Spruch
L523 2273039-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Tanja DANNINGER-SIMADER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Dr. Claudia WOLFSGRUBER-ECKER und Nina ABRAHAM als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , SVNr. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Steyr vom 07.04.2023, nach Beschwerdevorentscheidung vom 15.05.2023, GZ: XXXX , betreffend Sperre des Arbeitslosengeldes vom 23.03.2023 bis 19.04.2023, zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer hat sich am 29.03.2023 beim Arbeitsmarktservice Steyr (AMS) arbeitslos gemeldet. Er war von 22.02.2023 bis 22.03.2023 bei der Firma XXXX als Landschaftsgärtner beschäftigt. Beim elektronischen Datensammelsystem der Sozialversicherungsträger für die ÖGK-O wurde als Abmeldegrund „Lösung in der Probezeit durch Dienstnehmer“ angegeben.
2. Mit Schreiben des AMS vom 30.03.2023 wurde der Beschwerdeführer mit Stellungnahmemöglichkeit darüber informiert, dass der vom Dienstgeber angegebene Lösungsgrund – Beendigung des Dienstverhältnisses durch Lösung in der Probezeit seitens des Dienstnehmers – als Sanktion eine vierwöchige Sperre des Arbeitslosengeldes gem. § 11 AlVG nach sich zieht. Der Beschwerdeführer ersuchte um Ausstellung eines Bescheides.
3. Mit Bescheid des AMS vom 07.04.2023 wurde gemäß § 11 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer für den Zeitraum 23.03.2023 bis 19.04.2023 kein Arbeitslosengeld erhalte. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Dienstverhältnis bei der Firma XXXX während der Probezeit freiwillig gelöst habe. Gründe für eine Nachsicht würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.
4. Am 11.04.2023 übermittelte der Beschwerdeführer dem AMS eine Stellungnahme wonach dieser zusammengefasst anführte, dass seine Chefin ihm wegen des Krankenstandes Vorwürfe gemacht habe und er habe daraufhin gesagt habe, dass er ihr nicht böse wäre, wenn sie ihn kündigen würde. Es wäre daraufhin per Whatsapp auch über eine einvernehmliche Kündigung gesprochen worden, allerdings ohne Ergebnis. Es sei aber nie eine Probezeit vereinbart worden, er hätte vielmehr eine Wiedereinstellungsbescheinigung, weil er letztes Jahr bereits bei derselben Arbeitsgeberin tätig gewesen sei und er hätte zudem auch nicht gekündigt. Als Beweis könne er alle Chats vorlegen.
5. In der rechtzeitig gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer folgendes vor: „Ich war zuletzt von 22.02.2023 bis 22.03.2023 bei der Firma XXXX als Landschaftsgärtner beschäftigt. Zuvor war ich schon von 26.07.2022 bis 30.11.2022 ebenfalls dort beschäftigt. Ich habe mich aufgrund einer psychisch instabilen Lage von 15.03.2023 bis 28.03.202 im rechtmäßig gemeldeten Krankenstand befunden und habe die Krankmeldung der Arbeitgeberin auch so schnell wie möglich, nachweislich übermittelt. Für die Arbeitgeberin war mein Krankenstand offenbar ein Problem – der Nachrichtenverkehr zwischen mir und Frau XXXX zeigt eindeutig, dass Sie es mir übel genommen hat, dass ich im Krankenstand bin, da Sie meine Arbeitskraft benötigt hätte. Der Krankenstand war aber selbstverständlich medizinisch indiziert und eben von meinem Hausarzt bestätigt. Aus dem Nachrichtenverlauf geht auch hervor, dass die Arbeitgeberin mich zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses von meiner Seite aus drängen wollte. Es ist auch daraus ersichtlich, dass ich ihr entgegnet habe, dass sie mich schon kündigen könne, also sie das Arbeitsverhältnis beenden könne, ich es aber meinerseits nicht beenden werde. Von der tatsächlichen Abmeldung habe ich erst durch ein Mail der Arbeitgeberin vom 22.03.2023 erfahren, in der sie mir schreibt, dass sie das Dienstverhältnis als in der Probezeit als aufgelöst sieht und sie mich abmelden wird. Aus dem gesamten Mail- und WhatsApp-Verkehr ist daher eindeutig ersichtlich, dass jeglicher Beendigungsversuch immer von der Arbeitgeberin ausgegangen ist und ich habe zu keiner Zeit einer Beendigung durch einvernehmliche Lösung zugestimmt, noch selbst beendet.“
Mittels der Beschwerde gegen die Sperre des Arbeitslosengeldes übermittelte der Beschwerdeführer den Emailverlauf zwischen ihm und der gegenständlichen Dienstgeberin vom 15.03.2023 bis zum 17.03.2023. Der Beschwerdeführer beantragte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, da die Beendigung von der Arbeitgeberseite ausgegangen sei.
Emailverlauf 15.03. 2023 - bis 17.03.2023:
„15.03.23, 04:11 - XXXX .: Bin krank, komme nächste woche wieder.
15.03.23, 07:19 - XXXX : Bitte Krankmeldung abgeben.
17.03.23, 14:18 - XXXX : Heisst das, du kommst nächste Woche auch
nicht?
17.03.23, 14:30 - XXXX : Müsst es bitte dringend wissen, zwecks
Planung!
17.03.23, 14:32 – XXXX .: Geht mir leider nicht gut., bin vorerst bis 28.3.
krank geschrieben
17.03.23, 14:33 - XXXX : Ok, danke
17.03.23, 14:37 - XXXX : Wäre nett gewesen, wennst ma des gleich am
15. gesagt hättest, Jetzt muss i am Freitag Nachmittag a ganze Woche
umplanen.
17.03.23, 14:54 - XXXX : Kann es sein, dass du gar nicht mehr bei uns
arbeiten willst?
17.03.23, 14:59 – XXXX .: ich bin dir nicht böse, wenn du mich kündigst.
17.03.23, 15:02 – XXXX : Aber weiter bezahlen darf ich dich. Du
kennst die Situation der Firma, oder. Selbst wenn wir das auflösen, solange du
krank geschrieben bist muss ich dich bezahlen. Ich halte dich für klug genug,
dass du abschätzen kannst, was das für mich bedeutet. Du lässt mich gead voll
auflaufen. Lapidar per whatsapp eine Krankmeldung zu schicken, aus der ich dann
rauslesen kann, dass du doch nicht am Montag kommst, ist nicht korrekt.
17.03.23, 15:14 – XXXX . : Dann musst du mich am Montag kündigen
17.03.23, 15:17 – XXXX : Und nochmals ausdrücklich: mein Plan ist das
nicht!! Ich hab fest mit dir gerechnet und schätze deine Arbeit sehr! Aktuell
fällt das mir schwer zu verstehen, was los ist.
17.03.23, 15:17 - XXXX : Was soll das bringen?
17.03.23, 15:19 - XXXX .: Einvernehmlich kündigen
17.03.23, 15:20 - XXXX : Dazu müsstest du gesund geschrieben sein.
17.03.23, 15:21 - XXXX : Ist es wirklich so schlimm bei uns? Was
passt dir nicht? Ich wills nur verstehen!!
17.03.23, 15:22 – XXXX .: Einvernehmlich ist das möglich…ich will nicht
mehr darüber diskustieren
17.03.23, 15:23 - XXXX : Nicht solange du krank geschrieben bist. Da
gibst keine Diskussion!
17.03.23, 15:27 – XXXX : Und einfach zum nachdenken: du selbst hast
mir gesagt, wie wichtig es für dich ist, das alles korrekt abläuft. Was du jetzt
machst ist nicht korrekt, sondern unterste Schublade
17.03.23, 15:35 - XXXX : Wenn es dein Ausdrücklicher Wunsch ist das
Dienstverhältnis aufzulösen, würde ich vorschlagen, du kommst mit der
Gesundmeldung, hast ja eh kaum Bettruhe und Ausgang und dann erledigen wir das.
Man kann sich jederzeit online gesund melden.“
6. Mittels Beschwerdevorentscheidung vom 15.05.2023, GZ: XXXX , wies das AMS die Beschwerde ab. Begründend führte das AMS im Wesentlichen hierzu aus, dass es zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gekommen sei, da der Beschwerdeführer gegenüber seiner Dienstgeberin mehrmals seinen Willen zur Lösung des Dienstverhältnisses – ersichtlich aus dem vorgelegten Mailverkehr – geäußert habe.
7. Mit rechtzeitig eingebrachtem Vorlageantrag beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, verwies hierbei auf sein Beschwerdevorbringen und darauf, dass er selbst keine Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgenommen habe. Diesbezüglich legte er den Mailverkehr vom 20.03.2023 und vom 22.03.2023 vor, bei dem es sich um den letzten Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und seiner verfahrensgegenständlichen Arbeitgeberin handelte.
Mailverkehr 20.3.2023 und 22.03.2022:
„Montag, 20. März 2023 um 06:17 Uhr
Von: " XXXX "
An: „ XXXX “
Betreff: Aktuelle Situation
Guten Morgen XXXX ,
es tut mir leid, dass es dir nicht gut geht, aber so können wir die Situation nicht stehen lassen.
Als erstes sollst du wissen, dass ich deine Arbeit immer sehr geschätzt habe und auch mit Lob nicht
hinter den Berg gehalten habe. War offensichtlich noch zu wenig. Ich akzeptiere natürlich deine
Entscheidung und erwarte deine Kündigung.
Du sollst aber noch meine Sicht der Dinge hören:
Du weist, dass ich durch Sebastians Ausstieg aktuell weder arbeitstechnisch noch finanziell in der Firma
eine leichte Situation habe.
Klartext, ich kann es mir nicht leisten einen weiteren Mitarbeiter einzustellen.
Ich setzte alles dran eure Arbeitsplätze und die Firma zu erhalten.
Mit deinem Lanzeitkrankenstand blockierst du alles!
Jeder kann krank sein, aber dein Wunsch von mir gekündigt zu werden im Krankendrand zeigt mir, dass
es woanders hakt. Wahrscheinlich gibst du mir die Schuld an allem. Auch gut, wenn du glaubst, dass
dich das weiter bringt?
(…) Ich appelliere an dein Ehrgefühl und hoffe, dass du es schaffst, die Sache anständig zu beenden.
Ich erwarte deine Antwort bis heute Abend.
Liebe Grüße, XXXX
22.03.2023 11:43:45 XXXX
Hallo, du kannst mich gerne mit 31.3 kündigen.
Wer sagt, dass die Dinge aus deiner Sicht die richtigen sind, nur du. Es gibt auch andere Sichtweisen und ich habe festgestellt, dass die Chemie von uns beiden überhaupt nicht stimmt (…) lg
22.03.2023 13:25:37
Von: „ XXXX “
An: „ XXXX “
Re: Aktuelle Situation
Dann betrachten wir das Dienstverhältnis als in der mündlich vereinbarten 1-monatigen Probezeit als aufgelöst und du wirst abgemeldet.“
II. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer hat sich am 29.03.2023 beim Arbeitsmarktservice Steyr (AMS) arbeitslos gemeldet. Beim elektronischen Datensammelsystem der Sozialversicherungsträger für die ÖGK-O wurde seitens des verfahrensgegenständlichen Dienstgebers als Abmeldegrund „Lösung in der Probezeit durch Dienstnehmer“ angegeben.
Der Beschwerdeführer war von 22.02.2023 bis 22.03.2023 bei der Firma XXXX als Arbeiter (Landschaftsgärtner) beschäftigt. Im Jahr 2022 war der Beschwerdeführer in der Zeit von 26.07.2022 bis 30.11.2022 ebenfalls bei der gegenständlichen Dienstgeberin beschäftigt. Am 15.03.2023 meldete sich der Beschwerdeführer krank, er wurde vom Arzt bis 28.03.2023 krankgeschrieben.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer das verfahrensgegenständliche Dienstverhältnis selbst freiwillig aufgelöst hat.
III. Beweiswürdigung:
Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt unter Punkt II. ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde, der Beschwerde und dem Vorlageantrag. Die für die Entscheidung wesentlichen Umstände im Tatsachenbereich sind geklärt und die relevanten Unterlagen – insbesondere der vorliegende Mailverkehr zwischen dem Beschwerdeführer und der gegenständlichen Dienstgeberin, der angefochtene Bescheid samt Beschwerde und Vorlageantrag, sowie Bezugs- und Versicherungsverlauf – liegen im gegenständlichen Verfahrensakt ein.
Die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer am 29.03.2023 arbeitslos gemeldet hat ist unstrittig. Ebenso ist durch den Auszug aus dem elektronischen Datensammelsystem der ÖGK-O zweifelsfrei erwiesen, dass als Abmeldegrund „Lösung in der Probezeit durch Dienstnehmer“ angegeben wurde und das gegenständliche Beschäftigungsverhältnis von 22.02.2023 bis 22.03.2023 dauerte.
Aus der vorgelegten Wiedereinstellungsbescheinigung geht unstrittig hervor, dass beabsichtigt war, dass der Beschwerdeführer mit Saisonbeginn 2023 erneut im Betrieb der Firma XXXX eingestellt wird und dem vorliegenden Versicherungsverlauf ist klar zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer bereits 2022 im Zeitraum Ende Juli bis Ende November im verfahrensgegenständlichen Betrieb beschäftigt war.
Dass der Beschwerdeführer sich am 15.03.2023 krank meldete und er bis 28.03.2023 ärztlich krankgeschrieben wurde, ist dem vorgelegten Chatverlauf zu entnehmen und gänzlich unbestritten.
Nicht festgestellt werden konnte, dass die Auflösung des gegenständlichen Dienstverhältnisses durch den Beschwerdeführer erfolgte. Dem vorliegenden, unbestrittenen Chatverlauf ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer der Dienstgeberin zwar mitteilte, dass er ihr nicht böse wäre – offensichtlich aufgrund vorliegender Differenzen – wenn sie ihn kündigen würde und wurde auch über die Möglichkeit einer einvernehmlichen Kündigung gechattet, eine Willenserklärung dahingehend, dass der Beschwerdeführer seinerseits die Auflösung vornimmt, liegt aber nicht vor. Vielmehr führte der Beschwerdeführer dezidiert beim letzten Whatapp-Kontakt seinerseits am 22.03.2023 aus, dass die Dienstgeberin ihn am 31.03.2023 (nach seinem Krankenstand) kündigen könne und er die Angelegenheit anders sehen würde. Ebenso wenig kann aus der schlussendlich seitens der Dienstgeberin übermittelten und unbeantwortet gebliebenen Nachricht „Dann betrachten wir das Dienstverhältnis als in der mündlich vereinbarten 1-monatigen Probezeit als aufgelöst und du wirst abgemeldet.“, eine derartige Willenserklärung zur einseitigen Auflösung des Dienstverhältnisses abgeleitet werden. Vollständigkeitshalber wird in diesem Zusammenhang noch angemerkt, dass auch das Bestehen einer Probezeit aus dem vorgelegten Akt nicht zu verifizieren ist.
Anhand der vorliegenden Aktenlage ist das Bundesverwaltungsgericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen und in der Folge die diesbezüglich rechtlichen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.
IV. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
1. Anzuwendendes Recht
Gemäß § 7 Abs. 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer
1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,
2. die Anwartschaft erfüllt und
3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.
Der Arbeitsvermittlung steht gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.
Gemäß § 11 Abs. 1 AlVG erhalten Arbeitslose, deren Dienstverhältnis in Folge eigenen Verschuldens beendet worden ist oder die ihr Dienstverhältnis freiwillig gelöst haben, für die Dauer von vier Wochen, gerechnet vom Tage der Beendigung des Dienstverhältnisses an, kein Arbeitslosengeld. Dies gilt auch für gemäß § 3 versicherte Personen, deren Erwerbstätigkeit in Folge eigenen Verschuldens oder freiwillig beendet worden ist.
Der Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes ist gemäß § 11 Abs. 2 AlVG in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie zB. wegen Aufnahme einer anderen Beschäftigung, freiwilliger Beendigung eines Dienstverhältnisses oder einer Erwerbstätigkeit aus zwingenden gesundheitlichen Gründen oder Einstellung der Erwerbstätigkeit wegen drohender Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit oder bei Saisonabhängigkeit wegen Saisonende, nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.
Die Sperrfrist des § 11 AlVG setzt zunächst voraus, dass das Dienstverhältnis aus dem Verschulden der arbeitslosen Person geendet hat oder von ihr freiwillig aufgelöst wurde, sohin ihr der Eintritt in die Arbeitslosigkeit in einer bestimmten Weise zurechenbar ist (Pfeil in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 1 zu § 11 AlVG).
Endet das Dienstverhältnis durch Zeitablauf oder kraft gesetzlicher Anordnung, kann es von vornherein zu keiner Sperre gemäß § 11 AlVG kommen, woraus folgt, dass diese Bestimmung nur Auflösungen auf Grund einer unmittelbaren Willenserklärung erfasst (Pfeil in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 2 zu § 11 AlVG). Darüber hinaus setzt § 11 AlVG eine tatsächliche Beendigung des Dienstverhältnisses voraus und dass während dieses Dienstverhältnisses Arbeitslosigkeit nicht bestanden hat (VwGH 17.10.2007, 2006/08/0260 und 15.05.2002, 2002/08/0040).
Der erste Anwendungsfall für die Verhängung der Sperrfrist des § 11 AlVG ist die Beendigung des Dienstverhältnisses auf Grund eigenen Verschuldens der nunmehr arbeitslos gewordenen Person; ein solches Verschulden wird bei einer zuvor als Dienstnehmer beschäftigten Person dann angenommen, wenn sie einen wichtigen Grund gesetzt hat, der die Dienstgeberin zum Ausspruch einer Entlassung veranlasst hat. Dagegen kommt die Verhängung einer Sperrfrist nicht in Betracht, wenn die Entlassung auf Dienstunfähigkeit beruht oder eine ungerechtfertigte Entlassung ausgesprochen wurde (Pfeil in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 4 zu § 11 AlVG). Auch kann eine von der Dienstgeberin ausgesprochene Kündigung die Sperrfrist auslösen, wenn der Dienstnehmer ein Verhalten gesetzt hat, welches die Dienstgeberin zum Ausspruch einer Entlassung berechtigt hätte.
Der zweite Anwendungsfall für die Verhängung der Sperrfrist beruht auf der freiwilligen Lösung des Dienstverhältnisses durch den arbeitslos gewordenen Dienstnehmer. Da diese Bestimmung sehr weit und unpräzise gefasst ist und nach dem Zweck der Norm nur eine dem Dienstnehmer zurechenbare Arbeitslosigkeit sanktioniert werden soll, ist bereits bei der Auslegung dieses Tatbestandes ein engeres Verständnis geboten (Pfeil in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 9 zu § 11 AlVG). Daraus folgt, dass das Ende eines befristeten Dienstverhältnisses durch (bloßen) Zeitablauf oder die Einwilligung des Dienstnehmers in eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses nicht zur Verhängung der Sperrfrist nach § 11 AlVG führen kann. Der Hauptanwendungsfall für die Verhängung der Sperrfrist aus dem angeführten Grund liegt in der Regel in den Fällen der Selbstkündigung oder bei Erklärung des vorzeitigen Austrittes durch den Dienstnehmer vor (vgl. VwGH 22.04.2015, 2012/10/0218) und führen diese Anlassfälle auch nur dann zur Sperre, wenn kein berücksichtigungswürdiger Fall vorliegt, in dem der Ausschluss vom Leistungsbezug nach Abs. 2 ganz oder teilweise nachzusehen ist. Gleiches gilt für die Auflösung eines Dienstverhältnisses während der (idR. einmonatigen) Probezeit (Pfeil in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 11 zu § 11 AlVG).
Selbst für den Fall, dass ein Tatbestand gemäß § 11 Abs. 1 AlVG vorliegt, ist die Rechtsfolge der Sperre gemäß § 11 Abs. 2 AlVG nachzusehen, wenn ein berücksichtigungswürdiger Fall vorliegt. Dafür kommen neben weiteren berücksichtigungswürdigen Fällen insbesondere die Aufnahme einer anderen Beschäftigung (VwGH 04.09.2013, 2012/08/0305), wobei die bloße Vorbereitung auf ein neues Dienstverhältnis nicht als ausreichend angesehen werden kann, die freiwillige Beendigung des Dienstverhältnisses aus (zwingenden) gesundheitlichen Gründen (Pfeil in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 19 zu § 11 AlVG), bei drohender Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit oder Saisonende bei saisonabhängigen Tätigkeiten (Pfeil in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 20 zu § 11 AlVG), oder bei einem Wohnsitzwechsel des Dienstnehmers, der die Erreichung des Dienstortes unzumutbar macht (VwGH 19.01.2011, 2009/08/0272). Obwohl in § 11 Abs. 2 AlVG nicht genannt, wird auch die Beendigung des vorherigen Dienstverhältnisses durch vorzeitigen Austritt des Dienstnehmers als „berücksichtigungswürdiger Fall“ anzusehen sein (Pfeil in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 23 zu § 11 AlVG). Dabei ist zu beachten, dass die Nachsichtserteilung nicht im Ermessen der regionalen Geschäftsstelle liegt; vielmehr besteht ihr Spielraum nur hinsichtlich der Beurteilung der Berücksichtigungswürdigkeit sowie der Frage, ob eine teilweise oder gänzliche Nachsicht der Sperre geboten ist. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Fälle des § 11, wie alleine schon die Dauer der jeweiligen Sanktionen zeigt, weniger inkriminiert sind als jene nach § 10. Daher werden an die (wenigstens teilweise) Nachsicht der Sperrfrist nach § 11 auch weniger strenge Anforderungen zu stellen sein (Pfeil in Pfeil, Der AlV-Komm, Rz. 27 zu § 11 AlVG).
2. Bezogen auf den Beschwerdeführer
Entscheidend für die Anwendung des § 11 AlVG ist, dass das Dienstverhältnis des Arbeitslosen unstrittig bereits „beendet“ bzw. „gelöst“ ist (VwGH 11. 12. 2002, 1999/03/0425).
Der Beschwerdeführer hat sich am 29.03.2023 – nach Ende seines Krankenstandes (15.03.2023-28.03.2023) arbeitslos gemeldet. Das Ende des Dienstverhältnisses erfolgte – wie klar dem vorliegenden Chatverlauf und dem Auszug aus dem elektronischen Datensammelsystem der ÖGK zu entnehmen ist – am 22.03.2023. Das Ende des Arbeitsverhältnisses steht unstrittig fest.
Über die tatsächliche Form der Endigung dieser Beschäftigung besteht aber zwischen dem AMS als belangter Behörde und dem Beschwerdeführer Uneinigkeit.
Hierzu ist auszuführen, dass der vorzeitige Austritt eines Arbeitnehmers das Gegenstück zur fristlosen Entlassung bildet. Die Sanktion des § 11 AlVG kann grundsätzlich nur dann verhängt werden, wenn das Dienstverhältnis durch Willenserklärung, entweder seitens des Arbeitgebers bei Verschulden des Arbeitnehmers oder freiwillig durch den Arbeitnehmer selbst, aufgelöst wurde (ebenso Pfeil in AlV-Komm, § 11 AlVG Rz 2, wonach es von vornherein zu keiner Sperre kommen kann, wenn das Dienstverhältnis durch Zeitablauf oder kraft gesetzlicher Anordnung endet). Die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses stellt in der Regel keinen Anwendungsfall des § 11 AlVG dar. § 11 AlVG enthält die Wortfolge „Arbeitslose, die ihr Dienstverhältnis freiwillig gelöst haben“, was auf eine einseitige Auflösungserklärung des Dienstverhältnisses durch den Arbeitnehmer abstellt. Als freiwillige Auflösung gilt grundsätzlich jede vom Arbeitnehmer vorgenommene Beendigung des Dienstverhältnisses (Arbeitnehmerkündigung, Auflösung in der Probezeit, Austritt). Allfällige berücksichtigungswürdige Gründe für die freiwillige Auflösung sind ausschließlich im Wege der Nachsicht zu berücksichtigen (Krautgartner/Sdoutz/Seitz/Zechner, AlVG-Kommentar § 11 AlVG ,21. Lfg Mai 2023).
Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt, liegt entgegen der Auffassung der belangten Behörde gegenständlich keine einseitige Auflösungserklärung des Beschwerdeführers vor. Vielmehr ist dem vorgelegten Chatverlauf zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer selbst einseitig das Arbeitsverhältnis nicht beenden wollte. So führte er mehrfach und insbesondere auch bei seiner letzten Whatsapp-Mitteilung aus, dass eine Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses von der Dienstgeberin durch Kündigung auszugehen habe, bzw. auch eine einvernehmliche Kündigung für ihn in Betracht käme (Chat vom 17.03.2023). Angesichts der diesbezüglich vorherrschenden Lehre und Judikatur ist bei der Auslegung dieses Tatbestandes der freiwilligen Auflösung im Sinne des § 11 AlVG ein enges Verständnis geboten. Der Hauptanwendungsfall für die diesbezügliche Verhängung der Sperrfrist ist in der Regel in den Fällen der Selbstkündigung oder Erklärung des vorzeitigen Austrittes gegeben. Eine derartige Willenserklärung des Beschwerdeführers liegt nicht vor. Ein sonstiges Verhalten, welches eine Sanktion nach § 11 AlVG rechtfertigen würde (beispielsweise wenn sich eine Arbeitslose während der Probezeit – nach Meldung über den Tod ihres Vaters – nicht wie angekündigt beim Dienstgeber zurückmeldet, diese trotz mehrmaligen Versuchen seitens des Dienstgebers über Telefon und mittels E-Mail nicht mehr zur Arbeit erscheint, hat sie das Dienstverhältnis beendet und rechtfertigt dies eine Sanktion gemäß § 11 AlVG - BVwG 13.11.2014, L510 2007912-1), ist aus dem Akt nicht ersichtlich und befand sich der Beschwerdeführer zudem im aufrechten Krankenstand.
Die Beschwerde erweist sich somit aus den genannten Gründen als begründet und war der angefochtene Bescheid daher aufzuheben.
3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Der Sachverhalt zur Beurteilung der Nichtrechtmäßigkeit der Sanktion ist entsprechend der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde und dem Vorlageantrag hinreichend geklärt, sodass der erkennende Senat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als für nicht erforderlich erachtete. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage fest. Im Übrigen ist im Beschwerdefall eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG), weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen und mitunter im Erkenntnis zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.