne eine vorherige Rücksprache mit bzw. eine Erkundigung bei der FMA, obwohl ihm aufgrund obiger Erwägungen bekannt sein müsste, dass er unter Umständen in den Geltungsbereich des AIFMG fallen könnte, kann nicht als sorgfaltsgemäß angesehen werden.
Im gegenständlichen Fall gibt es auch sonst keine Hinweise auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG.
Das Bundesverwaltungsgericht geht insgesamt bei Würdigung aller Umstände dieses Falles davon aus, dass der BF fahrlässig gehandelt hat, indem er die objektiv gebotene und subjektiv mögliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat, obwohl es ihm zuzumuten war, diese Sorgfalt tatsächlich aufzuwenden.
IV.1.4. Ergebnis
Damit ist sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite des § 60 Abs. 1 Z 1 AIFMG erfüllt. Die Bestrafung erfolgte damit grundsätzlich rechtmäßig.
IV.1.5. Ermahnung
Der BF begehrt, das Verfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG unter Erteilung einer Ermahnung einzustellen, in eventu gemäß Z 4 leg. cit. von einer Strafe abzusehen und es bei einer Ermahnung bewenden zu lassen, weil die Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes durch die Tat und das Verschulden des BF gering sei.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG kann die Behörde, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten, unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG voraus, dass die dort genannten Umstände kumulativ vorliegen.
Bei der Bedeutung des strafrechtlich geschütztes Gutes kommt es auf die abstrakte Bedeutung dieses an. Wenn das geschützte Rechtsgut (besonders) bedeutsam ist, scheidet daher eine Einstellung oder eine Ermahnung aus, mag es auch im konkreten Fall kaum beeinträchtigt sein. Selbst wenn also der schädigende Erfolg im Wesentlichen ausgeblieben ist, kann - selbst bei geringem Verschulden - die Z 4 nicht angewendet werden, wenn das geschützte Rechtsgut abstrakt (besonders) bedeutsam ist (VwGH 18.12.2018, Ra 2016/04/0148; Kneihs in Raschauer/Wessely, VStG², § 45 Rz 8).
Fallbezogen kommt eine Ermahnung nicht in Betracht:
An den hier geschützten Interessen (Schutz der Anleger und Funktionieren des Finanzmarktes) besteht eine abstrakt hohe Bedeutung, sodass bereits daran die Erteilung einer Ermahnung scheitert. Die Wertigkeit des durch die verletzte Norm strafrechtlich geschützten Rechtsgutes ist auch in Ansehung der Höhe des Strafrahmens (Geldstrafe bis zu EUR 100.000,-) als nicht gering zu betrachten. Durch die vorliegende Verwaltungsübertretung, die sich über einen Zeitraum von ca. zwei Jahren erstreckte und in dieser Zeit ein AIF im Volumen von € 2,8 Millionen verwaltet wurde, wurde das öffentliche Interesse am Schutz der Anleger und am Funktionieren des Finanzmarktes zudem nicht unerheblich beeinträchtigt. Weiters kann nicht von einem geringen Verschulden gesprochen werden, weil weder hervorkam noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder die Verwirklichung der Tatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Die gegenständliche tatbildmäßige Verhaltensweise – vor allem die Verwaltung eines AIF ohne die erforderliche Konzession oder Registrierung bei der FMA vor allem auch im Hinblick auf die unterlassene Erkundigung bei der FMA – stellt gerade den Regelfall des typisierten Unrechts- und Schuldgehalts. Nach Auffassung des erkennenden Senats kann damit keinesfalls von einem geringen Verschulden ausgegangen werden.
IV.1.6. Strafbemessung
Der BF stellt, sofern eine Ermahnung nicht möglich ist, den Antrag, die Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß herabzusetzen.
Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.
Wie bereits unter Pkt. 1.4. dargelegt, sind weder das Ausmaß des Verschuldens des BF, noch die Bedeutung der verwaltungsstrafrechtlich geschützten Rechtsgüter als nur gering anzusehen. Durch den Verstoß gegen §§ 60 Abs. 1 Z 1, 4 Abs 1 und 1 Abs 5 Z 1 AIFMG wurde zudem die im öffentlichen Interesse gelegenen Aufsichtsziele der FMA (Anlegerschutz und Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes) in nicht unerheblichen Ausmaß geschädigt. Die Intensität der Beeinträchtigung der geschützten Rechtsgüter ist daher durchaus hoch anzusetzen. Die Straftat dauerte etwa zwei Jahre. Die Rechtsverletzung beruht auf fahrlässigem Verhalten. Hinweise auf Schaden, der Dritten durch den Verstoß zugefügt wurde, kamen nicht hervor.
Mildernd ist demgegenüber zu berücksichtigen die Unbescholtenheit des BF und sein wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung. Der vom BF relevierte Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z 13 StGB (kein Eintritt eines Schadens) kann dagegen nicht mildernd berücksichtigt werden, zumal der Eintritt eines Schadens nicht zum Tatbild gehört.
Dem Vorbringen, dass die Geldstrafe überhöht sei und die FMA seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie seine Unterhaltspflichten für zwei minderjährige Kinder nicht berücksichtigt hat, ist entgegenzuhalten, dass der BF im verwaltungsbehördlichen Verfahren keine Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie den Sorgepflichten machte, weshalb die FMA lediglich seine berufliche Stellung und seine höhere technische Ausbildung hervorhob und in ihre Strafbemessung mit einbezog. Feststeht auch, dass der BF trotz entsprechender Möglichkeit (vor der FMA und vor dem Bundesverwaltungsgericht) keine Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen machte. Weiters ist festzuhalten, dass Sorgepflichten keinen Milderungsgrund darstellen (OGH 03.10.2002, 120s76/02).
Zur Strafbemessung und der Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse hat die Judikatur ausgesprochen, dass die Verhängung einer Geldstrafe auch dann gerechtfertigt ist, wenn der Bestrafte kein Einkommen bezieht und sogar wenn es die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Bestraften wahrscheinlich erscheinen lassen, dass er nicht in der Lage sein wird, sie zu bezahlen (VwGH 15.10.2002, 2001/21/0087, mwN; 30.01.2014, 2013/03/0129, mwN).
In Erwägung aller dieser Umstände erscheint die von der FMA verhängte Geldstrafe als tat- und schuldangemessen.
IV.1.7. Zahlungsinformation
Sie haben den Gesamtbetrag von insgesamt EUR 26.000 binnen 2 Wochen auf das Konto des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) mit dem IBAN AT840100000005010167 (BIC BUNDATWW) unter Angabe der Verfahrenszahl spesenfrei für den Empfänger einzuzahlen oder unter Mitnahme dieses Erkenntnisses beim Bundesverwaltungsgericht einzuzahlen. Bei Verzug muss damit gerechnet werden, dass der Betrag nach erfolgter Mahnung zwangsweise eingetrieben werden wird.
Die Geldstrafe und die Abschöpfung der Bereicherung fließen dem Bund zu (§ 60 Abs. 9 AIFMG).
IV.1.9. Angewendete Gesetzesbestimmungen:
Die Verwaltungsvorschrift (auch: „verletzte Vorschrift“) muss zwingend unter Angabe genauer BGBl-Nr. im Spruch enthalten sein. Bei einem Dauerdelikt (und auch bei einem fortgesetzten Delikt) muss für den gesamten Tatzeitraum die in Kraft stehende Verwaltungsvorschrift angegeben werden. Dies ist dann schlagend, wenn während des Tatzeitraumes eine Gesetzesänderung stattgefunden hat. In diesem Fall hat der Spruch beide (bzw. alle) in Kraft stehende Verwaltungsvorschriften zu enthalten (vgl. VwGH vom 24.01.2002, 2000/21/0195).
Die im gegenständlichen Fall angewendeten Gesetzesbestimmungen waren daher gem. § 44a Z 3 VStG im Spruch entsprechend zu ändern.
IV.2. Zu den verfassungs- sowie unionsrechtlichen Bedenken des BF
2.1. Schließlich macht der BF eine Verletzung des Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie der Freiheit des Eigentums durch die FMA geltend. Die diesbezüglichen unsubstantiierten Ausführungen des BF zeigen allerdings keine Verletzung der genannten Rechte auf. Das Bundesverwaltungsgericht konnte insbesondere keine willkürliche Entscheidung durch die FMA erkennen.
Ein Eingriff in das Eigentumsrecht durch Bescheid bzw Entscheidung eines Verwaltungsgerichts darf nur auf Grund eines verfassungsmäßigen Gesetzes erfolgen. Ist eine Entscheidung, die in das Eigentum eingreift, gesetzlos, stützt sie sich auf ein verfassungswidriges Gesetz oder auf eine gesetzwidrige Verordnung, missachtet die Behörde das Gebot verfassungskonformer Interpretation oder wendet sie ein Gesetz nicht bloß fehlerhaft, sondern in qualifizierter Weise „denkunmöglich“ an, so ist die Entscheidung verfassungswidrig.
Fallgegenständlich erfolgte die Entscheidung der FMA auf ein Gesetz. Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs. 3 Z 11 FMABG sowie des § 2 Abs. 1 Z 1 lit a AIFMG ist auszuführen, dass für das Bundesverwaltungsgericht keine Anhaltspunkte für die behauptete Verfassungswidrigkeit vorliegen. Auch legte der BF nicht nachvollziehbar dar, worin er die Verfassungswidrigkeit im Konkreten sieht. Eine denkunmögliche Anwendung der hier einschlägigen Gesetze durch die FMA ist nicht erkennbar.
2.2. Der BF regt zudem an, ein Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH betreffend die ESMA-Leitlinien zu stellen, da sich die FMA aufgrund ihrer weiten Auslegung des Begriffs „Verkehr mit nicht-finanziellen Tätigkeiten“ vom Normzweck der Richtlinie abwende. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass sich der Verwaltungsgerichtshof in der das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts aufhebenden Entscheidung zu einer Notwendigkeit einer klarstellenden Auslegung durch den EuGH nicht äußerte. Darüber hinaus besteht auch aus Sicht des erkennenden Senats im gegenständlichen Verfahren keine Veranlassung zur Einholung einer Vorabentscheidung durch den EuGH, da die Rechtslage ausreichend geklärt erscheint.
IV.3. Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Regelungen des § 2 Abs. 1 Z 1 AIFMG sind klar und eindeutig. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu den wesentlichen hier relevanten Fragen bereits Stellung genommen, weswegen die Revision nicht zulässig ist (VwGH vom 15.02.2024, Ra 2023/02/0178).
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