JudikaturBVwG

W126 2265910-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
04. Januar 2024

Spruch

W126 2265910-1/16E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Dr. Sabine FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin in der Beschwerdesache des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Somalia, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2022, Zahl XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15.12.2023, folgenden Beschluss:

A)

Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, stellte am 19.11.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 20.11.2021 fand eine Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Am 17.10.2022 fand eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt.

2. Mit im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Ihm wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).

3. Gegen Spruchpunkt I. des am 21.12.2022 zugestellten Bescheids erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht am 15.01.2023 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

4. Am 24.08.2023 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu der der Beschwerdeführer nicht erschienen ist. Am 15.12.2023 fand – nach notwendig gewordener Verlegung - eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist somalischer Staatsangehöriger. Ihm kommt in Österreich der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu.

Er reiste etwa im November 2021 unrechtmäßig ins Bundesgebiet ein und gab bei seiner Festnahme durch die zuständige Landespolizeidirektion als Geburtsdatum den XXXX an. Im Rahmen der Erstbefragung am 20.11.2021 und der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.10.2022 führte er an, am XXXX geboren zu sein. Er legte keine identitätsbezeugenden Dokumente vor.

Im angefochtenen Bescheid wurde als Geburtsdatum XXXX alias XXXX angeführt und der XXXX als Geburtsdatum festgestellt. Es wurde seitens des Bundesamtes kein Altersfeststellungsgutachten eingeholt.

In der mündlichen Verhandlung erklärte der Beschwerdeführer wiederholt, im Jahr XXXX geboren zu sein.

Das Geburtsdatum des Beschwerdeführers steht nicht fest. Es steht demnach nicht fest, ob der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seiner Asylantragsstellung bzw. der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt noch minderjährig war.

1.2. Im Tatsachenbereich hat die belangte Behörde somit zu einem entscheidenden Umstand, dem Geburtsdatum und dem Bestehen der Volljährigkeit bzw. Minderjährigkeit des Beschwerdeführers bei Antragstellung, trotz unterschiedlicher Daten bzw. entsprechender Hinweise keine Ermittlungen gepflogen und insbesondere kein Altersfeststellungsgutachten eingeholt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der Beschwerdeführer gab im Verfahren durchgehend an, er stamme aus Somalia und bestehen keine Anhaltspunkte, an seiner Staatsangehörigkeit zu zweifeln. Dass er in Österreich subsidiär schutzberechtigt ist, ergibt sich unstrittig aus dem angefochtenen Bescheid.

Dass er bei seiner Festnahme am 19.11.2021 durch die zuständige Landespolizeidirektion behauptete, am XXXX geboren zu sein, ist dem aktenkundigen Anhalteprotokoll vom selben Tag zu entnehmen. In der Niederschrift der Erstbefragung vom 20.11.2021 ist unstrittig der XXXX als Geburtsdatum angeführt und gab der Beschwerdeführer dies dem Einvernahmeprotokoll vom 17.10.2022 zufolge auch vor dem Bundesamt an. Aus dem vorliegenden Verwaltungsakt bzw. dem angefochtenen Bescheid ergibt sich, dass der Beschwerdeführer keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegte und die belangte Behörde als Geburtsdatum den XXXX feststellte, ohne dem Beschwerdeführer die widersprüchlichen Daten bzw. den Unterschied von 7 Jahren vorzuhalten oder ein Altersfeststellungsgutachten einzuholen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht behauptete der Beschwerdeführer wiederum wiederholt, er sei XXXX geboren und es sei bei der Erstbefragung geschätzt worden, dass er XXXX geboren sei. Er blieb auch auf mehrfache Nachfrage der Richterin bei dieser Aussage und es konnte in einer Zusammenschau nicht davon ausgegangen werden, dass hinreichend gesicherte Angaben zur Volljährigkeit bzw. Minderjährigkeit vorliegen. Daher konnte nicht festgestellt werden, wann der Beschwerdeführer geboren ist.

Da sein Geburtsdatum nicht festgestellt werden konnte, steht nicht fest, ob der Beschwerdeführer, der am 19.11.2021 den gegenständlichen Asylantrag stellte, im Asylverfahren vor der belangten Behörde noch minderjährig war.

2.2. Die Feststellung, dass die Behörde (ausreichende) Feststellungen und Ermittlungen zu dem entscheidungswesentlichen Umstand des Geburtsdatums und des Bestehens der Volljährigkeit bzw. Minderjährigkeit des Beschwerdeführers bei Antragstellung unterlassen und kein Altersfeststellungsgutachten eingeholt hat, konnte aufgrund des Akteninhalts getroffen werden, der keine entsprechenden Ermittlungen bzw. Ermittlungsergebnisse enthält.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

3.1 Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

In seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, hat der VwGH ausgesprochen, dass – im Hinblick auf den prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte – von der Möglichkeit der Zurückverweisung nach § 28 Abs 3 VwGVG nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden kann und eine Zurückverweisung zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nur dann in Betracht kommt, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat (vgl. dazu auch VwGH 16.10.2015, Ra 2015/08/0042, VwGH 12.01.2016, Ra 2014/08/0028; zur vertretbaren Rechtsansicht der nur ansatzweisen Ermittlung siehe auch VwGH 25.01.2017, Ra 2016/12/0109).

Wie im Folgenden unter 3.3. dargestellt wird, liegen im gegenständlichen Fall derartige gravierende Ermittlungslücken vor.

3.2. Gemäß § 10 Abs. 3 BFA-VG ist ein Minderjähriger, dessen Interessen von seinem gesetzlichen Vertreter nicht wahrgenommen werde können, berechtigt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen und einzubringen sowie Verfahrenshandlungen gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu seinem Vorteil zu setzen. Solche Fremde sind in die Erstaufnahmestelle zu verbringen. Gesetzlicher Vertreter für Verfahren vor dem Bundesamt und dem Bundesverwaltungsgericht ist ab Ankunft in der Erstaufnahmestelle der Rechtsberater (§ 49), nach Zulassung des Verfahrens und nach Zuweisung an eine Betreuungsstelle eines Bundeslandes der örtlich zuständige Kinder- und Jugendhilfeträger jenes Bundeslandes, in dem der Minderjährige einer Betreuungsstelle zugewiesen wurde. Widerspricht der Rechtsberater (§ 49) vor der ersten Einvernahme im Zulassungsverfahren einer erfolgten Befragung (§ 19 Abs. 1 AsylG) eines mündigen Minderjährigen, ist diese im Beisein des Rechtsberaters zu wiederholen.

Gemäß § 10 Abs. 6 BFA-VG ist ein unmündiger Minderjähriger, dessen Interessen von seinem gesetzlichen Vertreter nicht wahrgenommen werden können, berechtigt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen sowie Verfahrenshandlungen gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu seinem Vorteil zu setzen. Abweichend von § 17 Abs. 2 AsylG gilt der Antrag auf internationalen Schutz solcher Fremder als eingebracht, wenn die Antragstellung im Beisein des Rechtsberaters (§ 49) in der Erstaufnahmestelle (§ 4 BFA-G) bestätigt wird. Bei einem unmündigen Minderjährigen, dessen Interessen von seinen gesetzlichen Vertretern nicht wahrgenommen werden können, ist der Rechtsberater ab Ankunft in der Erstaufnahmestelle gesetzlicher Vertreter. Solche Fremde dürfen nur im Beisein des Rechtsberaters befragt (§ 19 Abs. 1 AsylG) werden. Im Übrigen gelten die Abs. 3 und 5.

Gemäß § 19 Abs. 5 zweiter Satz AsylG darf ein minderjähriger Asylwerber nur in Gegenwart eines gesetzlichen Vertreters einvernommen werden.

Einvernahmen nach § 19 Abs. 2 AsylG haben daher immer, egal ob der unbegleitete Minderjährige mündig oder mündig ist, im Beisein des gesetzlichen Vertreters zu erfolgen. Nach Zulassung des Verfahrens und Zuweisung an eine Betreuungsstelle wird gesetzlicher Vertreter der örtlich zuständige Jugendwohlfahrtsträger jenes Bundeslandes, dessen Betreuungsstelle der Minderjährige zugewiesen wird (vgl. Filzwieser et al, Asyl- und Fremdenrecht 2016 § 10 BFA-VG Anm 13 und 14).

Der VwGH führte in seinem Erkenntnis vom 21.12.2006, Zahl 2005/20/0267, in Bezug auf die Vorgängerbestimmung des § 19 Abs. 5 zweiter Satz AsylG Folgendes aus:

„Ist dem angefochtenen Bescheid eine nachvollziehbare Begründung für die Annahme, dass der Asylwerber bereits zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Befragung vor dem Bundesasylamt volljährig gewesen wäre, nicht zu entnehmen, so kann es daher nicht ausgeschlossen werden, dass im ersten Rechtsgang des Asylverfahrens § 25 Abs. 2 AsylG 1997 und § 27 Abs. 3 dritter Satz AsylG 1997 (in der bis 30. April 2004 geltenden Fassung) nicht eingehalten wurden, sodass insoweit eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens vorliegt. Diese Verfahrens- und Begründungsmängel sind relevant. Da der Asylwerber in Verletzung des § 27 Abs. 3 AsylG 1997 vom Bundesasylamt nicht in Gegenwart seines gesetzlichen Vertreters vernommen wurde und der UBAS seine Beweiswürdigung auch darauf gestützt hat, dass Widersprüche zwischen den in erster Instanz und vor der Berufungsbehörde - ohne Beiziehung des erforderlichen Dolmetschers - gemachten Aussagen bestünden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Berücksichtigung der (vom UBAS nicht erkannten) Mangelhaftigkeit der erstinstanzlichen Vernehmung des Asylwerbers und die Beiziehung eines Dolmetschers bei der Befragung in der Berufungsverhandlung eine andere Beweiswürdigung nach sich gezogen hätten.“

Zum Erfordernis der Einholung eines Sachverständigengutachtens ist auf die Judikatur des VwGH zu verweisen, wonach die multifaktorielle Altersdiagnose dann angeordnet werden soll, wenn weder aus den bisher vorliegenden Ermittlungsergebnissen hinreichend gesicherte Aussagen zur Volljährigkeit bzw. Minderjährigkeit eines Antragstellers gezogen werden können noch ein Antragsteller seine behauptete Minderjährigkeit durch geeignete Bescheinigungsmittel nachweisen kann. Liegen jedoch Ermittlungsergebnisse vor, die die Annahme der Volljährigkeit eines Antragstellers bei Asylantragstellung rechtfertigen, so ist weder verpflichtend von Amts wegen eine multifaktorielle Altersdiagnose anzuordnen noch kommt die Zweifelsregel zugunsten Minderjähriger zur Anwendung (vgl. VwGH vom 19.06.2018, Ra 2018/20/0251; mit Hinweis auf VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/19/0007 und vom 28.03.2017, Ra 2016/01/0267).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 25 AsylG ist eine multifaktorielle Untersuchungsmethodik ein auf drei individuellen medizinischen Untersuchungen (insbesondere körperliche, zahnärztliche und Röntgenuntersuchung) basierendes Modell zur Altersdiagnose nach dem Stand der Wissenschaft. Den erläuternden Bemerkungen zu § 13 Abs. 3 BFA-VG ist darüber hinaus zu entnehmen, dass eine Altersdiagnose auf der Grundlage eines Untersuchungsmodells zu erfolgen hat, das sich auf drei individuelle medizinische Untersuchungen stützt und eine radiologische Untersuchung alleine keineswegs ausreichend ist (siehe RV 1803 XXIV. GP). Als Verfahren zur Altersfeststellung werden von der interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft für Forensische Altersdiagnostik der Deutschen Gesellschaft folgende Untersuchungen empfohlen: Röntgenuntersuchung der linken Hand, Panoramaschichtröntgen des Gebisses und eine körperliche Untersuchung.

3.3. Obwohl aus den vorliegenden Ermittlungsergebnissen keine hinreichend gesicherte Aussage zum Alter des Beschwerdeführers, die die Annahme der Volljährigkeit im Zeitpunkt der Antragstellung rechtfertigen würde, getroffen werden konnte, unterließ es die Behörde, ein multifaktorielles Altersgutachten einzuholen. Die aufgetretenen unterschiedlichen Angaben dazu sind alleine nicht ausreichend, um die Volljährigkeit des Beschwerdeführers zweifelsfrei feststellen zu können, zumal seitens des Bundesamtes dieser Widerspruch mit dem Beschwerdeführer nicht erörtert und auch nicht gewürdigt wurde.

Geht man von dem im Zuge der Festnahme bzw. in der Beschwerdeverhandlung angegebenen Geburtsdatum des Beschwerdeführers am XXXX aus, war dieser zum Zeitpunkt der Asylantragstellung bzw. der Einvernahme am 17.10.2022 noch nicht volljährig und wäre daher während des gesamten Verfahrens vor der belangten Behörde nicht gemäß § 10 Abs. 3 BFA-VG durch den örtlich zuständigen Jugendwohlfahrtsträger gesetzlich vertreten gewesen.

Eine nachvollziehbare Begründung der belangten Behörde für die Annahme, dass der Beschwerdeführer bereits zum Zeitpunkt seiner Einvernahme vor der belangten Behörde volljährig gewesen wäre, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Es wurde diesbezüglich in der Beweiswürdigung lediglich ausgeführt, dass mangels Vorlage eines nationalen Identitätsdokuments oder sonstiger Bescheinigungsmittel seine Identität nicht feststehe.

Da der Beschwerdeführer bereits im Zuge seiner Festnahme am 19.11.2021 als Geburtsdatum den XXXX angab und bereits zu Beginn des Asylverfahrens Zweifel an seiner Volljährigkeit bestanden, hätte sich für die belangte Behörde die Notwendigkeit ergeben, den Beschwerdeführer entweder gemäß § 19 Abs. 5 zweiter Satz AsylG in Anwesenheit eines gesetzlichen Vertreters einzuvernehmen bzw. diese Widersprüche aufzuklären und/oder die Einholung eines Altersfeststellungsgutachtens in Auftrag zu geben.

Im fortgesetzten Verfahren wird die Behörde die notwendigen weiteren Ermittlungen zur Klärung des tatsächlichen Alters des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Antragstellung durch ein multifaktorielles Altersfeststellungsgutachten zu veranlassen und in der Folge entsprechende Feststellungen zu treffen haben; dies unter Anführung der konkret durchgeführten Untersuchungen und der dabei herangezogenen Methoden. Die ergänzenden Ermittlungen sind unentbehrlich, zumal die vom Bundesamt verletzte Bestimmung der ordnungsgemäßen Sachverhaltsermittlung dient und eine besondere Schutzmaßnahme hinsichtlich minderjähriger Personen darstellt. Im Übrigen kann eine allfällige Minderjährigkeit auch im Hinblick auf eine inhaltliche Entscheidung von Relevanz sein.

Aufgrund der Nichtbeachtung des § 19 Abs. 5 zweiter Satz AsylG und des infolgedessen mangelhaften Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde hat diese eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens des Beschwerdeführers nicht ausreichend vorgenommen, zumal das Bundesamt die Beweiswürdigung insbesondere auf die unglaubhaften sowie widersprüchlichen – ohne Beiziehung eines möglicherweise erforderlichen gesetzlichen Vertreters - gemachten Angaben in der Einvernahme stützte. Folglich kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Berücksichtigung der (von der belangten Behörde nicht erkannten) Mangelhaftigkeit der Vernehmung des Beschwerdeführers und die Beiziehung eines gesetzlichen Vertreters bei der Befragung in der Einvernahme eine andere Beweiswürdigung nach sich gezogen hätte.

Angesichts dieses Ermittlungsbedarfs erachtet das Bundesverwaltungsgericht in Hinblick auf den verfahrensgegenständlichen Bescheid ein Vorgehen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG für erforderlich. Es bedarf aufgrund der soeben dargestellten Erwägungen weiterer Ermittlungen, wie etwa der Einholung eines Altersfeststellungsgutachtens und allenfalls ergänzender Befragungen des Beschwerdeführers, um den für die Zuerkennung bzw. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten maßgebenden Sachverhalt feststellen zu können. Es war daher nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vorzugehen, Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückzuverweisen. Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes würde nicht zu einer Beschleunigung des Verfahrens führen, zumal in diesem konkreten Fall angenommen werden muss, dass die belangte Behörde als Spezialbehörde in asyl- und fremdenrechtlichen Angelegenheiten besser und wesentlich rascher und effizienter die notwendigen Ermittlungen nachholen kann. Auch unter dem Blickwinkel verwaltungsökonomischer Überlegungen und der Effizienzkriterien des § 39 Abs. 2 AVG ist dieses Vorgehen aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes geboten, da der Sachverhalt vom Bundesamt unzureichend ermittelt wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchteil B)

Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen und liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. In der Beurteilung wurde umfassend dargelegt, dass im konkreten Fall im Verfahren vor der belangten Behörde notwendige Ermittlungen unterlassen wurden. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG im konkreten Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor (siehe dazu auch VwGH 25.01.2017, Ra 2016/12/0109, VwGH 30.03.2017, Ra 2017/08/0050), vielmehr erging die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Beurteilung der gegenständlich einzelfallbezogen vorgelegenen Verfahrenskonstellation in Anlehnung an die - unter A) 3. - zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auf eine klare Rechtslage stützen (vgl. VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Rückverweise